Einzelbild herunterladen
 
  

Major Buchrucker verprügelt. Liebesbrief an

Hitlernazis sprengen eine Straßerversammlung.

Der Bruderkampf im nationalsozialistischen Lager hat wiederum zu wüsten Egzessen geführt. Die von Otto Straßer   und Major Buchrucker geleitete Opposition bekommt jetzt die jahrelang ge= predigten und geduldeten Gewalt methoden am eigenen Leibe zu spüren. Im Gau Ditmarschen( Holstein) hatte die zur Richtung Straßer gehörende nationalsozialistische Arbeitsgemeinschaft eine öffentliche Bersammlung nach Albershof einberufen, in der Major a. D. Buchrucker, der von Göbbels   ausgeschlossene Redakteur Schapfe und ein Dr. Grant reden sollten. In diese Bersamm­lung drangen Sturmtrupps linientreuer" Hitlerleute und stürmten das Podium, wobei sie mit Gummitnüppeln, Tot­ichlägern, Stahlruten usw. auf die Vorstandsmitglieder ein­schlugen. Die drei genannten Referenten wurden sämtlich schwer miß­handelt. Dem Major Buchruder wurde u. a. das Majen­bein eingeschlagen, außerdem trug er innere Verletzungen davon. Ein Nationalsozialist namens Richter sowie Dr. Grank wurden am Kopfe schwer verletzt, ein gewisser Nationalsozialist Both­mann, der sich durch einen Sprung aus dem Fenster retten wollte, et­lift lebensgefährlicher Berlehungen. Auch eine Anzahl weiterer Personen wurden verletzt. Die vier anwesenden Candjäger waren angeblich dem Tumult gegenüber machtlos(?). Erst nachher wurden einige an der Schlägerei beteiligte Personen festgenommen.

*

Major Buchrucker hat erfahren müssen, daß es bedeutend gefähr­licher ist, sich gegen die Parteidiktatur des Herrn Hitler   als gegen die Reichsregierung und gegen die Republik   aufzulehnen. Sein Küstriner Butsch hat ihm nicht die kleinste Schramme, allerdings eine zehnjährige Festungsstrafe eingebracht, von der er aber nach kurzer Zeit durch die Amnestie befreit wurde. Es scheint ein Grundgesez des extremen Radikalismus zu sein, daß sich seine Hauptwut stets gegen Versuche richtet, den eigenen Radikalismus übertrumpfen zu wollen. Genau wie die offiziellen Kommunisten die Brandleropposition, die Weddinger Opposition usw. auf dem Wege des Faustlampjes nieder­schlugen, genau so verfährt die linientreue" Hitlerrichtung mit der Straßerabsplitterung. Es ist höchst bezeichnend: Kommunisten und Nationalsozialisten behaupten zwar, die geschworenen Feinde des Rapitalismus zu sein. Aber zu deffen Bekämpfung gelangen jie gar nicht, weil sie in erster Linie die Sozialdemokratie zu be­schimpfen und ihre eigenen Oppositionellen zu verprügeln haben. Je näher einer ihnen steht oder gestanden hat, desto weniger Schonung gibt es; selbst Herr Major Buchruder ist vor förperlicher Büchtigung ncht gefeit, trotz Offiziersranges, trotz ehemaliger Führerschaft der Schwarzen Reichswehr, obwohl er im Jahre 1920 als Rott­busser Reichswehrkommandeur beim Kapp- Butsch einige Hundert Ar­beiter hat erschießen lassen, obwohl er im Jahre 1923 gegen die Re­ publik   geputscht hat.

Major Buchrucker ist persönlich ein seltsamer Herr. Trotz seiner rechtsradikalen Gesinnung hat er Bekanntschaften unter tommu nistischen Landtagsabgeordneten, er macht auch Sozia­listen Besuche, wenn dies seine Zwecke ihm geraten erscheinen lassen. Rielleicht denkt er einmal darüber nach, daß die ersten und einzigen, die ihn mit körperlicher Prügel- größte Schmach für einen chemaligen attiven Offizier bedacht haben, seine langjäh rigen Parteifreunde waren, die Leute, die den Ehrenkoder der alten Armee wieder herstellen wollen!

Sie stechen einander.

Im ,, Nationalsozialist" des Dr. Otto Straßer   lejen wir diese Klage über die Kampfesweise derer um Goebbels  : In den späten Abendstunden des Mittwoch kam es zu einem feigen Ueberfall von SA.- Leuten auf unseren Kampf genossen E., der am Landsberger Play, Ede Friedrichshain, auf die Straßenbahn wartete. Kampfgenosse E. hatte unter dem Arm ein Werbeplakat des NS." Während er nach seiner Bahn Ausschau hielt, trat an ihn ein mit dem SA.- Abzeichen geschmückter Mann heran und bat um eine Zeitung, die ihm auch gegeben wurde. Der SA.- Mann ging darauf in den Park. Nach wenigen Minuten famen zwei weitere SA.- Leute aus dem Park und baten um Werbenummern. Raum hatten sie diefelben empfangen, als sie an­fingen, den Kampfgenoffen E. wüst zu beschimpfen ,, Du Schwein", Boliche wist" und dergleichen mehr. Als Kampf genosse E. sich die Anpöbeleien verbat, fielen sie über ihn her und verfetzten ihm einen fiefen Stich in den rechten Unterarm. Nach dieser feigen Tat verschwanden die Goebbels  - Helden im Bart.

Nach diesem erneuten Ueberfall auf einen revolutionären Nationalsozialisten fönnen wir nur feststellen, daß sich die Kampfes­weise der Leute um Goebbels   genau nach den Methoden von Rotfront richtet.

Es sind wirklich die gleichen Methoden wie bei den Rommunisten und Rotfront. Erst hassen sie vereint und prügeln sie vereint und dann plöglich hassen und prügeln sie einander. Die geistigen Waffen vom Schlagring über Messer zum Revolver finden nun neue 3ielobjekte in den bisherigen Kampfgefährten. Wat den einen sien Brandler, is den annern sien Straßer..."

Stadtwahlen im Rheinland  . Infolge Eingemeindung neue Stadtparlamente gewählt. Köln  , 14. Juli.  ( Eigenbericht.)

In Leverkusen   und in Opladen   fanden am Sonntag die wegen der Eingemeindung notwendig gewordenen Stadtverodneten wahlen statt. In Leverkusen   erhielt das Zentrum 4711 Stim men und elf Mandate( bisher neun), Sozialdemokraten 2124 Stimmen, fünf Mandate( fünf), Kommunisten 4091 Stimmen, neun Mandate( neun), vereinigte bürgerliche Listen( Deutschnationale, Deutsche Volkspartei   und Wirtschaftspartei) 2745 Stimmen, sechs Mandate( sieben), Chriftlichsoziale Reichspartei 659 Stimmen, ein Mandat( eins). Nationalsozialisten 1234 Stimmen, drei Mandate ( zwei), kommunistische Opposition 295 Stimmen, fein Mandat, Borort: partei 829 Stimmen, zwei Mandate( teins). In Opladen   erhielt das Zentrum 2496 Stimmen, zehn Mandate( neun), Kommunisten 1372 Stimmen, fünf Mandate( vier), vereinigte bürgerliche Listen 653 Stimmen, zwei Mandate( brei), Wirtschaftspartei 692 Stimmen, drei Mandate( drei), Christlichsoziale Reichspartei   598 Stimmen, zwei Mandate( brei), Sozialdemokraten 494 Stimmen, 3me: Mandate( brei), evangelische Wahlvereinigung 2070 Stimmen, vier Manbate( feins), Rationalsozialisten 165 Stimmen, tein Mandat. Instus 26

Der amerikanische   Bundesjenat nahm in der erregten Schluß­figung mit 48 gegen 14 Stimmen die Benfionsvorlage für Kriegs­teilnehmer in der vom Bräsidenten vorgeschlagenen Form an. Die am Montag beginnende Sonderjeffion des Bundesjenats zwecks Ratifizierung des Londoner Flottenvertrages wird nach Ansicht der Senatsführer fan 14 Sage erfordern,

die Micky Maus.

Bon Hans Bauer.

Liebe kleine Micky Maus! Es drängt mich, dir zu sagen, wie, sehr ich dich liebe. Du bist nicht ganz ohne Vorgänger. Es gab schon Felig, den Kater, ein Geschöpf also eigentlich, das auch Mäusen nicht freundlich gesinnt ist. Aber ich weiß, daß der Haß, der in der realen Tierwelt zwischen den Katern und den Mäusen bestehen mag, in eurer Traumwelt keinen Eingang gefunden hat. Wer mit den Gesetzen der Natur so souverän Hackepeter treibt, wie ihr beiden, ist ein zu großer Geist, als daß er sich in seinen Gefühlen nach den Vorschriften richtete, die ihm in Brehms Tierleben   gemacht werden. Ihr seid euch ähnlich im Wesen, nur daß ich dir, liebe Micky Maus  , das Kompliment machen muß, noch weit genialer als | dein stummer Vorläufer zu sein.

Es ist eine höchst chaotische Welt, in der du dich herumtreibst. Mit landläufiger Logik und der hergebrachten Mathematik kommt man nicht weit in ihr. Aber trotzdem läßt sich nicht sagen, daß fie eine unsinnigere Welt wäre als die unsere, denn der größeren Tücke des Objektes entsprechen größere Abwehrmöglichkeiten der Kreatur: und im Effeft gibt es aus jeder peinvollen Lage, in die man über­raschend gerät, auch ein überraschendes glückliches Entkommen. Aber ich will nicht den tierischen Ernst umhängebärtiger Erdenphilosophie in dein leichtes, unbeschwertes, federndes Reich tragen, liebe Micky Maus  . Ich will ganz einfach sagen, daß es so furchtbar lustig ist, wenn du in die rebellischen Klaviertasten einen Knoten schlägst, wenn du den Schweizer   Käse zu einer Orchestrionwalze verarbeitest, wenn du die Kazen an den Schwänzen zupfft und sie melodische Miauflänge von sich geben, wenn der Bauch des Esels, auf dem der dicke Mann reitet, in rhythmischen Stößen bis auf die Erde durch­tnickt und dann elastisch wieder hochschnellt. Micky Maus  , du bist der moderne, aufgeflärte, total moralintoje Märchenheld unserer Tage: gleich ergößlich für Große und Kleine. Bei dir hangen wir den Blasen nach, die unser Gehirn treibt und finden die wunderbare Erfüllung für die Erzeffe unserer gegen die Materie gerichteten Phantasie. Die irdische Mechanik der Dinge ist aufgehoben. Zeit und Raum haben einen neuen, überaus wißigen Sinn. Aller unserer Wut gegen die Herrschaft der physikalischen Formeln ver­schaffst du einen erlösenden Auspuff.

Und nun, liebe Micky Maus  , geschieht das Deprimierende. Eine Behörde kommt daher, die Filmprüfstelle, und erläßt gegen dich ein blechernes, langweiliges Amtsdefret. Was ist geschehen? In deinem neuesten zu uns herübergekommenen Film machen deine Artgenossen, die Mäuse, mit den Katern ein bißchen Krieg. Ihr tragt Räppis, die Razen Stahlhelme. Die Stahlhelm- Kazen werden in die Flucht ge­schlagen. Sicherlich ist das wieder alles tüchtig spaßig. Die Film­prüfstelle aber sagt erhobenen Zeigefingers, der Film sei ein politi­scher Umtrieb und geeignet, die Deutschfeindlichkeit neu zu beleben und wach zu halten". Der Stahlhelm ist für die Filmprüfstelle näm­lich eine Kennzeichnung der Deutschen  , das Käppi eine der Franzosen  , und da wir alle kleine Kinder mit dem Schnuller sind, ist jeder Dreck für uns gut genug, der Hurra frächzt, aber Gottbehüte darf kein Runstwerk vor unsere Augen, das national nicht allen Anforderungen

Conan Doyle  - meldet sich!

Der arme Conan Doyle   hat selbst im Grab teine Ruhe vor seinen spiritistischen Freunden, die sich mit unziemlicher Haft beeilen, feinen Tod zu Propagandazwecken auszunüßen. Die Bereinigung amerikanischer Spiritisten" in New Dort hat es sich nicht nehmen lassen, dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten die Priorität des Nachrichtendienstes mit dem Jenseits zu sichern, und die Weltkirche der spiritistischen Lehre" hat, wie aus New Yort getabelt wird, auch die Genugtuung gehabt, genaue Nachrichten über das Eintreffen Conan Doyles in der Sphäre der Seligen zu erhalten. Im Verlauf einer spiritistischen Sitzung, bei der alle führenden Persönlichkeiten des amerikanischen   Spiritismus anwesend waren, machte ein Fräulein Thomson der Versammlung die freudige Mitteilung, daß sie mit einem Geist namens Florence in Berbindung getreten sei, der er flärt habe, daß ein neues großes Licht, ein Licht von bestechendem Glanz zwischen den Seelen aufgetaucht sei". Ein Name wurde aller­dings nicht genannt, aber der geistige Gewährsmann des Fräulein Thomson fonnte doch berichten, daß der in diesen Tagen in den Himmelssphären erschienene Geist sich zu seinen Lebzeiten als Ver­teidiger des Spiritismus auf der Erde unvergessene Verdienste er­worben habe". Florence fügte hinzu, das neue Licht habe solchen Glanz verbreitet, daß es alle im Raum treisenden Geister angezogen und um sich versammelt habe. Der neu eingetroffene Geist habe dem auch seinen Dank für die herzliche Aufnahme ausgesprochen, aber hinzugefügt, daß er von der Erdenschwere seiner Arbeit noch zu ermüdet sei, um unmittelbar in Fühlung mit der Welt der Lebenden zu treten.

Auch in einer Londoner   Gedenkfeier soll Conan Doyle   durch ein Medium ein Lebenszeichen" gegeben haben. Die gläubigen Spiritisten erfuhren aber nichts davon.

Die Pariser Filmbesprechungen. Ueber die Pariser Film­Ueber die Barijer Film­besprechungen wurde am Sonnabend folgender Bericht veröffentlicht: Die Konferenz amerikanischer und deutscher Elektro- und Ton­filmindustrieller, die seit dem 19. Juni in Paris   tagt, ist heute zu einem vorläufigen Abschluß gekommen. Eine grundsätzliche Ber­ständigung zwischen den interessierten Parteien über den freien Austausch von Filmen, Aufnahme- und Wiedergabeapparaturen ist erreicht worden, die in endgültige Vertragsform gebracht werden soll. Das Ziel dieser Verständigung ist es, die künstlerische Entwick lung zu fördern und die Industrie von den Fesseln, unter denen sie durch die schwebenden Patentstreitigteiten gelitten hat, möglichst zu befreien. Zur Ausarbeitung der Einzelheiten und Borbereitung des endgültigen Vertrages sind Kommissionen ernannt worden."

Akademische Lesezimmer. Die Universität Erlangen hat eine nachahmenswerte Einrichtung getroffen, die in kurzer Zeit das nachahmenswerte Einrichtung getroffen, die in furzer Zeit das weiteste Interesse gefunden hat: akademische Lesezimmer. Der Diref­weiteste Interesse gefunden hat: akademische Lesezimmer. Der Direk­tor der Universitätsbibliothek hat sie im Erdgeschoß des Kollegien hauses eingerichtet. Da findet man im Zeitschriftenfaal die neuesten Hefte von 150 Zeitschriften, namentlich schöngeistigen und allgemein fulturpolitischen Inhalts, dann einen Zeitungsfaal mit 112 Tages zeitungen. Das Hauptstüd aber bildet der Bibliothetssaal, der die Deutsche Literatur   der letzten 100 Jahre zur Benugung an Ort und Stelle darbietet und den stärksten Zuspruch findet.

Karl Heinz Marlin hat den Ruf erhalten, das deutsche Theater in Buenos Aires   zu organisieren und von Grund auf aufzubauen. Martin bat dieses Angebot angenommen und wird diesen Auftrag während seiner Ferien im nächsten Jahre durchführen.

Eine Komödie aus dem Journalistenleben. Der bereits durch mehrere dramatische Arbeiten bekannt gewordene Chefredakteur der Dresdner Bolts. Beitung", Robert roi bai eine nene komödie geftrieben, bie fic " Journalist über Bord" betiteit. Das Bert spielt im Redaktions­milieu und beschäftigt sich fritisch mit der Amerifanisierung der Bresse   und ihrer Entwicklung zur Sensationspreise. Die Uraufführung des Berfes jo im tommenden Ditober im Dresdener   Staatstheater erfolgen

mit Minderwertigteitstomplegen behafteter Kaffeetanten entspricht. Nach dieser Methode hat man uns bereits einen Chaplin- Film unter­schlagen, in dem Chaplin den verflossenen Raiser farifiert.

Liebe Micky Maus  ! Du bist gewiß himmelweit entfernt davon, in deinem verbotenen Schützengrabenfilm eine Nation gegen die andere ausspielen zu wollen. Wer so viel Wiz und spißfindigen Scharfsinn hat wie du, kann nicht engstirnigen Chauvinismus pro­tegieren. Die Kanonen werden aus Mülleimern bestehen, die Hand­granatenfüllungen aus Marmeladepazen, und überhaupt wird das ganze großmogulige menschliche Kriegsgetue wunderschön ironisiert sein. Ach, wenn wir uns innerhalb des Geltungsbereiches deiner logischen Spielregeln befänden, liebe Micky Maus  , dann gäbe es guten Rat für das Zensurverbot: wir lockten den Zensor mit einem großen Rotstift in den Urwald und schnallten ihn dort unter Zuhilfe­nahme des von ihm verbotenen Micky- Maus- Filmstreifens an einer mittelgroßen Kokospalme fest. Die Wirklichkeit ist leider rauh. Wenn Zensur und Kunst miteinander kollidieren, so gibt es ein Kaz­und Mausspiel, bei dem selbst die Micky Maus keine Chancen hat. Töne wohl in fremden Landen, fleine Schüßengraben- Micky- Maus mit dem für Deutschland   verbotenen Käppi und stelle dich bald in anderer als Soldateneigenschaft vor und die Naturgesetze gleichzeitig auf den Kopf! Wir behalten dich immer lieb. Da beißt die Micky Maus   keinen Faden ab.

Die Häuptlinge.

In jedem Freibad sind sie zu finden. Ihre sehenswerten Er scheinungen drängen fich sofort auf. Sie find Mittelpunkt in jeder Beziehung, fühlen sich als Gegenstand der Bewunderung, des Stau­

nens und des

-

Neides.

Meist finden sich immer mehrere zusammen, die treu zueinander halten und ihr Reich gemeinsam beherrschen. Während andere vom Strande und von jeder Höhe aus sich ins Wasser stürzen, wie die Fische darin herumtollen, bleiben sie fühl und teilnahmlos. Sie fennen nur einen Reford, den ihrer wohltemperierten und wohl abgetönten Erscheinung. Ihre gegenseitigen Ratschläge tonzentrieren fich auf die Beseitigung etwa doch noch vorhandener Ungleichmäßig­feit der Bräunung. Die Welt wird brauner mit jedem Tag, man weiß nicht, was noch werden mag. Ihr Ideal ist die Vollkommen­heit ihres Teints vom Kopf bis zu den Füßen. Durch Sonne, beit ibres' vom Luft, Sand und Wasser, Seife, Salbe, Zeit und Geduld erhalten sie ihre höchste Form. Die Frau tommt gegen ihr Körperglück trotz aller Knappheit ihres modischen Anzugs nicht auf, denn sie hat noch zuviel an. Wo bleibt da die Emanzipation? Ihre Badefarben verblassen gegen das Badedreieck des Häuptlings. Ohne Fehl der Magerkeit und Makel des Fettes bewegt sich der Häuptling gravi­tätisch und gemessen, sein Aeußeres allen Bliden preisgebend. Bis er den Mund zum Gähnen aufreißt, womit seine Herrschaft zu­sammenbricht und er sich als Mensch unter Menschen zu er­fennen gibt.

21

Sowjet Maler.

Ausstellung in der Gezession.

In der Sezession sind Maler aus Sowjetrußland zu Gaste; die Gesellschaft der Freunde des neuen Rußland  " hat dafür gesorgt, daß fie hierherkommen und uns ein deutlicheres Bild ihres heutigen Kunstschaffens bieten. Der größte Teil dieser Schau ist vorher in

Oslo   und Stockholm   gezeigt worden.

Kunst( Archipoff, Grabar, der durch Restaurierung der alten Man sieht bisweilen noch Ausläufer der vorrevolutionären Stone fich hohe Berdienste erworben hat; der ausgezeichnete Petroff Bodtin), und französische   Einflüsse fehlen nicht, bei S. Altmann, Kaschina( Matisse- Schule) und Gonticharow, der sich an die blaue Periode Picassos   hält. Auch inhaltlich be­schäftigt Westeuropa   die Phantasie der Künstler, wie Sinefuboff und Biljams, der die Großstadt Berlin   als Land seiner Sehn­sucht malt.

direkte Einwirkung der jüngsten Geschichte auf den Formungswillen Nicht, wie im russischen Film oder Drama, sieht man eine dieser Maler. Sie sind anscheinend und wenigstens teilweise zu start an handwerkliche Tradition gebunden, um sich restlos umstellen zu fönnen; vielleicht sind sie auch nicht so begabt und phantasievoll wie die Regisseure und Dichter. Das nimmt eigentlich wunder, wenn man sich daran erinnert, daß vor dem Kriege so radikale Ummerter aus Rußland   tamen, wie Kandinsky   und Chagall  , und nach dem Kriege die noch strengeren Malewitsch   und Lissiyty. Es scheint, daß der Boden für solche ausgiebigen Experimente in Deutschland   auf­nahmefähiger ist als in Rußland  ; wenigstens hat man bei uns diese Erscheinungen als wahlverwandt restlos aufgenommen, und wenn nun in dieser Ausstellung von all dem nichts auftaucht als zwei frühe und trotz ihrer Strenge überholte Bilder von Male witsch ( 1915), jo tann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß der große Ansturm in USSR  . selbst einstweilen zum Stehen gekommen ist um neue Kräfte zu sammeln, hoffen wir.

Denn was pofitio da ist und Hoffnungen erweckt, find nicht viel mehr als begabte Andeutungen. Nicht als ob diese Künstler in Stizzen schwelgten; aber ihr tastendes Empfinden hat noch feine endgültige Form gefunden, alles sieht provisorisch aus und als ob man nicht recht wüßte, wohin die Reise eigentlich gehen soll.

Die Begabtesten halten sich am Leitfeil neuer Inhalte fest und verarbeiten einige westliche Anregungen, Konstruktivismus, Paul Klee  , Hodler u. a. Das interessanteste Bild steuert wohl Pimenoff bei: einen Textilfabrikraum, hell und beinahe in der Art Nerlingers durchkonstruiert, aber eben nur beinahe; für das Unentschiedene seiner Art ist bezeichnend, daß der rechte Bildteil in ganz anderem Stil angefügt ist und besser abgeschnitten werden könnte. Sehr ein­beitlich Lutschischtins Aufmarsch der Jugend", aber nicht ohne Hodler zu denken; Labas hatte, als ehemaliger Flieger, die bleibende Vision der Welt aus der Vogelperspettive: seine begabten Bilder sind aber faum mehr als schöne Torsen. Geistig fommt Sernoma in einem Hafenbild, das drei Seefoldaten und drei Arbeiter in ihrem soziologischen Gegensatz gut zusammenbringt, den herrschenden Ideen im heutigen Rußland   am nächsten; während das soziale Moment bei Gure witsch( Pionierparade auf dem Roten Plaz in Mostau, Florettfechterinnen) beinahe spielerisch, im Anschluß an Klee   und Kinderzeichnung, bei Ba chom off deforativ aufgelöst, bei Inschler in preziöser Märchenform, immer aber im Formalen westlich orientiert sich darstellt. Schließlich sind beinahe die bescheideneren Versuche von Schifrin, Bartho und Schemischento fast die originalsten. Man weiß legten Endes hier nie so recht, wo die Anregung aus Europa   aufhört und die waldursprüngliche Selbständigkeit des Russen anfängt; Folge der aus aller Orientierung geworfenen Situation des heutigen Malers in Rußland  , Paul E. Schmidt.