BLOCK S
,, Ich muß
( 21. Fortseßung.)
Weil ich nicht mehr Bahnbeamter bin Ich glaube, ein Geschäft bringt noch mehr ein, wenn man's richtig..." Kern stockte. Der Gram sing wieder an zu bohren.
Anna fing einen Blick ihrer Mutter auf. Sie hätte ohnedies begriffen. Ist viel besser als der ewige Bahndienst", beeilte sic sich zu sagen und fiel ihrem Vater von neuem um den Hals.
Kurz darauf saßen sie alle drei beim Abendbrot, wenig redend, aber um so häufiger freundliche Blicke miteinander wechselnd. Jeden drückte eine Frage, aber jeder suchte das vor dem anderen zu verbergen, um in den schönen Abend feine Störung zu bringen.
21. Bekanntschaften.
Kern und seine Frau wetteiferten miteinander, die Zukunftsfrage so leicht mie möglich zu nehmen. Daß einige tausend Mart Ersparnisse zur Verfügung standen, beruhigte sie etwas. Als gar ein günstiger Zufall Gelegenheit zum Kauf eines fleinen, leidlich gehenden Seifengeschäfts bot, hob sich die allgemeine Stimmung wesentlich. Schon nach Neujahr sollte die llebernahme erfolgen. Die neue Aufgabe meckte neuen Mut..
Am folgenden Sonntag fonnte Anna deshalb ohne Gewissens bisse tanzen gehen. Sie durchsprühte neues Leben, obwohl ihr ein eisiger Dezemberwind ins Gesicht strich, als sie aus dem Hause trat. Als sie die Freitreppe des Tanzlokals emporstieg. bemerkte sie auffallend viel Soldaten vor dem Saaleingang. Auch im Saal selbst war ein gutes Drittel der männlichen Besucher Soldaten. Das machte sie etwas ängstlich. Aber sie ließ sich nichts merken. Em schüchternes Mädchen würden diese Herren sicher weit mehr aufs Korn nehmen, als eins, das die nötige Erfahrung zeigte. Deshalb gab sie sich den Anschein, als ob sie den Besuch solcher Lokale gewohnt sei. Mit gleichgültiger Miene ging sie an den Tischen entlang und suchte sich einen aus, an dem nur Mädchen saßen. Es war ihr fast angenehm, daß sie zunächst einige Tänze ſizen blieb. Um so mehr blieb ihr Zeit zum Beobachten. Fast alle anwesenden Soldaten tanzten, während ein ziemlich großer Teil der Zivilisten untätig herumfaß. Sie schienen sich unter den Uniformierten nicht recht behaglich zu fühlen.
Nach einiger Zeit wurde Anna von einem Soldaten zum Tanz geholt. Es war ein junger, bescheidener Mensch. Als Anna ihm: in seine offenen Augen sah, fand sie rasch ihre Selbstsicherheit mieder, trat mit ihm zum Tanze an und geriet auch bald mit ihm in eine harmloje Unterhaltung.
Sie fand den Soldaten sehr nett, doch erinnerte sie seine Bescheidenheit sehr an Herold. Darum war es ihr lieb, daß bei den nächsten Tänzen auch andere Soldaten mit ihr tanzten. Sie wunderte sich, daß kein Zivilist sie holte, aber sie war darüber nicht verdrießlich. Einmal einen ganzen Abend nur mit Soldaten zu sein, hatte auch seine Reize. Es schien ihr fast, als ob es Männer von einer anderen Art seien. Die Uniform blieb auf ihre Phantasie auch nicht ganz ohne Wirkung. Da sich die jungen Leute auch ganz anständig gegen sie benahmen, wich der letzte Rest von Scheu von ihr. Sie geriet sogar in eine etwas übermütige Stimmung und lachte mitunter laut auf.
EIN EISENBAHNERROMAN
VON
hatte er des Unteroffiziers rechte Hand, in der die Waffe blizte, erfaßt und hielt sie wie in einem Schraubstock fest. Im nächsten Augenblick drehte er die Hand herum und die Waffe fiel zu Boden. Mit einem Fußtritt stieß er sie ein Stück weg und versetzte dem Unteroffizier einen Fausthieb ins Gesicht. Zurüdiaumelnd und in Knie jintend, wischte sich der Ueberwundene die stark Hlutende Nase.
die
Ein Schuhmann kam angelaufen...Was ist denn hier los?" Anna zeigte auf den Unteroffizier: Dieser Mensch hat den Herrn da mit seiner Waffe angegriffen."( Fortsetzung folgt.)
RDRESCHER Das neile Buch
Der Unterofizier schob einen Fuß zwischen die Haustür und drückte Anna fester an sich.
,, Wenn Sie mich jetzt nicht los lassen, schlage ich Lärm!" Sein heißer Atem strich ihr übers Gesicht. Der starke Drud seiner Arme benahm ihr fast den Atem. Widerwille packte sie.
Der Unteroffizier zog ihren Kopf mit einem raschen Griff zu sich hoch, hielt ihn wie in einer Klammer und preßte seine Lippen wieder fest auf ihren Mund. Das ging so rasch und war so brutal, daß es Anna wie ein neuer frecher Ueberfall vorfam. Vor 3orn wollte sie schreien, aber sie war gefesselt und konnte taum atmen. In diesem wehrlosen Zustande drängte sie der Unteroffizier gänzlich ins Haus und hob mit seiner freien Hand ihre Kleider hoch.
Mit dem Aufgebot ihrer letzten Kraft wehrte sich das Mädchen. Sie rangen miteinander.
Der Unteroffizier war in seinem Triebrausch wie von Sinnen und vergaß alle Vorsicht. Er menfte nicht, daß in der Türfüllung die Gestalt eines Mannes erschien. In der Hoffnung, am Ziele zu sein, drüdte er gerade Anna in die Ede hinter der Haustür, als er plötzlich zurückgerissen wurde. Dabei riß er Anna mit sich, so fest hielt er sie auch jetzt noch umflammert.
Hauptprobleme der Soziologie*)
Man kann nicht behaupten, daß wir mit kleineren, einführenden Arbeiten in die Hauptprobleme der Soziologie schon reichlich ausgerüstet wären. Das Gegenteil ist der Fall. Deshalb muß man den Versuch, den Abramowitsch unternommen hat, recht aufmerksam betrachten.
tun.
Die Soziologie ist heute eine sehr umfangreiche Disziplin geworden. In Europa , in Amerika wird eifrig an soziologischen Problemen gearbeitet. Viel ist schon getan, mehr leibt noch zu Sicherlich ist es zweckmäßig, in einer fleinen Schrift, um feine Verwirrung zu stiften, systematisch vorzugehen und die Bielfalt der heutigen soziologischen Richtungen, wo sie nicht syste= matisch wichtig werden, auf sich beruhen zu lassen. Andererseits liegt aber hierin die Gefahr, daß der Stand der Probleme allzusehr vereinfacht wird. Es geht nicht an die marristische Soziologie, die, wie Abramowitsch richtig sieht, ja erst im Werden ist, so ohne weiteres jeder bürgerlichen Soziologie gegenüberzustellen. Das ist deshalb unmöglich, weil Soziologen wie z. B. Mag und Alfred Weber , Scheler, Karl Mannheim sich doch sehr tiefgehend mit dem Marrismus befruchtet haben und durch ihr Werk auch die Probleme der marristischen Soziologie entscheidend bestimmt haben bzw. bestimmen werden. Abramowitsch erwähnt die genannten Soziologen überhaupt nicht; auch in dem angefügten Literaturverzeichnis bleiben sie unerwähnt, wie auch die für jede marristische Soziologie grundlegenden Arbeiten von Otto Bauer nicht genannt werden. Abramowitsch gibt seinem Büchlein den Untertitel" Probleme marristischer Lebenserkenntnis"; er will also damit andeuten, daß marristische Soziologie notwendige Verbundenheit mit margristischer Praris bedeutet. Ob sich aber ein Arbeiterleser durch die vielen Fremd= wörter( Psychoorganit, dynamischer Monismus usw.) zu wirfDas ging so minutenlang und schon sammelten sich einige nächtlicher Lebenserkenntnis anregen lassen mag, muß füglich bezweifelt liche Bassanten an. werden.
Anna stieß einen feuchenden Laut aus, es sollte ein Schrei werden, doch war es nur ein dumpfes Gurgeln. Ihre Brust mußte sich erst wieder voll Luft saugen. Sie sah zunächst mur, wie eine männliche Gestalt den Unteroffizier packte und auf die Straße hinausstieß. Dann verlor sie auf furze Zeit die Besinnung.
Währenddem spielte sich auf der Straße eine wilde Szene ab. Der Unteroffizier war, aus Aerger über die plötzliche Störung, in maßloser Wut. Er stürzte sich immer wieder auf den fremden Mann, wollte ihn fassen und schlagen, aber jedesmal, wenn er ihm beikommen wollte, bekam er einen so fräftigen Stoß vor die Brust, daß er zurückbaume! te.
Anna war wieder zu sich gekommen, wollte, noch ganz aufgeregt, die Tür schließen und zur Ruhe gehen, als auch fie die beiden fämpfenden Männer bemerkte. Als der Unteroffizier sie jah, geriet er vollends in Raserei. Er riß sein Bajonett aus der Scheide und stürzte sich, vor Wut zischend, auf Annas Retter.
Eine Frau schrie:„ Schußmann!"
Anna sprang mehr instinktiv als bewußt auf die Straße. Mit dem Rufe: ,, Sind Sie verrückt geworden?" ging fie auf den Unteroffizier los, um ihn am Gebrauch der Waffe zu hindern. Doch ihre Sorge war unbegründet.
Aber auch im einzelnen wäre allerlei einzuwenden. So enthält z. B. das Kapitel über„ Die Soziologie des Psychischen" zu wenig von dem, was die moderne Soziologie zu einer soziologisch begründeten Trieblehre beigetragen hat. Es sei nur an die Forschungen Schilders, Schelers oder gar an die amerikanische Soziologie erinnert. Auch über die andern Rapitel wäre mancherlei fritisch einzuwenden, es würde jedoch hier zu weit führen. J. P. Mayer.
*) Mart Abramowifich, auptprobleme ber SozioLogie, Verlagsanstalt Courier, Berlin , 111 Seiten, Bartoniert
Der fremde Mann war nicht nur äußerst fräftig, sondern durch seine größere Ruhe auch weit überlegen. Mit einem raschen Griff 5 Mart.
WAS DER TAG BRINGT
Dadurch zog sie die Aufmerksamkeit eines älteren Unteroffiziers Pack, mach die Augen auf!
auf sich, der sie von da ab nicht mehr aus den Augen ließ. Es war ein stattlich gewachsener Mann mit länglichem, schönem Gesicht, cber stark sinnlichen Zügen. Sein blondes Kopfhaar war gescheitelt, glatt gestrichen und leicht pomadijiert. Unter seiner fräftigen, etwas gebogenen Nase saß ein furzgeschorenes Bärtchen.
Schon neigte sich der Abend seinem Ende zu, da stand plötzlich der Unteroffizier vor ihr und bat sie um einen Tanz. Sie war überrascht und unschlüssig. In diesem Augenblick kam der junge Eoldat an, der Anna den ersten Tanz angeboten hatte. Bescheiden blieb er stehen, als er sah, daß er jegt zu spät gekommen war.
Anna empfand eine gewisse Scheu vor dem Unteroffizier und nahm ihre Zuflucht zu einer Notlüge. Tut mir leid, dieser Herr hat mich schon vorher um den Tanz gebeten." Sie zeigte auf den jungen Soldaten.
Mit einem ironischen Lächeln maß der Unteroffizier den Soldaten, wandte sich an Anna und sagte, den Arm um sie legend:„ Das spielt teine Rolle bei unsereinem."
Diese Zudringlichkeit versetzte den jungen Soldaten in Erregung: ..Bitte, das Fräulein hat mir diesen Tanz bereits zugesagt." Mit finsterem Blick antwortete der Unteroffizier: ,, Laß solche Flausen, mein Lieber. Ich wünsche nicht weiter belästigt zu werden." Der junge Soldat stand stramm und zog sich zurück. Das ärgerte Anna. Mehr aus diesem Gefühl denn aus Sympathie überließ sie sich dem Unteroffizier. Bon da an wich der Unteroffizier nicht mehr von ihrer Seite. Mit Klug abgetönter Freundlichkeit gelang es ihm, ihr 3utrauen zu gewinnen. Nach Schluß des Tanzabends erlaubte ihm Anna sogar, sie nach Hause zu begleiten.
Der Wind hatte sich gelegt, es war eine ruhige, sternenfiare Winternacht, zwar ohne Mondschein, aber trotzdem ziemlich hell. Anna sprach wenig auf dem Heimmeg.
Auch der Unteroffizier sagte nicht viel, hielt aber Anna immer fest umschlungen. In der Nähe ihrer elterlichen Wohnung wurde er gesprächiger. Da er zugleich zudringlich wurde, versuchte sie ihn loszuwerden. Es gelang ihr nicht. Vor der Wohnung preßte er fie plöglich an sich und gab ihr einen Ruß, seine Lippen an ihrem Mund festsaugend.
Empört riß sich Anna los und gab ihm einen derben Stoß. Das hatte er nicht erwartet. Er taumelte die drei Stufen, die zur Haustür hinaufführten, hinab und wäre fast gefallen.
Diesen Moment benutzte Anna, um den Schlüssel in die Haustür zu stecken und zu öffnen. Aber ebenso schnell war der Unteroffizier wieder bei ihr und wollte mit ins Haus falüpfen. Anna vertrat ihm den Weg.
Er versuchte sie festzuhalten. ,, Gehen Sie jetzt!" befahl ihm Anna.
Es
,, Wollen wir nicht noch ein bißchen ins Haus treten? mar doch bis jetzt so schön." Der Unteroffizier versuchte zu schmeichein. Bitte, gehen Sie!"
..Aber ich möchte noch bleiben." Baffen Sie mich los!"
Man schreibt uns:
"
Ich steige von der Elektrischen, um einige Einkäufe zu er ledigen. Mein Weg führt mich dabei über eine der belebten Brücken Berlins . Schon von weitem höre ich die Töne eines Leierkastens. Dem Leiermann nähergekommen, flingt an mein Ohr die bekannte Melodie: Sag noch einmal ja, hast du mich lieb?" Neugierig geworden gehe ich zu dem Orgelmann, um zu sehen, wer da Verlangen hat, dieses Ja" zu hören. Der Kasten ist von Menschen umgeben, fie gaffen und starren den Spieler an. Ich bahne mir einen Weg und sehe am Leiertasten ein Schild mit der Aufschrift: Bollständig erblindet. Querschläger.
Mein Blick fällt auf den Mann, der hinter dem Leierfasten steht. Entsetzt wende ich mich ab. Freund, der du die Schulbant mit mir drücktest, trotz blauer Brille und Narben erkenne ich dich! Ich sehe dich noch als gefunden, kräftigen Burschen vor dem Amboß, den Hammer schwingend, als ob du alles zertrümmern wolltest, was dir Schmerz und Kummer bereitet. Lachend sehe ich dich von der Arbeit nach Hause eilen, deine großen blauen Augen leuchteten, jene Augen, die jetzt ewige Nacht umhüllt. Ich sehe dich, wie du auf Wanderungen mit deiner flaren, hellen Stimme die schönsten Wanderlieder sangst.. Jetzt sind es Bettellieder, Heiser ist deine Stimme, der junge, kräftige Körper in sich zusammengefunken.
Erschüttert und benommen gehe ich weiter. Ein vornehm gefleideter Bauch, der sich eben aus seinem Auto schob, rempelt mich an: ,, Back, mach die Augen auf!"
Jawohl! Pack, mach die Augen auf, damit es dir nicht wie ienem ergeht, der vor Berdun sein Augenlicht verlor! Wieviel Uhr war es?
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In Yorkshire ist über die Ungültigkeit einer fürzlich vollzogenen Trauung ein Kirchenstreit entstanden. Durch ein Mißverständnis erschien der Geistliche nicht zur festgesetzten Zeit. Das Brautpaar faß in der Kirche mit bangen 3weifeln. Da holte man den ersten besten Pastor, deffen man habhaft werden konnte. Und er gab feinen Segen, da es schon start auf 4 Uhr ging, tat er es aller dings im Straßenanzug und mit Stehumlegetragen. Jetzt hat der Bischof die Trauung für ungültig erklärt. Nicht wegen des ver. botenen Aufzuges, sondern weil laut englischen Gesetzes nach 3 Uhr feine Trauungen stattfinden dürfen. Nun ist aber die Frage noch nicht einwandfrei entschieden, wieviel Uhr es eigentlich war. Soll für firchliche Handlungen die Sommerzeit oder die Greenwider Zeit maßgebend sein? Würde die Greenwicher Zeit maßgebend sein, dann wäre die Ehe legitim. Aber nach der Sommerzeit wäre sie es nicht. Selbst die juristischen Autoritäten sind sich nicht ganz im flaren, welche Zeit die richtige ist. Die einen meinen, die Sommer zeit sei durch Parlamentsbeschluß eingeführt. Andere wieder betrachten die Kirche als über dem Gesetz stehend. Also hat auch die Kirche ihre Sorgen...
Wie das Chinin entdeckt wurde
Die Heilwirkung des Chinins war den Indianern Berus schon lange, bevor die Weißen ins Land kamen, bekannt. Es hat seinen Namen zum Andenken an die erste Europäerin, an der seine fieberstillende Wirkung erprobt wurde, an die Gattin des Bizekönigs von Beru, die Gräfin Chinchon , deren Gemahl 1632 über Peru regierte. Die Gräfin war in Lima auf den Tod erkrankt und erhielt von ihrer indianischen Dienerin ein Pulver, das, wie die Aerzte nach langem Suchen feststellten, von einem Baum gewonnen wurde, den man heute Chinchona oder Chinarindenbaum nennt.
Brabançonne ein hessischer Trommlermarsch
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Dor
Es dürfte wenig bekannt sein, daß dem belgischen Revolutionsliede, der Brabançonne, die zur Jahrhundertfeier der belgischen Unabhängigkeit überall in Belgien gespielt und gesungen wird, ein alter hessischer Trommlermarsch zugrunde liegt, der 150 Jahren von Hessen nach Amerika und von dort über Frankreich nach Belgien kam. Als nämlich die ersten hessischen Truppen im Jahre 1776 zur Unterstützung der Engländer in ihrem Kampf gegen die Amerikaner von dem Landgrafen Friedrich II. von Hessen- Raffel an König Georg III. von England verkauft wurden, pflegten die Trommler der einzelnen Regimenter an besonders schönen Tagen, Deck kommen durften, die alten heimatlichen Märsche zu spielen, zu wenn die in ihren Kajüten eng zusammengepferchten Soldaten an denen auch häufig mit den Marketenderinnen getanzt wurde. Bu
einem dieser Märsche dichtete ein poetisch veranlagter Soldat während der Ueberfahrt einen Text, aus dem das auch heute noch nicht vergessene Lied„ Ein Schifflein sah ich fahren..." hervorgegangen ist. Dieses Lied wurde während des amerikanischen Unabhängigkeitsfrieges 1776 bis 1783 von den hessischen Truppen mit Vorliebe gesungen, und als der Krieg beendet war, verließen sie unter den Klängen dieses Marschliedes ihre letzte Garnison Charleston. Bei dieser Gelegenheit lernte der Oberbefehlshaber der den Amerikanern zu Hilfe gesandten französischen Truppen, der Gneral Lafayette, den Marsch kennen, und er gefiel ihm so gut, daß er ihn mit nach Frankreich nahm und in Erinnerung an seine amerikanischen Kriegsjahre bei den dortigen Garden einführte. Während der französischen Revolutionstriege fam der Marsch auch nach Belgien , wo er bald viel gespielt und mit besonders gedichtetem Text auch gesungen wurde. Als nun vor hundert Jahren, im Sommer 1830, die belgische Revolution ausbrach, legte der Komponist der Brabançonne, Campenhout, der Melodie feines Revolutionsliedes die im Lande bereits bekannte Weise des alten hessischen Trommlermarsches zugrunde, die dadurch zur Nationalhymne des jungen Königreiches wurde. Vom Gouverneur zum Straßenbahner
In Riga starb im Krankenhaus der Straßenbahnschaffner Nikolai Nikolajewitsch Lawrinowski , der letzte Gouverneur von Livland unter dem zaristischen Regime. Er lebte seit seiner Flucht aus Rußland in dürftigen Verhältnissen, und zwar eigenartigerweise immer als Billettkontrolleur: zuerst in einem Kino, dann auf einem Dampfer, schließlich bei der Straßenbahn.