Oer Standpunkt der Schwerindustrie.
»Wobei natürlich jede Erleichterung der ge- spannten Finanzlage des Reichs nach Am nähme des sjoung-plans derLndufirie zugute kommen muß!'
Hilferding über die Anleihe. Oie Banksachverständigen haben sich geirrt.— Dennoch wesentliche Erleichterung.
Der Ausschuß für de» Reichshaushall wollte in der Mittwoch- sitzung das E t a t s g e fe tz verhandeln und damit feine Beratungen des chauptetats für 19Z9 abschließen. Es kam jedoch nicht dazu. Im Z 6 des Etatsgesetzes find Bestimmungen über Verzinsung und Tilgung einer von der Deutschen Luft-ch a nsa A.-(B. unter Garantie des Reichs auszunehmenden Anleihe bzw. aufzunehmenden Darlehens enthalten. Diese Bestimmungen gaben sachlich und«tats- rechtlich Anlaß zu einer längeren Debatte, in der über die Zu- lössigkeit und Zweckmäßigkeit der getroffenen Regelung so große Meinungsdiffe'renzen zutage traten, daß die Beratung des betref- senden Paragraphen zunächst ausgesetzt wurde. All« übrigen Paragraphen des Etatsgesetzes wurden nach kurzer Aussprache gemäß dem Vorschlag« der Regierungsparteien genehmigt. Nach Abschluß dieser Beratung fragte der deutschnational« Ab- geordnete ch e r g t. was nun zur Deckung de» Defizits und zur Sanierung der Kassenlag« geschehen solle, nachdem die neue Anleche an Stell« eines Bedarfs von 500 Millionen nur etwa 180 Willionen erbracht habe. Er führe den Fehlschlog auf dos mangelnd« Vertrauen des deutschen Volkes in die jetzige Reichs- finanzwirtschaft und aus die Ilnzufrledenheit mit dem Pariser Er- gebnis zurück. Seine Parteifreunde würden im Plenum die Folge- runge» daraus ziehen. Reichssinonzminister Dr. Hilferding antwortet«, daß aus den schon oft dargelegten Grünhen die Aufnahm« kurzfristiger Kr«.
dit« für Ihn nicht möglich gewesen sei. Im-Mai hätte sich die Kossen- läge besonders schwierig gestaltet» so daß er vor der Notwendigkeil gestanden habe, besonder« Maßnahmen zu ergreisen. Eine lang. fristige Auslandsanleihe sei aus reparations- politischen Gründen nicht möglich gewesen. Es blieb also nur der Weg einer Inlandsanleihe, und er müsse immer wieder- holen, daß niemand einen anderen Weg gezeigt habe. Sachoer- ständige Vankkreise hätten einen guten Erfolg der Anleihe voraus- gesagt. Dieser Erfolg sei nicht eingetreten. Immerhin habe die Anleihe auch mit ihrem j-tzigen Ergebnis ihre Hauptfunktion,«inen lleberbrückungsvorschuß für den Ultimo zu erholten, erfüllt. Die Aufnahm« kurzfristiger Kredite am Ultimo werde sich jetzt In der angegebenen Höhe erübrigen. Den Kasten der Versicherungsträger und sonstiger Körperschaften habe die Anleihe keinen Anreiz geboten, weil sie nicht von der Körperschoftssteuer besrcit sei. Di« vom Abgeordneten Hergt wegen der mangelnden Zeichnung von den Kasten der Versicherungsträger gezogenen Schlußfolgerungen seien daher irrig. Auch bei den Banken sei die fest« Ilebernahm« der Anleihen nicht durchzusetzen gewesen, weil einer der Hauptanreize der Anleihe die Befreiung von der Erbschastssteuer für die vom Erblast« selbst gezeichneten Stücke gewefen fei. Auch hier gehen die Schlußfolgerungen des Fragestellers also fehl. Di« nächst« Sitzung des Ausschustes wird vermutlich erst in der nächsten Woche stattfinden.
Hinrichtung verschoben. Den»Versöhnlern" wird eine Gnadenfrist gegeben. In der Mittwachnachmittagsitzung des tommunlstischsn Partei. tags sprach endlich«in Bertreter der Kommunistischen Internationale. Aber es war nicht M a n u i l s k i, den man erwartet hatte, sondern S e m a r d, der Führer der französischen Kommunisten. Er analy» fierte etwa anderthalb Stunden lang in ähnlich«, wenn auch schwungvollerer Weis« die internationale Lag«, wie es Thälmonn vorher schon sechs Stunden lang getan hatte. Aus feinen Aus- iührungen war bemerkenswert, daß er Macdonald, also dt« Arbeiterregierung in England, beschuldigt«, gemeinsam mit Her- mann Müller in Deutschland und Paul-Boncour in Frankreich die Kriegsoorbereitungen gegen Sowjet- r u ß l a n d westerzujühren. AUl«hoben« Stimm« erklärte«, daß sich di« Exekutiv « der Kommunistischen Znleraakionale mit den Mai kämpfen in Verlin solidarisch erklär«. Die Berlin « Barrikadenkämpse seien ein Teil des Kampfes des Proletariats gewesen, fic beschleunigte« die revolutionäre Situation, sie seien ein« Vorbereitung zum bewassneteu Aufstand. Di« Kommunistisch« International« und insbesondere die Kommu- nisttjche Partei Deutschlands würden daraus ihreTrfahrungen für die Aordsreitungen de» Auf stand?„in«in« akuten revolutionären Situation" ziehen. Semard versucht« sich recht vorsichtig auszudrücken, aber trotzdem erhielt dies« Stelle stürmischen Beifall, als st« in der deutschen Uebersetzung vorgelesen wurde. Nach ein« lSng«en Kampfansage an„Sozialfaschisten " und „Reiormisten" kam der Redner dann auf die„Versöhnler" zu sprechen. Er warf chnen vor, daß sie jetzt die Rolle der„Rechten" w der Partei übernommen hätten. Er zählte ein« Anzahl von Punkten auf. in denen sie sich gegen die Beschlüste vergangen hätten. Der Parteitag sei setzt»«pflichtet, die Konsequenzen daraus zu ziehen. Aber eine letzt« Frist soll den„Versöhnlern" noch ge> geben werden. Sie dürfen keine Aemter in der Partei bekleiden, und wenn sie sich nicht schleunigst und gründlich bessern, dann soll ihnen das gleiche Schicksal bereitet werden, wie den„Liquidatoren", den„Rechten" und den anderen Renegaten. Die Delegierten beklatschten diese Drohung aufs lebhafteste. In der vorausgegangenen Diskussion führte der preußische Landtagsabgeordnete B e n s ch« i d Beschwerde darüber, daß müer Führung Eberleins eine Mehrheit in der Fraktion nach den Neu- mahlen beschlosten hatte, nicht nur einen Präsidenten zu stellen, sondern ihm auch die Abgabe einer Erklärung zu gestatten, wonach er die Bestimmungen der Geschäftsordnung anerkennen und durch- führen wolle. Das sei ein neuer Beweis für den Reformismus, der sich in der Kommunistischen Partei breitmache. Er fragte die„Der- söhnler" Ewert, Meyer usw., ob sie ihre Mandate niederlegen wollen. Werden sie es tun? Es sei noch angemerkt, daß vor Beginn der Red« Semards vom Präsidium d« Befehl ausgegeben wurde:„J)i« Delegierten und Ordner an ihre Plätze! Die Türen sind ge- s ch l o s s e n z u h a l t e nl" In der Tat durste shindenlang niemand meder herein, noch hinaus. Warum diese„revolutlonär«" Angst? Anders als in Rußland ist doch in dem..sozialfaschistischen" Deutsch- land die Aeußerung anderer als der offiziell anerkannten Meinungen aestattet!
Die Sowjetbureaukraiie. 1 130000Gowjetbe<mite, davon nur 7 proz. Kommunisten. Moskau . 11. Juni. (Ost-Expreß.) Nach amtlichen Angabe» beträgt die Zahl der Sowjetbeomten 1 130000, wovon 12 Prozent höh««. 45 Prozent nvttlers und 43 Prozent unter« Beamte sind. Bemerken swert ist, daß 75 Proz. der Sowjetbeomte« im Alt« von 17 bi» 34 Iahren stehen, unter den böheren Beamten 50 Prozent. Der Prozentsatz der früheren zaristischen Beamten beträgt 4. der der Kommunisten 7. Tadel für Paul Boneour. Beschluß des französischen Parteitages. Pari». 12. Juni.(Eigenbericht.) Der sozialistische Parteitag in Nancy stand von Anfang an mehr Im Zeichen innererSammlung.al» dem tragischer'Gegensätze. Die Arbeit der Resalutionskommission war auf Ausgleich gerichtet. Die Entscheidung im Fall Barenn«, des früheren Gouverneurs von Indochina , der wegen mangelnder Disziplin aus der Partei ausgeschlossen worden war und Wiederaufnahm« nachgesucht hat. wurde vertagt. Die Fall« Paul Boncour und F i a n c e t t e landen ein« Kompromißlösung: ohne daß ihr Name direkt genormt wird, bedauert der Parteitag in ein« Entschließung ganz all- gemein die vorgekommenen Disziplinmängel und fordert die sozialistisch« Kaimnerfraktion aus, künftw die Uebernahme von Aemtern in Kommissionen durch ihr« Mitgueder scharf zu überwachen und diese gegebenenfalls zurRiederlcgunader Funktion zu bestimmen. Da» ist eine Mißbilligung d« Haltung Paul ".oncours bei der Beratung der Kongregationsgesetze. Paul Boncour b dem Parteitag ferngeblieben und hat also auf Lerteidigunz ■an vornherein verzichtet. Der letzt« Derhandlungstag war mit der sehr lebhaften Diskussion über die Sozialoerstcherungsgesetze ausgefüllt. Der Wille der Arbeiterschafi, eine Inkraftsetzung d« stark v«- schlechterten Gesetz« mit ollen Mitteln zu oeichindern, wurde ge- bührend zum Ausdruck gebracht. Auf einem großen Meeting in Nancy sprachen L ä o n Blum. Renaudel und Foure und Modigliani . Blum legte dar, daß die Sozialistische Partei immer di« Partei des k o n st r u k t i v« n A u s b a u s gewesen sei: er gab einen U eberblick über die Haltung der Partei zur Reparationsfrage feit dem Devsaill« Vertrag und bewies, daß noch stet» di« Sozialisten in chren Forderungen Lösungen vorweggenommen haben, zu denen sich viel später auch die and««n Parteien bekonnten.__ Eine lohnende Ausgabe für Juad. Seme Regierung läßt sozialistische Korresponventen nicht ins Land. Halsa. 12. Juni(Eigenbericht.) Die ägyptisch« Regierung hat die Einreise des SPD. -Korre- lpondenten in Palästina nach Aegypten nunmehr entgegen ihrer anfänglichen Zusage endgültig abgelehnt. Die Vereinigung der Auslandskorrespondenten in Palästina hat gegen das Derhalten der ägyptischen Regierung bereits scharfen Protest eingelegt.
Der Gemeind«au»schuh de» Pr-ußlsch-n CanMage» nahm die Regierungsvorlage üb« die Bildung der Stadtgemeind« Solingen an.
Beschwerde gegen Bethleu. Kieme Entente protestiert gegen Denkmalsrede. Budapest , 12. Juni. Das Ungarisch« Telegraphenkorrespondenzbureou meldet: Im verlauf des Empfangs der ausländischen Diplomaten' sucht« zunächst d» Budapest « Gesandte der tschechoslowakischen Regierung, später der Budapester Gesandt« Südslawien » und d« Gesandt « Rumäniens den Minist« des Aeußern Walto auf. Sie legten dar. daß di« Gedenkrede, die Ministerpräsident Graf B» t h l e n am 25. Mai bei der Einweihung des Denkmal» für di« gefallenen .Helden hielt, Ihr« Regierungen peinlich berührt habe. Sie brachten dem Minister des Aeußern zur Kenntnis, daß st« in Zukunft an ähnliche« Feierlichkeiten nicht teilnehmen werden Zugleich teilten sie auch mit, daß ihr« Regierungen die ungarischen Manifesta- tionen gegebenensalls auch vor einer internationalen I n st a n z zur Sprach« bringen würden. Minister des Aeußern Walto legte in seiner Antwort dar: Der Standpunkt der ungarischen Regierung, daß der Friedensvertrag ungerecht und daher abzuänd«« sei,— worauf sie durch Inan- spruchnahm« friedlicher Mittel ständig hinarbeite— sei allgemein bekannt. Diesen Standpunkt habe Ministerpräsident Gras Bethlen im ungarischen Abgeordnetenhaus bereite in mehreren Fällen dargelegt und auch in jemer Rede vom 26. Mai betont. Was di« Teil- nähme der Gesandten an ähnlichen Feierlichkeiten betrifft, wies der Außenminister darauf hin, daß die ungarisch« Regierung die Praxis verfolgt, zu den wichtigen Feierlichkeiten da» Diplomatische Korps einzuladen. Sollten einige Mitglieder des m Budapest akkredierten Diplonmtlschen Korps es für richtig halten, bei gewisten Feierlich- keiten nicht zu erscheinen, so bleib« dies ihrem eigenen Urteil überlasten. Auch die Gesandten Ungarns seien ja bei gewisten Fest- lichkeiten der Nachbarstaaten nicht erschienen.
Die Amnestie in Rumänien . Bujor bleibt weiter in Hast! Die rumänische Regierung hat anläßlich des Zehnjahrestages der Reichseinheit das Dekret über die Amnestie erlasten, und zwar für alle von Inländern bis zum 1. Dezember 1928 be- gangenen polltischen Lergehen, wegen deren»in rechtskräftiges Urteil noch nicht ausgesprochen wurde, und für die bereits abge- urteilten politischen Vergehen Strafnachlässe. Die Amnestierung der Militär- und sonstigen Delikte gemeinen Recht, wird, der B«- fastung entsprechend, dem Parlament vorbehalten. Durch die Straf- nachläste werden eine Reih« kommunistischer und sozialdemokratischer Häftlinge befreit. Aber die Schande, daß B u s o r weiter im Gefängnis von Doftana dahinsiechen wird, daß die da« Rechtsbewußtsein aufs tiefste verletzenden Urteile gegen Dobrogeanu und S t» s a n o s s nicht revidiert werden, hat diese Amnestie nicht beseitigt. Dem Genosten Bujor wird durch die Anmesti« die lebenslängliche in 20jährig« Zwangsarbeit umgewandelt.
Davon hat er neun Jahre verbüßt— und soll nun weiter« elf Jahr« die unbeschreiblichen Leiden ertragen. Für Boris S t« f a- n o f f und A. Dobrogeanu wurde die Strafe von acht auf sechs Jahr« Gefängnis herabgesetzt. Die rumänischen Genosten führen den Kamps um ein« wirklich« Amnestie, di« all« Opfer der Justizwillkür und Unterdrückung befreit, weiter.
Terror gegen Terror. Attentate auf litauische Polizisten. Unbekannte schleuderten durch das offene Fenster ein« Hand- granat« in die Wohnung des Polizeispitzels Kraut in Wilkomir. Kraut wurde lebensgefährlich verletzt. Die Täter sind« n k- kommen. Terrorakte gegen Polizeibeamte und Vertrauensleute der Polizei nehmen in Litauen mit s e?» e m Tage zu.
Amerikanische Arbeiterpartei. Ein neuer Versuch. New Port . 12. Juni.(Eigenbericht.) Eine Gruppe von 150 führenden amerltanischen Sozialist«». Gewertschosts- und Arbeiterführern hat beschlosten, eine neu« fort- schrittllche Arbeiterorganisation in den Bereinigten Staaten unter dem Namen„Progressive Labor Action" ins Leben zu rufen. Die neue Organisation wird sich in erster Linie der Erziehung der amen« tonischen Arbeiteynosten und ihrer gewerkschaftlichen Organisierung annehmen und wird außerdem dem Studium amerikanischer Wirt- schaftsfragen Ihr« besondere Aufmerksamkeit zuwenden. Der neuen Partei gehören neben anderen führenden Sozialisten Fortschrittler der amerikanischen Gcwerkschaftevewegung. wie Maurer, und der sozialistisch« amerikanische Präsidentschaftskandidat in den letzten Wahlen, Norman Thomas , an. * Dieser Versuch, Gewerkschaften und Sozialistische' Partei zu praktischer politischer Tätigkeit zusammenzubringen, ist nicht der erst« seiner Art. Er hat unmittelbar nach dem Kriege zur Präsidenten- schaststandidawr des bürgerlichen Radikalen La F o l l« t t«» aber nicht zu einem dauernden Erfolg geführt. Ob diesem zweiten Per. such ein größerer Erfolg beschieden sein wird, hängt wesentlich ab von der Haltung der eigentlichen Gewerkschottesüb'-er. zu denen man Maurer nicht zählen kann. Strafverfolgung eine» bayerischen Kommunisten. Da» Plenum des bayerischen Landtags hat den kommunistischen Abgeordnete« D r e s s e l zur Strafverfolgung freigegeben. Drestel hat sich im März dieses Jahres in München an die Spitz« eines Erwerbslosen- zuge« gestellt und beim Erscheinen der Polizei die Demonstranten' zum Widerstand und zu Tätlichkeiten aufgefordert, wobei e» zu Zu- sannnenstößen mit der Polizei kam und mehrere Personen v.r- mundet wunden.