Nr. 30A» 4?. Jahrgang Vonnerstag, 3. Juli 1930
Drei Verleumder unter Anklage. Alle Beschuldigungen gegen Brolat zusammengebrochen.
Oer grotze Veleidigllugsprozetz. de» der virekior der Berliner Berkehrsgesellschasl. Vrolat. gegen die veranlworllichea Redakteure der«Roten Fahne". Hirsch. J 1 1 1 und Frau A l t m a u u angestrengt hat. ist gestern noch nicht beendet worden. Rachdem die Beweisaufnahme beendet war. erklärte» sich sowohl der Verteidiger der Angeklagten, Rechtsanwalt Apsel, als auch Frau Altmann gesundheitlich außerstande, die Verhandlungen fortzusetzen, so daß der vor. sitzende die Plädoyers and die Urteilsverkündung aus henke um 15 Uhr sestjehea mußte. Wie auch das Urteil ausfallen wird, somet kann nach der viel- stündigen Beweisaufnahme mit aller Bestimmtheit festgestellt werden, daß die Angriffe der„Roten Fahne", die auf Geheiß der Kommunistischen Partei in Brokat die Sozialdemokratische Partei treffen sollten, in nichts zusammengesunken sind. Alle Belaswngs- zeugen, die Jiie Angeklagten aufmarschieren ließen, versagten kläglich In drei große Komplexe hatte der Dorsitzcnde die zu behandelnden Fragen geteilt: in das Verhältnis Brokats zu den Sklareks, in feine Geschäftsführung bei der Bertiner Brennstoffgefellschaft und m seine Tätigkeit als Direktor der BVG. Die schweren Beschuldigungen, die die„Rote Fahne" in bezug auf die Tätigkeit Brokats als Dreher bei der früheren Rieb« A.» G. in Weißensec erhoben hatte, wollte der Vorstßende nach der Belxmd&rng der änderen Fragen als für Brolat belanglos ausscheiden: aber der Rechtsbaistand Dr. Klee drang mit aller Energie auf die Anhörung der Zeugen. Dr. Klee betonte mit aller Entschiedenheit, daß er die feste Absicht habe, auf seinem Klienten auch nicht den Schatten einer Schuld sitzen zu lassen. Der Zeuge Pfaffenschlöger erklärte denn mich mit aller Bc- siimmtheit, daß alle von der„Roten Fahne" aufgestellten Beschul- digungen gegen Vrolat in dem Kamps der politisch oerschieden ge- sinnten Arbeiter von Riebe untereinander in der Zeit der Revolution ihre Erklärung finden. Wie sahen die Belastungszeugen der„Roten Fahne" aus und was hatten sie zu sagen? Da war von der„Roten Fahne" be- I' uptet worden, Brolat habe bei den Kohlenliesermigen der BVG. mit falschen Wiegekarten und falschen Stempeln nearbeitet. Minder wert' qe Kohle sei �«n städtischen Anstalten als llualitätskohle geliefert worden, Vrolat hätic Bilanzen fälschen lassen und andere Dinge weh». Richt einer von den vernommenen Zeugen konnte irgendetwas positives dazu angebe». Ja, smem kommunistischen Chauffeur aus der BVG., der«ich gestern als Belastungszeuge austreten wollte, konnte bewiesen werden, daß er, im Betriebe vom Betriebsrat und dem Platz- vermalter über seine Verdächtigungen zur Rede gestellt, weinend zu. gegsben hat, daß er nichts weiß, sondern daß er allgemeines Ge- wasch.n oerleumdorischer Absicht weiteres tragen hatte. Und so wie de? Charakter dieses Mamws zu bewerten ist, sind auch die sitt- lichen Qualitäten eines entlassenen Angestellten einzuschätzen, der von der DBG. und von Brolat persönllch in den allerpersönlichsten Angelegenheiten Rat und finanzielle Unterstützung erhielt, der trotz mangelhafter Leistungen sahrelong im Betriebe gehalten wurde, weit man auf seine Verhältnisse Rücksicht nahm. Dieser Mann, dem bei feinem Abgang alle Schulden von der BBG. bezahlt wurden, und der noch eine nette Abfindungssumme dazu erhielt, dieser Mann war«rch als Kronzeuge für die„Rote Fahne" qualifiziert. Gestern in der Verhandlung mußte er ktan beigeben: am Ende bekannte er sich sogar zu einem Dankschreiben, das er der BBG. kurz nach sc ncm Abgang geschrieben hatte. Für die Behauptung, daß Brolat 400 000 M. städtische Gelder unrechtmäßig in der Kasse der BVG. behalten hält«, sollte der Zeuge den Beweis antreten. Wie aber Bürgermeister Scholz mitteilte, er- klärt sich die Sache mit dieser hohen Sununc so, daß die BBG. für die Belieferung der Wohliohrtsempfänger Vorschüsse von der Stadt erhielt, die erst nach Ablauf des Winters, manchmal auch noch später, verrechnet wurden. Das wurde jahrelang so gehairdhabt, keine
städtische Dienststelle, auch die Oberprüfstelle, fand etwas dabei und Vrolat konnte mit Zustimmung des Bürgermeisters feststellen, daß er für die Verrechnung der Wohlfahrtelieferungen, also«ich für die Verwaltung des städtischer. Vorschüsse?, Angestellte bereitstellen und bezahlen mußte. Er hat also lediglich städtisches Geld oerwaltet. Die Vrozeßsührung durch den kommunistischen Anwalt war alles, nur nicht linienklar. So bezeichnete Rechtsanwalt Apfel ein- inal die Schaffung des Erholungsheimes für die Arbeiter der BBG. als eine Verschleierung der hohen Gewinne der Gescvschafi, das andere Mal weinte er, die 400000 Mark seien einbehalten worden, um möglichst hohe Gewinne zu erzielen! Der Rechtsbeistand Brolats kanMe denn auch die merkwürdige Einstellung der Angeklagten gegen das den Arbeitern und Angestellten der BBG. zugute kommende Wochenend- und Ferienheim festnageln. hier sei van dem sozial denkenden Geschäsisführer der BBG. wirklich etwas im Interesse der Arbeiter geschaffen worden. aber aus rein politischen Motiven heraus werde er deswegen von der„Roten Fahne" angegriffen. Der Betriebsratsoorsitzende der Brennstosfgesellschaft, Zeuge Ä o r ch a r d t, bestätigte ebenfalls, nie etwas über Schiebungen bei Kohlenlieferungen gehört zu haben. Als der Skandal gegen Brolat in der„Raten Fahne tobte, haben sich zwei Bctriebsoerjammlunacn. die von 250 und von-500 Ar» heitern und Angestellten bchuchi waren, mit der Angelegenheit he- lchöiiigt, aber trotz ausdrücklicher Fragestellung habe sich niemand. auch die jetzt austretenden Belastungszeugen nickst, gemeldet, der die Beschuldigungen der„Roten Fahne" bestätigt hätte. Das Verhalten Brolats, jsinc Fürsorge für die Arbeiter und Angestellten, sei von großem, sozialem Empfinden getragen gewesen— er Hab« sich eben in jeder Beziehung so gezeigt, wie man es von einem Mann stiuer politischen Ueberzcugung und seiner Vergangenheit in der Arbeiterbewegung verlangen konnte. Was die kommunistische» Angeklagten mit der Ladung des Ber liner Parteworsigenden Franz.Künstler gegen Brolat bezweckten.
war von vornherein unverständlich. Künstler sagte ans: Ts ist nicht wahr, daß Brolat einen PaNeluntersuchuitgsausschuß belogen hat, hier müssen die Spitzel der kipD. falsch berichtet haben. Auf Spitzelberichten beruht auch die Behauptung, daß Brolat wegen seines Verhältnisses zu Sklareks nicht als Stadtverordneter kandidie- rcn durste. Die Partei hat vielmehr ganz allgemein den Grundsatz aufgestellt, daß die im Verwaltungsdienst und in der Leitung städtischer Betriebe beschäftigten Parieimitglieder möglichst nicht Abgeordnete werden sollen und nach diesem Grundsatz handelnd, hat Brolat dann auch seine ansangs vom Kreis Wedding aufgestellte Kandidatur zurückgezogen. Vor dem sozialdemokratischen Untersuchungsausschuß habe Brolat immer die Wahrheit gesagt. Man habe se allerdings mit Freuden begrüßt, ja sogar gewünscht, daß Brolat gegen das Kommuntsteublatt mit einer Klage vorging, um vor einem Gericht isststellen zu lassen, mos von den Beschuldigungen zu halten sei. Der Grundsatz der Partei, niemanden die Treue zu brechen, eh« nicht in einem ordentlichen Versahreu seine Schuld bewiesen ist. sei immer noch der einzig richtige. Auf die Beschuldigungen der„Roten Fahne" und der Komum. »istischen parket und ihrer Spitzel hin wird aus der Sozial- demokratischen Partei allerdings niemand ausgeschlossen.» Künstler verlas dann ein« Stelle aus dem Tätigkeitsbericht der Kommunistischen Partei, in dem es heißt: „Zweifellos wurden von uns Fehler gemacht, daß wir den Sklarekfkandal zu sehr in den Vordergrund stellten." Das fei eigentlich Beweis genug, schloß Künstler, daß die Angeklagten im Unrecht sind. Es war für den Ausgang des Pro- zesses nicht von Belang, daß Stadtrat T r e i t e l, der frühere Aussichtsratsvorsitzende der BBG.. die Geschästssühruna als völlig einwandfrei bezeichnete. Auch Abteilungsvorsteher cheidenreich von der Berkehrsgejellschast konnte nur feststellen, daß alle Arbeiter- fragen, insbesondere Entlassungen und Lohnerhöhungen, von Brolat stets im Sinne der Arbeiterschaft geregelt wurden. Von einer„Ansbeuicrei oder Scharfmachcrei" zu reden, fei blanker Unsinn. Es seien ebenso gewerffchaftlich Organisierte wie auch
kommunistisch Unorganisierte entlassen worden; von einer unten» schiedlichen Behandlung nach der Parteizugehörigkeit ist dem Zeuge» nie etwas bekanntgeworden. So blieb von allen Beschimpfungen und Beschuldigungen der „Roten Fahne" nichts übrig als di« deutlich erkennbare Absicht, einen politischen Gegner mit allen Mitteln der Revoloerjournalisiir unmöglich zu machen, ihm die persönliche Ehre zu nehmen und ih» aus dem öffentlichen Leben zu verdrängen.
Montag gehts um Berlins Etat. Dann folgen die Besprechungen mit dem Oberpräsidinm. wie wir aus Sreifen des Berliner Magistrat» hören, sind die alarmlereuden Rachrichlan einiger Berliner Blätter über die direkten Folgen der Ablehnung des Etats durch die Stadtverordnetenversammlung unbegründet. Die gestrige Magistralssitzuug faßte keinerlei Beschlüsse und diente nur vorbereitenden Arbeite». Wcilerhiu ist nicht anzunehmen, daß der Stellvertreter de» Ober- Präsidenten bereit» in dieser Woche die Steuern de» Berliner » be- stimmt. Von der Einsetzung eine» Staatskommissars tan» auch verwaltunosrechtlich keine Rede sein. Der Magistrat hat in seiner gestrigen Sitzung beschlossen, am Montag, dem 7. Iull. in außerordentlicher Sitzung die endgültig Festsetzung des Haushaltsplan» zu beraten. In dieser Sitzung sollen auch sämtliche Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung durch- geprüft werden. Dann wird der Etat dem Oberprästdium vor- gelegt werden. Zur Besprechung der damit zusammenhängenden Fragen hat Bürgermeister Schot tz gestern einzig mit dem Zwecke einer vorläufigen llnterrichtung den Stellvertreter des Oberpräfi- denken aufgesucht. Durch eine R u n dv er s ü gu n g an die Bezirksämter und an sämtliche städtische Verwaltungsbehörden hat der Magistrat bestimmt, daß, da der-von der Stadtverordnetenversammlung vor einiger Zeit beschlossene Notetat nur bis zum 20. Juni Gültigkeil hatte, dos ElatzwAftel für den Monat Juli freigegeben wird. Es können also von den städtischen Behörden die für Juli 1930 vor- gesehenen Beträge des neuen Etats und, soweit es sich um Sonder- ausgaben handelt, die im Juli fällig sind, auch darüber hinaus- gehende Summen verwandt werden. E» entsteht also vorläusig keine Schwierigkeit in der Finanzlage Berlins , da die laufenden Ein,- nahmen der Stadt durch die Tienstagbeschllissc der Stadtverordneten. nicht berührt werden. Zudem sind nach dem Äommunalabgabem- gesetz bis zur endgültigen Beschlußfassung durch die Gemeinde oder die Festsetzung durch die Aussichtsbehörden Zuschläge und Steuersätze! des Vorjahres weiter zu erheben. An eine Auflösung der Stadtverordneten»« r« sammlung wird um so weniger gedacht, als fa bei Echaffunz eine» Gesetzes Über Groß-Bertin doch sehr bald Neuwahl«», not» »»endig wären. Benzotexplosion in Drogerie.. Eine Frau schwer verletzt. Gesten» nachmikkag ereignete sich in der Drogerle von Oiservsti am Wetdeuweg 28 eine folgenschwere Eplosiou von Veuzoldämpfen. Eine Frau Slahm. die in der Rdchdar- schaft wohnt, wurde durch die Feuerwehr schwer verletzt ivs Krankenhaus gebracht. Nach den bisherigen polizeilichen Ermittelungen soll Frau K. den stark b�schnwtzten Fußboden hinter dem Laden mit Benzol aufgewischt haben. Hierbei entwickelten sich gefährliche Benzol- dämpfe, die offenbar durch eine offene Flamme zur Explosion ge- bracht wurden. Frau K.»mrrde von der Stichflamme erfaßt und erlitt am ganzen Körper schwere Brand- Verletzungen. Die Einrichtung wurde durch den Luftdruck Schwer beschädigt und mehrere Scheiben zertrümmert. Die alarmierte Feuerwehr löschte den Brand in kurzer Zeit.
SJNCIAIR LEWIS
* ROMAN
0'eberseiri tob Cl. Meitner.— Meyer& Jessen, Vertrieb. MnnAen. Er verwandelt herrliche Täler in Turkenfclder. Er treibt Männer, die er nie gesehen hat, in den entlegensten Fabriken zusammen, wo sie im Schweiße ihres Angesichts unnütze Waren herstellen, die in Wirklichkeit nie in die Büros gelangen, die dieser selbe Kosmos aber doch an die Heiden auf den Salomonsinseln verkauft, im Austausch gegen Waren. deren Namen man in den Büros nlcht einmal kennt; und um dieses Wunder der Transsubstantiation zu bewirken, zwingt er Stenotypistinnen, so fleißig zu arbeiten, daß taufrische Mäd- che» verbisiene alte Jungfern werden, ehe ste entdecken, was Leben heißt..... Den Sinn all dessen vermag niemand, der wirküch mitten darin steht, anzugeben, mit Ausnahme der Chefs, die daran glauben, daß diese helligen Niten, geisttötende Briefe abzu- fassen und sie dann feierlichst einzuordnen, eingehalten werden müssen, damit sie— die Herren— sich große Automobile an- schaffen können, in denen spaziereirzusahreu es ihnen an Zeil mangelt. Zweckmäßig zu produzieren haben ne golernt; zweck- mäßig zr-�eben, halten sie immer noch für eine verweichlichende Liebhaberei._ Eine sinnlose Welt, die Vogelsang und siillon Dammer- schein und goldene Mittagssonne dem Verkaufen von Alt- Material opfert... und doch beherrscht sie uns. und auch in chr regt sich lebendiges Leben. Das Büro ist erfüllt von den Erregungen der Liebe, des Neides und des Ehrgeizes. Die Lust in den Durchgängen zwischen den«xhrelbttschen flimmert ebenso unabläsiig von heimlicher NomanNk, wie em Schützengraben im Krieg oder eine. grüne Wiese in der.stör- mandie. Z. Der erste Eindruck, den Una von der„Auto- und Benzin- Woche" hatte, war der einer erdrückenden Menge von Schreib-
tischen, Briefmoppen und Büchern und einer verwirrenden, neugierig spähenden Menge fremder Leute, unter denen nur zwei zuverlässige, bekannte Gesichter waren: Fräulein Moynihan, das gutmütige, beruhigend aussehende Mädchen, das sie von der Händelsschule her kannte, und Herr S. Her- bert Roß. der Reklamechef, der sie engagiert hatte. Herr Roß war ein Poet des Gefchästslebens; ein dicker, nervöser kleiner Mann, das Haar in die Stirn? gekämmt und kurz geschnitten; er trug stets eine schwarze Maschenkrawatte und schwarze Anzüge, die an die Röcke der Geistlichen erinnerten. Er hatte Una vergnügt angeblinzelt, sie gefragt, wie grüne und rote Plakate auf sie wirkten und ihr ein von ihm verfaßtes Bsichlein geschenkt, das in großen-, tiefschwarzen Lettern zwei Geschichten aus der Jugend Carnegies enthielt und dringend zu Fleiß, Handelsschulen und kostspieliger Reklame riet. Am Tage, da Una ihren Posten als Kopistin antrat, übergab sie Herr S. Herbert Roß dem Bürochef und kümmerte sich dann nicht mehr um sie, aber so oft sie ihn in wichtigen Konserenzen mit Redakteuren und Leuten, d'e Inserate bestellten, beisammen sah, fühlte Una mit«stolz, daß sie chn kenne. In der Handelsschule war sie daran gewöhnt-worden, mit einer Anzahl von Leuten zusammenzuarbeiten, so wie sie es nun im Büro zu tun hatte; aber der Ernst und die wilde Unablässigkeit der Plackerei im Büro waren doch etwas ganz anderes. Da gab es kein Zlussetzen: sie konnte sich nicht, wie in der Schule, ein oder zwei Tage lang drücken. Sie stand allein; ließe sie sich je etwa? zuschulden kommen, würde sie zermalmt werden. Niemand hatte ein persönliches Interesse an ihr, niemand, außer ihrer Schulkollegin Fräulein Moynihan, die ihr zulächelte und mit ihr zum Mittagessen ging. Die beiden wagten nicht, mit den anderen neugierigen Mädchen aus mitgebrachten Paketen zu essen, und bei einem Lunch für fünfzehn Cents, bestehend aus gebratenen Aopteln, fettigen„Napoleons " und einer Tasse Kaffee in einem billi- gen Restaurant, redeten Una und Fräulein Moynihan über den Bürochef, über die Redaktsure und darüber, wie er- müdend es sei, den ganzen Tag abzuschreiben; und sie vereinigten sich in einem überschwenglichen Haß gegen„d'.e Erste", eine spöttische junge Person, die wundervoll zu hassen »erstand. Una hatte Fräulein Moynihan früher nur für dick und dumm gehasten, doch niemals zuvor harte sie sich irgend- einem menschlichen Wesen so enge verbunden gefühlt wie
Fräulein Moynihan, wenn sie miteinander Fragen der Büro- Politik, der Bürogünstlinge besprachen. Diese Ordnung war sehr einfach: bestimmte Stunden für das Kommen, das Mittagessen, das Fortgehen: die Damen- toilette, die man mit einiger Verlegenheit rechts hinter dem großen Safe entdeckte; der Wosierkühler in der Mitte des «vtsnographenzimmers. Aber die geheimen Statuten ies Büros,.die Tabus, konnte kein Mensch erraten. Man lief alle Augenblicke Gefahr, sich„unmöglich" zu machen. Fräulein Moynihan wurde am ersten Tage zu ihrer größten Verlegen- heit gewahr, daß man das Konkurrenzblatt, die Inländischen Brennstoffnachrichten" nie erwähnen dürfe. Die„Auto- und Benzin-Woche" tat. als existierten die„Nachrichten" nicht— wenn nicht gerade das Klischee einer Annonce benötigt wurde, das von den„Nachrichten" weitergegeben werden sollte. Man durfte im Bureau nicht Kaugummi kauen; mit Bitten hatte man sich, an„die Erste", nicht an den Bürochef, zu wenden; und mit Herrn Bush und Fräulein Caldwell durfte man nicht freundschaftlich verkehren. Dann wurde Una in die Wissenschafl der Büroutensilien eingeführt. Sie hatte sich keine Vorstellung davon gemacht, wie viele Werkzeuge sie für ihren Beruf werde kennen müssen: Schreibtische, Briefordner, Mimeographen, Rechen- Maschinen, Kartotheken, Vormerkkalender, Telephonvcrläng?- rungen, verstellbare Schreibtischtampen, � drahtgeflochtene Briefkörbc, Radierwasser, Karbonpapier. Schreibmaschinen- bürsten, Staubtücher, Papierkörbe. Bleististc, harte und weiche, schwarze, blaue und rote, Schreibfedern und Fedetha'ter, Unterlagsblätter, Notizbücher. Klammern. Gummi. Kleister, Drucksorten und ein halbes Dutzend verschiedener Umschläge und Briefpapiere. All diese Dinge waren ebenso wichtig in Unas Beruf, wie der Mastkorb und die schwarze Flagge, die Säbel und roten Schärpen, die Golddublonen und holden Schönen in den See- räubergeschichten; oder Käse und Sahne, alte Gäule und vor- schlasene Dorfstraßen im ländlichen Idyll. Ebenso wichtig und, wie man vielleicht eines Tages finden wird, ebenso romantisch. Man sehe sich nur einmal die begeisterten Ankündigungen von Registraturschränken an, die wie Kriegsschiffe gebaut sind, oder von Karbonpapier, das mit Zaubertinte getränkt und glatt wie Seide ist. __,(Fortsetzung folgt.) j