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Mittwoch 19.3um 1929
Unterhaltung und ÄVtssen
Beilage des Vorwärts
IVnUher Erkan: CHS&Clti Ollttß tflüft
Das ist nun schon Jahre Herl   Diese Nacht in Bremen  . Man war in dieser behäbigen Stadt seinerzeit bei der allabend- lich.:n Bahnhofskontrolle sehr streng gegen die Bürger, die im nornehmcn Wartesaal 2. Klasse der Polizeistunde noch bei einem Glaschen Bier«in Schnippchen schlagen wollten.(Heute wird der Bahnhof weit vor Polizeistunde zugemacht.) Bei uns in der 4. Klasse ober war man nachsichtiger. Eine abgegriffene Fahrkarte 4. Klasse auch die gab es damals noch! nach Rotenburg  , die ich ein wenig billiger van einem baumstarken, nach Hannover   abgetippelten Schmied erstanden hatte, war Ausweis genug, um die Nacht im Bahnhof verbringen zu dürfen. Aber wir wollten in dieser Nacht, an die ich jetzt denk«, gar nicht schlafen. Denn es war eine von den späten Frühlingsnächten, in denen der junge Sommer beinah auf der Erde hängt. So voll und saftig, doh man sich betrinken kann an diesem irgendwie etwas betörenden, schwülen Strom unfaßbaren Duftes. Und sich i«hnt nach den Nächten in frischen, duftigen Heudiemen. Gewiß, als um �2 Uhr nachts der Bahnhof abgeschlossen wurde, waren wir vorsichtshalber oder aus Gewohnheit allo mit hineingcwitscht. Die ganze Gesellschaft, die sich da im Bahnhof herumtrieb. Und in Bremen   waren immer allerhand! Olden- burger, gute Kameraden. Immer vergnügte Hamburger, die draußen viel netter sind als in. Hamburg  , wo man sie alle zu- sammen hat. Aber anstatt, daß wir, wie sonst, uns erst einmal um die Bänke und langen Fensterbretter kellten, auf denen man am bequemsten schläft in Bremen  , und die letzten Zigarettenkippen vorm Schlafen teitten, anstatt, daß wir uns, wie fönst, die Mütze über die Augen zogen und fluchend jeden Sprecher zu botmäßiger Ruhe in unserem Reich mahnten, waren wir alle etwas unruhig. Wir schwärmten hin und her. Drehten unermüdlich aus allen Kippen, die sich in den hintersten Ecken fanden, die fürchterlichsten Stummel.- Die Bremer Straßenbahn Fahrschein« waren gut dafür, die hatten dünnes. Papier  , das nicht so qualmt«! Wir liefen aus dem Saal in die Bahnhofshalle. Schauten durch die Fenster der 2. Klasse in die Gefilde der Reichen. Wir strichen um die Fohrpläne herum, die mit ihren verheißungsvollen Stationsnamen irgendwie etwas mit der merkwürdig feuchten Luft zu tun haben mußten, die uns so unruhig macht«. Wir knobelten, und einer erzählte von einer prächtigen Bettel« fahrt durch Seeland, um die wir ihn brennend beneideten. Das aber war noch nicht das Richtige. Dann spielten wir Schinken- klopfen. Die wenigen Gäste, die wirklich reisen wollten, murrten un- willig. Wir aber setzten schwungvoll«ine wuchttge Hand nach der anderen auf die Hintern unserer Kollex«. Sanft ist es bestimmt nicht zugegangen dabei. Ein großes, schwarzes Mädelärmlich, aber sauber," meinte einer, als sie zu uns kam, schied aus, weil ihr der Rücken rauchte. Wir wußten bald, daß sie Erna hieß, erst seit einigen Wochen in Bremen   war und ihr Geld auf der Straß« v«r> diente. Aber die Polizei war in Bremen   so auf dem Posten, daß sie den Beruf am liebsten auf den Nagel gehängt hätte, sich nun schon die zwette Nacht mtt uns Pennbrüdern herumtrieb und das Geschäft vernachlässigt«. Erna schied aus, aber sie mußt« bei uns bleiben, mußte die Köpfe in den Schoß nehmen, damit keiner fchielen konnte. Und wir alle waren zu ihr wie zu einer Schwester. Als ob sie zu uns ge- hörte, und das will bei uns viel heißen. Bald machte selbst dieser laute Spaß uns keine Freude mehr. Die Hände taten weh von den eckigen Hinterteilen. Wir streiften wieder durch den Bahnhof und unseren Wartesaal. Die Nachtportiers wurden schon unruhig. Da entdeckten wir in der einen Eck« des Wartesaales«inen Sitzschläfer. Einen Fünfunddreißigjähriger, im abgetragenen schwarzen Anzug, wie ihn ein ärmlicher Landwirt anhoben mag, wenn er auf Reisen geht. Der rutscht« langsam mit dem Ober- korper vornüber, fing sich aber immer im letzten Augenblick vor dem Fallen wieder und richtet« sich kerzengerade auf. Wir wetteten um die Züge einer Zigarette, die ihm ein kleiner Bengel aus der Iockentasche geklaut hatte, wenn er endlich kippen würde. Die Luft um ihn her stank nach Fusel und ungepflegtem Mundwerk. Das fiel selbst im Staub des Wartesaals und im Modergeruch unseres ungelüfteten Zeuges auf. Wir legten Tobias Tobias war der beste Name für ihn einen Bierdeckel auf den Kopf und wetteten, wann der herunter- fiele. Jemand bringt eine leere Schnapsflasche und hält sie ihm unter die Nase. Tobias riecht Fusel, wacht aus, reibt sich erstaunt die versoffenen Augen und flucht auf gut pommersch. Meint, wir sollten ihm doch den Buckel herunterrutschen und ihm den Hintern lecken. Wir bedeuteten ihm, er solle sich in acht nehmen, wir seien in Domcngesellchaft. Erna knüpft ihre Mantelfahne so herablassend, als fei es ein köstlicher Pelz. Schließlich wird Tobias die Frozzelei zu bunt. Er springt auf und flucht weller.Faules Pack, andere Leute im Schlaf stören, zu faul zum Arbeiten!" Hollo, willst du uns denn Arbeit geben?"Ja, ich such« Landarbeiter," sein Gesicht verklärt sich!Schnitter, 45 Stück!" Ho, die sollst du haben!" Und während Tobias schwankt wie , ine Bahnschranke nach dem Hochziehen, wir uns alle ins Fäustchen lachen, spielen wir todernst das Spiel mit, das der besoffen«, raus- geschmissene Gutsinspettor in seinem Tran angibt. Wir schreien durcheinander. Wann? Wo? Lohn? Da kommt unser Tobias aber in Schwung. Steigt auf den Tisch und gebietet Ruhe. Einer reicht Papier, der andere einen Bleistiftstummel. Todernst, durchdrungen von seiner Aufgabe, schreibt Tobias die Namen auf. Fragt nach Schulbildung und letzter Arbeitsstelle. Ex mahnr zu rückhaltlosem Fleiß, und wir antworten, als hätten wir die ganz groß« Chance unsere» Lebens beim Wickel. Plötzlich kommt einer daraus:Und Erna?" Lebhaftes Durch- icnander Bis ins Letzte spielen wir das Spiel mit.Brauchst du pommerscher Halunke keine Schnitterin?"Doch, natürlich!" Hollo. Erna kommt mtt. Erna kocht für uns und wird unsere Schwester! Alles ist besprochen. Das Spiel wird langweilig. Da meint einer, wenn Tobias uns«fcho� kein Handgeld geben könne, so solle er uns doch wenigstensdas wäre doch nur recht und billig Ouartier besorgen, sonst gingen unsere besten Kräfte vorher flöten. Tobias runzett die Stirn,.�oho!" schreit wieder die ganze Korona. Da kann er nicht mucken und sogt zu. Raus aus dem Wartesaal. Der Bahnhof war noch abgeschlossen.'Der Porüer
murrt, als«r aufmachen soll. Ist gar kein schlechter Kerl, nur so platt, daß alle Penner dem Bahnhof so früh schon den Rücken wenden. Draußen ist Frühsommer. Gierig atmen wir alle die warme duftige Luft, die uns so verrückt gemacht hat heute abend. Einen Augenblick ist alles still. Einre fährt mit der Hand über dos Gras eines Beetrondels. Cr wäscht sich mit dem Tau Gesicht und Hände. Das ist«in aller Bruder schon. Der weiß, wie schön der erdige Geruch taufrischen Grases ist. Und wie er aufmuntert, frisch macht, wenn die Augen zufallen wollen und die Knochen noch nicht recht zusammengehalten werden durch die Muskeln. Das ist«in schöner Geburtstag heut," meint Erna. Sie ist froh, daß sie nicht zu arbeiten braucht, und daß die Luft heute so duftet und doch nicht mehr so schwer und so dickflüssig auf dem Kopf liegt wie am Abend.  Hast du wirklich Geburtstag?"Ial" Laß mal deinen Meldeschein sehen!"... Die Arbeiterin... Es stimmt. Ich hatte«in wenig Geld bei mir. hatte die letzten Tage in guten Lokalen Kunstmappen vertauft und gab ihr«inen Taler zum Geburtstag. S o hat Erna lange keinen Taler geschenkt bekommen. Inzwischen hatten die anderen Brüder Tobias auf den Weg gebracht. Di« Herberge zur Heimat liegt nicht wett vom Bahnhof in einer stillen Straß«. Tobias klingelt. KlingelU Endlich guckt der Hausvater durch die Türscheib«. Sieht uns zwanzig oder dreißig vor der Tür. Er kommt heraus, und Tobias läuft über vor Eifer. Ja natürlich, wir können gern dableiben. Tobias soll für jeden nur drei Groschen Schlasgeld bezahlen! Au«eh! Und einen Knacken Brot vorm Zubettgehen!" schreit ein kleiner rothaariger Bielefelder dazwischen. Dabei hatte der Klein«, seitdem ich ihn gesehen hatte, gefressen. Egal weg. Als ob man in so einer Nacht überhaupt an Essen zu denken braucht. Zwei ander« betteln auf alle Fäll« einen Mann an, der langsam die Straß« entlang kommt. Dämel, die beiden. Wo man dem doch die Messingmark« schon auf drei Loternenweiten ansieht. Der Krimsch« will richtig grob werden. Der soll uns nur nicht an den Wagen fahren. Wir sind ordnungsmäßig angeheuert« Schnitter, und Erna soll unsere Köchin werden. Wir sind ehrbare, arbeitende, steuerzahlende Bürger, genau wie der Polentemann... Tobias, Kreditverhaiidlungen sind inzwischen gescheitert. Damit fällt auch sein Kredit bei uns. Wir überlegen gerade, ob wir ihn jetzt schon verhauen sollen. Doch holt, er macht noch einen Bor- schlag. Er will an das Polizeiasyl telephonieren. Merkwürdig, keiner von uns hat Angst bei dem Gedanken. Einer gibt sogar einen Groschen Tobias ist vollkommen blank. Trotzdem er uns langwellt, spielen wir doch noch weiter mit. weil wir nicht wissen, was sonst anfangen. Uniformen biegen um die Ecke. Eine Polizeistreife. Die Hot der Kriminalbeamte uns natürlich auf den Hals gehetzt. Was fällt denn denen«in? Gummiknüppel sausen. Wie der Wind stieben wir auseinander. Aber diesmal verdrücken wir uns nicht. Sind wir denn alle toll geworden in dieser Nacht? Wir ziehen zu Dreien als Wortführer beschwerdeführend über diesen Ueberfall zur Wache. Erzählen munter, bilderreich und ziemlich durcheinander unsere Geschichte. Man redet uns mitSie" an. Läßt sich noch einmal erzählen. Ganz ausführlich. Hört unsere Klagen. Schickt«ine Streife, die nach Tobias fahnden soll und fragt, ob wir Anzeige machön wollen. Wir seien scheinbar dos Opfer eines Betrügers geworden. Allmählich wird uns die Erzählerei über. Wir wollen raus in die Luft, in den Sommermorgen. Nein, wir verzichten auf eine Anzeige. Das machen wir schon selbst. Tatsächlich greisen wir Tobias noch vor der Streife auf. Versohlen ilm recht kräftig und trimmen ihn den Hut ein. Nicht, weil wir enttäuscht sind, um Gottcswill«n nicht. Aber zur Belehrung. Und Unterhaltung. Und Besserung! Draußen warteten übrigens nur noch ein paar. Di« meisten haben sich wieder in den Wartesaal verdrückt. Inzwischen ist ja der Bahnhof ausgemacht. Die ander«» �sind in die Stadt ge, zogen, um zu frühstücken. Denn es werden frische, ofenwann« Semmeln ausgetragen und Milch, auf der gelb«r Rahm schwimmt, den man vorsichtig abtrinken kann. Ich frage Erna, wo wir hin wollen. Nach Haus« sie hat noch«in Zimmer in Bremen   mag sie noch nicht, d«nn sie steht bei ihrer Wirtin in Kreide. Wenn sie schon so früh morgens nach Haus« kommt, wird die Wirtin ihr Faulheit vorhalten. So ziehen wir dem Morgenduft nach in den Stadtpork. Der ist still und taufrisch und noch duftiger als die Luft. Dir sind müde. Erna meint, wir sollten doch ein wenig schlaf««. Auf dem naflen Rasen schleichen wir unter einen Busch blühenden Jasmins. Der baut ein« Kuppel aus Duft über uns. Wir treten den Tau etwas nieder. Ich werfe meinen alten Lodenmantel auf den Boden, dreh« meine Jacke unter den Kopf und decke uns ihren Mantel über. Erna liegt in meinem Arm an diesem Sommermorgen im Bürgerpark, blühender Jasmin ist über uns. Man wittert Rosen in der Nähe. Erna meint, ob ich nicht zu ihr kommen woll« von wegen des Talers. Ich werde böse und traurig. Aber nein, sie will nur gewiß sein, daß der wirklich ein rein freundschaftliches Geschenk, «ins ganz ohne Bedingungen gewesen ist. Sie erzählt noch«in wenig. Dabei wird es schon hell. Es ist ihr jämmerlich gegangen. Ich sehe sie genauer an. Ihre Hemdfpitzen sind schmutzig und klebrig. Sie merkt, daß ich sie beobachte. Verdeckt ihr« Wäsche, denn sie weiß selbst, daß die übel aussieht und unsauber riecht. Und schämt sich dafür. Si« selbst ist saub«r gewaschen. Wir schlasen ein. Zusammengekrochen, weil der Morgen srisch wird. D«n Arm umeinander. Ein Stück Mensch im Arm, das einen Augenblick aus sich selbst heraus ganz für den Anderen da ist. Di« Sonne blendet schon als wir aufwachen. Di« pfeifeirden Amseln hatt«n uns nicht geweckt. Ein Parkwächter mit rotweißer Bind« am Arm und einem prächtigen eichenen Krückstock. Der kommt aus seinem muffigen Bett und schreit uns hier draußen in der Frische Bettelpock und Lumpengesindel an. Weiß nicht, wie schön die Nacht war. Wie hier ein ganz tlein wenig Glück war. Zwischen zwei fremden Menschen.' Wir verdrücken uns. Stehlen in«inem Laubengarten noch «in paar gelbe Wurzeln, eine Stange Rhabarber und«ine unreife Quitte. Unreife Quttten kann man nicht«sie». Wir mußten sie wegwerfen.
In die Stadt zurück. Still, beinah versonn«n, wie nach käst- lichem Erleben. Zuerst kaufen wir Erna ein Hemd und eine Hos« dazu. Für* di« paar letzten Groschen handeln wir«in paar knusprige Mohn- nocken, lecker« Franzbröte, weiche weiße Semmel und etwas Butter. Bei Erna hoben wir uns erst gewaschen. Gründlich gewaschen. Sie zog gleich ihre Wäsche an. Bersteckt« sich dabei froulich-schämig. Gab di« alte schmutzige Wäsche gleich zum Waschen zurecht. Die Wirtin will den Taler gar nicht haben, als sie hört, daß Erna Geburtstag hat. Sie kocht sogar schwarzen starken Kaffee zu unserem Knuspcrbrot. Der tut gut. Denn wir sind doch ein wenig durchgefroren. Mit meiner acht Tage allen Karte noch Rotenburg muh ich mich nach Homburg   durchmogeln. Auf d«m Bahnhof gibt Erna mir einen Kuß. Die einzige Berührung zwischen uns. Und wi« schön war die! ffiilans der Steife Man fährt und kommt in ein Dorf hinein, man setzt sich dort einige Tage oder Wochen nieder, man fährt dann weiter in ein anderes Dorf oder Bad, bleibt wieder einige Tage, Wochen odkr nur Stunden, bis man dann wieder weiter fährt an«inen neuen Ort. Was man alles sieht? In Dörfern kleine einstöckige Landhäuschen mit Hühnern in den Gärten, mit Frauen, die Tücher auf dem Kopf trogen und von kleinen Fenstern jeden Fremden neugierig ansehen. Acht- bis zehn- jährig« Kinder, di« jedem Borbeigehenden ausnahmslosGuten Morgen" oderGuten Abend" wünschen, Kühe, di« unbeaufsichtigt allein im Feld herumspazftren und Gras�fresieu,«ine klein« Kirche neben einem Friedhof und in der Nähe dos Denkmal des ver- ftorbenen Bürgermeisters und manchmal ein großer Himmel mit Millionen Sternen, welcher auf die herumliegenden Berg« und Felder heruntcrschaut, zu der großen Stille, noch der man sich ge- sehnt hat, und die doch diesmal etwas furchtsam ist____ Und befindet man sich in ein«m Bad, geht man auf der Pro- menade spazieren, Gäste begaffen sich gegenseitig, die flachsten und uninteresiontesten Trotteln männlichen und weiblichen Geschlechts stellen zum hundertsten Mal laut fest, daß dieses Mal kein einziger intereffonter Gast dab«! s«i. Man hört Kurmusik und sieht sich die Augen aus. Die meisten Frauen sind unverstanden und sehnen sich noch Ergänzung____ Man liest die Kurliste und will sich gegenseitig entzücke». Die m«isten haben auf ihrem Buckel die Langeweile mitgebrocht. So fährt man nun h«rum und das soll schon das Beste in unserem Leben sein! Lange lechzt man danach und lange träumt man davon____ Aber das Erreichte cntläuscht immer, wie alle er- reichbaren Dinge. Höchstens, daß man irgendwo stecken bleibt und man ist dann um ein Erlebnis reich«r---- Doch ist das Traurigste beim schönsten und eigenartigsten Er- lebnis, es bleibt etwas zurück. Man sehnt sich dann unaufhörlich nach einer Wiederholung, trotzdem man nicht sehr klug zu sein braucht, um zu wiss«n, daß es keine Wiederholungen gibt. Das- selbe kehrt niemals wieder____ Nun sitze ich jetzt vor meinem Schreibtisch und zieh« die Bilgnz meiner Reisen, welche den ganzen verregneten Sommer über ge- dauert haben und mich in di« verschiedensten Orte und Länder brachten. Ich überlege, was eigentlich geblieben ist von oll dem. Resigniert muß ich feststellen, daß die großen Borbereitungcn sich nicht gelohnt haben____ Gewiß, da und dort hat mich diese oder jene blond« Frau sehr unruhig gemacht: natürlich nur solange bis ich sie kennengelernt habe. In«inem anderen Nest wieder liabe ich einige Tage geglaubt, daß die lang erwartete und«rs«hnte Ergänzung gefunden ist Natürlich nur so lange, bis ich die Möglichkeit hatte, die innc?« Beschaffenheit dieser Lady zu kennen---- Ja, es erscheinen noch«inige Gestalten, es schleppen sich noch einig« Wort«, die ich in einer zarte» weichen Abendstimmung gehört habe..., einige Bewegungen, di« ich wiedersehen kann, iprnn ich die Aug«n schließe---- Und das ist auch alles! Viele Bäder an der Ostsee  , di« Hauptstadt Dänemarks   und ihre Umgebung, die schönsten Nester in der märkischen Schweiz   erscheinen jetzt wie ein einziger Ort mit hastigen, schwitzenden, etwas aufge­putzten Menschen, di« sich eilen, ihreErholung" zu erledigen. Po» vielen Gesprächen, die ich im Vorbeigehen hott«, erinnere ich mich an eines mit einer junge», schwarzglühenden Frau, welche mir geheimnisvoll zu verstehen gab, daß ihr Leben mehr ist «in Roman. Wenn ich es kennen würde, würde ich bestimmt darüber ein Buch schreiben. Ich habe gewartet, bis ich es genau erfuhr und festgestellt, daß es nicht eigenartiger, komplizierter oher wilder war als alle anderen Leben!... Also«benso flach und eintönig, mit. der üblich«» Li«be. Enttäuschung. Haß und Ekel---- Ach. unser Leben gleicht einer Sommerreise---- Wir fahren und sehen, wir fahren und hassen, wir fahren und warten, wir fahren und langweilen uns. Dielleicht ist unser Leben der Zug, von dem aus wir aus dem Fenster schauen und«rblicken immer wieder neue Städtchen. Felder, Wälder und Telegraphenftangen. welche Immer anders sind und doch di«s«lben.... Gewiß ist unser Leben der Zug. Manchmal hätte ich Lust ge- habt, mitten im Fahr«n herausziispnngen und zu schreien: Ich habe genug. Ick) weiß schon, was kommen wird. Es reizt mich nicht mehr!...", und doch bin ich sitzen geblieben, bis der Zug gehalten hat. Ich w«rd« wahrscheinlich keinen Mut finden, früher anszu- steigen, als bis der Zug gehalten hat...l
Eine 4000jährige Inschrift auf einer Schildkröte. Eine etwa einen Fuß lange fossile Schildkröte ist kürzlich in den Besitz de» Naturhistorischen Museums von Chicago   gelangt- Das Stück bc- amprucht die Aufmerksamkeit der Gelehrten v«rschiedener Wissens- zweige. Die Anthropologen interessiert besonders eine geheimnis- volle chinesische Inschrift aus dem Rücken des Tieres, die vor etwa 4000 Jahren hier angebracht worden ist. Die Schildkröte gglt früher in China   als heiliges Tier und man schrieb ihr die Kraft zu, die Zukunst vorher zu sogen. Die Inschrift, deren altertümlich« Z«ich«n der Chicagoer   Oneittalist Lauser zu entziffern sucht, scheint auf diese Zaubsnnacht Bezug zu nehmen. Den Zoologen ist dos Fossil bej'onders deswegen wertvall, weil es eine g a» z u n b e- kannte Art der Gottimg Testudo darstellt. Di» PalöontoiUen aber haben herausbekommen, daß dies« seitdem ausgestorben« Schild- trötenort im Miocönzeitakter, alfn etwa vor 19 Millionen Jahren gelebt Hot.>
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