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Beilage

Mittwoch, 8. Mai 1929

Der Abend

Shadausgabe des Vorwanes

Schulhygienische Unterlaffungsfünden Studium ohne Abitur

Von Dr.

Im alten Regime war es eine Selbstverständlichkeit, die Schul. bauten nach der Schicht zu differenzieren, die daselbst aus und ein­ging. Auf mehrere 100 meter vermochte man zu sagen, ob es sich um eine Bolts( Armen) Schule, eine Mittelschule oder eine höhere Schule handelte. Bo das aus irgendeinem Grunde be= züglich der für den Mittelstand bzw. für die Oberschicht bestimmten Anstalt einmal nicht zutraf, da spürte man den Unterschied sogleich beim Betreten des Gebäudes. Die wirtschaftlich bedrückte Unter­schicht wurde grundsäglich bei der Befriedigung ihrer Kulturbedürf nisse mit besonderem Maße gemessen. Es muß zugegeben werden, daß troß diefer Differenzierung nach dem Publikum wenig stens in einer Hinsicht demokratische Gleichheit herrschte: nämlich in der Frage der schulhygienischen Einrichtungen und Bor­fehrungen. Da blieb fast ausnahmslos bis in die Zeit des Welt­frieges hinein fast alles beim alten, d. h. bei der aus ge [ prochenen unzulänglichkeit.

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Es ist ein Verdienst der Schulärzte, daß die Erörterung der Mängel nach und nach in Fluß tam und so die Allgemeinheit auf die Unhaltbarkeit der Zustände eindringlich hingewiesen wurde. Und nun sind wir so weit, daß niemand mehr über die Frage schul­hygienischer Bedingungen streitet. Dagegen ist man sich noch nicht

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26 Das Problem der Begabtenförderung

Zwischen 90 und 95 Proz. aller Kinder besuchen ausschließlich die Volksschule. Wenn die Volksschule gut ist( und wir alle wollen, daß sie ausgezeichnet ist. weil sie die eigentliche deutsche Schule ist und bleiben wird), haben wir gewiß nichts dagegen einzuwenden, daß der größte Teil der Kinder seine Bildung weiterhin auf der Bolksschule erhält. Sprachen und Mathematik zu treiben, fann auch fünftig nur einem fleinen Teil vorbehalten bleiben. Aber es ist eine Ungerechtigteit und ein Raubbau an der Jn telligenz, daß die Auswahl derer, die von der Volksschule zur höheren Schule und von dieser zur Hochschule gehen, nicht nach der Begabung der Kinder, sondern wie jetzt, nach den Vermögensver hältnissen der Eltern vor sich geht.

Dagegen sprechen. abgesehen von der Gerechtigkeit, zwei ge­wichtige Gründe: die einflußreichen Stellen in Birt schaft und Verwaltung sind nach unserem heutigen System( es scheint dem Deutschen   angemessen zu sein und mannigfache Aenderungsversuche gingen fehl) den durch Prüfungen, höhere

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| besucht haben, also nicht als reif" für die Hochschule abgestempelt find, fönnen zur Hochschule dennoch zugelassen werden, wenn sie sich in ihrem bisherigen Beruf bewährt haben und wenn sie eine gute allgemeine Bildung befizen. Sie müssen wissenschaftlich begabt sein. Wer das von sich mit Recht behaupten will, muß schon wissenschaftlich gearbeitet haben. Es ist nicht nötig, daß diese wissenschaftliche Arbeit im Produzieren bestand. Es genügt, wenn beim Durcharbeiten wissenschaftlicher Probleme Neigung und Begabung für dieses Wissenschaftsgebiet zutage trat. Die allgemeine Bildung, die gefordert wird, ist gewiß ein vager Begriff. Auf Schulwissen tommt es nicht an. Man soll beweisen, daß man denken kann, daß man mit offenen Augen durchs Leben gegangen ist, daß man Verhältnisse und Geschehnisse beurteilen fann. Ob die allgemeine Bildung mehr geisteswissen. schaftlich( etwa literarisch, historisch, künstlerisch) oder mehr natur. wissenschaftlich ist, spielt feine Rolle.

einig darüber, ob man für verbaute alte Schultasernen die nicht Oberschicht reservieren sich also den Einfluß im öffentlichen Leben, nicht zugelassen werden, weil man von ihnen verlangen kann, die

Wer über 40 Jahre alt fehlende Schulbildung nachzuholen. Wer über 40 Jahre alt ist, hat im allgemeinen nicht mehr die Spannkraft, ein wissenschaft­liches Studium und einen geistigen Beruf neu zu beginnen. ,, Baten", die selbst dem gewählten Studiengebiet zugehören, sollen in dem

unerheblichen finanziellen Opfer bringen soll bloß der Schul­hygiene wegen oder ob man die alten Rästen" läßt, wie sie indem sie den Zugang zur höheren Schule und zur Hochschule im sind, die dafür ursprünglich in Aussicht genommenen Kosten jedoch wesentlichen vom Geldbeutel abhängig machen. So kommt es, daß verwendet, um die neu zu errichtenden Schulgebäude zu wirklich unbegabte Kinder gutfituierter Eltern mühevoll durch die höhere einwandfreien Brachtbauten zu gestalten. Wer es mit der Jugend Schule und die Universität geschleppt werden, während begabte Antrage befunden, daß sie den Bewerber für geeignet halten.

gut meint, wird in feinem Falle dafür zu gewinnen sein, daß zu gunsten eines Brachtbaues auch nur eine einzige Schulflaffe weiter in einem unhygienischen und unästhetischen Raume verbleibt. Es ist erfreulich, daß der Berliner   Stadtschulrat Nydahl erst fürzlich zum Ausdrud gebracht hat, die zur Verfügung stehenden Mittel nicht nur für neue Bauten zu verwenden, sondern in gleicher Weise für die Beseitigung schulhygienischer Uebelstände in unzuläng lichen Schulhäufern aus älterer Zeit.

Im gleichen Sinne sollten sich alle Schulverwaltungen ein­ftellen; denn die Zahl der Unterlassungsfünden auf schulhygienischem Gebiete ist so groß, daß die daraus sich ergebenden Zustände un möglich länger still hingenommen werden können. Leider hat Breußen die Schulgesundheitspflege gefeßlich noch nicht figiert. In Berlin   ist das Problem ganz erheblich gefördert worden durch die Sagung vom 28. Rovember und 20. Dezember 1923. Hiernach gehört die Schulgesundheitspflege in Berlin   zur Gesundheitsver waltung. Dem Stadtmedizinalrat Don Drigalsti ist es ge­lungen, für Groß- Berlin eine einheitliche Schulgesund heitspflege durchzusehen. Sie besteht seit dem 1. April 1928.

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Arbeitertinder zum Beispiel aus wirtschaftlichen Gründen auf der Bolksschule bleiben müssen. Das deutsche Volt ist also bei der bewußten und bei der automatischen Führerausleje( Führer" in diesem Falle nicht der geniale Mensch, der sich trotz aller Hinder nisse durchkämpft und der trotz schlechter Begabtenauslese seinen Beg findet) auf die Angehörigen der wohlhabenden Schichten an­gewiesen.

Es liegt quf der Hand, daß solches Verfahren dem Staat und der Menschheit schaden muß. Walther Rathenau   sagt darüber: Unsere Zeit ist müde, zu bemänteln, daß an jedem Staatsbürger, dem von seiner Kindheit an die Bildungsmittel der Epoche vorbehalten werden, ein Raub geschieht: ein Raub am Menschen und ein Betrug am Etaat."

Dazu kommt noch eine nüchterne finanzielle Erwägung: Jeder Schüler einer höheren Lehranstalt kostet den Staat jährlich mehrere hundert Mart, jeder Student sogar mehrere tausend Mart. Wenn der Staat jo erhebliche Geldmittel aufbringt( und es liegt im allgemeinen Interesse, daß der Staat für Kulturzwede feine größten Buschüsse gibt und nicht, wie es heute in Europa   ist, für unproduktive militärische Zwecke), so müßte er wenigstens verlangen, daß es die wirklich Begabten sind, denen die Nation so großen Bildungszuschuß zahlt. Davon sind wir leider weit entfernt. Darum muß uns jeder Weg recht sein, der zu wirklicher Begabtenförderung und Begabtenauslese führt.

ein Unrecht wieder gut machen, das an den vielen geschieht. Wiffen­Die Begabtenprüfung nun will wenigstens an einzelnen schaftlich besonders begabte Menschen, die nicht eine höhere Schule

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Es soll nun im folgenden der Blid gelenkt werden auf die un­hygienischen Zustände, unter denen unsere Jugend noch vielerorts leidet. Es sei zunächst erinnert an die geradezu mittelalterlich an­mutenden Bedürfnis anſtalten( Aborte) in den meisten alten Schulgebäuden. Ganz abgesehen davon, daß gewöhnlich die Zahl der Size zu gering ist und die Kinder anstehen müssen, fehlen noch immer vielfach freistehende, nach der Größe der Kinder in der $, öhe abgestufte Size, Steingutbeden, Einzelfpülung, Beheizung, ausreichende Entlüftung, genügende Beleuchtung, abwaschbarer Kachelbelag und Baschgelegenheit. Daß die selbst in Berlin   hier dunklen Keller geschoß, sondern regelmäßig ist dort auch und ta noch vorhandene Sammelspülung, die durch den die Ausgabestelle bzw. die Küche für die Schulspeisung. Vielfach Hausmeister(!) nach jeder Pause betätigt werden soll, auch nicht wird der Ausweg benutzt, aus der Turnhalle vorübergehend einen entfernt geeignet ist, die Beden sauber zu halten und die Verpestung Speiseraum zu machen. Daß das nicht gangbar ist, ergibt sich aus der Luft durch üble Gerüche, zu verhindern, ist allgemein beder obigen Darlegung ohne weiteres, ganz abgesehen davon, daß fannt. Begen des eben dargelegten Uebelstandes mußten früher eine Sitzgelegenheit für die speisenden Kinder fehlt. Recht fühl­die Aborte sich auf dem Hof befinden; daraus ergibt sich, auch wo bar macht sich auch das Fehlen eines Raumes für vorübergehend man Einzelspülung eingebaut hat, die Gefahr des Einfrierens frant bzw. matt werdende Kinder. Heute läßt man sie entweder in de kalten Jahreszeit. Die sogenannten Klosettferien" sind eine treg ihres Zustandes in der Klasse, oder schickt sie meist in Be weite Folge diefer heut abzulehnenden, den Witterungseinflüssen gleitung   zweier Mitschüler nach Hause. Ein solcher Raum ist nach Hause. Ein solcher Raum ist start usgesetzten Abortanlagen. Als im Februar d. 3. die Kohlen auch deshalb unerläßlich, weil er der geeignete Drt wäre für die not hoben war, fonnte an vielen Schulen der Unterricht deshalb Leistung erster Hilfe bei plötzlichen Unfällen. nicht rdnungsgemäß aufgenommen werden, weil die Abortanlagen Die Reihe schulhygienischer Unterlassungsfünden fönnte noch er­unberuhtbar waren Berlin   ist jetzt dabei, die auf dem Hofe be- heblich weitergeführt werden, besonders wenn man den kritischen findl en Bedürfnisanstalten, die auch Erfältungsgefahren Maßstab des medizinisch gebildeten Schulhygienikers anlegen für die Jugend bedeuten, grundsätzlich und überall in die Schul- wollte. Es sei nur erinnert an die noch immer vorhandene Be­gebäude selbst zu verlegen. heizung durch Kachelofen, die unter Umständen 40 bis 80 Preß­fohlen verschlucken und die Zimmerluft arg verschlechtern, es sei weiter erinnert an das Fehlen von Doppelfenstern, an die Be= 1äftigung durch Rauch und Ruß, wofür ein treffendes Bei­fpiel der Betrieb des Hotels Excelsior in unmittelbarster Nähe einer Berliner   Doppelschule ist, an das Fehlen von Trink- und Waschgelegenheit auf den Korridoren usw. Soviel ſteht fest, daß es nunmehr an der Zeit ist- mehr als zehn Jahre nach dem Kriege mit allen Mitteln für das schwergeprüfte, durch die mit allen Mitteln für das schwergeprüfte, durch die riegsfolgen in seiner Widerstandskraft geschwächte Bolk bezüglich der Beschulung und Erziehung des Nachwuchses die besten Bedin gungen zu schaffen.

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In starkem Gegensatze zu längst anerkannten schulhygienischen Forderungen stehen fast überall die Turnhallen. Sie sind nicht nur zu flein   an Fläche, sondern werden wie z. B. auch in Berlin   von zwei oder gar drei Schulen gemeinsam be­nugt. Das ergibt zunächst den Uebelstand, daß in einer Doppel­stule die Turnhalle jeder einzelnen Anstalt nur drei Tage in der Woche zur Verfügung steht, woraus sich der weitere Uebelstand er­gibt, daß gleichzeitig zwei, meist ganz verschieben weit geförderte Turnabteilungen die Halle benutzen müssen. Für das einzelne Kind bleibt dann ein derartig geringer Raum, daß die Turnstunde wohl taum eine gesundheitliche Förderung bebeutet. Berlin   hatte am 1. Mai 1927 rund 11 300 Klaffen. Würde der Turn­unterricht nur vormittags erteilt und wäre aleichzeitig ftets nur eine Turnflasie in der Halle, so betrüge der Bedarf 1412 Turn hallen. In Wahrheit befikt Berlin   aber rund nur 490 Turn hallen. Es ist ein großer Mangel, daß den Turnhallen alten Stils die Umkleideräume fehlen, ferner ein Duscheraum, ein Ge­räteroum und ein Lehrerzimmer.. Da beim Mädchenturnen die rhythmischen Uebungen eine erhebliche Bedeutung haben, wird all­gemein das Fehlen von Linoleumbelag geklagt. Wo für die Er­richtung einer zweiten Turhalle tein Raum ist, muß man zu dem Mittel der Aufstockung greifen.

Wenn man Baupläne alter und neuer Schulen mit einander ver leicht, so springt ein Unterschied auch dem Laien deutlich in die Augen, nämlich der, daß in den Schulen alten Stils so gut wie feine Rebenräume vorhanden sind, während in den modernen Echulhäusern, insbesondere aus der Nachkriegszeit, die Zahl der Nebenräume nicht selten die der Klassenzimmer erreicht oder gar übertrifft. In alten Bolfsschulgebäuden fennt man weder einen Barteraum für die den Lehrer oder den Schulleiter aufsuchenden Eltern. noch ein besonderes Sprechzimmer. Auch für die Schul­finder, die aus irgendeinem Grunde. 3. B. wegen Befreiung vom Religionsunterricht, später als die übrigen zur Schule gehen, gibt es was bei schlechtem Wetter besonders fühlbar ist teinen Warteraum. Es fehlen aber auch Räume für die Schul speisung. In den meisten Schulen alten Stils befinden fich nicht nur die Wohnungen des Hausmeisters und des Heizers im

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Ohne den Anwalt der Schulhygiene", den Schular3t, geht's nur langsam vorwärts. Auch da, wo diese Anwälte haupt­amtlich längst vorhanden sind, muß ihre Zahl erheblich vermehrt werden.

.. durch und durch Geist"

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Ein Theoretifer der Reattion

Am Sonnabend veranstaltete der Reichsverband der Deutschen Bolkswirte im Hotel Adlon   einen Bortragsabend, in dem Professor Othmar Spann   aus Wien   über Die krisis in der Bolts­wirtschaftslehre vor einem überfüllten. Auditorium sprach.

Spann hat bekanntlich unter anderem ein kleines Buch geschrie­ben: Die Haupttheorien der Volkswirtschaftslehre". das mit seinen 90 000 Exemplaren freilich nicht dazu beigetragen hat, richtige Bor. ftellungen vom Sozialismus zu verbreiten. das aber in seiner ge drängten Kürze faft für alle Studierenden der Nationalökonomie die eiserne Ration bildet, die sie für das Examen brauchen.

Es ist natürlich nicht gleichgültig, welche Grundauffaffungen ein Mann vertritt, der in der heutigen bürgerlichen Wissenschaft einen solchen Einfluß ausübt. Diese Auffassungen sind, um es mit einem Wort zu sagen. die der Reaktion, fie sind univerfalistisch-­romantisch und stellen in ihrem Kern eine Auferstehung der Lehren des feligen Adam Müller dar.

Wer hätte es geglaubt, daß nach einem Jahrhundert wissen

Die Prüfung ist schriftlich und mündlich. In der schrift lichen Prüfung werden mehrere allgemeine und fachwissen­schaftliche Fragen, die der Bewerber schon beherrscht, gestellt. In der mündlichen Prüfung wird versucht, die Persönlichkeit und die Fähigkeiten des Kandidaten näher tennen zu lernen. Die Prüfer ( Professoren und Schulmänner) find sorgfältig ausgewählt..

Aber wissenschaftliche Begabung ist selten. Seltener jedenfalls als die Männer und Frauen glauben, die sich zu der Begabten. prüfung melden. Wenn in dem Zeitraum von fast fünf Jahren, seitdem diese Einrichtung besteht, 1374 ernsthafte An­träge gestellt sind, von denen nur 257 glüdlich vere liefen, so möchte es scheinen, als ob die ganze Begabtenprüfung nur wenig Sinn hätte. Daß nur 257 Männer und Frauen( von ihnen 82 mit Oberfefundareife, 82 mit höherer Schulbildung unter der Obersekunda, 10 mit Mittelschulbildung und 83 aus der Bolks. schule) auf diesem Wege in Preußen zur Hochschule kamen, liegt nicht daran, daß die Begabtenprüfung übermäßig schwer ist, sondern daran, daß wissenschaftliche Begabung sehr selten vorkommt. Immer bin ist diesen 257 auf den für sie richtigen Weg geholfen.

Das große Problem der Begabtenförderung ist damit freilich nicht gelöst. Finanzlage des Staates, Arbeitsnot, Reparationen hindern den entscheidenden Schritt: Alle wirklich fähigen Kinder auf Staatstosten und mit zureichenden Entschädigungszuschüssen für die Eltern auf die höhere Schule und auf die Hochschule zu schicken zum Borteil der einz Inen nicht nur, sondern auch zum Nutzen der b- e. Allgemeinheit.

schaftlicher Arbeit die alten Theorien vom Geist" in der Natur, im Volt( Volksgeift), in der Wirtschaft wieder lebendig werden würden: Es fann nur eine wirtschaft geben, die durch und durch Geist ist. Wir decken in der Wirtschaft den Geist der Geschichte auf!"

Wer hätte es für möglich gehalten, daß die faufalmechanistische Betrachtung, wie sie bei den Klassitern, bei Marg, in der mathema­tischen Richtung der ökonomischen Wissenschaft zum Ausdrud kommt, heute für einen Irrtum, ja für eine Barbarei erklärt werden würde: Die Geisteswissenschaften sind durch diese Methode der Naturwissenschaften( die faufalmechanistische) in Barbarei ver­fallen!"

Wir wissen, daß diese Methode zwar nicht ausreicht, aber nicht

falsch ist. Spann hält die teleologische Methode für die richtige. Er betrachtet die Wirtschaft als einen Gliederbau, dessen Teile 3wed bestimmt sind. Der Unternehmer, der Arbeiter hat sich einzugliedern. Ebenso der Börfiianer, wenn er sich fragt, ob er leber- und Unterordnung nötig. Der Ingenieur ist führend gegen­à la hausse oder à la baisse spekulieren soll. Es ist Einordnung,

über dem Arbeiter. Daraus ergibt sich der Begriff des Vorranges. Eingliederungsgrund kann auch der Ehrgeiz, der Tatendrang usw. sein. Ist dieser Begriff der Gliedhaftigkeit anerkannt, sagt Spann, dann kann kein Schimmer von mechanistischer und kausaler Be­griffsbildung übrig bleiben. Mit dieser Auffassung der Volkswirt­schaft lassen sich zwar bestimmte Postulate einer reattionären Bolitit rechtfertigen. Anton Menger   hat in seiner Neuen Staatslehre" auf die verhängnisvollen Wirkungen solcher organischen Auffaffung aufmerksam gemacht. Man braucht bloß die deutsch­

Döltische Literatur zu lesen, etwa die Schriften des Ober­finanzrats Bang und anderer Bekämpfer der sozialen Entwicklung, dann wird man feinen Augenblick fich im unklaren darüber be­finden, daß diese Lehre zwar sehr vorteilhaft für die Bildung Don Werksgemeinschaften und dergleichen ist, der moder­nen Arbeiterschaft aber nichts gibt, im Gegenteil, sie in ihrem Klassenwillen und ihrer Zielerreichung hemmt. Der Liberalismus", fagt Spann, führt zum Kapitalismus, dieser zum Marrismus, dieser zum Boschewismus" Nach seiner Lehre von der Ganzheit und der Gliedhaftigkeit kommen wir aber ganz wo anders him.

Natürlich hat sich Spann an diesem Abend gehütet, die prafe tischen und politischen Konsequenzen aus seiner Theorie zu ziehen. Er ist aber von einem anderen Bekämpfer der Sozialdemokratie, Werner Sombart  , nicht allzu weit entfernt, wenn er fagt, daß es eine Wissenschaft ohne Gott und ohne Tugend nicht gibt.

In der Diskussion, in der vor allem Franz Oppenheimer  fich gegen Spann wandte stellte der lettere mit Befriedigung fest, daß an dem Abend tein Vertreter des Marrismus aufgetreten sei sowie des reinen Historismus  . Offenbar hat ihn das in der Aufe faffung bestärkt, daß diese Richtungen nun wirklich endaültig er­ledigt feien: Marg und seine Arbeitswerttheorie, feine Mehrwert­theorie find falsch. Wenn man als Kriterium der Falschheit einer Theorie die Angriffe betrachtet, die auf sie gemacht werden, dann dürfte es wohl faum eine Theorie geben, die man in der National: ökonomie als richtig bezeichnen tönnte Denn feine von ihnen ist unangefochten geblieben. Daraus aber auf eine Krise in der Bolts. wirtschaftslehre zu schließen, dürfte ganz abmegig fein, Dr. St.