allgeweln als unzulänglich Anerkanntes weiter fort-bestehen lassen. Auch Erwägungen finanzieller Art, wie sie beider Diskussion unseres Themas nicht selten geäußert werden,können hier einen Einfluß nicht ausüben, dennZauch im bürgerlichenLeben kann niemand sich einer Rechtspflicht deshalb entziehen,weil die Erfüllung viel Geld kostet, am allerwenigsten darf diesaber der Staat, der ja dazu berufen ist, die Interessen seinerBürger zu schützen und ihr Wohl zu fördern.—Die ftonsevoerkioe Vavkeileikungals AnKlÄgerinDas ist der thatsächliche Kern der jetzt erschienenenBroschüre des Obersten v. K r a u s e, der ausdrücklich beiErwähnung der Protokolle des Partei-Ausschusses erklärt:„Die Einsicht in die Protokolle und die Benutzung derselbenist uns unter den obwaltenden Umständen freundlichst gestattetworden."Auf grund dieser Protokolle erhebt nun der Vorsitzende desWahlvererns der Berliner Deutsch-Konservativen gegen Elöckerdie Anklage, daß er in der Sitzung des Elfer-Ausschusses vom18. Juni 1895 allein den Freiherrn von Hammersteinvertheidigt habe. Es heißt da:In der Sitzung des Elfer-Ausschusses vom 18. Juni 1395lagen zwei Anträge vor, der eine von Herrn von Kröcher,„daßFreiherr von Hainmerstein bis zur Beendigung der Untersuchungans den konservativen Fraktionen des Reichstages und despreußischen Abgeordnetenhauses auszuschließen sei"; der anderevon Herrn von Levetzow,„daß der Freiherr von Hammersteindurch die Parteileitung zu veranlasse» sei, sobald als möglichaus der Partei auszuscheiden". Als hauptsächlichste Anschuldi-gungspunkte gegen Herrn von Hammerstein wurden angeführt:1. Verwendung des Penstonsfonds der„Krenz- Zeitung"; 2. derPapierkontrakt mit dem Lieferanten Flinsch; 3. das Verhältnißzu der Flora Gaß; 4. das Verhalten gegenüber den Redakteurender„Kreuz-Zeitung", insbesondere gegenüber dem ProfessorDr. Kropalscheck. Nach dem vom Hofprediger a. D. Stöcker mitunterzeichneten Protokoll hat kein Mitglied des Elfer-Ausschussesdie vorstehend genannten Anträge so lebhaft bekämpft wie geradeHerr Hosprediger a. D. Slöcker..... Er hielt einen Beschluß,avie er von Herrn v. Kröcher und Herrn v. Levetzow beantragtfei, noch für verfrüht. Seinen Informationen zufolge habeHerr v. Hammerstein den Pensionsfonds der„Kreuz- Zeitung"nicht in seinem persönlichen Interesse, sondern zum Ankandes„Deutschen Tageblatts" verwendet und hierzu dienachträgliche Zustimmung des inzwischen verstorbenen Ober-Präsidenten a. D. Freiherrn von Kleist-Retzow erhalten. Auchdie Abmachungen mit dem Papierlieferanten Flinsch seien fürHerrn v. Hammerstein nicht gravirend, da derselbe aus eigenerInitiative eine Herabsetzung des Papierpreises, und zwar bereitszu einer Zeit erzielt habe, zu welcher das Kuratorium der„Kreuz-Zeitung" noch ohne Kenntniß von dem Vorgange gewesen.Er wünsche daher, daß ein Beschluß im Sinne der Anträge derHerren v. Kröcher und v. Levetzow jetzt noch nicht gefaßt werde,sondern daß man zunächst das Ergebniß des von Herrnv. Hammerstein gegen die Franksurler„Kleine Presse" an-gestrengten Prozesses abwarten möge."Nachdem andere Theilnehmer der Sitzung dem widersprochenhätten,„trat nochmals Herr Hofprediger a. D. Slöcker für Herrnv. Hammerstein ein und erklärte es für nicht richtig, Beschlüssevon feiten der Parteileitung gegen denselben zu fassen, so laugenicht das Kuratorium der„Kreuz-Zeitung" gegen ihn vor-gegangen fei."„Gleichwohl wurde zum Schluß der Antrag des Herrn vonLevetzow in der später von ihm verschärsten Form,„daß derFreiherr von Hammerstein durch die Parteileitung aufgefordertwerde, binnen acht Tagen aus den konservativen Fraktionen derParlamente auszuscheiden", von der Mehrheit angenommen.(DerAustritt erfolgte auf wiederholtes Drängen hin unter dem5. Juli.) Zugleich wurde auf Antrag des Freiherrn v. Man-t e u f f e l«instimmig der Beschluß gefaßt:„Das Kuratoriumder„Kreuz-Zeitung" ist aufzufordern, den Freiherrn v. Hammer-stein sofort von der Redaktion der„Kreuz- Zeitung" zufuspendiren, widrigenfalls der Elfer-Anschuß gezwungen seinwürde, seinerseits diejenigen Schritte zu ergreifen, welche derselbefür erforderlich hält, um die Scheidung zwischen der konservativenPartei und der von dem Freiherrn v. Hammerstein redigirten„Kreuz-Zeitung" herbeizuführen."(Die vorstehend verlangteSuspension erfolgte unter dem 4. Juli.)"Nach dieser Darstellung der Vorgänge in der Ausschußsitzungkleidet Herr v. Krause daS Ergebniß seiner Betrachtungen in dieWorte:„Es gereicht der Parteileitung zur Ehre, daß sie sichdurch die Einsprüche und Bedenken des Herrn Hofpredigers a. D.Stöcker nicht zu einer Verzögerung in der Stellungnahme gegenHerrn von Hammerstein hat bestimmen lassen. Wie es möglichwar, daß Herr Etöcker überhaupt noch für Herrn von Hanmwr-stein eintrat, obwohl ihm die auch am 18. Juni wiederholtzur Sprache gebrachten Beschuldigungen wegen des Ver-hältnisses desselben mit der Flora Gaß bekannt waren,ist unS rälhselhaft. Schon im Februar vorigen Jahresbat er, wie er selbst in der„Deutschen Evangelische»Kirchenzeitung"(Jahrgang 1894, Nr. 47) geschrieben hat,Gerüchte darüber gehört und dann sofort Aufklärung gefordert.„Aber auch da", sagt er,„war nicht hinter die Wahrheit zukommen, da alles schroff abgeleugnet wurde. Erst im Sommerhabe ich erfahren, daß Freiherr v. Hammerstein seine Schuld ein-ohne zu ahnen, daß eine Treppe höher schnell ein furcht-bares Unglück über sie kommen könne und sich eine Gerichts-szene abspielen würde. Was hatte sie alles seit dieser Zeiterfahren? Was konnte die nächste Stunde nochdazu bringen? Ihr Gatte, ihre Eltern todt, jaselbst ihr Verfolger und Peiniger Palavi— oder war ernicht todt— ein Schauder durchrieselte sie— hörte sienicht eben seinen Namen?„Signora Palavi erwartet Sie!"gellte es ihr nochmals in die Ohren, sie blickte auf, alswäre sie von einem beängstigenden Traume erwacht undbefreit; Pepo, der junge Italiener, stand vor ihr, seineMeldung zu Theodor von Rüxdorf nochmals wiederholend.Dieser, als wäre er ebenfalls abwesend mit seinen Ge-danken und Plänen gewesen, ermannte sich, bot Clotildenseinen Arm, indem er leise zum Aufbruche mit den Wortenmahnte!„Gehen wir". Clotilde nahm bereitwillig die ihrso willkommene Stütze an und schmiegte sich fest an deneinzig ihr gebliebenen, jetzt so lieb und werthen kräftigenBeschützer; und Freund. Erst schwankte sie und wollte ihnbereden, garnicht da hinauf zu gehen, wo doch nur Unheilsie und ihn erwarten könne, aber Theodor suchte ihrdiese Befürchtungen auszureden und gebot ihr,Muth zu fassen, ihrem Wahlspruche, stark zu sein,getreu zu bleiben. Das gab Clotilden ihre volle Fassungwieder. Sie folgten Pepo, dem Italiener, der ihnen dieThüre zu dem wohlbekannten Zimmer öffnete. Gleichdarauf kam ihnen eine Dame entgegen, die sich in geläufigdeutscher Sprache als Frau Apotheker Palavi vorstellte unddie Eintretenden bat, Platz zu nehmen.Clotilde erinnerte sich, diese Dame beim Tode Palavi'sin dessen Zimmer gesehen zu haben und jene Erinnerungen,wo sie noch an der Seite ihres Mannes Kranke besucht hatte,traten wieder lebhast vor ihre Seele, nicht ohne ein geheimesBangen zu erzeugen, das aber durch die gefällige feine Art,gestanden hatte." Ob letzteres vor oder nach dem 18. Juni war,können wir nicht sagen. Es thut dies übrigens auch weiternichts zur Sache. Jedenfalls waren die Beschuldigungen auchin diesem Stück gegen Freiherrn v. Hainmerstein am 18. Junischon so stark, daß gerade der einzige Geistliche, der im Elfer-ansschnß saß, schon allein mit Rücksicht aus diese Beschuldigungennicht für Herrn v. Hammerstein hätte eintreten dürfen. Zummindesten hätte er. wenn er sich nicht entschließen konnte,gegen Herrn v. Hammerstein zu reden und dem Antrage desterrn von Kröcher oder von Levetzow zuzustimmen, in dieserngelegenheit schweigen und sich nicht gegen diese Anträge er»klären müssen. Allerdings hat er(das Protokoll enthält nichtsdavon, wir haben es aber als selbstverständlich angenommen,und es ist uns auch bestätigt worden) das Verhältniß des Herrnvon Hammerstein zu Flora Gaß— für den Fall, daß es aufWahrheit beruhe— auch seinerseits auss allerschärsste ver-urtheilt. Aber er hat doch— in für uns unlösbarem Wider-spruch— trotz dieser und trotz der anderen BeschuldigungenHerrn von Hammerstein noch als Mitglied der konservativenFraktionen der Parlamente erhalten wollen zu einer Zeit, dadie Majorität des Elfer-Ausschusses die sofortige Entfernungdesselben aus der konservativen Partei schon für unbedingt nölhighielt."Anderes in der Broschüre—- die Brecher-Sache— istdaneben unwichtig.Gravirend sind diese Ausführungen sicher für HerrnStöcker. Sie haben aber doch den Beigeschmack, als er-greise die konservative Parteileitung die günstige Gelegen-heit, einen christlich- sozialen Sündenbock für ihre eigenenUnterlassungssünden zu schlachten.Ein Vorwurf trifft Herrn Stöcker sicher in SachenHammerstein. Aber dieser Vorwurf unterscheidet sich dochnur durch eine wenig dunklere Nüance von dem. das ausallen den konservativen Parteiführern lastet. Zu späthaben sie sammt und sonders den Hammerstein abzuschüttelnversucht; Herr Stöcker nur am allerspätesten.Aber daß diese Ordnungssäulen sich jetzt wieder denHammerstein an die Frack- resp. Talarschöße zu hängensuchen— denn Adolf wird sicher mit einem tu quoguoherauspoltern— das ist der Humor von der Geschichte.**Das Vorgehen der Konservativen gegen Stöcker hatübrigens schon in den eigenen Reihen eine Spaltung be-wirkt. Wie das„Volk" meldet, hat der konservativeBürgerverein„Friedrich- Wilhelm st adt"nach Anhörung seines Vorsitzenden Ehrecke am 26. März1896 einstimmig beschlossen, ans dem deutsch-konservativen Wahlverein auszuscheiden,„da er sich dem Vorgehen eines Theiles des Vorstandesdieses Vereins gegen den Hosprediger a. D. Herrn Stöckernicht anzuschließen vermag."Nebenbei ist diese Thatsache wieder ein interessanterBeweis für die Richtigkeit von Herrn Schönstedts Rechts-grundsatz:„Wenn zwei dasselbe thun, ist es nicht dasselbe."Ein sozialdemokratischer Verein sollte sich einmal unter-fangen, einem Wahlverein als Unterabtheilung beizutretenresp. aus ihm auszutreten.—z�olikificheBerlin, 27. März.Das Herrenhans setzte am Freitag die B e r a t h u n gdes Staatshaushalts-Etats fort. Die meistenEtats wurden ohne Debatte bewilligt, nur bei denjenigenEtats, bei denen ihre eigenen Interessen in Frage kommen,brachten die Junker, wohl weniger in der Hoffnung aufBerücksichtigung ihrer Wünsche, als weil sie ihrer altenGewohnheit nicht untreu werden wollten, die bekanntenKlagen vor. Der Hanptrnfer im Streit war auchheute wieder Graf Mirbach. Beim Etat derdirekten Steuern beschwerten sich die Agrarierhauptsächlich über die Veranlagung des Grundbesitzeszur Vermögenssteuer und über die Veranlagung zur Ein-kommensteuer auf dem platten Lande. Eine gelegentlicheBemerkung des Grafen K l e i st gab dem FinanzmiuisterGelegenheit, einige interessante Daten mitzutheilen. Dr.M i q u e l führte aus, daß der Staat das Recht der Be-anstandung der Deklarationen haben müsse: allein im Jahre1893 94 wären 70 pCt. aller Beanstandungen in Berlinbegründet gewesen. Da bisher bereits 2500 Unter-suchungen wegen wissentlich unrichtiger Deklaration vor-gekommen seien, so habe er keinen Grund, dieZügel in dieser Beziehung lockerer zu lassen. Einen treff-lichen Beweis für seine parlamentarischen Fähigkeiten lieferteheute Graf P ü ck l e r- B u r g h a u s, der die Nothlageder Landwirthschaft von den großen Kommunikationsmittelnherleitete, die seit 50 Jahren geschaffen seien. Vielleicht stelltder Herr Graf demnächst einen Antrag auf Abschaffung derEisenbahnen.— Beim M ü n z e t a t gab es insofern einekleine Ueberraschung, als Gras Mirbach erklärte, erwie die Dame sie empfing, verscheucht wurde. Man sah derletzteren ihre große Weltkenntniß und hohe Bildung ausall' den kleinen Bewegungen und Bemerkungen an, mitder sie austrat. Zur Heilung körperlicher Leiden war sieviel gereist, in Deutschland, Frankreich, längere Zeit inBädern gewesen und hatte endlich ihr GeburtslandEngland mit Italien wegen ihrer Verheirathung vertauscht,jetzt suchte sie in Baden- Baden Linderung für ihre Krank-heit. Die Wittwe Palavi, geborene Lady Sherman,die Schwester des Sir John Sherman war eine abgehärmte,schwächliche Gestalt, deren Körper der Auflösung enrgegen-Mgehen schien. Sie empfing das Paar mit überaus freudigenRienen und erklärte, daß sie viel früher schon Clotildenbenachrichtigt haben würde, wenn das Testament ihresBruders nicht besondere Vorschriften bestimmt hätte.Dieses Testament besage, Sir John Sherman habeeinst auf Drängen seiner Familie von der Ver-heirathung mit Georgine Boheimb zurücktreten müssen,weil dieselbe den Adel verloren hätte. Ihr BruderJohn habe versichert, alles zu unternehmen, wasGeorgiuen's Familie den Adel wieder bringen müsse, unddazu sein Vermögen von 10 000 Pfund ausgesetzt, welchesGeorginen gehören sollte, wenn sie neu geadelt würde.Damals wären ihres Bruders John Bemühungen rundwegabgelehnt worden, weil der regierende Herzog in jenes un-glückliche Duell verwickelt war. Derselbe hatte sich alsPrinz mit dem Lieutenant v. Boheimb, dem GroßvaterGeorgine's, einst gezankt, diesen gefordert und war vondiesem mit einer Armwunde abgeführt worden, was dieHofkamarilla sich nicht gefallen lassen konnte, sondern todt-schweigen mußte, und deshalb dem Lieutenant die Wahlzwischen lebenslänglicher Kasemattenstrafe oder Verbannungaus der Armee unter Verlust des Adels stellte.(Schluß folgt.)wolle trotz der günstigen Gelegenheit keine WährnngSredehalten. Aber auch die wenigen Ausführungen des Rednerswaren nach unserer Meinung überflüssig, da er nur all-gemeine Tiraden vorbrachte.— Beim E t a t d e r all-gemeinen Finanzverwaltung erläuterte de:Finanzminister Dr. Miquel unter einigen Sticheleien auf denvon der Budgetkommission des Reichstages angenommenenAntrag Dr. Lieber nochmals seinen Lieblingsplan einer Finanz-reform, die eine reinliche Scheidung zwischen Reich undEinzelstaaten ermögliche. Er stellte eine Vorlage behufsdauernder Schuldentilgung in Preußen durch Schaffungeines sogenannten Ausgleichsfonds in Aussicht. Die Be-rathung des Etats, die heute noch nicht beendet wurde, wirdam Sonnabend fortgesetzt. Außerdem stehen kleinere Vor-lagen auf der Tagesordnung.—Das Zeugnisszwangsverfahren gegen die„Saale-Zeitung" zeichnet sich durch besondere Eigenthümlichkeitenaus. Der Richter erklärte dem Redakteur Paulus: DerHerr Reichskanzler werde darüber zu bestimmen haben, obund wann die Haft in Anwendung kommen solle. Am21. sei dann dem Redakteur folgende amtliche Zuschrift zu-gegangen:In der Disziplinar-Untersuchungssache�wider einen noch un-bekannten Reichsbeamten wird Ihnen eröffnet, daß der Reicks-kanzler uns unterm 16. März 1896 ersucht hat, die gegen Siedurch diesseitigen Beschluß vom II. März 1896 angeordnete Haftzur Erzwingung Ihres Zeugnisses zu vollstrecken. Sie werdendeshalb aufgefordert, die Haft bis zum 23. März 1396 im hiesigenGerichtsgesängniß, Kleine Steinstraße 7/8, anzutreten,Halle a. S., den 19. Mär, 1396.Königliches Amtsgericht Vlll.gez. Wege.Wie die Verhängung der ZeugnißzwangShaft, steht auchdie Vollstreckung lediglich dem Richter zu, derReichskanzler hat dabei gar nichts zusagen.Eine zweite noch größere Eigenthümlichkeit deS Ver-fahrens ist, daß der Reichskanzler aar nicht zur Vornahmeder Disziplinaruntersuchung zuständig war, da derBeamte, der der„Saale-Zeitung" das Material geliefert,nicht Reichsbeamter, sondern Beamter eines kleinenBundesstaates sein soll. Wir begreifen deshalb garnicht, wieman den Redakteur Paulus noch weiter in Zwangshaftbelassen kann.—.„Die„Köln. Ztg." dementirt, daß gegen sie em Zeugmß-zwangsverfahren eingeleitet ist. Warum wird das Ver-fahren gegen die„Saale-Ztg." mit der vollen Strenge desGesetzes geführt und nicht gegen die„Köln. Ztg.", die dochweit mehr und weit wichtigere vorzeitige Veröffentlichungenauf ihrem Konto hat als die„Saale-Ztg."? Wohl des-halb, weil sie oft zu offiziösen Mittheilungen verwendetwurde. Auch hier wieder zweierlei Maß!Treffend sind die Bemerkungen der„Saale-Ztg.", diesie an die Feststellung des Thatbestandes anknüpft:„Fragt man sich nun, warum der Herr Reichskanzler dieganze Strenge des Gesetzes gegen die„Saale-Ztg." aufrufen zumüssen glaubt, so findet sich keine befriedigenve Antwort. DieMittheilungen aus dem Etat waren richtig. Daß irgendein Unglück dadurch angerichtet worden wäre, daß die-selben einige Wochen, bevor sie offiziell bekannt gegeben wurden.in der„Saale-Zeitung" erschienen, wird doch wohl niemandbehaupten wollen. Es ist ja kein Geheimniß. daß die Mi-nifterien selbst sehr häufig Nachrichten in dieoffiziösen Blätter lanciren, ja daß verschiedeneBlätter, z. B. die„Berl. Polit. Nachrichten", von diesen„vorzeitigen" Veröffentlichungen geradezu leben.Das bat der Herr Reichskanzler stets geduldet. Nie ist hierein Zeugnißzwangsverfahren eingeleitet wor-den, obwohl es oft sehr folgenschwere Mittheilungen waren.Warum nun so gegen die„Saale- Zeitung" bei einerso irrelevanten Sache?Wie vom praktischen Standpunkte«in nutz-loses, ist dieses Verfahren vom moralischenStandpunkte ein sehr bedenkliches. Würde die„Saale-Ztg." diesem Zwange nachgeben, so würde sie dadurchvielleicht einen Beamten, der diese MittheUungen damals ingutemGlauben gemacht hat— und er konnte es ja auch, daf»>keine Geheimnisse enthielten— in eine arg bedrängteLagebringen, ihm möglicherweise seine Existenzgefährden. Es wäre das ein schwerer Ver-trauensbruch, dessen sich die„Saale-Zeitung" nie schuldigmachen wird. Auch die Anwendung der äußersten gesetzlichenZwangsmittel, die der Gesetzgeber in dieser Weise sicher nichtbeabsichtigt halte, wird an diesem Entschlüsse nichts ändern."Herr von Stumm veröffentlicht im„Schleifstein"folgende Drohworte an Volk und Regierung im DeutschenReich:„Der Führer der freikonservativen Fraktion im Reichstagewird, falls die seit langem in sozialpolitischen Dingenan ausfallender Schwäche krankende Reichs-regierung nicht endlich, und zwar gerade in der Frage dergewerblichen Berufsvereine sich fest und zuverlässig erweist, ausdem Reichstage ausscheiden und der weiteren Ent-Wickelung der Dinge von Hause aus in Ruhe zuschauen."Das ist ja ein fürchterlicher Schlag für das DeutscheReich! Achilles zieht sich grollend in die Zelte zurück unddie Umsturzmänner, die er bisher allein in Schrankengehalten hat, werden nunmehr bald die Schiffe der Ordnungs-stützen bestürmen. Aber lange wird's nicht währen, dannruft die geängstigte Ordnungsschaar kniefällig ihren Heldenzurück. Wir freuen uns schon darauf, wenn er, ihremFlehen nachgebend, vom Walle des Halberges aus mit derKraft von tausend Stieren wieder seinen Schlachtruf durchdie deutschen Gauen gellen läßt!—Ein Helfershelfer des Peters hat sich als Eides«Helfer für den Mädchenhenker gemeldet— ein Freiherrvon Pechmann. Er wisse alles, was Peters gethan undsei sein Helfershelfer in Afrika gewesen.Herr von Pechmann war nämlich Beisitzer des ausdrei Kolonialbeamten gebildeten Peters'schen Schiedsgerichts,das am Kilimandscharo den Diener und die Freundin desPeters hängen ließ. Das erklärt völlig, daß Peters ihmebenso unschuldig erscheint, wie er selbst dastehen möchte.Aber der Pechniann— er wohnt in Lüneburg— wirdnun wohl m i t dem Peters zusammen sich über den Hänge-sport zu verantworten haben.—Ter österreichisch- ungarische Nusgleichsvertrag,der seit 1867 stets für 10 Jahre abgeschlossen wird, mußbis Ende dieses Jahres erneuert sein. Noch niemals stießendie Verhandlungen auf so große Schwierigkeiten wiediesmal. Bei den früheren Verhandlungen verstandendie Ungarn die Oesterreicher stets zu übertölpelnund denselben 7/io der Lasten zur Bestreitungder gemeinsamen Angelegenheiten, daS ist desBudgets der auswärtigen Angelegenheiten, des Kriegs-Ministeriums wie der Verwaltung von Bosnien und derHerzegowina zuzuweisen. Jetzt wollen die Oestmeichcr