Morgenausgabe
Nr. 495
A 249
46.Jahrgang
Böchentlich 85 Bt. aonatlich 3.60 T im voraus zahlbar. Bostbezug 4.32 m. einschließlich 60 Pfg. Boftzeitungs- urb 72 Bfg. Boftbeftellgebühren. Auslands abounement 6- m pro Monat #
Der Bormarts" erscheint mochentóg fich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgaben für Berlin and im Handel mit dem Titel„ Der Abend", Illustrierte Beilagen Bolt und Zeit" und„ Kinderfreund". Ferner Unterhaltung und Wiffen".. Frauenftimme". Technit". Blid in bie Bücherwelt" und Jugend- Borwärts*
Dienstag
22. Oftober 1929
Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.
Die
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Das Volf bleibt fern.
Es will von Hugenbergs Inflationsbegehren nichts wiffen.
Die deutschnationale Pressestelle veröffentlicht ein Bulletin zur Beruhigung der Hugenberg - Front über die bisherigen Ergebnisse des Inflationsbegehrens. Das Bemerkenswerteste daran ist, daß feine 3ahlen genannt werden, daß das Geständnis abgelegt wird, daß nur mit geringer Teilnahme der großen Städte gerechnet und die Hoffnung auf den Terror auf dem platten Lande gesetzt wurde, und daß schließlich von teilweise ganz überwältigender Teilnahme" geredet wird.
In der Tat, die Teilnahme ist ganz überwältigend", nur nicht so, wie man es bei Hugenberg meint. Die Deutsche Zeitung" überschreibt dies Aufmunterungsbulletin ,, Borwärts auf der ganzen Linie". Sind die aber bescheiden!
Die Antwort des Rheinlands.
Das wichtigste Merkmal ist bisher die Absage des Rhein fandes an die Hugenberg- Politit. Es zeichneten sich ein bis einschließlich Sonntag:
Köln 1787, Düffeldorf 2791, Trier 40, Mainz 100, Koblenz 332, Bonn 820, Aachen 203.
Die Einzeichnungen zum Voltsbegehren ergaben bisher in der Pfalz folgende Ziffern: Ludwigshafen ( 3 Tage) 75, Fran tenthal( 2 Tage) 1, Bad Dürrheim ( 2 Tage) 7, Neustadt a. 3. 5) bt.( 2 Tage) 29, Speyer ( 3 Tage) 32, 2 and au( 2 Tage) 20, Raiserslautern( 2 Tage) 60, Pirmasens ( 2 Tage) 460, 3 weibrüden( 2 Tage) 81, Oggersheim( 2 Tage) 4.
Die Einzeichnungen in Berlin .
Starter Rückgang gegen Sonntag.
Die Zahl der Eintragungen in Berlin am Montag ist, soweit Berichte aus den Bezirken vorliegen, gegenüber Sonntag erheblich zurückgegangen und ist etwa wieder auf das Niveau vom Sonnabend gesunken. Es trugen sich ein: Sonntag 1200 860
.
Sonnabend 624
Montag
661
515
1438
2454
565
933
502 1318 452
Ein Briefwechsel fommunistischer Reichstagsabgeordneter.
Mag Schuh, 1921 Bezirksfekretär der SPD. in Gelfenfirchen, 1923 Mitglied der 3entrale der kp D., Mitglied des Reichstags von Mai 1924 bis Mai 1928, jetzt aus der KPD. ausgetreten.
Laßt uns ruhig noch eine trinken, die dummen Proleten müssen ja doch alles bezahlen." Sie haben gegen diese Rede teine Stellung genommen, sondern haben dem Verlangen Ihrer Freundin stattgegeben. Dies beweist schon genug, welche Meinung Sie von den willy Leow, Bundesvorsitzender des Roffronf. gegeben. Dies beweist schon genug, welche Meinung Sie von den Interessen der Proleten haben.
Ich bin heute davon unterrichtet worden, daß Sie vor einigen Tagen einen Brief geschrieben haben, in dem auch ich im Falle Gerhards genannt werde. Sie belieben darin Ausdrücke zu ge brauchen, auf die ich weiter nicht eingehen will. Sie teilen in diesem Brief auch mit, daß es schon allerhand fei, wenn ein Strolch sich auf den sogenannten Schüß" beruft.
Ich habe bisher im Intereffe der Kommunistischen Bartei und des Rotfrontkämpfer Bundes zu allen Borfommnissen gej wie gen. Dies wird aber unmöglich, wenn ein Mensch wie Sie, der leider noch eine führende Rolle in der Kommunistischen Bewegung spielt, sich anmaßt, über Personen ein Urteil zu fällen, um seine eigene lumpenproletarische Anwandlung in der Deffentlichkeit zu Derbergen.
Ich bin aus der Kommunistischen Bewegung ausgeschieden, weil ich meine Meinung nicht für Geld verkaufe. Fest steht doch wohl bei Ihnen, daß Sie für Geld immer und jederzeit fäuflich sein werden. Ihre politische Bergangenheit ist dafür Beweis genug.
Sie haben sich veranlaßt gefühlt, gegen einen Ihrer Parteigenoffen ein Schiedsgericht einzuberufen, weil er Dinge zur Sprache gebracht hat, die Sie betreffen. Ich möchte hierbei erwähnen, daß ich diesem Threm Genossen die Tatsachen nicht unterbreitet habe, fie
wohl aber alle lenne.
Sie haben nicht mur in einem Café am Meganderplatz eine Zeche gemacht, die Sie mit Ihrem eigenen Gelde nicht bestreiten fonnten, sondern haben Sie immer auf großem Fuße gelebt und dazu immer die Mittel aus den Ihnen zur Verfügung stehenden Raffen genommen. Würde die Parteileitung eine ordnungsmäßige Revision der Kasse vornehmen, so würde man sicher bald darauf stoßen, wieviele Taufende von Mark einen unbekannten Weg ge gangen find. Darf ich Sie vielleicht auch daran erinnern, daß Sie Gelder, die Sie für die Leitung des Roienfrontfämpfer Bundes bekommen haben, für sich verwendet haben? Darf ich Sie weiter daran erinnern, daß Sie bei einem roten Treffen in Dortmund abends diefes rote Treffen mit Wein und Seft gefeiert haben? Beranlassung dazu gab Ihre Freundin, die sich nicht scheute, im Beisein von Parteigenoffen( Kellner des betr. Lotals) zu erklären:
Sie sind der Meinung, wenn Sie einige Rotefronttämpfer hinier fich haben, daß Sie dieselben so aufhezen können, mit Knüppelmethoden die Leute niederzuschlagen, die einiges aus Ihrem Leben wissen. Da ich dieses weiß und auch andere, wird man sich natürlich
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Die Verhegung und Irreführung der Beamtenschaft durch die Hugenberg- Bresse nimmt in den letzten Tagen nachdem bisher schon die rechtsradikalen Putschverbände das menschenmöglichste auf diesem Gebiete geleistet haben Formen an, die eine große Gefahr für jegliche gesunde staatliche Weiterentwidlung in sich bergen.
In einem Artikel mit der Ueberschrift: Darf sich der Beamte zum Volksbegehren eintragen?" tommt der Berliner Lokal- Anzeiger" unter Berufung auf die Artikel 118 und 130 der Reichsverfassung,§ 107 des Strafgesetzbuches und einiger Kommentare dazu zu folgender Schlußfolgerung, die in großem Fettdrud herausgestellt wird:
,, Die Beamten sind nicht weniger als andere Staatsbürger. Sie dürfen sich nicht nur für das Boltsbegehren einzeichnen, sondern auch dafür agitieren. Ihre staatsbürgerliche Freiheit ist festgelegt durch die Reichsverfassung und geschützt durch die Gerichte. Jede Androhung von Schikanen ist rechts- und verfassungswidrig."
Es ist charakteristisch, daß sich dieselben Leute, die sonst in der Berächtlichmachung der Demokratie und ihren Einrichtungen sich gegenseitig überbieten, sich, wenn es gerade paßt, als die berufenen Hüter der Weimarer Verfassung auffpielen. Sie tun ganz so, als hätte die gutmütige Republik die staatsbürgerlichen Freiheiten nur deshalb in der Verfaffung veranfert, damit ihre Gegner ihr mit diesen Waffen den Garaus machen können.
Die verfassungsmäßigen Rechte der Beamten auf freie Meinungsäußerung und die Freiheit der politischen Gesinnung schließen nicht die besonderen Pflichten, die der Beamte auf Grund seiner besonders gearteten Rechtsstellung dem Staate gegenüber zu erfüllen hat, aus. Die fraglichen Beamtenartikel der Reichsverfassung fönnen nur im Zusammenhang mit den gültigen beamtenrechtlichen Bestimmungen und der ganzen traditionellen Stellung des Beamten zum Staate gesehen werden.
Es ist ein großer Unfug, den Beamten einreden zu wollen, daß es für sie feine Einschränkung in der politischen Betätigung gäbe. Die politische Betätigung der Beamten muß dort ihre Grenze finden, wo sie in offenem Gegensag zur perfaffungsmäßigen Staatsgemalt und zu den Gesezen tritt. Schon der Treueid verpflichtet den Beamten zur Treue und zum Gehorsam der Regierung und den Gesezen gegenüber.
irlich fſchüßen fönnen. Stefen Zeiten mit met barn, dos liber Gänglich verschwiegen wird von den Trabanten Hugen
Ihnen möchte ich mit diesen Zeilen nur nahelegen, daß ich mir nicht gefallen lassen werde, von Ihnen irgendwie angegriffen und belästigt zu werden. Sie sehen ja, daß ich anständig bin, obwohl Sie das gar nicht verdienen, und mit feiner über Sie gesammelten Erfahrung nicht an die Deffentlichkeit trete. Da ich mich aber perfönlich mit der proletarischen Bewegung viel fester verbunden fühle als Sie, fann ich es natürlich nicht zulassen, daß Sie gegen Ihre Parteigenoffen in dieser Weise vorgehen. Sie werden gut tun, in Ihrem eigenen Interesse den Antrag bei dem Schiedsgericht zurückzunehmen.
Ich werde Herrn Gerhards eine Abschrift. Dieses Briefes aus händigen, und wenn Sie den Antrag nicht zurückziehen, so wird wohl Herr Gerhards darauf dringen, daß Sie mich verflagen werden. Wie Sie bei einer Rage abschneiden werden, überlasse ich Ihrem Ermessen, da ich alles, was ich zu meiner Rechtfertigung ins Feld führen werde, beeiden kann.
Sollte ich nochmals hören, daß Sie sich über mich ungünstig äußern, so werbe ich natürlich gezwungen sein, das, was ich weiß, der Deffentlichkeit preiszugeben, damit endlich einmal die Deffentfichleit erfährt, wer in Wirklichkeit der große Führer des Rotenfrontfämpfer Bundes ist.
Bielleicht mag es Sie noch interessieren, daß sich in meinen Händen noch eine Aufstellung befindet über Gelder, die Sie, als Sie noch ganz, ganz klein waren, an die Flüchtlinge der Märzaktion auszahlen mußten. Die Liste konnte ich später, als ich Mitglied der Zentrale war, mit Ihrer Aufstellung vergleichen und konnte fest ftellen, daß Sie sich bei der Auszahlung immer wesentlich zu Ihren Gunsten geirrt hatten. So fing der fleine Leow an. Indirekt waren
damals verschiedene Flüchtlinge gezwungen, da die Gelder aus blieben, im Bergbau zu arbeiten. Möglich war damals die Unterbringung verschiedener Flüchtlinge bei der Zeche Mont Ceni in Sobingen. In diese Zeit fiel gerade das große Gruberunglüd, wobei verschiedene verfolgte Parteigenossen ihr Leben einbüßten. Db fie zu retten gewesen wären, wenn Sie Geld zur Verfügung gestellt hätten??
Diese kleine Auslese mag heute genügen. Sie brauchen fich mit mir in einen Schriftwechsel nicht einzulassen und betrachte ich mit diesem Brief die Angelegenheit vorläufig als erledigt. Hochachtungsvoll.
Mar Schüt
bergs bei ihrer beamtenrechtlichen Deduktion, daß der§ 10 des aus dem kaiserlichen Deutschland übernommenen Reichsbeamtengesetzes folgenden Wortlaut hat:
,, Jeder Reichsbeamte hat die Verpflichtung, das ihm übertragene Amt der Verfassung und den Gesezen entsprechend ge missenhaft wahrzunehmen und durch sein Verhalten in und außer dem Amte der Achtung, die sein Beruf erfordert, sich würdig zu erweisen."
Erweist sich ein Beamter der Republik der Achtung, die sein Beruf in und außer dem Amte von ihm fordert, würdig, wenn er durch Namensunterschrift einen ,, Appell an das Volk" unterstüßt, der Reichstanzler, Reichsminister und deren Bevollmächtigte wegen der Durchführung ordnungsgemäß beschlossener Gesetze zu 3uchthäuslern stempelt? Die Lammesgeduld republikanischer Minister und das oft mehr als zweifelhafte Verhalten von Behörden, öfters allerdings auch die häufig recht lare Einstellung der republikanischen Volksgenossen ist zweifellos die Ursache dafür, daß in den letzten Jahren allzu viel Exzesse gegen die Republik von Beamten verübt werden konnten. Es ist höchste Zeit, daß man den Treueid der Beamten nicht länger zu einer Farce machen läßt.
Es ist für die republikanisch gesinnte Beamtenschaft eine Herzensstärkung, eine Befreiung aus den drückenden Gefühlen, die auf ihr ob dem Verhalten mancher Regierungsstellen gegenüber frecher Anmaßung von Staatsfeinden lasten, wenn ab und zu der„ Moral mit doppeltem Boden", wie fie in rechtsgesinnten Beamtenkreisen gepflegt wird, energisch zu Leibe gegangen wird.
Die staatsbürgerliche Gleichberechtigung der Beamten, wie sie in der Reichsverfassung und der Verfassung der Länder veranfert ist, bezieht sich in erster Linie auf diejenigen Staatsbürgerrechte, die nicht unbedingt mit der Beamtenstellung follidieren. Es gibt allerdings feine genaue Grenzziehung für die politische Betätigung. Auch im faiserlichen Deutsch land hat es eine flare juristische Definition der Grenzen zwischen Staatsbürgerrecht und Beamtenpflicht nicht gegeben.
Der§ 10 des Beamtengesetzes in bezug auf das Verhalten in und außer dem Amte war umstritten, solange er besteht. Das heute noch gültige Reichsbeamtengesetz datiert aus dem Jahre 1873.
Es ist jedoch intereffant, an einigen Beispielen die Ver waltungspraris des alten Deutschland aufzu= zeigen. Vielleicht wird die Hugenberg- Bresse und ihre Gefolgschaft, die sich so gern auf die damalige Reichsordnung und