Einzelbild herunterladen
 

Kulturträger in Heidelberg  . Plastikschau der Berliner   Gezeffion

Razi und

Heidelberg  . 5. Februar.

Dr. Carl Mierendorf, der Preffereferent der hessischen Regierung, wollte gestern abend in Heidelberg   in einer von der sozialistischen   Studentengruppe veranstalteten öffent lichen Bersammlung über das Thema Nationalsozialismus oder Sozialismus" sprechen. Der Nationalsozialistische Studententlub" ließ am Vormittag ein Flugblatt verteilen, in dem er die Heidelberger   Bevölkerung dazu aufforderte, in Massen in die Bersammlung zu tommen, um durch einmütigen Protest den Burschen" die rechte Antwort zu erteilen. Der Versammlungsfaat war bei Beginn der Versammlung durch eine große Zahl organi fierter Nationalsozialisten besetzt, unter denen sich auch die Heidelberger   Rorporationen befanden. Als der Redner begann, ertönte im Saal ein ohrenbetäubender Lärm, und es war unmöglich, dem Redner Ruhe zu verschaffen. Die Nationalsozialisten griffen die sozialistischen  Teilnehmer mit mit Stuhlbeinen tätlich sprengten die Versammlung. Das Ueberfallkommando fonnte nichts anderes tun, als die Versammlung zu schließen und den Saal 3u räumen. Einige Personen erlitten leichtere Berlegungen.

ant

Dowgalewski geht auf Urlaub. Wegen der antibolschewißlischen Stimmung.

und

Paris, 5. Februar.

Der Sowjetbotschaffer in Paris  , Dowgalewski, hat durch Der Sowjetbotschaffer in Paris  , Dowgalewski, hat durch Vermittlung seines Ersten Botschaftssekretärs Urens, der sich gegen wärtig in Berlin   aufhält, einen Bericht über die Angelegenheit Suflepoff an feine Regierung gefandt, den Arens selbst nach Mostau bringen wird. Dowgalewsti erwähnt in diesem Bericht, daß in Paris   große Erregung herrsche und daß es unter diesen Umständen beffer wäre, wenn er auf drei Monate Frankreich   ver­laffe.

Journal" will nach Einholung einer Auskunft in der Pariser  Sowjetbotschaft deren Standpunkt zu dem Verschwinden des ehe maligen Generals Rutiepoff wie folgt wiedergeben tönnen: Das Berschwinden des Generals Rutiepoff intereffiere die Sowjetbotschaft mur als Nachricht unter der Spalte Vermischtes". Die französische   Polizei müsse sich der Angelegenheit annehmen, für die sich zu interessieren die Sowjetbotschaft um so weniger ein Recht habe, als der Verschwundene, wenn er auch russischer Ab mung fet, nicht zu den Staatsangehörigen der Sowjetrepublik gel.

Arbeiterwohnungen her!

1930 muß ein Jahr des Kleinwohnungsbaues werden.

Bon Paul F. Schmidt.

Es war ein guter Gedante, den die Sezession hatte: einmal ausschließlich Stulpturen auszustellen und damit einen Ueberblid über das heutige plaftische Schaffen zu geben; gut infofern, als es heute wirklich eine Bildhauerfunft von beträchtlichem Niveau und heute wirklich eine Bildhauerkunst von beträchtlichem Niveau und mit bestem Nachwuchs gibt, die auf den Ausstellungen fast immer das fünfte Rad am Wagen spielt; nicht gut, hingegen tapfer und ehrenwert war dieser Gedante im Hinblick auf Rentabilität und Bopularität beim Publikum. Ja, es gehört mut dazu, eine so wenig beliebte Angelegenheit zu servieren, und man darf der Sezeffion

dankbar sein.

Bom Kunstsinn der Stadt Berlin   und ihrer dem betreffenden Etat vorgefeßten Behörde zu verlangen, daß sie in diese schöne Aus. stellung gehen und ihrem Geschmack in Dingen öffentlicher Denkmäler ein bißchen aushelfen möchte, d. h. sich anschauen und merten, was wirtich plastische Kunstwerte feien im Gegensatz zu den Dingen, die sie uns in all den Jahren auf Straßen und Bläßen und in Parts beschert haben, wäre mohl etwas zu viel verlangt?

Leider darf gleich hinzugefügt werden, daß die Ausstellung nicht den Ehrgeiz hat, in den wesentlichen Dingen tomplett zu sein oder auch nur auf die Bildhauer mit einem fleinen geistreichen Tid hin zumeifen, die imftande find, Monumente für öffentliche Räume zu fchaffen. Man hätte überhaupt die Disposition abwechslungsreich und anregend gestalten tönnen, indem man folche Unterscheidungen

betonte, den Zweck der verschiedenen Formate, Materialien, For mungen ausgiebig differenzierte und vielleicht burch große Photos nachwiese, wozu so eine Riefensteinfigur oder eine zierliche Klein­bronze im täglichen Kunstgebrauch dienen kann; worin die wertvolle Hilfe eines Bildhauers dem Ardytetten und Gartentünstler gegen über besteht( wie es 3. B. gelegentlich der Ausstellung von Bellings Schild" im Kronprinzenpalais musterhaft geschehen ist). Man hätte, nicht etwa nach Materialien, wohl aber nach Stilprinzipien ganz interessante Rombinationen veranstalten, die jüngsten Franzosen und Deutschen   einander gegenüberstellen tönnen. Man hätte außerdem die ganze Ausstellung durch zwischengehängte Zeichnungen der betreffenden Bildhauer sehr belebt, statt daß man ben schlechtesten Seitenraum mit diesen föstlichen Stizzen vollgepflastert hat. Leider ist hiermit die Liste meiner Einwendungen noch nicht erschöpft. Woran es liegt, ist nicht flar, aber es steht so, daß eine ganze Reihe von Künstlern überhaupt nicht vertreten ist, die in erster Linie auf diese Skulpturenschau gehören. Sie fängt an mit Barlach  , Kolbe, Scheibe, findet ihren Mittelpunkt bei Nolbe und den Künstlern der Brüde, die außerordentlich beachtenswerte Holz schnitzereien geschaffen haben, und endet bei den Jüngsten von Monumentalformat, bei Chr. Boll Gustav H. Wolff, den Dresbenern Hoffmann und Mastos; von Ausländern fallen mir um Augenblid Brancusi und Lipschiz ein, und Willumsen, dessen Wert soeben erst in Lübed ausgestellt war; es sind bei weitem mehr, und eine Aus­3m lehten Heft der Dewog- Zeitschrift Wohnungs- Witt- ftellung ohne diese revolutionierender Namen ist nicy repräsentativ. schaft" äußert sich der Leiter der freigewertschaft- Bogegen man einiges aus der Schau mit ruhigem Gewissen wohl lichen Wohnungsfürforgegefellschaft, Richard Linnete, hätte fortlassen können. nach einem Rückblick auf das Baujahr 1929 zu den Aussichten des gemeinnügigen Wohnungsbaues für 1930. Der Berfasser meist einleitend darauf hin, daß trog der großen finanziellen Schwierigkeiten und troz des langanhaltenden Frostes im letzten Jahr rund 320 000 Wohnungen gebaut worden sind. Er fährt dann fort: Das ist viel, vielleicht zu viel. Man fehe ich nämlich auch die andere Seite an und die ist nicht angenehm. Nämlich: für wen ist gebaut worden? Wenn man dieser Frage nachgeht, fann man in vielen Fällen die Erfahrung machen, daß die Wohnungen im Jahre 1929 oder die Wohnungen aus diesem Jahre sehr schwer zu vermieten waren und noch sind. Offenbar ist also doch stark am Bedarf vorbei gebaut worden. Jawohl, höre ich schon die Verfechter der Kleinst-( und noch fleineren) Wohnungen jagen, das kommt daher, weil wir zu große Wohnungen bauen! Wir wollen hier nicht alle die Worte wiederholen, die wir schon zur Frage der Kleinstwohnungen geschrieben haben. Fest steht aber, und viele uns vorliegende Berichte bestätigen uns das, daß auch schon häufig die kleineren Wohnungen schwer vermietbar sind. Die Sache liegt nämlich so, daß so kleine Wohnungen, wie fie unter den augenblicklichen Finanzierungsbedingungen von der geringer be­zahlten werktätigen Bevölkerung bezahlt werden können, überhaupt nicht zu bauen sind. Da würde bie Wohnung nämlich so flein und damit so unwirtschaftlich in Bau-, Grundrißausmuzung usw. werden, daß man wirklich sagen müßte, hier wird Bernunft barer Unsinn. Aus der Erfahrung des letzten Jahres muß folgende Kon­fequenz gezogen werden: Die zahlungsträftigen Be pölferungsfreise sind weitgehend mit Wohnungen versorgt, die breite Maffe der werftätigen Bevölkerung ist es aber nur in ganz unzu­reichendem Maße.

Wir fordern daher, daß das Jahr 1930 vor allem ein Jahr des Kleinwohnungsbaues für die werftätige Bevölkerung wird. Dazu wird nötig sein, daß die maßgebenden Behörden vorschreiben, daß mindestens 80 Proz. aller zu erbauenden Wohnungen solche von Stube, Kammer, Küche mit dazugehörigen Nebenräumen bis zu zwei Stuben, Kammer, Küche uſw. sein müssen. Dann aber muß die Parole heißen: lieber weniger Wohnungen besserem Mietpreis. Das heißt, es müssen, wie wir es schon seit Jahren gefordert haben, höhere Hauszinssteuersäge pro Wohnung zu niedrigem 3insfuß gegeben werden, um die Mieten billiger anseßen zu tönnen.

zu

Benn unseren Forderungen fein Gehör geschenkt werden sollte, dann wird man erleben, daß im tommenden Baujahre und später die gemeinnügige Bautätigkeit sich start passiv ver­halten wird. Dann mögen es die zuständigen Behörden verant worten, daß private Unternehmer und Spetulanten mit den von den werftätigen Maffen aufgebrachten Hauszinsfteuermitteln große und teure Wohnungen bauen, die zudem nicht einmal mehr vermietbar sind. Daß wir dagegen allerdings unseren ganzen politischen und gewertschaftlichen Einfluß mobilisieren werden, braucht wohl nicht erst gejagt zu werden.

Der Echneiderstreit in New York  .

Roosevelt   will vermitteln.

New Bort, 5. Februar.( Eigenbericht.) Die gesamte New- Yorker Kleiderindustrie ist ftillgelegt. 30 000 Kleiderarbeiter folgten am Dienstag dem Streitaufruf des Kleider arbeiter- Berbandes, weitere 10 000 Arbeiter werden am Freitag die Arbeit niederlegen. Die Streifenden veranstalteten im Zentrum der Stadt eine Riesendemonstration, die ungestört verlief. Der Gouverneur Roosevelt   bot felne Bermittlung an und hat beide Parteien zu Verhandlungen eingeladen, die am Freitag beginnen. Die Verbandsführer sehen eine baldige Beendigung des Streifs und einen vollen Sieg der Streifenden voraus.

Helga Normann.

spenden. Alles wohlverdient Sie tanzte im Bach Saat Mächtiger Beifall, reiche Blumen

Wer diese Künstlerin vom Beginn ihrer Laufbahn an fennt und weiß, durch wie viele Schulen ihre Entwicklung gegangen ist, der staunt vor allem über eins: sie hat von hier und von dort An­regungen aufgenommen, zahllose Mofaitstückchen ihrem Gesamtbilde eingefügt, und doch ist sie stets ein einheitlicher Organismus ge­blieben. Widersprud, slos, eigenwüchsig, eigenwillig. In ihren großen Borzügen und in ihren fleinen Schwächen. Eine Persönlichkeit aus einem Guß. Aber von scheinbar unerschöpflicher Bielseitigteit. Die Normann schafft ein Programm von zehn Tänzen, deren kaum einer dem anderen ähnlich ist, und die doch alle derselben Wurzel entsprießen, alle dasselbe Kunstwollen bezeugen, demselben fünftle­rischen Ziel zuftreben. Ein Russisches Lied". monumental, in, um faffenden, traftvollen, großen Schwüngen. Ein Unsturm in atem raubenden Wirbeln. Ferne Schatten", aus Seelentiefen steigend, in ganz langsamen Spannungen, bannenden Rhythmen. Daneben allerliebste zierliche choreographische Bibelots( ,, Kleine Rapsodie"). Alles in reinem, strengem, abstraftem Stil. Nur ausnahmsweise. und nicht zum Vorteil, pantomimische Antlänge( lage").

Von ihrer Arbeit und ihrem Wachstum zeugen besonders zwei Tänze: Im Raum verloren" und Aus der Bahn geriffen". Der erste schon einige Jahre alt, der zweite neueste Schöpfung. Beide im tompofitionellen Aufbau und in der Technik einander verwandt. Aber welch ein Unterschied! Welcher Reichtum an neuen Motiven, welche Reife und Tiefe der Gestaltung im jüngeren Tanz! Man sieht den sicheren Weg, der zum flaren 3iel aufwärts geht. Das ernste Streben, das auch technisch Neues will und Neues bringt Die Fuß führung ist durch eigenartige Nuancen bereidert, Kreuz und Hüften von einer nicht mehr zu überbietenden Weichheit und Schmiegsam­feit.( Im Kontrast zu heit des Nadens.) u ber, wie es scheint ,. unüberwindlichen Steif

Was den Tänzen der Normann zur legten höchsten Bollendung fehlt, ist die naive Urwüchsigkeit, das scheinbar Ungewollte, vom Augenblick Eingegebene, das die besten Schöpfungen der Wigman  , Palucca, Georgi tennzeichnet. Man hat oft den Eindruck des bewußt Erarbeiteten. Ein wenig Werkstattstaub lagert auf den meisten Darbietungen. Man ist es einer Künstlerin von diesem Rang und von diesem vornehmen, ernſten Streben schuldig, den höchsten Maß ftab anzulegen.

Ueber die begleitende Musik zu urteilen, bin ich nicht befugt. Aber unser Mufifreferent. Klaus Bringsheim, der dem Tanz­abend beiwohnte, autorisiert mich zu der Erklärung, daß die Kompo fitionen von Alexander Levitan von hervorragender Be gabung zeugen und mit dem Charafter der Tänge gut harmonierten.

John Schikowski  .

Das erwachende Aegypten  ."

Ulfa  - beater Kurfürstendamm  .

Alle Aegyptenfilme, bie bislang hier gezeigt murben, waren aus der gefährlich oberflächlichen Betrachtungsweise des Cook Reisenden gesehen. Diese verwirft der Expeditionsfilm& urt 3 immermanns. Er ist weber ein Bertreter europäischer Kolonialbeftrebungen noch ein Bermittler orientalischer Kultur, er ist auch kein Aegyptologe; alle Sonberinteressen scheiden bei ihm aus, er betrachtei alles vom sozialen Standpunkt.

Wir sehen das arbeitende, das schuftente Aegypten  . Wo bleibt ta Europas   Mär vom faulen Drientalen? Für ein paar Pfennige wird menschliche Arbeitstraft restlos ausgebeutet, alle arbeiten weit über ihre Kräfte, Männer, Greise, Frauen und Kinder. Ausgrabun. gen werden vorgenommen, man schleppt die ungeheuren Schäße

stellung ein Blazet nicht vorenthalten mag. Atzente sind nicht ver­Aber es ist so vieles Ausgezeichnetes da, daß man der Aus­teilt, auch das gehört zu dem demokratischen Prinzip des Ganzen. Aber man findet die graziösen Kleinterratotten von Haller, die sehr lebendigen, ein künstlerisches Fortschreiten verratenden Figuren heraus, die froh bewegten Tiere der Gintenis. Bon Franzosen und Köpfe der Albifer, Gerstel, Laurent F. Keller sind Maillol   Despiaug, Picasso   knapp aber würdig repräsentiert; lebhafter und interessanter die jüngeren, der aus gezeichnete a urens, der das Abstrakte auf eine geistreiche und sehr liebenswürdige Weise streift, schöpferischer als der in Amerita ganz zum Manieristen gewordene Archipento, und der voll faftige und mit Anmut natürliche Manola. Angegliedert den Franzosen: die in Paris   lebenden Russen Dora Gordine  ( fürz lich bei Flechtheim   gezeigt) und der klassisch vornehme, in seiner Kühle unvergleichlich empfindungsvolle M. Kogan.

Belling und Edwin Scharff  ( von diesem gibt es wenigstens bei Cassirer   gleichzeitig eine gute Ausstellung) sind beide nur in Andeutungen vorhanden; de Fiori erfreut nicht durch unruhiges Formenspiel.

0

Bolle Zustimmung tann   man der Gruppe jüngster deutscher  Bildhauer zollen. Sie haben einzeln faum etwas miteinander ge mein, es sei denn das Streben nach der Absolutheit einer neuen Form. Der Anblick diefer ernsthaften, in sich gefestigten Jugend ( deren Alter bis zu 40 Jahren reicht) ist überaus erfreulich, sie ist das Schönste auf dieser Ausstellung. das Schönste auf dieser Ausstellung. Ein realistisches Ungeſtüm, eine Gewalt finnlicher Leidenschaft, wie sie die Weibfiguren der Mary Duras Kopf aus Prag   beseelen, ist ohnegleichen. Innerlich steht ihr die verzehrende Inbrunst am nächsten, mit der Ludwig Gies   feine Gestalten aus dem Holzblock holt oder vielmehr sie drin läßt, als in der Materie gefangene Seelen mit einem dem romanischen Mittelalter verwandten Spiritualismus. Daneben die ringende Leidenschaft in Schreiners Form und das schwerfällige Taften von G. Mards. Nach ganz anderer Rich tung schauen die rundlich modellierten Frauentorfen von Biffet aus getriebenem Stupferblech und die sanften Tiere von Mataré: der Wille zur Kuge! hat ihre reibungslose Gewölbtheit geformt. Rhades wieder vertieft sich gänzlich in Sinn und Seele des Kindes; erstaunlich wahre, ergreifend findhafte Deutungen bringt er hervor. Aehnlich naiv, aber temperamentlofer die zarten Figürchen Jenny Wiegmanns. Eine sehr starte Kraft lebt in den höchst charafiervollen Röpfen von Fris Claus und der großartigen. Tiefe von H. Scheuernstuhl. Tiefe von H. Scheuernstuhl. Vielleicht ist dieser der hemer tenswerteste Bildhauer der Schau, anscheinend zum erstenmal her rorgetreten. Neben einem weiblichen Torso von schöner Naturwahr. heit und einer bedeutenden Bildnisbüste bleibt ein Mädchenkopf von grauem Mormor unvergeßlich. Monumentale Würde und Einfach­heit der gerundeten Form paart sich mit dem geheimnisvollen, gegenstandslofen und traumartig versunkenen Ausdrud majestätischer

Unschuld.

früherer Kulturen aus Grablammern, und fleine Kinder müssen mit ben Sönben den Schutt wegräumen. Diese Kinder stehen unter der Beiffche des Auffehers, man gwing: fie in Sonne und Staub im Baufschritt ihre Arbeit zu verrichten. Dafür befommen sie von den großmütigen Europäern 9 Pfennig den Tag und Zuckerrohr. Die Engländer bauen sich Paläste und das ägyptische Volt nennt taum e'ne Hütte fein eigen. Es wird aufs allergrausamste unterdrückt, dieses unabhängige" Königreich von Englands Gnaden. Alles durfte auch dieser Film nicht erzählen, denn es wurden energische Kürzungen vorgenommen, weil eben der Europäer stets auf den Europäer Rücksicht nimmt. Trotzdem soll, wer Augen hat zu sehen, diefen freimütigen Film auf sich wirken laffen.

Auch der zweite Film ,,, Menschen am Sonntag", geht feine eigenen Wege. Die Regisseure Robert Siodmat und bgar Ulmer schufen eine Filmreportage aus dem Alltag, wenn fie auch ausgerechnet einen Sonntag mit seinen vollgepfropften Ber­Pehrsmitteln und seinen mannigfachen kleinen und harmlosen Ver­gnügungen schildern. Sie sind fachliche, aber zugleich feinsinnige Beobachter. Uns wurde einmal in imponierend einfacher Weise Paris   gezeigt, mun sehen wir Berlin   ohne den Glanz der Licht­reflamen und das tolle Leben der Nachtbars. Das Premieren­publifum mar begeistert. Es lohnt sich also scheinbar, den Alltag zu entdecken.

Venus." Mozartsaal.

e. b.

Wenn man dem United Artist  - Film, der einfach" Venus" fir­miert, glauben darf, haben die reichen Erbinnen von heute, mögen sie noch so schön sein, die ernstesten Komplitationen zu erwarten, wenn sie sich beifallen lassen, in einer lauen Sommernacht vor

-

Cypern, wo boch mildernder Grund!- Benus zuständig war, die Schaumgeborene zu spielen. Irgendein schäbiger Schuft von griechischem Mädchenhändler sieht es und beleidigt die Schöne. Er wird von dem treuen Rapitän, der die Ehre seiner Herrin ver­teidigt, über Bord gebort. Aber der Kapitän wird dafür entlassen. wieviel Mühe haben die Manuskriptverfasser, die Sache wieder in Ordnung zu bringen und der Moral zu dienen. Phryne  , die doch nur eine Hetäre war, wurde bei den alten Athenern gefsiert, als sie an Stelle der Venus nadt dem Meere entstieg. Die Benus von heute aber muß einen langen Kampf mit einem Erpresser und Rächer führen und einen noch viel härteren mit dem Kapitän, der viel zu sehr Kleinbürger ist, um ihre Extravaganzen zu ve stehen. Er flieht vor ihrer Liebe in die Wüste( mit einer Expedi ion natürlich), und fie muß ihm erst durch gefährliche Proben den Ernst ihrer Reue und Liebe beweisen, bis der erlösende Kuß sie und uns erlöft.

Arme Constance Talmadge  , die du das füße Mädchen mit dem 1 3entimeter breiten Mündchen agierteft, fogar die große Szene der Hüllenlosigkeit mußieft du uns schuldig bleiben. Denn die von dem Rächer- Erpresser norbeeitete Enthüllung fiel angeb lidh aus Edelmut( in Wahrhei aber aus Furcht vor der Moral) cus. Ja. die Griecher hatten es leichter und schöner, und die genarrten Buschauer, das Land der Griechen suchend, ertränkten diesen Wechsel­balg aus Moral und Highlife in ihrem Gelächter und ließen sich auch durch die schönen Bandschafts- und Schiffsbilder nicht von abhalten.

f

Adiner Jufendant. Als Nachfolger des mit Enbe biefer Spielzeit aus­fcheidenden Intendanten des Kölner   Schauspielhauses, Theo Modes, wurde bom Aleinen Theaterausichuß der Stadt Köln   der frühere Direktor der Buftimmung des Großen Theaterausschusses, bie in der nächsten Boche Berliner   Boltsbübne, Krig Holl. gewählt. Die Bestätigung beburt noch ber erfolgen foll