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gefahr und Abrüstung. Es ist behauptet morden, mir wollten uns durch die Richtlinien für die bürgerlichen Parteien bündnisfähiger machen. Aber die Kommission empfiehlt ja lediglich die Fortschung der bisherigen Haltung der Partei in der Wehrfrage. Also bleibt es bei der Erklärung, die Hermann Müller   schon vor Monaten abgegeben hat, daß es für die Regierungsgeschäfte ganz gleichgültig ist, ob mir die Richtlinien aufstellen oder nicht. Ebenso falsch ist die folportierte Behauptung, wir hätten den Ent­murf unter allen Inständen auf diesem Parteitag durchdrücken wollen. In der ersten Sigung der Kommission habe ich als ein­stimmig gewählter Berichterstatter erklärt, wenn der Parteitag im Frühjahr tagt, mürden wir wohl nur den historischen Teil der Arbeit abschließen fönnen. Inzwischen haben mir Zeit gehabt, den Entwurf noch einmal durchzuarbeiten und verschiedene Anregungen au berücksichtigen. Wir bitten, den Entwurf in der jegt vorgelegten Form anzunehmen, sowie ich bisher die Zurückhaltung geübt habe, über das Wehrproblem weder zu reden noch zu schreiben, find alle Mitglieder des Parteivorstandes völlig frei, ihre Mei­nung zu vertreten. Ich hoffe durch diese Feststellung die Debatte von manchen Infachlichkeiten zu entgiften. Und nun zur Sache: Die Stellung der deutschen   Sozialdemokratie zum Heer an sich war fiets eine fachlich zustimmende. Aber die Partei lehnte das Wehrsystem ab, das sie bei ihrer Entstehung vorfand, das Saffem des ftehenden Kajernenheeres.

Die Anfänge der Partei fielen in die Zeit der Bismarcschen Heeresreform, mit der er die Kriege von 1864, 1866 und 1870/71 gewann. Die Landwehr, jene Schöpfung Scharnhorsts, hatte Bis­mard ihres demokratischen Charatters enttleidet und das Heer zum blinden Werkzeug feiner Machipolitit gestaltet. Darum lief damals der Liberalismus Sturm gegen diese sogenannte Reform und prägte das Schlagwort: Alles für die Verteidigung des Vaterlandes. aber diesem System des stehenden Heers, das im Shroffften Gegensatz zum Bolte steht, feinen Mann und feinen Groschen! Die junge Sozialdemokratie ging in dieser Frage mit dem Liberalismus fonformi, übernahm die liberale Forderung des Volksheeres nach Schweizer   Muster in ihr Programm, und die sozialdemokratische Agitation ging bis zum Zusammenbruch im Weltkriege unter dem Schlagwort: Diesem Wehrsystem feinen Mann und feinen Groschen! Aber auch im tapitalistischen Wirt schaftssystem war die Sozialdemokratie bereit, Behrausgaben zu bemiffigen, wenn an die Stelle des Heeres die Boltsmehr gefeßt und der Gegensatz zwischen Heer und Bolf beseitigt würde. Der Kampf der Sozialdemokratie, und besonders August Bebels fcharfer Rampf, galt immer nur dem Syftem des preußischen Milie tarismus, dem Gedanten des Heeres an sich. Die Erläuterungs­

England vor der Entscheidung.

Die letzten Tage vor der Wahl.

2ondon, 28. Mai.( Eigenbericht.)

In politisch gut unterrichteten Kreisen verlautet, daß die Verwendung des königlichen Wappens in den an die Wählerschaft Großbritanniens   zur Versen Sung gelangten faksimilierten Briefen Baldwins die scharfe Mißbilligung der Krone gefunden und zu einer entsprechenden Mitteilung des Buckingham­Balastes an den konservativen Ministerpräsidenten ge führt hat.

Baldwin und die beiden Chamberlain niedergeschrien.

London  , 28. Mai.  ( Eigenbericht.)

Der fonjervative Ministerpräsident Baldwin, welcher an Dienstag in Begleitung von Sir Austen Chamberlain   und Neville Chamberlain  , die beide in Birmingham   gewählt sind, eine Siedlung im Elenddistrikt in West- Birmingham besuchte, mar Gegenstand feindlicher Demonstrationen, die über die Stimmung der proletarischen Bevölkerung in diesem Teile Englands Aufschluß geben. Beinahe sämtliche Fenster der Häuser in dem von den Ministern besuchten Distritte waren mit Wahlplakaten des Kandidaten der Arbeiterpartei geschmückt.

Plöhlicher Tod eines Arbeiterfandidaten.

Condon, 28. Mai.  ( Eigenbericht.)

Der plögliche Tod des Kandidaten der Arbeiterpartei von Rugby, Henry Dates, hat zu einem Abbruch des Wahlkampfes in diesem Wahlkreise geführt. Die Wahl in diesem Distritt wird megen der Notwendigkeit der Rennung eines neuen Arbeiter fandidaten erst nach den allgemeinen Wahlen am 13. Juni ftatt finden.

des 19. Jahrhunderts feine ganze niederbrüdende, hoffnungs­Ioje häßlichteit entfaltet und seine unfreimilligen Diener mie Tierherben zusammengetrieben. Selbst die Mondnacht im Mai ver­mag diese Silhouetten nicht zu verschönen, diese Straßenzüge nicht ihrer grauen Melancholie zu entrüden.

Das Auto führt uns durch ungezählte Seitenstraßen, quer durch die Quartiere der Aermsten der Armen, bis wir vor einem firchen­ähnlichen Gebäude, einer

Miffionshalle der Kirche von England  ,

halten. Der Saal selbst, halb Schulraum, halb Rapelle, ist zum Bersten gefüllt, Duzende von Männern und Frauen drängen sich vor dem Eingang, um einen Blick auf den Redner, den einen oder den anderen Saß, der drinnen gesprochen wird, zu erhaschen. Der Saal selbst ist mit Wahlplataten bejät, die in friedlicher Gemeinschaft neben religiösen Bildern angebracht sind. Sie tragen has Por­trät des lokalen Kandidaten Herbert Morrison  , des Führers der Londoner   Arbeiterpartei, und fordern dazu auf, für ihn und damit gegen den Krieg" zu stimmen.

Nichts tann für den ausländischen Beobachter eindrucksvoller fein als diese englischen Massen. Wer erwarten sollte, in der Um gebung der Elendsquartiere ein müdes, verbittertes Proletariat zu finden, radikalisiert oder apathisch, der muß von der freien Haltung, dem Selbstbewußtsein, der Seiterteit dieser typisch proleta­rischen Männer und Frauen betroffen sein. Mögen sie tausendmai von einer ungerechten Wirtschaftsordnung, in menschenunwürdigen Quartieren zufamengepfercht, ein Leben ohne Luft und Sonne ver­bringen, ihre Lebensgeister sind ungebrochen, und ihre Menschen­würde ist unangetastet.

Herbert Morrison   spricht. Er spricht mie einer, der die Sorgen und Hoffnungen dieser Menschen aus persönlichem Erleben heraus fennt, ohne Pathos, appelliert an ihren Humor, zeigt die Berbindung, die von ihrer Not zu den großen politischen Fragen

broschüre zum Erfurter   Brogramm von Kautsky   und Schönlant führt WahlversammlungimLondoner Norden und Entscheidungen führt, zeigt ihnen den Sozialismus in

um seine Freiheit zu schüßen; Erziehung der Bürger zur Behrpflicht sci notwendig; im Frieden müsse jeder Bürger in furzen Uebungen im Waffengebrauch unterwielen werden, und im Kriege müßten die Bürger nach einem bestimmten Plan in das Heer eingeordnet werden. Diese

positive Einstellung war vor dem Kriege Allgemeingut der ganzen Sozialdemokratischen Partei

Der Streit im Kriege, der zur Spaltung der Partei geführt hat, be­traf nicht die Stellung zum Kriege überhaupt, obwohl bei Ausbruchy des Krieges auch darüber Meinungsverschiedenheiten auftraten. Der Streit ging vielmehr darum, ob der Krieg deutscherseits als Er­oberungstrieg geführt werde und ob deshalb Kriegs­trebite zu bewilligen seien oder nicht. Bor dem Kriege wurde die Sozialdemokratie megen ihrer Ablehnung des Wahre systems paterlandslos genanut, mie vorher der Liberalismus. In Der Zeit aber, als die Sozialdemokratie erstarkte, hatte der Liberalis­mus allmählich seinen Frieden gemacht mit dem System des stehen­den Heeres. Die Großbourgeoisie wat neben dem Junter zur Herr­fchaft im Staate gelangt. Während 1848 noch Friedrich Wilhelm IV.  an feinen Freund schrieb: Gegen Demotraten helfen nur Soldaten!" hatte die mirtschaftliche Entwicklung dazu geführt, daß die Liberalen später aus Dbjekten der Wehrpolilit ihre Subjekte murden. Das Heer wurde zur Stüge der fapitalistischen Rassenherrschaft. Daraus mag man nun auch für die Gegenwart die Lehre ziehen, daß das starfste Heer ohnmachtig ist gegen eine Slaffe, bie Boll­strecter der öfonomischen Entmidlang ist, und daß das Heer legten Endes dem folgt, der die Macht im Staate hat und ausübt. Schließlich ist daraus die Lehre zu ziehen, daß dem, dem die Macht entgleitet, legten Endes auch das Heer entgleitet. Die ökonomische Entwidlung schreitet fort zum Sozialismus.

Wir leben nicht mehr im reinen Kapitalismus, sondern bereits imm Uebergang zum Sozialismus. Die fozialistischen Elemente sind im ständigen Wachstum, bis einmal die Quantität in die Qualität umschlägt. Die Uebergangszeit wandelt die Struktur der Gesellschaft und ihre Organe, zu denen auch das Heer gehört. Folglich geht die Staatsgewalt vom Bolte aus, und das Bolt hat alle Chancen, nach dem Maße seiner Auflärung zu verhindern, daß Der Staat einseitig nur die Interessen der fapitalistischen Klasse mahr­nimmt. Der preußische Militärstaat versperrte uns den Weg zur Exekutive völlig. Im Krieg hat sich der preußische Militär­ftaat selbst umgebracht. Jezt hat in Breußen die Sozial demokratie die Führung, ist heute Subjett der Gesetzgebung und Berwaltung. Einst war Preußen Hort der Reaktion, jetzt ist es Hort der demokratischen Republit. Der Besitz der politischen Macht bedeutet noch nicht den Sozialismus und noch nicht einmal die Mög lichkeit, ihn einzuführen. Das zeigt das russische Beispiel. Seine unerläßliche Voraussetzung ist die ökonomische Reife, die in Deutsch  land in weitem Umfang gegeben ist. Wirtschaftliche Tendenzen, wie die Wirtschaftstemofratie, und politische Tendenzen gehen parallel, um den Kapitalismus zu überwinden und die Bahn für den Sozialismus frei zu machen. Diese organische Entwicklung wird schneller und sicherer zum Sozialismus führen als die kommu­ nistischen   Gewalt- und Terrormethoden. Gewalt tann von uns nur angewendet werden als Abwehr gegen die Gewalt, die das Rad der Weltgeschichte gewaltsam rückwärts drehen will. Daß wir uns auf diese Möglichkeit einstellen, beweist die Gründung des Reichs banners. Normalerweise aber wollen wir Wirtschaft, Staat und Gesellschaft allmählich mit sozialistischem Geist durchdringen.

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Mit der Polizei lebten wir im alten Staat in einem ständigen Guerilla Krieg, nicht, weil wir es für revolutionär hielten, die Polizei zu attadieren, sondern weil die Polizei auf Feindschaft gegen die Arbeitertiasse dressiert war. Heute haben mir sozialdemo tratische Polizeiminister und Polizeipräsidenten und zahlreiche Beamte als Parteimitglieder. Gilt heute also noch die Begründung, die Polizei sei ein Instrument der tcpitalistischen Klassenherrschaft? Fordert irgendein Mensch die Be­feitigung der Polizei oder arbeiten wir alle an ihrer Demofrati ficrung? Schwerer ist infolge der nabsehbarteit der Richter der Kampf um die Justiz. In letzter Zeit macht sich vereinzelt eine Abkehr von ausgesprochen reaktionärer Arbeiterfeind lichkeit bemerkbar. Aber hat irgendjemand deshalb verlangt, mir jollten die Ausgaben für Justiz und Gefängnisse ablehnen? Jm Heer ist der Widerstand der reaffionären Kräfte am stärksten, aber auch dort läßt sich die Umwandlung nicht auf­halten. Es wandelt sich die Maffentechnit, und der Mißbrauch der Soldaten gegen das eigene Bolt wird erschwert. Ehließlich sind das alles doch aur Teilerscheinungen der bürgerlichen Gesellschaft, die man nicht isoliert befeitigen, sondern nur im Rampf gegen das fapitalistische System über. winden fann. In diesem margiftischen Erfenntnis besteht unsere Ueberlegenheit gegenüber bürgerlichen Beltnerbefferern, die immer versuchen, der Menschheit tausendfältig eh und Ach aus einem Bunft durchaus zu turieren.( Seiterfeit.) Wir haben teinen Grund, bie Friedensgesellschaften zu bekämpfen, aber sie betämpfen nur die äußeren Erscheinungen, die die Krise auslösen, nicht ihre tiefen inneren Ursachen, die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen.

Die isolierte Ablehnung des Heeresetats wäre infonfequent.

Condon, 25. Mai.

Nichts Troftloseres gibt es auf Erden als diesen Londoner Oster und Norden mit seinen ewig gleichen, monotonen Straßenzügen, feinem Grau in Grau, feinen Elends quartie ren. Hier, wie nirgendwo fonft, hat der aufsteigende Kapitalismus

Folgerichtig müßten wir dann zurüdtehren aina Magdeburger  Parteitag von 1910 und die Ablehnung des Budgets wieder zum Parteigesetz machen. Damit würden wir freilich alles ver= leugnen, mas seit 1910 new geworden ist: Republit und Demo­tralie, Seidelberger Programm, Brüsseler. Abrüstungs- Resolution und auch die Reben, die Künstler als Sprecher der sozialdemo­fratischen Reidystogsfraftion in der Opposition zum Wehrebat ge­halten hat.

Auf dem Stuttgarter Internationalen Kongreß von 1907 jagte Bebel gegen Hervé, daß auch wir als Sozialdemokraten militärische Rüstungen nicht ganz entbehren fönnen, solange die Verhältnisse der einzelnen Staaten jich nicht grundlegend geändert haben, aber nur im Sinne der Verteidigung und der freien demo­trafischen Grundlage.

Aus diesem Geiste Bebels hat die Kommiffion in die Richtlinien den Satz hineingebracht: Solange diese Gefahren bestehen, braucht die Deutsche   Republit eine sehrmacht zum Schuge ihrer Neutrali tät und der politischen wirtschaftlichen und sozialen Errungenschaften der Arbeiterklasse." Auf dem Brüsseler Kongreß ist der Satz an genommen worden, daß man auch revolutionäre Mittel gegen die Regierungen anwenden wolle, menn sie einen Angriffstrieg unternehmen. Dieser Sag hätte teinen Sinn, wenn man nicht die Unterscheidung von Angriffs- und Verteidigungstrieg für möglich hält. Die radikalen Kritiker haben diesen Sah übrigens auch über­nommen. Da ist wohl die Bernunft einmal mit ihnen durchgegangen. Es ist ferner gefagt morden, es sei ein Widerspruch, fich für die Totalabrüftung zu ertlären und gleichzeitig die Aufrechterhaltung unserer fleinen Behrmacht zu fordern. Ich sehe darin feinen Wider­spruch.

Die Tofalabrüftung ist ein 3ukunftsziel, auch die Ab­rüffung ist ein Entwicklungsproze

feiner überwältigenden praktischen Bedeutung für ihre eigene und ihrer Rinder materielle und geistige Existenz. Man fühlt, mie die Botschaft des Sozialismus für diese Menschen, später zwar als für die Arbeiterschaft anderer europäischer Länder, aber nicht weniger tief und entscheidend, zum großen Erlebnis geworden ist. Egon Wertheimer.

| Rautsfy, Bernstein  , Dito Bauer und Julius Deutsch  . Ich dante den vier Genossen für ihre Arbeit, die sie geleistet haben; alle vier Gutachter waren einmütig der Meinung, daß eine Totalabrüstung für Deutschland   leider noch nicht möglich ist. Nun fragt man, gegen wen mir denn ein Heer brauchen, wer uns denn bedroht. Gleichzeitig aber malt man täglich neue Kriegsgefahren an die Wand und weist auf die Rüstungen der anderen Staaten hin. Unser Entwurf tut nichts anderes, denn er sagt: Noch broht aber die Machtpolitit imperialistischer und faschistischer Staaten mit fonter­revolutionären Interventionen und neuen Striegen." Mer darauf hinweist, daß heute nur noch Koalitionsfriege möglich find, tann doch nicht fragen, gegen men mir ein Heer aufrecht erhalten mollen, der tann   auch nicht fagen, wir tönnten ruhig das Meine 100 000- mann Heer aufheben, meil es gegen die großen Militärmächte boo phn mächtig wäre. Das Beispiel Belgiens   zeigt, wie es auf die Umstände enfommt. Belgien   hat burch ben pierzehntägigen Wider stand feines fleinen Heeres Frankreich   vor dem lleberrumpelungen geschüßt und damit der Entente die Möglichkeit des endgültigen Sieges und fich selbst die Unabhängigfeit gesichert!( Sehr mahr!)

In der Inflation haben uns Gewalt und Terror der Rechts­putschisten auf das gefährlichste bedroht. Wir haben sie nur dadurch zurückgeworfen, daß wir ihren Gewaltshaufen das Reichs­banner entgegensehen fonnten. Gemaltsmenschen imponiert immer nur die Gewalt. In der Notwehr bedienen auch mir deshalb uns der Gemalt im Innern wie auch außen.

Mit der Abrüstung der Heere muß die moralische und geistige Abrüstung der Völker parallel gehen, dann haben die Kriegstreiber ihr Spiel verloren. Aber nicht nur in den Böltern muß der Anti­friegsmille lebendig sein, auch in den Regierungen. Und so mird die Wehrfrage legten Endes wieder die innerpolitische Frage: Wer herrscht im Staat? Je größer unser Einfluß auf Staat und Re­gierung ist, desto größer ist unser Einfluß auf den Frieden.

Die Kommiffton legte ihrer Arbeit Gutachten zugrunde von( Lebhafter anhaltender Beifall.)

Debatte zum Wehrprogramm.

Zöllig- Düsseldorf   beantragt die Bestellung eines Rorrefe renten mit einstündiger Redezeit. Ludwig( Parteivorstand) verlangt einftündige Redezeit auch für sich, weil er ebenfalls die Richtlinien ablehne, aber nicht als linte, sondern als rechte Abweichung.( Heiterkeit.)

Borsitzender Wels: Die Richtlinien stellen bereits ein Rompro­miß aller Richtlinien dar, und Dittmann hat nicht seine persönliche Meinung ausgesprochen, sondern war Berichterstatter ber Rom  mission. miffion. Es liegen 29 Wortmeldungen vor. Parteivorstand und Barteiausschuß bitten, von Rorreferenten abzusehen

Gerlach- Düsseldorf  : In der Düsseldorfer   Parteiversammlung ist uns die Stellung eines Rorreferenten verweigert worden,( hört, hört.)

Der Antrag 3öllig wird abgelehnt. In der Debatte spricht Paul Ceri( mit lebh. Beifall begrüßt): Von den drei Heim­fuchungen der Menschheit, Krieg, Hunger und Best, find Hunger und Best als gesellschaftliche Erscheinungen längst erfannt, der Hunger vor allem von Start Mary. Der Krieg hat der fazia logischen Durchforschung am längsten widerstanden, obgleich Clauses mit schon 1830 ausgesprochen hat, daß der Krieg ein gefeII= schaftlicher Konflift sei, der sich blutig löfe. Wäre der Krieg seine Beurteilung von politischen Formulierungen abhängig zu als ein soziologisches Phänomen erkannt, so märe es unmöglich, machen. Wenn man dies tut, wie Dittmann, bann muß man an dem Tage, wo das Fürchterliche geschehen sollte, ohne geistiges Rüft­zeug dastehen, denn die politische Situation des Krieges fann nie­mand im voraus festlegen. Dittmann hat das Programm der Wehr­tommission in das außenpolitische Milieu der Siegerstaaten hinein gestellt. Aber

wer fann heute schon fagen, daß die politische Situation des Friedensdiftats noch besteht?

Dittmann hat meiterhin das Behrprogramm in bas immempitische Milieu hineingestellt, da mir in Deutschland   ein auschlaggebenber Faftor geworben feien. her fann man überhaupt feststellen, in welchem Maße in einer gegebenen politischen Situation der eine oder der andere Faftor Herr im Staate ist? In Wahrheit ist es doch immer so. daß die schreckliche Tatsache des Krieges Diele arm und wenige reich macht, daß das dialettische Ge setz der Ausbeutung im Kriege nicht stillsteht, sondern doppelt und dreifach arbeitet. Darum ist die Kernfrage die:

Kann das Proletariat an diesem Gefeh des wirkenden Klaffen. tampfes vorübergehen oder hat es die Pflicht, auch im Kriege, und gerade im Kriege seinem Lebenselement, Klaffenkampf. vollen politischen Ausdrud zu verleihen?

muß es nicht gerade im Kriege feinen Rampf für die Freiheit und Befreiung der großen Maffe lebendig machen und unter dem Nach unserer Ueberzeugung Banner der Revolution beflügeln?

muß die proletarische Klasse, ausgerüstet mit aller sozialer Ertennt­nis, im Kriegsfalle bewußt und flar zu Ende führen, was die französischen   Revolutionäre von 1793 mur unbewußt begonnen haben.( Beifall.)

Koch Hamburg: Der vorliegende Programamentwurf bringt einen Fortschritt: die Anerkennung der Tatsache, daß mir zum Problem des Krieges nicht als Deutsche   oder Angehörige einer an­deren Nation Stellung nehmen müssen, sondern als internatio. nale Sozialdemokraten. Wenn alle sozialdemokratischen Parteien 1914-1918 danach verfahren wären, hätte der Weltfrieg nicht Jahre gedauert.

Das Proletariat der Welt hat bisher jeden Krieg verloren. Der Standpunkt Levis ift opportunistisch und läßt die Konsequenz vermissen. Er geht immer davon aus, daß die bewaffnete Macht dazu berufen ist, in der Entwicklung der Menschheit noch eine große Rolle zu spielen. Wir aber halten es für an der Zeit, jeden Militarismus abzulehnen, selbst menn er unter der roten Fahne jegelt.( Leber Lübed: Das ist die dritte Richtung!) Aber die tonfequentefte!( eber: Das glaubt von seiner Richtung jeder!) Für mich sind Pazifismus und Sozialismus genau basselbe. Wir lehnen aus grundsäglichen und praf­tischen Erwägungen alle deutschen   Rüstungen ab.

Häbler- Karlsruhe: Die Erhaltung des Friedens ist entscheidend in den Mittelpunkt des Dentens getreten. Der Sag über den be maffneten Schutz der Neutralität flingt jehr beftechend, aber mir müffen doch bedenken, welches Unheil über unser Bolt gekommen märe, menn mir beim Ruhreinbruch zur bewaffneten Ber­teidigung geschritten wären.

Jeder Krieg richtet sich in seinem Kern immer gegen das Proletariat.

Die große Gefahr des Entwurfs der Kommiffion liegt darin, daß