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Alte Kriegskameraden!
Zum deutschnationalen Volfstrauertag.
Es ist am 28. Juni 1929. Durch eine breite Allee bewegt sich -hinter Musikkapellen und umflorten schwarzweißroten Bannern ein Demonstrationszug. Die Männer tragen meist Gehröde mit reichem Blechbehang, die Frauen haben thre Blusen mit Bändern und Schleifen in den Farben des Kaiserreichs finnig ausstaffiert.
Ein weißer Rauschebart, Ordensschnalle quer über die Brust, tritt aus dem Glied, nimmt Front gegen den Zug und dröhnt unter Zylinderschwenken:„ Nieder mit Wersalch, nieder mit der Schuldlüge!"
Die Marschierenden( schwach, schon start gelangweilt, da der alte Herr seit zwanzig Minuten an jeder Straßenkreuzung denfelben Spettafel vollführt):„ Nieder, nieder!"
Der Rauschebart tritt befriedigt ins Glied und einen Schwitzenden Dicus, Ende der Dreißig, vehement auf den Fuß. Der Rausche bart: ,, Badong!"
Der Dicus( durchaus nicht sehr versöhnlich):„ Bitte, bitte! Uebrigens sagt ein deutscher Mann: Berzeihung!"
Der Rauscheba rt: ,, Badong, lief mir so über die Zunge." Der Didus: ,, Sie fommen mir irgendwie bekannt vor, auch die Stimme. Eben, wie Sie aus dem Glied traten und riefen, meinte ich direft, ich müßte Sie schon einmal grad' so gesehen haben." Der Rauschebart: Möglich, sehr möglich. Tummle mich felt drei Jahrzehnten in der vaterländischen Bewegung." Der Didus:„ Es dürfte auch ziemlich lang zurückliegen. Nach meiner Erinnerung war Ihr Bart damals noch blond, mit einem Stich ins Rötliche."
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Der Rauschebart( fehr stolz):„ Stimmt! Mein Bart hatte das echt germanische Blond bis zu meinem 50. Lebensjahr. Laffen Sie sich mal anguden: Ich glaube mich zu entsinnen... Aber Sie waren wohl früher schlanker, und dann ehem trugen Sie nicht damals eine Studentenmüze, rot oder so?"
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Der Didus( hocherfreut)):„ Drange! Selbstverständlich, die Farben der Holsatia: Orange- Weiß- Grün. Nun möchte ich bloß wissen, wo wir uns damals fennen gelernt haben?"
Der Rauschebart:„ Spielt ja keine Rolle. Freut mich jedenfalls, Sie bei so nationalem Anlaß wiederzusehen."
Der Didus: ,, Ganz auf meiner Seite."
Der Rausche bart: ,, Bloß, wissen Sie, ich bin nicht recht zufrieden heute. Das bißchen Demonstration und Fahnen, das ist doch viel zu wenig gegen diese infame Schuldlüge, auf der das ganze Truggebäude von Wersalch beruht und jetzt wieder der neue Schflavereivertrag von Paris . Da müßte ganz was anders geschehen. In deutscher Kraft. Aber die Verbände haben feine Traute nich. Die fürchten sich vor Severing und der Schupo. Höchstens Hitla..."
Theater, Lichtspiele usw.
Donnerst., 27. 6.
Staats- Oper
Unter d. Linden
A.-V. 161 20 Uhr
Intermezzo
Staats- Oper
Am Pl.d.Republ. R.-S. 138 1912 Uhr
Donnerst., 27. 6.
Städt. Oper
Bismarckstr. Turnus IV 1912 Uhr
Die schwarze Orchidee
Staatl. Schausph.
am Gendarmenmarki A.-V. 148 20 Uhr
Carmen Störungen
Staatl. Schiller- Theater, Charlth.
20 Uhr
Gespenster
SCALA
8 Uhr
B5 Barbarossa 9256
Volksbühne Theater am Bülowplatz
8 Uhr
8 Uhr
Gespenster
Berliner Theater
Direkt.Heinz Herald Charlottenstraße 90 A. 7. Dönhoff 170
8.15 U. Ende 10% U
Reporter
( The Front Page) Ein Stück in 3 Akten von Ben Hecht und Charles Mac Arthur Regie: HeinzHilpert
Metropol- Th.
Festspiele 1929 Tägl. 814 Uhr Sonntags 32 u. 814
Blaubart
Der Didus: Sie haben ganz recht, aber was sollen wir schließlich machen."
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Der Rausche bart( mild):„ Das Joch zerbrechen! Schuldlüge widerrufen! Nischt mehr zahlen und den ganzen Schandvertrag unseren Feinden zerrissen vor die Füße werfen."
Der Didus( bedenklich): ,, Das gibt doch Krieg..." Der Rauschebart( unbeirrt): ,, Und wir gewinnen ihn! wenn das deutsche Volk wüßte, was ich weiß.( Geheimnisvoll) Ich hab' nämlich' nen Better, der hat Beziehungen zu Ludendorff . Der steht noch heut mit dem Generalstab in Berbindung. Ich sag' Ihnen: Die tifteln jetzt da oben die feinsten Dinge aus, von denen sich kein Mensch' ne Vorstellung macht. Ein Giftgas... fnorfe! Da genügt eine Bombe von, um ganz Paris auszuräuchern. Und dann die neuen Todesstrahlen, damit sprengen wir dem Franzmann seine gesamte Munition in die Luft, ehe er einen Schuß abfeuern fann. Und wenn er seine Flieger nach Essen oder Berlin schickt. dann holen wir sie mit den Strahlen einfach runter. Ja, mein Liever, diesmal wird's anders. Diesmal hält der Engländer zu uns. Das habe ich aus bester Quelle. Der Med Dohnald und sein Kabinett sind sehr für Deutschland . Die sind anders als unsere Sozen, diese Bandesverräter. In England, da ist bekanntlich auch der Arbeiter national. Und Rußland liefert uns die Lebensmittel, das ist längst mit Krestinsti'n alles ausgemacht. Und wenn wir denn gefiegt haben, denn drehen wir den Spieß um: Denn müssen die anderen jetzt und auch an unterschreiben, daß sie an allem schuld find, 1914." Der Didus: ,, Dann werden doch aber die Franzmänner hinterher behaupten, wie wir, daß ihnen das Schuldbekenntnis mit Gewalt abgepreßt sei."
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Der Rausche bart: ,, Wenn schon? Hauptsache ist, wir haben es schwarz auf weiß von ihnen und sind selber die Schuldlüge los. auch nur große Töne. Wenn ich Hugenberg wär', wissen Aber unsere Führer haben ja keinen Mumm. Hugenberg, der bläst Sie, wie ich das heut' arrangiert hä..? Nein, dann hören Sie Aber dann, wenn man die Massen beisammen hat, zurück durch die mal zu! Erst der Aufmarsch im Stadion, das hätt' so bleiben fönnen. Heerstraße, die ganze Charlottenburger Chaussee lang. durchs Brandenburger Tor
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Der Didus: ,, Aber da ist doch die Bannmeile, da steht Schupo!"
Der Rausche bart( dittatorisch): Wird einfach überrannt! Und dann alles nach dem Pariser Plaz vor die französische Botschaft. Ja, das is die Hauptfache. Und nu tommt der feierliche Momang, wo der Botschafter auf den Balfon heraus muß und ich, d. h. also Hugenberg, trete vor und sage ihm feierlich: ns
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Gesicht:„ Im Namen des deutschen Boltes! Hiermit wird die Schulb lüge von Werfalch widerrufen. Wir sind frei von aller Kriegsschuld, mir Deutschen haben den Krieg nicht angefangen und nicht gewollt." Und dann wird das Schandwerk von Wersalch in hundert Erem plaren auf einen Scheiterhaufen geschichtet und vor den Augen des zitternden Franzmanns verbrannt."
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Der Didus: ,, Jeßt, wo Sie von der französischen Botschaft reden, fällt mir plötzlich ein, woher wir uns fennen. Das war ja am Tage, ehe der Krieg losging, eben vor der französischen Botschaft. Wissen Sie noch, wie wir damals demonstriert haben?"
Der Rauscheb art: ,, Freilich, freilich, da war ich feste dabei. Ja, das waren erhebende Zeiten, solchen nationalen Aufschwung erleben wir sobald nicht wieder.( Erleuchtet.) Nu hab' ich's: Sie waren doch der blonde Student, der den Stein in die Fensterscheibe von der Botschaft geworfen hat!"
Der Didus( strahlend, stolz): ,, Das war ich! Und Sie klopften mir auf die Schulter und sagten: Bravo , bravo junger Mann."
Der Rausch ebart( hingerissen): ,, Und dann schrien wir, daß uns die Kehlen heiser wurden: ,, Krieg gegen Rußland ! Krieg gegen Frankreich ! Nieder mit der schlappen Zivilregierung!" Wissen Sie noch, wie dann wie fo'n Blizz das Extrablatt vom Lofalanzeiger" einschlug mit der Mobilmachung?! Da ging der Jubel richtig los, alle fangen wir Siegertranz", denn wir glaubten: nu hätten wirs geschafft, endlich ging's mu los! Na, ganz soweit war's noch nicht. Aber es hat doch mitgeholfen." Der Didus( träumerisch): Ja, das waren schöne Zeiten, anders als heute." Inzwischen hat der Zug die nächste Straßenkreuzung erreicht. Der Rauschebart tritt aus dem Glied, schwenkt den Zylinder und dröhnt: ,, Nieder mit der Lüge von unserer Kriegsschuld!"
Jonathan.
Kundgebung der Buchdrucker.
Die Arbeitslosenversicherung muß bleiben! Der 14. Berbandstag des Verbandes Deutscher Buchdruder in einstimmig an: Frankfurt a. M. im Volksbildungsheim nahm folgende Entschließung
„ Der Verbandstag protestierf nachdrüdlich gegen alle Berfuche, die Arbeitslosenversicherung abzubauen bzw. zu verschlechtern. Der Verbandstag bekundet den einmütigen Willen, in Gemeinschaft mit der gesamten Arbeiterschaft mit allen Mitteln zu verhindern, daß an Stelle des Rechtsanspruchs auf Unterstützung wieder die Bedürftigteitsprüfung eingeführt wird und etwa notwendige Reformen zum Dedmantel arbeiterfeindlicher Bestrebungen des Unternehmertums benutzt werden."
Berantwortlich für die Redaktion: Franz Klühs . Berlin : Anzeigen: Th. Glode, Berlin Berlag: Borwärts Berlag 6. m b S., Berlin . Drud: Borwärts Buch bruderei und Berlagsanstalt Baul Ginger& Co. Berlin SW 68. Lindenstraße 3. Sierzu Beilage.
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