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Morgenausgabe gabe Hola bili ni

Nr. 449 A 226

46.Jahrgang old

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Vorwärts

Berliner   Bolksblatt

Mittwoch

25. September 1929

Die

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Neuwahlen in der Tschechoslowakei  . Der 17. Rovember.

end

Von der Regierung beschlossen.

Prag  , 24. September.  ( Eigenbericht.) 1 fich schon damals wieder auf dem Vormarsch. Man darf mit Be­Die Regierung beschloß am Montag, Ab- stimmtheit erwarten, daß sowohl die tschechoslowakische wie auch die geordnetenhaus und Senat aufzulösen und deutsche   Partei diesen Vormarsch am 27. Oftober weiter fortseßen die Neuwahlen für den 27. Oktober auszuschreiben. werden. Dagegen sind die Aussichten der Kommunistischen Partei Die Wahlen dürften zu einer Schwächung der tschechischen angesichts ihrer völligen Zersetzung schlecht. Ohne erhebliche Verluste und deutschen   Bürgerblockparteien, jedoch zu einer wird diese Partei kaum aus den Wahlen zurückkehren. Auch der Stärkung der deutschen   und der tschechoslowakischen Bürgerblod wird sich nach ihnen als Minderheit wiederfinden. Dann Sozialdemokratie führen. aber wird die Frage der neuen Regierungsbildung kommen, deren Lösung für die Arbeiterklasse ohne Unterschied der Nationalität von der allergrößten Bedeutung sein wird.

Offizielle Verfündung bevorstehend.

Prag  , 24. September.  ( Eigenbericht.) Die Nachricht von der Auflösung des tschechoslowakischen Par­laments ift zwar noch nicht amtlich herausgegeben, weil die formelle Unterzeichnung des Auflösungsdekrets durch Prä­fidenten Mafaryt noch nicht erfolgen fonnte, aber an der Tatsache der Auflösung ist seit heute abend nicht mehr zu 3weifeln, und sie wird auch in Regierungsfreifen als bereits feststehend bezeichnet. Sie wird späteffens im Caufe des Mittwoch offiziell verkündet und im Amtsblatt vom Donnerstag veröffentlicht werden. Alle Parteileitungen sind bereits in diesem Sinne informiert worden.

Der interfraktionelle Ausschuß für Neuwahlen. Prag  , 24. September.

Die parlamentarischen Klubs der politischen Parteien haben heute eingehend über die politische Lage beraten. Wie die Blätter übereinstimmend feststellen, ist in der Frage der Neu wahlen die Entscheidung bereits gefallen. Nachdem mun auch die tschechische Bolkspartei für die Ausschreibung von Neu wahlen eintritt und die größte Koalitionspartei, die tschechischen Agrarier, in ihrer Beratung, an der außer dem Ministerpräsi­benten udrzal auch die drei übrigen der Agrarpartei angehörenden Minister teilgenommen hatten, die Berichte ihrer Funktionäre über die Frage der bevorstehenden Wahlen" genehmigt hatten, war die

Situation durchaus tiar.- Ausschus( Interfrattio Der Politische Achter Ausschuß( Interfraktioneller Ausschuß aller acht Koalitionsparteien. Red. d. B."), der in den Abendstunden zusammentrat, fonnte demnach lediglich feststellen, daß die innerpolitische Lage die fofortige Ausschreibung von Neuwahlen erheische. Ein in den Abendstunden ausgegebenes Rommuniqué über die Sitzung des Parlamentsausschusses der foalierten Parteien besagt, daß bereits Dispofitionen über die Tätig. feit des Ständigen Ausschusses, der in der Zeit der Unter­brechung parlamentarischer Tätigkeit tagt, getroffen wurden. Das Handschreiben des Präsidenten über die Auflösung der beiden Kammern und die Ausschreibung von Neuwahlen für Abgeordneten haus und Senat ist demnach morgen oder spätestens über morgen zu erwarten.

Als Wahltag wird der 27. Oftober genannt. Das Kabinett dürfte nicht demissionieren oder im Fall, daß es doch seinen Rücktritt anbietet, vom Präsidenten der Republik   ersucht werden, im Amt zu bleiben, um die Neuwahlen durchzuführen.

Die beiden Genossen haben ihren Aufenthalt in Berlin   mit Rüd­ficht auf die Lage in ihrer Heimat abgebrochen. Sie fehren heute nach Prag   zurüd.

Deutschnationale Erklärungen.

Nutzlofe Ablenkungsversuche.

Es hagelt deutschnationale Erklärungen. Jeder, der in den Enthüllungen der letzten Tage genannt worden ist, läßt mindestens eine Erklärung vom Stapel. Herr Rech= berg benügt die Gelegenheit, um für sich und seine phan tastischen Projekte Reflame zu machen. Herr Klönne, der im Mittelpunkt der Enthüllungen steht, läßt eine Entschließung der anderen folgen. Inhalt: er habe von seinen Unterredungen dem Auswärtigen Amt   Mitteilung gemacht.

Darüber kann der Erklärungskrieg noch lange hin und her gehender Kern der Enthüllungen wird damit nicht hinweggeflärt, daß nämlich die Deutschnationalen, die der Re­gierung wie Politikern der Linken und der Mitte Berhand­fungen mit Frankreich   immer als Berrat angerechnet haben; felbft solche Verhandlungen gesucht und geführt haben. logitog mil anulumoit

Die Doppelzüngigkeit deutschnationaler Politik und die Berlegenheit deutschnationaler Agitation wird durch eine Flut ablenkender Erklärungen nicht aus der Welt geschafft.

Eine Erklärung Reynauds.

Paris  , 24. September.

Der der demokratisch- sozialen Frattion( Frattion Maginot) an­gehörende Abgeordnete Paul Reynaud  , der auf Grund der Veröffentlichungen der Nationalliberalen Correspondenz" über deutsch  - französische Allianzverhandlungen von der linksstehenden Bresse sehr scharf angegriffen und aufgefordert worden ist, sich zu äußern, übermittelt aus merito, wo er sich gegenwärtig auf hält, unter heutigem Datum folgende durch Havas verbreitete Erflärung:

Im Verlaufe einer Studienreise nach Berlin   habe ich Be Sprechungen mit den Bertretern der verschiedenen politischen Parteien wie Stresemann  , Breitscheid   und Abgeordneten des 3entrums gehabt. Herr Rechberg schlug mir vor, durch Vermittlung des Genecals v. 2ippe auch mit Bersönlichkeiten der Unterredung mit Soukup und Stivin. ihm aber so wenig Bedeutung bei, daß ich weder zur Presse Rechten zusammenzukommen. Ich nahm den Vorschlag an, maß noch zu meinen Amtskollegen davon gesprochen habe."

Die Genossen Senator Dr. Souf up und Abg. Stivin, die augenblicklich in Berlin   meilen, wo sie an der Interparlamentarischen Handelskonferenz teilnehmen, erschienen nach Erhalt der neuesten Nachrichten aus Prag   sofort in unserer Redaktion, um uns zu informieren. Sie führten u. a. folgendes aus:

Das Auseinanderfallen des Bürgerblods war schon seit fängerer Zeit unvermeidlich. Die Gegensätze zwischen den Agrariern, die die Führung in der Koalition völlig an sich gerissen hatten, und den zurückgedrängten Kleritalen hatten sich von Tag zu Tag verschärft. Schon über die geplante staatliche Ber ficherung gegen Elementarschäden tam es zu den ernsten Streitig. feiten. Als dann der agrarische Ministerpräsident udrzal das von ihm bis dahin mitverwaltete Amt des Wehrministers an seinen Parteigenossen Dr. Bistowity abgab, fam es zum Bruch.

Die bisherige Regierungskoalition fann als ein tschechisch­Slowakisch- deutsch  - magyarischer Bürgerblock bezeichnet werden. Zum erstenmal waren auch deutsche Parteien, Agrarier und Christlich  foziale, durch den Arbeitsminister Spina und den Justizminister Maier Harting in der Regierung vertreten. Der Bürgerblod führte einen wahren Klassenkampf von oben, indem er hohe Agrar. zölle beschloß, eine Berschlechterung der Sozialversicherung versuchte, die freilich nicht gelang, und auch auf den Achtstundentag einen An­griff unternahm. In bezug auf die Verfassung hat er wesenteiche Verschlechterungen durchgeführt, da jeßt Landes- und Bezirksver. tretungen nur zu zwei Dritteln gezählt, zu einem Drittel von der Regierung ernannt werden. Das Selbstverwaltungsrecht der Ge­meinden wurde von der finanziellen Seite her wesentlich beschränkt. Neben diesen reaktionären Maßnahmen erregte auch das sogenannte Kongrua- Gefeß, das die Gehälter der Geistlichen erhöhte, in der nichtflerifol gesinnten Bevölkerung starte Unruhe.

daß

So stellte sich schon bei den Landtagswahlen von 1927 heraus, hinter der Bürgerblodregierung teine Wählermehrheit mehr stand. Die Sozialdemokratie befand

2. Zone am 1. Dezember frei. Amtliche Mitteilung des franzöfifchen Oberkommandos. Amtlich wird gemeldet: Das französische Ober­fommando in Mainz   hat mitgeteilt, daß Ehrenbreitstein fpätestens am 30. November geräumt sein werde. Damit ist am 1. Dezember die zweite Zone von der Besatzung frei Das Ordonnanzfyftem hat damit für diefe Zone seine Geltung ver­loren und die deutsche Souveränität ist wieder hergestellt."

Der Abzug der Belgier.

"

Brüffel, 24. September. Nach einer Meldung der Agence Belge" über die für die belgischen Truppen festgesetzten Räumungsdaten werden die zweite Zone verlassen das 8. Artillerieregiment zwischen dem 21. und 30, Oftober, das 1. Regiment Lanciers etwa am 5. November, das 15. Artillerieregiment zwischen dem 7. und 12. November, das 7. Linienregiment zwischen dem 15. und 25. November, das 4. Ma­fchinengewehrbataillon und die 4. Infanteriebatterie zwischen dem 15. und 25. November, das Transporttorpe etwa am 12. Ottober. Die belgische Ehrenwache des Oberkommissars wird am 5. November in Aachen   zusammengezogen.

Noch feine Räumung von Oberstein und 3dar.

Oberstein, 24. September.

Zu den Meldungen, wonach die französische   Besatzung die Städte Oberstein   und 3dar im Oktober verlassen werde, wird mitgeteilt, daß hierüber noch feiner amtlichen deutschen   Stelle in Oberstein   etwas bekannt ist. Die Mitteilungen über Verhandlungen in der Angelegenheit sind falsch.

Die fommenden Stadtverordnetenwahlen.

Schicksalstag für Berlin  .

Von Hugo Heimann.

-

Gin

Bor   jeder Wahl versuchen die einzelnen Parteien, die Wählerschaft mit dem Hinweis darauf aufzurütteln, daß bei der kommenden Wahl besonders wichtige Fragen zur Ent­scheidung stehen, die nur durch sie befriedigend gelöst werden können. Es wäre tief bedauerlich, wenn infolge der öfteren Wiederholung solchen Aufrufs die preußische, insbesondere die Berliner   Wählerschaft nicht von Beginn an voll realisierte, daß den Gemeindewahlen am 17. November in der Tat eine Bedeutung zukommt, die weit über das ge­wöhnliche Maß hinausgeht. Nicht nur, weil ganz allgemein die Gemeinden mehr als Länder und Reich in der Lage sind, Leben und Wirken ihrer Einwohnerschaft unmittelbar zu beeinflussen, sondern auch, weil Berlin   durch die gegenwärtige politisch- finanzielle Lage im Reich ganz besonders berührt

wird.

Berlin   mit seinen 4,3 Millionen Einwohnern, seinem Etat von 1,1 milliarden Reichsmart, seinem Umfang von fluß sowie an Größe der zu erfüllenden Aufgaben die meisten 88 381 Heftar ist ein Gemeinwesen, das an Macht und Ein­Länder Deutschlands   erheblich überragt. Berlin   ist aber nicht nur das größte Gemeinwesen, sondern zugleich die größte 380 000 Personen, also weniger als ein Behntel der Gesamt­proletarische Siedlung Deutschlands  . Nur rund bevölkerung, stehen nicht im Erwerbsleben, sondern beziehen den Lebensunterhalt aus Zinsen, Pensionen und Renten, und zwar insbesondere aus Invalidenrenten, Diese Verhältnisse legen Berlins   Verwaltung besonders wichtige und schwierig durchzuführende Aufgaben auf.

Was Berlin   geworden ist, verdankt es in erster Reihe der

Initiative und Tätigkeit der Sozialdemokratie. Diese Behauptung ist nicht übertrieben oder ruhmredig. Sie kann

aus den Akten der Stadt in jedem Fall bewiesen werden. Bor Arbeit den Boden bereitet, auf dem dann nach der Revolution dem Krieg hatte die Partei in mühevoller, niemals rastender auf zahlreichen Gebieten die Ernte eingebracht werden konnte. Die Erfolge wären noch größer geworden, wenn nicht die Tätigkeit der Sozialdemokratie unter der Zerklüftung der Berliner   Wählerschaft und den traurigen Finanzverhältnissen der Nachkriegszeit auf das stärkste gelitten hätte. Erschwerend tam und kommt hinzu, daß im Reichs- wie im preußischen Variament alle Parteien mit Ausnahme der Sozial= de motratie gegen die Städte und vor allem gegen Berlin  eingestellt sind. Zum Beweis braucht nur auf die Behandlung hingewiesen zu werden, die Berlin   bei der Berteilung der von ihm aufgebrachten Einkommens- und Hauszinssteuern, um nur diese beiden zu nennen ,, gefunden hat.

Man braucht nun fein Prophet zu sein, um voraus­zusehen, daß troß der erfreulichen Erleichterungen des Young­Planes die Finanzlage im Reich wie in Preußen eine äußerst schwierige bleiben wird. Um sich selber Luft zu schaffen, werden die bürgerlichen Parteien den sehr energischen Vor­stoß machen. den geltenden provisorischen Finanzausgleich zu Lasten der Gemeinden insbesondere Berlins   zu ändern.

Bei dieser Sachlage, die alles fünftige Geschehen in Berlin  maßgebend beeinflussen wird, sollten die Berliner   Wähler doppelt und dreifach darauf bedacht sein, am 17. November eine ausschlaggebende sozialdemokratische Fraktion in das Rathaus zu entsenden. Nur eine solche gibt die Gewähr, daß auch bei einer Verknappung der zur Berfügung stehenden Mittel die Interessen der gerade in Berlin   so großen schußbedürftigen Bevölkerungsschichten nicht zurückgedrängt oder gar preisgegeben werden.

Wie auf dem Wohlfahrtsgebiet unter schärfstem Druc der verhältnismäßig fleinen sozialdemokratischen Fraktion bisher schon gearbeitet worden ist, dafür bringt der laufende Etat einen vollgültigen Beweis. Es ist gelungen, diesen Etat, der im Ordentlichen Haushalt mit 976 Millionen in Einnahme und Ausgabe abschließt, wiederum ohne jede Erhöhung von Tarifen und Steuern zu balancieren. Von dieser Riesen­fumme entfällt auf die Wohlfahrtsausgaben genau ein Drittel ( 324 Millionen). Rechnet man zu diesen 324 Millionen noch die Ausgaben für die Schulen mit 168 Millionen Mark hinzu, so ergibt sich, daß in 1929 etwas mehr als die Hälfte der Gesamtausgaben für soziale und kulturelle 3wede verwendet wird!

Einen solchen Etat haben Deutschnationale und Kommu­nisten in trautem Verein abgelehnt. Diese Flügelparteien rechts und links von uns bilden mit ihren 47 und 43 Mit­gliedern die zweit- und drittstärkste Fraktion in der Versamm­lung, die 225 Stadtverordnete umfaßt, und stehen bei fast allen wichtigeren Borlagen mit ihren 90 Stimmen in ge fchloffener Phalang unseren 73 Stimmen gegenüber. Die Berliner   Wähler, die zum überwiegenden Teil proletari­fchen Schichten entstammen und proletarische Klasseninter­essen haben sollten, werden am 17. November dieses Stimmen­verhältnis von Grund auf umgestalten müssen. Es wäre ein geradezu beschämender Zustand, wenn in einer Stadt der Arbeit und der Arbeiter, wie es unser Berlin   ist, Deutsch­