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Nr. 557 46. Jahrgang

2. Beilage des Vorwärts

Donnerstag, 28. November 1929

Reichstagsbeginn mit Arbeiterfragen.

Ansiedlungszuschüsse für Landarbeiter.- Minister Wissell gegen kommunistische Demagogie.

Der Reichstag   hat am gestrigen Mittwoch nachmittag, 3 Uhr, feine Plenarsizungen wieder aufgenommen. Präsident Löbe teiit u. a. die Beileidsfundgebungen auslän­discher Parlamente zum Tode Stresemanns mit.

Ohne Aussprachen werden den Ausschüssen überwiesen: Wirtschafts- und Freundschaftsvertrag mit Berfien, Rechtsvertrag mit der Türkei  , Freundschaftsvertrag mit dem Hedschas  .

Angenommen wird das Opium gesez in erster Lesung. In der Vorlage, die Verordnung über

Ausfuhr von Kunstwerken

bis Ende 1930, wobei das Reichsfinanzministerium an Stelle des Reichsbankdirektoriums Genehmigungsrecht erhalten soll, führt Abg. Dr. Schreiber( 3.) aus, man sollte durch ein Abkommen mit Deutsch   Desterreich auch dort die Ausfuhr deutscher Kunst­merke möglichst erschweren.

Ein Regierungsvertreter berichtet über die Handhabung des Berbots und über die geringe Zahl von Ausnahmen. Die Liste der mirtlich wertvollen deutschen Kunstwerke wird jetzt revidiert und etwas eingeschränkt, auch Kunstwerte ausländischer Herkunft, die aber schon lange bei uns find und zu unserem Kuiturtreis gehören, muß man vor Ausfuhr schützen. Bei Prüfung der Anträge wird auch die soziale Lage des Verkäufers berücksichtigt. Der Anregung Dr. Schreibers werden wir gern nachgehen.

Abg. Schulz Bremen( Soz.):

Bir stimmen dem Gesetz zu, bemuzen aber die Gelegenheit, um auf die fchmere Notlage unter der deutschen Künstlerschaft hinzuweisen, der die Bilder unverkauft im Atelier hängen bleiben. In meiner Tätigkeit für die Deutsche Kunst­gemeinschaft habe ich in Hunderten von Ateliers Erschütterndes über die Notlage der Künstler erfahren. Es ist dringend notwendig, zu überlegen, ob denn nicht das Reich und die Länder mehr zur Hebung dieser Notlage tun fönnien, wobei nicht verfannt werden soll, daß manches schon geschehen ist, so auch anläßlich des 10jährigen Ber­fassungsfestes.

Auf Antrag des Abg. v. Lindeiner- Wildan( Dnat.) wird die Vorlage dem Rechtsausschuß überwiesen. Es folgt der Gefeß entwurf über

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Zuschüsse aus Reichsmitteln für Sie Ansiedlung

von Landarbeitern.

Diese Zuschüsse tönnen aus Reichsmitteln für eine Zeit bis zu 10 Jahren gewährt werden, in der Regel nur, wenn der neue Klein betrieb als Reichsheimstätte oder unter gleichartiger Bindung be­gründet wird. Die Tilgung foll in Raten erfolgen, die Zuschüsse in der Regel von 5 auf 1 Prozent der Darlehnsschuld sinken. Der Schuldner selbst muß wenigstens 4 Prozent jährlich aufbringen.

In Berbindung damit wird eine Interpellation der Deutschnatio­nalen über Landarbeiterfiedlung usw. besprochen, die Abg. Behrens ( Dnat.) begründet. Er flagt besonders darüber, daß zu wenig Mittel für die Landarbeitersiedlung hergegeben worden feien.

Reichsarbeitsminister Biffell:

Die zur Verfügung stehenden Etatsmittel einschließlich der Reste aus den früheren Jahren haben nicht ausgereicht, um den zahl­reichen Förderungsanträgen Rechnung zu tragen. Will man mehr tun, fo muß man dem Reichsarbeitsministerium größere Mittel be­willigen. Im Einvernehmen mit dem Reichsfinanzminister habe ich aber bereits die zuständigen Refforts, auch den preußischen Wohl fahrtsminister ermächtigt,

noch in diesem Haushaltsjahr in gewissem Umfang weitere Berpflichtungen zur Förderung der Landarbeiterfiedlung zu Laften des Reiches einzugehen,

und zwar unter Borgriff auf die im nächsten Jahre zur Verfügung stehenden Etatsmittel. Zahlungen fönnen nach Erschöpfung der diesjährigen Mittel freilich erst im nächsten Jahre geleistet werden. Infolge dieses Borgriffs auf den nächsten Etat ist es mög­lich gewesen, weitere Buschüsse zu leisten.

Das Gesetz hat sowohl in politischer wie in nationaler Be­ziehung außerordentlich wichtige Aufgaben zu erfüllen. Es foll beitragen, die drohende Entvölkerung des Oftens hinfanzuhalten. Aus diesem Grunde hat man schon in der Vorfriegszeit Land­arbeiter auf eigenem Grund anzusiedeln begonnen. Seit 1921 haben Reich und Länder mit Hilfe von Mitteln der produttiven Arbeits­lofenfürsorge bis zum 1. Oktober d. 3. 55 130 Landarbeiterwoh­mungen errichtet, darunter 30 366 Eigenheime und 24 964 erf wohnungen. Seit Festigung der Währung sind 166 Millionen da­für verwendet werden. Aber es hat sich gezeigt, daß zweckmäßiger weise diesen Siedlern auch ein Stüc eigenes Land gegeben werden muß. Dadurch werden die erforderlichen Mittel so gesteigert, daß neben den öffentlichen Mitteln auch privates Kapital in An­

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fpruch genommen werden muß. Und um dieses zu Derzinsen, mill ja das vorliegende Gesez Zuschüsse gewähren; im Interesse der Land­arbeiter werden ganz bestimmte Bindungen vorgesehen. Die Aus­führungsbestimmungen müssen nach den Erfahrungen in den ein zelnen Ländern getroffen werden, und dabei werden auch berech­tigte Wünsche berücksichtigt werden fönnen.

Abg. Schmidt- Köpenick( Soz.):

Wir begrüßen den Gefeßentwurf. Die Durchführung im ein­zelnen muß man nach den ländlichen Berhältnissen einrichten. Unter bringung in Mietwohnungen werde viel nützlicher für die Arbeiter sein, aber daran fehlt es ja. Wenn der Landarbeiter die Siedlung nicht behalten kann, muß fie vom Erbauer wieder zurüdgenommen werden. Die landwirtschaftlichen Unternehmer wollen noch immer den Landarbeiter sich dauernd erhalten, darum auch die Bestimmung. daß die Siedler sich verpflichten müssen, 50 Jahre dort zu bleiben. Wir fordern, daß vor allem die Arbeiter ihre Freiheit behalten. Von 1908 bis 1919 hat Preußen ganze 929 Landarbeiterwohnungen gebaut welcher Unterschied gegen heute! Man wollte damals Knappheit der Mittel zu beffern, werden wir ja demnächst Gelegen feine freien Arbeiter.( Sehr wahr! links.) Die augenblickliche heit haben beim Aufmertungsgesetz für die Standesherren! Da werden wir ja sehen, wie die Deutschnationalen. stimmen.( Sehr. gut! links.) Wir werden jedenfalls an diesem Gesetz eifrig mit­arbeiten.( Beifall bei den Soz.)

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Abg. Janschef( S03.) weist Angriffe des Abg. Jaddasch ( Komm.) auf die Sozialdemokratische Partei   und den Reichsarbeits­minister zurück, die sich angeblich nicht darum gefümmert haben sollen, daß Bergarbeiter aus ihren Wohnungen vom Zechentapital vertrieben werden. Das vorliegende Gesetz wolle gerade der Rechts­unsicherheit ein Ende machen, weshalb die Sozialdemokraten es be­grüßen.

Reichsarbeitsminister Wissell:

Gegenüber der vollkommen falschen Darlegung des Abg. Jaddasch stelle ist fest: Als in der Nachkriegszeit der schwere Kohlen mangel die Notwendigkeit zeigte, stärkere Kohlenförderung, auch durch Beschaffung genügender Wohnungen für Bergarbeiter zu fichern, wurden 33 000 folcher Wohnungen erbaut, und zwar aus dem Ertrag, der von den Konsumenten getragenen Kohlenabgabe mit etwa 80 millionen und mit 40 Millionen Reichszuschuß. Selbst­verständlich sollten diese aus den Mitteln der Gesamtheit erbauten Wohnungen nicht persönliches Eigentum, sondern Besiz der Gesamt­heit sein. Als Eigentümer wurden Treuhandgesellschaften errichtet, die aus Arbeitern und Unternehmern in gleicher Zahl bestanden. Nun hat ein Unternehmer sich geweigert, die vom Reichstohlenrat vorgeschriebene Kohlenabgabe zu bezahlen und das

Reichsgericht hat ihn außer Verfolgung gefeht, weil der Reichs. fohlenrat nicht befugt gewesen wäre, eine solche Verordnung zu erlaffen.

Aus dieser Rechtslage ergibt sich die Gefahr, daß fogar Rückzahlungen gefordert werden könnten und dann fönnte dieser Besitz der Allge­meinheit verloren gehen. Um diese Rechtsunsicherheit zu beseitigen, und an dem Gesamteigentum feinen Zweifel aufkommen zu lassen, ist das vorliegende Gesetz eingebracht worden. Da diese Bohmungen für Rohlenbergarbeiter erbaut worden sind, fann es zweifelhaft sein, ob ein Arbeiter, der in einen anderen Beruf übergeht, den Anspruch auf eine solche Wohnung behält. Dem Arbeitsministerium find aber mur vier solcher Fälle bei 31 000 ohmungen befannt gemorden. Und diese Fälle tangieren das Gefeß überhaupt nicht. Ich habe gar nichts dagegen, daß im Ausschuß noch stärkere Sicherungen für dauernden Befiß und Bemußung der Gebäude eingefügt werden.

ein Gefeßentwurf über Entschädigungen infolge der Einführung des Die Borlage geht an den Wohnungs- und Siedlungsausschuß, Branntweinmonopols an den Steuerausschuß.

Abg. Gräf- Dresden  ( Komm.) begründet einen Antrag auf Weih nachtsbeihilfen an Arbeitslose und Streifenbe. Er beschwert sich über starfe Einschränkungen der Arbeitslosenversicherung durch Ber­waltungsmaßnahmen. Die Arbeitslosen und sonstigen Notleidenden sollen sich wenigstens zu Weihnachten einmal fatt effen tönnen. Aber das merde erst eine Arbeiterregierung nach Wegfegung der Sozial­demokratie und dieser verrotteten Ordmung durchführen.

Reichsarbeitsminister Wissell:

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Daß noch außerordentlich viel Not besteht( Abg. Berk( Komm.): Alter Schleimer! Ordnungsruf.), wird fein Mensch bestreiten. Die Regierung bemüht sich im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Mittel zu helfen, wo sie es irgend tann.( Burufe der Komm.: Ja, den Deutsch russen und Boladen!) Bulegt ist im Winter 1927 eine einmalige Notstandsbeihilfe gewährt worden. Seither haben wir

vorgezogen, dauernd zu helfen durch Erhöhung der Bezüge.( Abg. Rädel( Komm.) wird megen eines zweiten Schimpfrufs mieber zur Ordnung gerufen und auf die Folgen eines dritten Ordnungs­rufs aufmerksam gemacht.) 1928 find

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durch das Nofprogramm 100 Millionen, in diesem Jahr durch die Leg Brüning 50 millionen zur Verfügung gestellt worden, dazu die Erhöhung der Invalidenrenten.) ( Geschrei der Komm., Ordnungsruf für Abg. Berg, Bräsident Löbe ersucht, nicht fortwährend zu unterbrechen. Abg. Jaddasch: Wir sind doch keine dummen Kinder. Präsident Löbe ersucht ihn, ruhig zu sein, Abg. Jaddasch antwortet, Löbe follte lieber Schul­lehrer werden und wird dafür zur Ordnung gerufen.) Die dauernde Berbesserung der Invalidenversicherung hat 150 millionen ge foftet, auch die Kommunisten haben dafür gestimmt, und wenn Sie jeht schreien, es sei nichts geschehen, so ohrfeigen Sie sich selbst. ( Sehr gut! bei den So3.) Mit einmaligen Beihilfen ist nicht zu helfen, sondern nur durch dauernde Verbesserungen im Rahmen des Haushalts. Der Antrag der Kommunisten würde 170 bis 180 Mil­lionen erfordern. Es ist ja erfreulich, daß Sie das Deutsche Reich als so leistungsfähig einschäzen, aber ebensowenig wie anderspo fann alle Not auf einmal beseitigt werden.

Rußland   gibt im ganzen Jahre noch nicht einmal für die gesamte Arbeitslosenversicherung soviel aus, wie jetzt als einmalige

Leiffung gefordert wird.

( Hört, hört!) Eine einmalige Reichsbeihilfe würde die Gemeinder zwingen, für weitere Kreise aus eigenen Mitteln entsprechende Zah lungen zu leisten. Woher sollen die Mittel dafür genommen werden? Der Reichstag   ist durchaus auf dem richtigen Wege, menn er sich nicht auf einmalige Unterstützungen einläßt, sondern das tut, was im Rahmen des Gegebenen möglich und zweckmäßig ist.

Nachdem Abg. Rädel( Komm.) vergeblich versucht hatte, den Eine drud der Ausführungen des Ministers zu verwischen, wird der tom­munistische Antrag gegen die Stimmen der Antragsteller abge­lehnt, und das Haus vertagt sich um 17% Uhr auf Donnerstag, 14 Uhr: Kleine Vorlagen und sozialdemokratischer Antrag über den 5- hr- Ladenschluß am Heiligabend.

Die Verhandlungen mit Polen  .

Beratung des Auswärtigen Ausschusses.

Der Auswärtige Ausschuß des Reichstags behandelte gestern unter dem Vorsitz des Abg. Scheidemann( Soz.) die Polenfragen. Reichsminister des Auswärtigen   Dr. Curtius erstattete über die deutsch  - polnischen Verhandlungen und die damit zusammenhängenden politischen Probleme ein ausführliches Referat. Als erste Dis fuffionsredner nahmen Abg. Ulifa( 3.) und Abg. Dr. Hoesch ( Dnat.) das Wort. Es sprachen dann die Abgg. Dauch( DBp.) und Frau Sender( Soz.)..

Gesandter Rauscher berichtete über die einzelnen Phasen der deutsch  - polnischen Verhandlungen und deren Ergebnisse. Reichsfinanzminister Dr. Hilferding und Ministerialdirektor Darn behandellen die finanzpolitische Seite des Problems. Beschlüsse faßte der Auswärtige Ausschuß nicht. Weiterberatung Donnerstag.

Dr.

am

Polenvertrag und Deutsche Bolkspartei.

Die Frattion der Deutschen Bolfspartei im Reichstag hat, mie die ,, NLC." meldet, ihren Borsitzenden beauftragt, dem Herrn Reichs­tanzler folgende drei Forderungen der Fraftion bezüglich bes deutsch  - polnischen Handelsvertrages vorzutragen:

fationen zweds Reuernenmung eines landwirtschaftlichen Sachper­1. Sofortige Fühlungnahme mit den landwirtschaftlichen Orgons­

ständigen.

2. Garantien dafür zu schaffen, daß nach Abschluß des Bertrages polnische Exportprämien usw. ausgeschlossen find.

3. llebertragung der Verwaltung und Regelung des Beterinär polizeiwesens vom Innenministerium auf das Ernährungsmini­fterium.

Der Wahlaufruf des Regierungspräsidenten. Die fozial­demokratische Frattion hat im Preußischen Landtag   eine fleine Anfrage eingebracht, die sich mit dem Wahlaufruf bes Regierungspräsidenten Stieler   in Aachen   befaßt. Die preußische Staatsregierung wird gefragt, ob sie die Art und Weise billige, wie der Regierungspräsident Stieler zugunsten der 3entrumspartei in den Wahlkampf eingegrifen habe und menn nicht, welche Maßnahmen getroffen würden, um ein solches Borgehen in Zukunft zu verhindern.

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