Einzelbild herunterladen
 
1 Beilage zumVorwärts" Berliner Volksblatt. Kr. 8A. Mittnmch, den 8. April 1896. 13. Jahrg. GenrerNMznfts�Vongresse. Der erste Kongreß aller auf dem Boden der modernen Arbeiterbewegung stehenden Handlungsgehilfen und »Gehilfinnen Deutschlands   tagte am 5. und 6. April in Berlin   im Saale der Ressource, Stallschreiberstr. 43. Der Saal war mit rvthen Fahnen. Bannern ec. festlich geschmückt Auf dem Kongreß sind LS Delegirte, welche 30 Städte vertreten. erschienen. Aus Oesterreich   nahmen zwei Delegirte am Kongreß theil. Erster Tag. Sonntag, den 5. April. Nachdem Genosse Penn die Anwesenden begrüßt hatte, wurden in das Bureau gewählt: Lipinski-Leipzig  , 1. Vorsitzender, Schreyer- Königsberg, 2. Vorsitzender, Dornberger-Nürnberg, Schriftführer Ter Vorsitzende verliest sodann mehrere eingelaufene Telegramme und Begrüßungsschreiben. Nunmehr wird in die Tagesordnung eingetreten und bildet den ersten Punkt derselben, der Geschäftsbericht der Agitations- kommission, welchen Genosse Penn erstattet. Derselbe rekapitulirt in kurzem die Geschichte der Freien Vereinigung Berlins  , geht darauf ein, unter welchen Umständen die Agitationskommission gewählt und das Organder Handels- Angestellte" gegründet wurde. Es sei der Kommission gelungen, mehrere Vereinigungen in Deutschland   zu gründen und in verschiedenen Städten ist die Sache so weit gediehen, daß die Gründung von Vereinen in nächster Zeit zu erwarten ist. Tischler giebt hierauf den Kassenbericht der Kommission. Bedauerlich ist es, daß die Kom- Mission bisher nur mit geringen Beträgen zu thun hatte. Der Kongreß wird sich darüber schlüssig machen müssen, wie in Zu kunft die Gelder aufgebracht werde» sollen. Er schlägt vor, um regelmäßige Einnahmen zu erzielen, daß die Vertrauensmänner angehalten werden, bestimmte Beiträge an die Agitation� Kommission abzuführen. In der sich anschließenden Diskussion wird von den einzelnen Delegirten ein Bericht über die Lage der Gehilfenbewegung in den einzelnen Städten gegeben und Hiera» der Vorschlag Tlscher zum Antrag erhoben und angenommen Der Kongreß ertheilt dem Kassirer Tischler Decharge. Zum zweiten Punkt der TagesordnungDie Taktik" hat Josephsohn.Hamburg das Referat. Redner ist dagegen, daß man die Gehilfenvereine zu politischen Vereinen machen will Die Handlungsgehilsen sind eben aus anderem Holze geschnitzt wie die übrigen Arbeiter. Mit diesem Menschen- Material muß gerechnet werden. Es müssen unpolitische Standesvereine gegründet werden, die alle Handlungs- gehilfen in sich aufzunehmen in der Lage sind. Blum- Berlin   hat das Korreferat übernommen und wendet sich in scharfer Weise gegen die Ausführungen Josephsohn's. Von den Bertiner Kollegen ist Redner beauftragt, zu erklären, daß die Berliner   ihre Taktik, die sie seit Jahren schon befolgen, ent» schieden beibehalten werden. Die Freie Vereinigung zu Berlin  hat seit ihrem Bestehen immer nur darauf Gewicht gelegt, daß eine Besserung der Lage der Handlungsgehilfen nur im Anschluß an die allgemeine proletarische Arbeiterbewegung errungen werden kann. Redner wendet sich dann besonders gegen die Frankfurter  Delegirten, welche auf Unterschristen- Mandat nach hier gesandt wurden, um für unpolitische Standes- Vereine nach Art des Frankfurter Vereins Propaganda zu machen. Die Taktik, die die Berliner   verfolgen, ist denselben durch die Ver Hältnisse aufgezwungen worden, sie ist nicht von einzelnen Per- fönen gemacht worden. Die Handlungsgehilfen können auf rein gewerkschaftlichem Wege eine Verbesserung ihrer Lage nicht er- ringen; sie können nicht mit dem Mittel des Streiks oder Boykotts sich befassen. Die Handlungsgehilfen sind auf die Gesetzgebung angewiesen und darum müssen die Handlung� gehilfen sich mit der Gesetzgebung, mit der Politik beschäftigen Die einzige Partei, die stets und ständig und nur ganz allein die Forderungen der Gehilfen zu den ihrigen machte, war die sozialdemokratische Partei. Darum betrachtet die Freie Vereinigung Berlin als ihre Hauptaufgabe, der sozialdemokratischen Partei immer mehr und niehr Stimmen zuzuführen, damit immer mehr solche Abgeordnete in den Reichs- tag gewählt werden, die die Interessen aller Ausgebeuteten und so auch die Interessen der Handlungsgehilfen und-Gehilfinnen offen und ehrlich und mit der nöthigen Energie wahrzunehmen bestrebt sind. Redner ersucht daher, eine von ihm eingebrachte Resolution anzunehmen, welche den Anschluß der Handlungs- gehilfen an die Sozialdemokratie fordert. Da der Kongreß beschlossen hatte, den Punkt 4 der Tages- ordnungDie Presse  " hiermit zu verhandeln, so erhält das Wort hierzu der Redakteur Maaß. Redner geht auf die Verhältnisse der Presse näher ein und vertritt zugleich den von der Agitations- kommission gestellten Antrag, denHandels-Angestellten" obliga torisch einzuführen. Dr. Q u a r ck- Frankfurt a. M. wendet sich nunmehr gegen die Resolution Blum. Die Frankfurter   Delegirten sind mit dem ausdrücklichen Auftrage gewählt worden, sür die Taktik, die der Frankfurter Verein befolgt, einzutreten. Man darf die Handlungs­gehilfen nicht vor den Kopf stoßen, indem man ihnen sagt, daß sie Sozialdemokraten sein müsse», um in den Verein eintreten zu können. Der Frankfurter Verein will die Mitglieder allmälig zu Sozialdemokraten erziehen. Wenn auch zur Zeit nur zirka 40 Sozialdemokraten im Franksurter Verein sind, so haben diese doch schon sehr viel gutes geleistet. Genosse Liebknecht   hat selbst im sächsischen Landtage im Jahre 1880 einmal gesagt, daß es nöthig ist, daß Gewerkschaften gegründet werden, aber daß dieselben zu poli« tischen Organisationen nicht zu gebrauchen sein werden. Wir halten es auch für nöthig, daß die Handlungsgehilfen- Vereine Politik treiben, aber das braucht nicht Parteipolitik zu sein. Es ist nicht nöthig, daß der Handlungsgehilfe sich offen zur sozial- demokratischen Partei bekennt, wenn er dadurch Nachtheile zu befürchten hat. Der Handlungsgehilfe ist eben immer noch eher in der Lage, Prinzipal oder Agent zu werden, als der Industrie- arbeiter Fabrikant. Deswegen halten wir die Blum'sche Re- solution sür unannehmbar. Die Gehilfenvereine dürfen sich nicht auf diesen Standpunkt stellen, wenn sie nicht jeden Rückhalt bei den Gehilfen selbst verlieren wollen. Nach einer sehr lebhaften Diskussion, die sich bis um Vs3 Uhr hinzieht, und in der namentlich Engel-Wien, Schramm- Brünn, Preiß» Dresden  , Lipinski» Leipzig   und Daniel- Magve- bürg sür die Resolution Blum gesprochen haben, während die süddeutschen Genossen Jastrow-Mannheim  , Donneberger-Stutt« gart und Breitenbach- München   dagegen sprachen: gelangt folgende Resolution Blum in namentlicher Abstimmung zur Annahme: In der Erkenntniß, daß es die erste Pflicht jeder auf dem Boden der modernen Arbeiterbewegung stehenden Gewerkschaft ist, den Standesdünkel ihrer Mitglieder zu bekämpfen und die Solidarität aller Arbeiterkategorien zu fordern, in fernerer Er- kenntniß, daß nur mit Hilfe der Gesetzgebung eine Besserung der Lage der Handlungsgehilfen möglich ist und daß nur die sozial- demokratische Partei die Interessen der Handlungsgehilfen, wie aller Arbeiter vertritt, fordert der Kongreß die Delegirten aus, in ihren Vereinen dahin zu wirken. daß, wo es dem Gesetz nach möglich ist, offen der Anschluß an die allgemeine proletarische Arbeiterbewegung und an die Sozial- demokratie proklamirt wird, indem der Kongreß unpolitische Standesvereine als nicht aus dem Boden der allgemeinen Arbeiter- bewcgung stehend betrachtet und die auf dem Boden der modernen Arbeiterbewegung stehende Gehilfenschaft keine Veranlassung hat, Beziehungen mit diesen Standesvereinen, die eine Konzession an den Dünkel und Unverstand unserer Kollegen sind, zu unter- halten. Ferner gelangt der Antrag betreffs obligatorischer Einführung desHandels-Angestellten" zur Annahme. Der Kongreß beschließt noch, ein Begrüßungstelegramm dem österreichischen Parteitag zu Prag   und dem Lagerhaltertag in Leipzig   zu senden und wird sodann die weitere Berathung vertagt. Ueber de» schweizerischen Gewerkschaftskongreß, der am Ostersonntag in Zürich   abgehalten wurde, berichtet uns unser Züricher   Korrespondent: Der Gewerkschaftskongreß fand im Schwurgerichtssaale statt. Wo sonst derhohe Gerichtshof" sitzt, da nimmt auf den weichgepolsterten Sesseln das Bureau Platz, nachdem zuvor Genosse S e i d e l namens der Züricher organistrten Arbeiterschaft die Delegirten begrüßt hatte. Von Vertretungen sind anwesend die Genossen: Staats- a n w a l t Z g r a g g e n für die sozialdemokratischePartei, H u b er für die Züricher   Typographia und D e i s i n g e r für die General- kommission der Gewerkschaften Deutschlands  , der brüderliche Grüße überbringt und die schweizerischen Genossen zum Besuche des im Mai in Berlin   stattfindenden Gewerkschaftskongresses einladet Die Geschäfte wurden rasch, ohne schleppende Debatten erledigt. Ueber die Thätigkeit des Bundeskomitees referirte Märiens und über die Kassenführung die Geschäftsprüfungskommission. Eine etwas längere Diskussion wurde über die Frage geführt, ob der internationale Sozialistenkongreß in London  beschickt werden solle. Hierbei theilte Genosse Zgraggen mit, daß die schweizerische Sozialdemokratie vertreten werde durch den Veteranen der Partei, Genossen KarlBürkli in Zürich  , und ein Metallarbeiter machte die Mittheilung, daß sein Beruf in London  vertreten werde durch den Sekretär des internationalen Jnformationsbureaus der Metallarbeiter, Genossen Vogel- sanger in Winterthur  . Der Kongreß beschloß fast ein stimmig die Entsendung eines Delegirten nach London  , als welcher Genosse Seidel gewählt ist. Ebenso fast einstimmig wurde die Errichtung eines ständigen Sekretariats be- schloffen und soll der Sekretär, welcher der deutschen   und fran- zösischen Sprache mächtig sein muß, auf den 1. Ja nuar 1807 gewählt werden. Als Vorort wurde trotz ablehnender Erklärung der Züricher   Genoffen Zürich   wieder- gewählt, nachdem die Vertreter von Bern   und Winterthur   die Uebernahme des Vorortes abgelehnt hatten. Einer Reihe von Städten wird das Recht eingeräumt, je einen Vertreter zur Er- Weiterung des Bundeskomitecs zu wählen und zwar Bern  , Winterthur  , Schaffhausen  , St. Gallen  , Chur  , Basel  , Aarau  , Luzern  , Biel  , Genf  , Lausanne   und Chaux-de-fonds. Redaktions kommission für dieArbeiterstimme" wird nach St. Gallen ver- legt. Für den ständigen Sekretär ivird ein Jahresgehalt von 24003000 Franks festgesetzt. In der Nachmittagssitzung theilte Präsident Kerl mit, daß 18ö Delegirte aus 142 Sektionen und 11 Zentral- verbänden anwesend seien. Genosse Lang referirte sodann kurz über den Stand des Projektes des sozialdemokratischen Tage- blattes. Nach seiner Meinung sollte mit dessen Herausgabe nicht früher begonnen werden, bis 20000 bis 30 000 Fr. beisammen sind, was vielleicht bis Ende dieses Jahres oder Ostern 1807 der Fall sein wird. Im Anschlüsse an das Referat wird längere Zeit darüber debattirt, ob dieArbeiterstimme" nach Herausgabe des sozialdemokratischen Tageblattes weiter erscheinen soll, und dann beschloffen, zu diesem Zeitpunkt dieArbeiterstimme" in ein wirklich gewerkschaftliches Blatt umzuwandeln, das sich auch mit den politischen Fragen beschäftigen soll, die eng mit der Gewerkschaftsbewegung zusammenhängen. Sie soll dann wöchentlich einmal erscheinen. Mit der sozialdemokratischen Partei soll in Unterhandlung getreten werden zum Zwecke ihres Verzichtes aus das Miteigenthümerrecht an derArbeiterstimme". Ein Antrag der Arbeiter der eidgen. Waffenfabrik in Bern  , bei den Bundesbehörde» darauf hinzuwirken, daß sie ihre Arbeiten in den eidgen. Regiewerkstätten ausführen lassen sollen, statt sie den Privatgeschästen zu überweisen wird dem Bundeskomitee zur weiteren Verfolgung überwiesen; desgleichen ein Antrag der Müller. darauf hinzuwirken, daß alle Mehl- und Reismühle», die mehr als einen Arbeiter beschäftige», unter das eidgenössische Fabrikgesetz gestellt werde». Ferner wird beschloffen, daß das Bundeskomitee Mittel und Wege suchen soll, gegen Tabakfabriken den Boykott zu organisiren, die die Rechte der Arbeiter mit Füßen treten. Ein Antrag des Schneider- Verbandes auf Nichtaufnahme von Schundinseraten in dieArbeiter- stimme" führt zu dem Beschlüsse, Inserate nicht aufzunehme», wenn in den betreffenden Geschäften nachgewiesenermaßen schlechte Arbeitsverhältnisse bestehen. Einstimmige Annahme fand folgende vom Genossen Märiens gestellte Resolution:Es wird das Bundeskomitee eingeladen, sich mit dem Bundesvorstände des schweizerischen Arbeiterbnndes in Verbindung zu setzen, damit das Arbeitersekretariat beauftragt werde, über die Lage der Arbeiter und Arbeiterinnen in der Konfektionsbranche eine Enquete zu veranstalten, um auf Grundlage derselben in möglichst kurzer Zeit die Gesetzgebungs-Behörden zu strengen Maßnahmen wider die sittlichen und wirthschaftlichen Auswüchse dieser Industrie zu veranlassen." Auf Antrag des Metallarbeiter- Verbandes wird beschlossen, auf die Einführung des Zehnstunden- tages im Fabrikgesetz auf dem Wege der Revision dieses Gesetzes hinzuwirke». Mit einem kurzen Schlußwort des Präsidenten Kerl und dreifachem Hoch aus die internationale Sozialdemokratie wurde der Kongreß abends K Uhr beendet. Lokales. An die Parteigenosse» von Moabit  ! Wir machen darauf aufmerksam, daß vom heutigen Tage ab die Parteispedition vor- läufig auf den Genoffen Albert Weise, Rostockerstr. 52, übertragen ist. Wir bitten an den bisherigen Spediteur Otto �empel, Lübeckerstr. 16, Gelder nicht mehr abzuliefern und blos olche Quittungen anzuerkennen, die vom Genossen Albert Weise. Rostockerstr. 52, unterzeichnet sind. Eine Klarstellung der Verhältniffe in der Parteispedition in Moabit  , sowie die definitive Wahl des neuen Spediteurs erfolgt in der Parleiversammlung, die Donnerstag Abend Uhr in der Kronenbrauerei, Alt-Moabit 47/40, stattfindet. Berlin  , 7. April. Der Vertrauensmann: Klose. Ueber die Reinlichkeit in den Schulen hat Dr. T h. W e y l in seinem in der letzten Sitzung derDeutschen Gesell- chaft für volksthümliche Naturkunde" gehaltenen Vortrage(vgl. den Bericht in Nr. 76,Wie erhalten wir die Schuljugend gesund?") mit bezug auf die deutschen   und speziell die Berliner   Verhältnisse wieder ein sehr herbes Urtheil allen müssen. Ani schlechtesten kamen dabei, wie sich denken läßt, die Volksschulen weg, obenan die Berliner   G e- meindeschulen. Sie stehen im Punkte der Reinlichkeit, und noch in manchem andere», weit hinter den englischen peziell den Londoner   Volksschulen zurück, über die vor einigen Monaten in derDeutschen Gesell- schaft sür öffentliche Gesundheitspflege" Dr. K o h l m a n n aus Hamburg   in feinem VortrageSchulhygiene in England" berichtete. Das englische Schulkind ist nicht nur an reinere Luft gewöhnt, sondern es wird ihm auch größere Reinlichkeit des Leibes und der Kleidung anerzogen. Die Londoner   Volksschulen besitzen Badevorrichtungen zwar auch nur ausnahmsweise, dafür ist aber in jeder derselben ein großer Waschraum mit einer großen Zahl von Waschbecken vorhanden. Sobald die Kinder die Schule betreten, begeben sie sich zuerst in diesen Raum, um sich sofort Gesicht und Hände zu waschen. Dasselbe geschieht regelmäßig nach gewissen Lehrstunden, z. B. nach dem Unter- richt in Handarbeiten. Neben jeder Waschschüssel hängt ein Handtuch; außerdem liegt für jedes Kind ein numerirter Kamm bereit. Selbst zu Ausspülungen des Mundes und Reinigung der Zähne werden die Kinder in der Schule angehalten. Durch Reinlichkeit zeichnen sich auch die Schul- zimmer aus. Der Fußboden ist meist hartes, geöltes Holz auf Betonunterlage. Die Wände sind bis 1,20 Meter Höhe mit glasirten Fliesen bedeckt, weiterhinauf mit Oelfarbe gestrichen. Tische und Bänke sind so eingerichtet, daß sie die Reinigung er- leichtern. Man darf allerdings vermuthen, daß auch in London  i» den Volksschulen nicht alles so vollkommen sein wird, wie in den höheren Schulen. Trotzdem können die Londoner   Volks- schulen, wie man sieht, den Berliner   Gemeindeschulen, von denen Dr. Weyl sagte, daß sie die Kinder geradezu an Unsauberkeit gewöhnen, als Muster dienen. Von den in Berliner   Schulen be- stehenden äußerst primitiven Waschvorrichtungen sagte Weyl, daß man den Kindern rathen möchte, sie lieber nicht zu benutzen.' Von der Serumbehandlnng im Kaiser und Kaiserin Friedrich-Kinder-Krankeuhause. Aus dem fünften Jahresbericht dieses Instituts ist zu entnehmen, daß 1395 im ganzen 11 480 Kinder behandelt worden sind, davon stationär 2640, von denen 443 gleich 16,7 pCt. starben. Die glücklichsten Erfolge hatte das Krankenhaus infolge der allgemein durchgeführten Serum- behandlung bei der Diphtherie aufzuweisen. Während die Diphtherie  -Sterblichkeit in den ersten drei Jahren des Be- stehens des Hauses durchschuittlich 37,63 pCt. betrug, sank sie 1804 auf 27,3 pCt. und betrug im letzten Jahre bei 538 Fällen nur noch 11,2 pCt. Außer den in der Anstalt behandelten Kranken wurden noch 460 Kinder zum Zwecke der Jmmunisirung mit Heilserum geimpft, von diesen erkrankten zwar nachträglich achtzehn, jedoch meist leicht, und keines dieser Erkrankten ist gestorben. Viel ungünstiger stellten sich die Erfolge bei»» Scharlach  . Im Laufe des Jahres wurden 306 Scharlach- kranke aufgenommen, gegen 177 im Vorjahre. Davon sind 25,1 pCt. gestorben. Das dem Krankenhause aus Paris   bereit- willigst unentgeltlich zur Verfügung gestellte Scharlach-Serum, das Dr. Marmorek'sche Antistraytococcen-Serum, hat sich bisher noch nicht bewährt, es sind sogar völlige Fehlschläge nicht aus» geblieben. Die 7. städtische(früher Louisenstädtische) Fort- bildungsschulc für Mädchen, welche seit 14 Jahren für Weiter- bildung und Erwerbsfähigkeit der weiblichen Jugend arbeitet, beginnt ihr Sommersemester am 12. April er. Die Unter- richtsfächer sind: Deutsch  (Rechischreibung, Briefstil, Aufsatz, Lektüre), Schönschreiben, kaufmännisches Rechnen, ein» fache und doppelte Buchführung, gewerbliches Zeichnen, Gesang, Turnen, alle Arten weiblicher Ha n d- arbeiten, wie Hand- und Maschinennähen, Wäsche- zuschneiden, Stopfen, Ausbessern, Weiß-, Bunt-, Platt- und Kunststickerei, Plätten, Schneidern und P u tz m a ch e n. Außerdem wird Französisch und Englisch   für den mündlichen und schriftlichen Gebrauch gelehrt, auch die Steno- g r a p h i e nach Stolze und Uebung im Gebrauch bewährter Schreibmaschinen erworben. Das Schulgeld beträgt monatlich 50 Pf. resp. 1 M. Anmeldungen neuer Schülerinnen Nachmittag von 6 Uhr ab im Amtszimmer der 42. Gemeinde-Schule. Naunynstr. 63, nahe der Adalbertstraße, beim Rektor Zander. Der Gewerbesaal, Abth. 6, und die Tischlerschule. Abth. 5. beginnen am 12. April d. I. in den Räumen der 151. Gemeinde- schule, Reichenbergerstraße 131/132, den Unterricht sür das Sommer-Semester. Maschinenbauer, Präzisions- und Elektro- Mechaniker, Kunst- und Bauschlossor, sowie Angehörige ver- wandter Gewerbe können sich hier im Fachzeichnen. Entwerfen und Projizieren ausbilden. Die Tischler werden im Freihand- zeichnen, Projektionszeichnen, Gipszeichnen, in Holzverbindnngs- und Formenlehre, im Fachzeichnen für Tischler und Drechsler unterrichtet. Die Unterrichtszeit fällt auf die Abende der Wochen- tage und den Sonntag Vormittag. Anmeldungen für Gewerbe- saal und Tischlerschule nimmt der Rektor Schünemann wochen- täglich von 73 Uhr abends und Sonntags von 910 Uhr vor- mittags im Amtszimmer der 151. Gemeindeschule, Reichcnberger- straße 131/132, entgegen. Der Botanische Garten ist in diesem Sommer wieder an jedem zweiten Sonntag der Monate April bis September nach- mittags von 27 Uhr geöffnet. Die an diesem Tage zu be- sichtigenden Gewächshäuser und andere gesperrten Anlagen werden durch Anschlag am Eingang des Gartens bekannt gemacht. Im April sind Montags und Donnerstags einer jeden Woche das Kamelicnhaus, das sich daran anschließende Gewächshaus sür tropische Nutzpflanzen und ein Kalthaus mit neuholländischen und Kap-Pflanzen von 47 Uhr nachmittags zu besichtigen. I» der Angelegenheit des Botanische« GartenS   er- klärte Oberbürgermeister Zelle einer Deputation von Anwohnern, die Absicht des Finanzministers, den Botanischen Garten der Bebauung zu überliefern, sei schon deshalb unausführbar, weil die Stadt Berlin   wegen des derselben gehörenden an der Pallas- straße liegenden Terrains, der sogenannten Maske, die Fest- setzung von Baufluchtlinien wie überhaupt die Durchlegung von Straßen nie und nimmer genehmigen würde. Durch Selbstmord endeten, wie dieN. A. Ztg." meldet. im Jahre 1895 in Berlin   457, in Charlottenburg   40, zusammen also 497 Personen, davon 363 männlichen und 129 weiblichen Geschlechts. Im Vergleich zum Jahre 1394 weist die Gesammt- zahl ein Weniger von 54 auf. Was die Todesart betrifft, so wurde von den Lebensmüden im Verhältniß am ineisten der Tod durch Erhängen gesucht und zwar in 196 Fällen; die nächst- größte Zahl ist die der Selbstmörder durch Schußwaffen, nämlich 92. Fast eben so viel, nämlich 91, suchten den Tod im Wasser. 52 tödteten sich durch Sturz aus dem Fenster. 50 endeten ihr Leben durch Gift. 11 brachten sich tödtliche Verletzungen mit dem Messer bei, und 5 wählten den Tod durch Einathmen von Leuchtgas.   Selbstmordversuche, die den Tod nicht zur Folge hatten, begingen 229 Personen, darunter 134 männliche und 95 weibliche. Von diesen versuchte beinahe die Hälfte sich zu ertränken. Zum Falle Friedmann wird derVoss. Ztg." aus P a r i s berichtet: In Angelegenheit der von der deutschen   Regierung be- antragten Auslieferung des Dr. Fritz Friedmann   hat der Ver- treter Friedmanu's Rechtsanwalt Laine in seinem Schriftsatz an den französischen   Justizminister darzuthun versucht, daß die deutsche Reichsregierung Friedmanu's Auslieferung lediglich wegen seiner vorbereiteten Flugschrift über den Fall Kotz-