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Morgenausgabe

Nr. 397

A 200

47.Jahrgang

Böchentlich 85 Bt., monatlich 3,60 2. im voraus zahlbar, Bostbezug 4,32 m. einschließlich 60 Pfg. Boftzeitungs- und 72 Bfg. Boftbeftellgebühren. Auslands abonnement 6,- M. pro Monat. *

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Vorwärts

Berliner   Boltsblatt

Dienstag

26. August 1930

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die etnipaltige Nonpareillezetle 80 Pfennig. Reflame eile 5,- Reichs­mart. Kleine Anzeigen das tettge drudte Wort 25 Pfennig( zuläffig zwei fettgebrudte Borte), jedes weitere Bort 12 Pfennig. Stellengesuche das erste Wort 15 Pfennig, jedes weitere Wort 10 Pfennig. Borte über 15 Buchstaben. zahlen für zwei Borte. Arbeitsmarkt Beile 60 Pfennig. Familienanzeigen Zeile 40 Pfennig. Anzeigenannahme imhaupt geschäft Lindenstraße 3, wochentäglich von 8 bis 17 Uhr.

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

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Erhöhung der Lohnsteuer? Die geborgle 3deologie.

Die ,, Finanzreform" des Brüning- Kabinetts.

Je näher der Wahltermin heranrüdt, um so stärker wird die Furcht der jetzigen Regierungsparteien, daß der Mange! irgendeiner positiven Wahlparole ihre ohnehin un günstige Lage noch weiter verschlechtern werde. Schon die kurze Zeit des jezigen Wahlkampfes hat gelehrt, daß der von den Re­gierungsparteien geführte Kampf gegen die Sozialdemokratie nur mit einem Mißerfolg enden kann, auf feinen Fall aber positive Reformvorschläge zu ersetzen vermag. Aus diesen Erwägungen sind die Pläne entstanden, die seit einiger Zeit das Reichstabinett be schäftigen: Der Borschlag zur Wahlreform und angeblich auch ein großes Finanz- und Steuerprogramm. Irgend melche Einzelheiten über diese Finanzreform werden sorgsam ver schmiegen.

Diese Geheimnistuerei ist verständlich. Wahrscheinlich wissen die Urheber dieser Pläne selber noch nicht, welchen positiven Inhalt ihre Reform haben wird. Dieses Finanzprogramm soll ja nur wahlagitatorischen Zweden dienen und man wird es infolgedessen wohl so allgemein halten wie nur möglich. Wenn es den Wählern der Regierungsparteien neue Hoffnungen atrf Steuerfentungen einflößt, so hat es sicherlich im Sinne seiner Urheber erfolgreich gewirkt. Es ist also gar nichts anderes als ein neuer Täuschungsversuch, um die schlechten Wahlaussichten der Regierungstoalition zu verbessern.

Man braucht sich ja nur die tatsächliche Finanzlage des Reiches, der Länder und Gemeinden vorzustellen, um zu der Erkenntnis zu kommen, daß überall er­hebliche Fehlbeträge gedeckt werden müssen. Trotzdem sich der Finanzminister Dietrich dieser Tage bemühte, die Finanzlage möglichst rosig zu schildern, hat er zugeben müssen, daß allein beim Reich ein Fehlbetrag durch Steuerausfälle von 300 Millionen zu erwarten ist. Bei Ländern und Gemeinden entsteht durch Steuerausfälle mindestens der gleiche Fehlbetrag. Dazu aber kommen die Fehlbeträge durch unvermeidliche Mehrausgaben. Beim Reich) allein werden die noch immer machsenden Ausgaben der Arbeitslosenversicherung und der Krisen fürsorge einen neuen Bedarf von 250 bis 300 Millionen Marf ver­ursachen. Wie hoch die Kosten für die wachsende Zahl von Wohl­

Schwarzer Montag in Indien  . Attentat auf den Polizeipräsidenten von Kalfutta,-Blutiger Kampf in einem Dorf an der Nordwestgrenze.

Bombay  , 25. Auguft.( Eigenbericht.) Während die englische Regierung versucht, mit Gandhi   und der indischen Freiheitsbewegung eine Berständigung herbeizuführen, find die englischen und indischen Gegner dieser Bestrebungen eifrig am Wert. In London   heit der Gewaltanbeter und fonservative Führer Churchill   gegen die Verständigung und die indischen Nationalisten freuen sich in Bombay   ob dieser Worte. Auch den indischen Feuerfreffern ist nichts unangenehmer als Frieden, der von beiden Teilen Opfer fordert.

Churchill   und die in Indien   wohnenden Europäer begnügen fich aber wenigstens mit fönenden Phrafen und Schimpfereien auf die Arbeiterregierung. 3n& altutta aber antwortet man mit Bomben. Indische Nationalisten haben am Montag drei dieser Explosivförper mitten in der Stadt gegen das Auto des Polizeipräsidenten Sir Charles Tegart geworfen. Der Polizeipräsident blieb unverletzt. Geistesgegenwärtig sprang er aus dem Wagen, 30g den Revolver und schoß einen der Alten­täter nieder. Einen

fahrtserwerbslosen bei den Gemeinden sein werden, läßt sich über haupt noch nicht übersehen. Fest steht nur, daß hier die Haupt­gefahrenquelle für die öffentlichen Finanzen liegt und

daß hier Fehlbeträge von mehreren hundert Mil­lionen leicht entstehen können.

Unter diesen Umständen wird man jedes Finanzprogramm, das dem Ziel der Steuersentung dient, als utopisch ansehen müssen. Trotzdem ist es nicht ausgeschlossen, daß die gegenwärtig regierenden Männer aus reiner Verzweiflung über ihre ungünstigen parteipolitischen Aussichten ernsthaft noch im Laufe dieser Woche Maßnahmen erwägen, die sie selbst für durchführbar halten können, deren Propaganda andererseits aber große Gefahren hervorrufen tann. Auch spielt sicherlich die Absicht eine große Rolle, vollendete Tatsachen zu schaffen, eine fünftige Regierung zu binden und vor allem Pläne durchzusetzen, für die man in normalen Verhältnissen auf teine Mehrheit rechnen kann.

So ist z. B. nicht nur zum Zwecke der Senkung der Besitzsteuern an eine neue Verschärfung der Ver­brauchssteuern gedacht, sondern man will auch die Lohnsteuer erhöhen und die Lohnsteuererstattungen ganz beseitigen.

Während früher einmal die Ermäßigung der Lohnsteuer beabsichtigt war, will man jetzt das Gegenteil tun und die auf diese Weise gewonnenen Beträge zur Sentung der Kapitalsteuern und der hohen Einkommensteuern verwenden.

Der tiefere Sinn dieser Pläne, über die bisher im Reichskabinett teine Einigkeit zu erzielen war, ist aber ein allgemein politischer. Man will nicht nur den Wählern der bürgerlichen Parteien schon jetzt die Belohnung in flingender Münze für guten Wahlausfall in Aussicht stellen, sondern schon jetzt für die Zeit nach den Wahlen eine Situation schaffen, bei der die Sozialdemokratie zwangsläufig ausgeschaltet wird. Der eifrigste Pro­pagandist dieser firen Idee ist natürlich Herr Treviranus. Er geht jeden Tag mit einer neuen Idee" schwanger, um sich und feinen Ministerkollegen auch über die Wahlen hinaus ein Amt.zu sichern.

fielen ein englischer Hauptmann und neun Soldaten, zehn Soldaten wurden verwundet. Auch die Mohammedaner hatten zahlreiche Tote und Verwundete. Die Tatsache, daß am Mon­tag fämtliche Frauen und Kirder Peshawar   verlassen mußten, läßt darauf schließen, daß die Regierung einen neuen farten Gegenstoß der Grenzstämme erwartet.

Brünings journalistische Vertretung.

Der Deutsche  " in der antisemitischen Goffe  . Im Organ der christlichen Gewerkschaften, Der Deutsche", lesen wir:

,, Bier Wochen theoretische Dittaturverordnung gegen die Kartelle sind vergangen, meint der Wahlmacher der Sozialdemo­tratie im galizischen ,, Borwärts"

Das Wort galizischer Vorwärts" war bisher Schimpfreservat für ein schmuẞiges, vom Unternehmertum ausgehaltenes Winkel blättchen gelöster Gesinnung. Der Deutsche  " aber war einmal das Organ Stegerwalds. Heute fühlt sich der Deutsche  " als Vor tämpfer für das Kabinett Brüning.

-

neue Programm mit

Fememörderjargon.

Die neue Programmerklärung der Kommunistischen Partei hat ein begeistertes Echo gefunden zwar nicht bei der Arbeiterschaft, wohl aber bei der Gruppe der Otto Straßer  , Buchruder und Mossatowsky. Diese Nationalkommunisten, die sich von der Partei Hitlers   abge= spalten haben, sind durch die Lektüre dieser Programm­erklärung in zitternde Erregung versetzt worden. Hier lesen sie schwarz auf weiß, ws fie immer gesagt haben. So schreibt Herr Eugen Mosfatowity in Otto Straßers Der nationale Sozialiſt":

,, Vor etwa sechs Monaten legte ich in der Nationalsozia listischen Presse- Korrespondenz" dar, worin die historische Be deutung der Hitlerpartei beruht. Ich wies auf die Wandlung in der KPD.   hin. partei zweifellos beschleunigend. gewirtt: je mehr diese zahlrenmäßig wuchs, um so notwendiger wurde für die KPD., daß sie ihre politische Haltung gemäß der deutschen   Wirklichkeit forrigierte.

"

Diese Wandlung ist jetzt offensichtlich. In der Roten Fahne" veröffentlicht das Zentralfomitee der KPD. eine Programm erflärung zur nationalen und sozialen Befreiung des deutschen  . Boltes". Ein bedeutsames, ein historisches Dokument, denn mit ihm stellt sich die SPD.   in die Front des deutschen  Widerstandes und der Freiheitspolitik!

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Wir haben von jeher betont, daß wir uns ungeachtet alles sonst Trennenden mit jedermann verbunden fühlen, der Rebell gegen den Zustand von Versailles  und Joung ist. So greifen wir aus der Programmerklärung" der KPD. auch zunächst die Sätze heraus, die für uns entschei­bend find:

"

,, Wir Kommunisten sind gegen die auf Grund des Bersailler Gewaltfriedens durchgeführte territoriale Berreißung und Aus­plünderung Deutschlands  ."

,, Wir erflären feierlich vor allen Völkern der Erde, vor allen Regierungen und Kapitalisten des Auslandes, daß wir im Falle unserer Machtergreifung alle sich aus dem Versailler Frieden ergebenden Verpflichtungen für null und nichtig erklären werden, daß wir keinen Pfennig 3inszahlungen für die imperialistischen Anleihen, Kredite und Kapitalsanlagen in Deutschland   leisten werden."

Das unterschreiben wir Wort für Wort! Und daher sei aus dem Leitartikte! in Folge 154 das wiederholt, mas bei einigen Freunden Kopfschütteln, im bürgerlichen Lager stellenweise helles Entsetzen ausgelöst hat: Daß sich zwischen uns und unseren Freunden einerseits und den fommunistischen Revolutionären andererseits aus der gegenwärtigen Situation des Reiches heraus von selber Beziehungen ergeben, Beziehungen, die zu Verbindungen werden müffen, wenn nicht das gegenwärtige System schließlich über beide Gruppen, über die Revolution und damit über Deutsch­ land   triumphieren soll." Da nun die KPD.   offiziell in der Widerstandsfront steht und die Sache der deutschen Frei heit programmatisch zur ihrigen erflärt hat, gilt das Geschriebene doppelt und dreifach!

Die PD. hat 1919 diesen einen Weg geahnt; 1923 tastete fie fich zu ihm hin.

Jetzt beschreitet sie ihn, aber sie folgt dabei wohl weniger der schöpferischen Initiative ihrer leitenden Köpfe, sondern den eigent­lichen Anstoß erhielt sie wahrscheinlich von der russischen Außenpolitit, dank deren kluger Voraussicht. Und so erst mird vielleicht völlig verständlich, warum es für die KPD  . kein Zurück mehr gibt!"

Jetzt weiß Herr Buch ruder, der Führer der ,, nationalfommunistischen Haufen" von Küstrin  , wo er politisch Unterschlupf finden kann. Wenn die Kommu nistische Partei nationalbols chemistisch wird, können Otto Straßer   und Buch ruder nicht nur Beziehungen, fondern auch Berbindungen mit ihr eingehen!

Wie er es tut hier ist eine Probe! Wir gratulieren dem Blatt zu seiner Entwicklung, und Herrn Brüning zu einer jour­seiner habhaft werden konnte. Wenn Sir Charles Tegart mit dem nalistischen Vertretung, die sich ihre Beschimpfung der Sozial lands und Rußlands   gegen den Westen am Rhein  . 1920 Leben davongekommen ist, so verdankt er das vor allem der Geistes- demokratie aus der gelben Gosse zusammertlaubt! gegenwart feines Wagenführers, der selbst verletzt wurde. Er wich der ersten Bombe geschicht aus. Die anderen Bomben fielen dicht neben den Wagen, als der Polizeipräsident ihn bereits verlassen hatte. Auch sonst war der Montag in Indien   ein schwarzer Tag.

Die Pflicht des Tages:

einsehen!

In Shahapur, wo Hunderte von Menschen die Forffgefehe verlehen Wählerlisten einsehen!

wollten, tam es zu schweren kämpfen mit der Polizei. Auf beiden Seiten gab es Verwundete. Ein Eingeborener wurde Sichert euch euer Wahlrecht. Keine Stimme darf der von der Polizei erschossen. Ebenso kommen von der Nordwest. Liste 1 verloren cehen Darum noch heute die Listen prüfen. Wo sie eingesehen Grenze frübe Meldungen. Einige Militärabteilungen waren von Bannu   mit dem Auftrag entfandt worden, einen feindlichen werden können ist an den Anschlagsäulen bekannt Mohammedonerführer zu verhaften, der in einem Grenzdorf gemacht. Veranlaßt, daß auch eure Bekannten sprechen wollte. Die Mohammedaner waren jedoch stärker als ihrer Pflicht genügen. Alles muß aufgeboten werden die Soldaten. Es wurde zunächst hin und her verhandelt Als

es jedoch zu feiner Einigung fam, gerieten die Soldaten und die

für den

Im Jahre 1919 schwärmte Radet vom Kampf Deutsch­schrieb Sinowjem eine ganze Broschüre zur Förderung der nationalbolſchemistischen Ideologie, 1923 wieder diskutierte Radet mit Reventlom über den Nationalboljchewis­mus und Ruth Fischer   poussierte die Hakenkreuzstudenten. In diesen Jahren glaubte man in Moskau   noch ernsthaft an wollte ins Lager der entwurzelten Offiziere, der Nationalisten und Chauvinisten, der Fememörder und der Schwarzen Reichs­mehr eindringen. Desperados, Butschiften und Terroristen fuchte man, haßerfüllte Gegner der Republik   zu gemeinsamem Butsch!

eine bolſchemiſtiſche Revolution in Deutſchland  , man

Die waderen Nationalbolschewisten vom Schlage Buch­ruders meinen, wenn sie die Deflamationen der neuen fom­munistischen Programmerklärung gegen den Vertrag von Bersailles und den ,, Landesverrat der Sozialdemokratie" lesen,

Mohammedanet ins Handgemenge. Auf anglo- indischer Selfe Sieg der Sozialdemokratie! es fei alles noch wie 1919, 1920 und 1923! Gie ſehen ſcher