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Also

Also sprach Bebel...

Unsterbliche Wahllügen.

Das alte Sprichwort Zügen haben turze Beine" ist durch die Geschichte der Wahlkämpfe längst Lügen gestraft worden. Es gibt gemisse Behauptungen, die, so oft sie auch widerlegt wurden, mit eherner Regelmäßigkeit wieder auftauchen. Dazu gehören vor allem gemiffe Säge, die man sozialdemokratischen Führern in den Mund legt, um sie nach Jahrzehnten, neu aufgebügelt, den neuen Wählergeschlechtern wieder vorzusehen.

Gegenwärtig wird in Berlin   auf der Straße ein Blättchen vers teit, das von der Volkspartei der Herren Scholz und Seedt herausgegeben wird und den Titel führt: Berliner   Stimmen". In diesem, sonst in weitesten Kreisen unbekannten Blatte mird in der Nr. 34 vom letzten Sonntag eine Zeichnung veröffentlicht, die einen Proletarier, dessen Ballonmüße die Buchstaben SPD  . trägt, eine Beitsche über die aus der Fabrik strömenden Arbeitskräfte schwingen läßt. Als Begleittert stehen die Worte:

Also sprach Bebel:" Die fozialen Wunden am Bolfskörper müffen offen gehalten werden."

Jeder, der auch nur einigermaßen die parlamentarische und außerparlamentarische Tätigkeit August Bebels mie der Sozial­demokratie überhaupt fennt, weiß sofort, daß diese Worte niemals von Bebel gesprochen worden sein können. War doch seine ganze Tätigkeit darauf gerichtet, die sozialen Wunden Boltstörper zu heilen und ihr Wiederaufbrechen zu ver hindern.

am

Da aber dieser Satz nicht nur bei den Volksparteilern, sondern auch sonst oft gegen die Sozialdemokratie angewandt wird, so müssen wir wieder einmal dem offenkundigen Schwindel nach gehen und den Ursprung des erlogenen Zitates feststellen.

Es war im Jahre 1909 aus Anlaß von örtlichen Wahlen, als ein Kölner 3entrumsflugblatt die Behauptung auf­stellte, Bebel hätte auf dem Internationalen Sozialistentongreß in Brüssel   1891 erklärt:

Die Wunden am sozialen Körper müssen offen gehalten werden, deswegen ist in den staatlichen Maßnahmen zum Wohle der arbeitenden Klassen eine Gefahr zu erblicken." Damals wandte sich die Redaktion unseres Kölner   Parteiblattes an Bebel um Auskunft. Unter dem 8. November 1909 schrieb Bebel den Kölner   Parteigenossen:

..Es liegt auf der Hand, daß ich, der ich 1889 die Arbeiter­schuhforderungen mit formuliert und beantragt hatte, 1891 nicht den blödsinnigen Sah aufstellen konnte, den mir das Zentrums­flugblatt unterschiebt."

Er refapitulierte kurz die sozialpolitischen Erörterungen des Brüffeler Sozialistentongresses und fuhr dann in dem Briefe fort:

Das kommunistische Wahlprogramm.

Sozialdemokraten Landesverrater

DEUTSCHLAND  ERWACHE!

SUDA VERRECKE

AGENTEN DES FRANZÖSISCHEN  IMPERIALISMUS

MIT NIEDER

UND VERSAILLES  

YOUNG

S

Unsere Parolen

55

S\

Aufhalten, aufhalten!" Hat er geschossen?" Nein, er hat uns fchon wieder einen Stoß Parolen geklaut!"

Bombenattentäter Bold.

Er legt seine Kumpane hinein.- Roulettetisch, Astrologie und Bombenlegen.

Altona  , 27. August.

verwendet wurden, nach zehnjährigem Lagern gar nicht mehr ge brauchsfähig sein konnten. Bold bejaht dies.

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Der Vorsitzende fragt, wie er denn mit solchen Dingen habe demonstrieren wollen. Bold wendet sich achselzuckend ab. Anschließend wird das Protokoll der Vernehmung vom 13. No­

Staatsanwalt Dr. Junker zählte nach den Aussagen von Bold die Protokolle auf, deren Verlesung er für notwendig erachtet. zuerst handelt es sich um die Vernehmungen Bolds vor dem Untersuchungsrichter, Landgerichtsdirektor Dr. Masur, am 11. No­vember 1929 in Berlin  , unmittelbar nach Volds Rückkehr aus Italien.  vember 1929 verlesen, in dem sich Volck über Erwerb und Weitergabe Don Waffen äußerte. Er will nur als Unterhändler fungiert haben. Es handelt sich bei den Waffen um zahlreiche Gewehre, Pistolen und Patronen.

Die Vorgeschichte der Attentate.

Die Verlesung beginnt mit einem Abriß der Lebensgeschichte Bolds, der in Dorpat  ( Livland  ) geboren ist, seit 1905 in Deutsch­ land   lebt und seit 1913 die deutsche   Staatsangehörigkeit besitzt. Er hat bei den Lüneburger   Dragonern den Krieg mitgemacht und sich nach dessen Beendigung an mancherlei politischen Grün ungen beteiligt, nebenbei auch eine Kriminalbetettei betrieben. Er hat damals die Gründung der Bachnereinigung fast genau so geschildert wie heute, mur daß er damals auch die Namen der Beteiligten nannfe. Danach war der eigent­liche Leiter der Angeflagte Heim; Luhmann und John fen waren an führender Stelle tätig, Is Anfang 1929 die

,, In der Rede, die ich zu diesem Punkte der Tagesordnung hielt, habe ich mich selbstverständlich mit den gestellten Forde­rungen einverstanden erklärt, zumal ich doch wiederum bei ihrer Abfaffung in der Kommission beteiligt gewesen war. Am Schlusse der Rede wandte ich mich dann gegen einen Borschlag, der dahin ging, nur solche Kandidaten bei den Wahlen zu unterstützen, die sich auf diese Arbeiterschuhforderungen ver­pflichteten. Ich wandte mich gegen den Vorschlag als nicht meit genug gehend und führte dabei aus: Wie die Berhält niffe in Deutschland   lägen, werde von unserer Partei fein Ran­didat aufgestellt, der nicht das sozialdemokratische Programm bis in seine äußersten Konsequenzen anerfenne; nach der vor. Legenden Forderung genüge aber schon die Zustimmung zu den Bariser Beschlüffen. Diese tönne jede bürgerliche Parteimitteltnapp wurden, habe anerkennen, denn mit ihrer Anerkennung fei man noch lange nicht Sozialist Die Sozialdemokratie müsse für Klarheit eintreten und den Finger in die Wunden der Gesellschaft legen, damit diese Wunden für alle fühlbar und unleugbar würden." Damals, im Jahre 1909, nannte Bebel die Behauptung des Zentrumsflugblattes schon die unverschämteste Ber. drehung, die jemals vorgenommen worden ist. Und er fügte hinzu, unter Hinweis auf seine langjährige Tätigkeit im Sinne des gefeßlichen Arbeiterschutzes:

,, Gegenüber solchen durch Jahrzehnte hindurch zu beweisenden Tatsachen hat man die Unverfrorenheit, mir Ausführungen zu unterstellen, die mit all meinen Worten und Taten im schärfften Widerspruche stehen."

Wir können diese entrüstete Abwehr Bebels heute ohne Kommen. tar auch auf die Volksparteiler anwenden, die einen dreißigjährigen Schwindel heute zwölf Jahre nach der

Revolution wieder aufwärmen.

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Nach Ibsen, dem großen norwegischen Dichter, lebt eine solide Wahrheit etwa dreißig Jahre. Lügen aber find unsterblich, wie das obige Beispiel zeigt.

Die Oststelle in Tätigkeit. Einrichtung der Landstellen Anfang September. Amtlich wird mitgeteilt:

Die durch Erlaß des Reichspräsidenten   vom 14. August 1930 errichtete Dftstelle hat ihre Tätigkeit aufgenommen. Die Geschäfts­räume befinden sich vorläufig in Berlin   9, Leipziger Platz 17. Die Einrichtung der Landstellen in Königsberg  ( Ost­ preußen  ), Köslin  , Schneidemüht, Breslau   und Oppeln   steht für Anfang September in Aussicht. Die Kommissare entscheiden in den Angelegenheiten der Umschuldung, Betriebssicherung und Zinserleichterung selbständig.

Bauernbonze Vold.

Herbert Bold wollte, nach wiederholtem Entgleisen In bürgerlichen Berufen, der Mitmelt beweisen, Daß die holsteinische Landwirtschaft vor dem Ende Einem mit Schrecken natürlich

stände.

Solche Tätigtet aufopfernd durchzuführen,

Täten ihm achthundert Em pro Monat gebühren. Außerdem schaffte fich der arme Mann

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Aus purer Berzweiflung ein Lurusauto an.

Damit fuhr er herum und sprad über Schollengeistigfeit,

( 3wei Drittel Phrasen, ein Drittel Dreistigfeit!) Ab und zu hat hinter ihm ein Sprengförper geknallt, Alles gegen festes Monatsgehalt!

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Doch hat er mit der Landwirte Not nicht umsonst geprahlt, Denn sein Gehalt befam er stets pünktlich ausgezahlt. Ind stedte manch' Bauernfarren auch im Dred, Sein Auto tam immer hübsch hurtig vom Fled! Jetzt hat er die Reflameschnauze vor Gericht. Die Bauern schweigen, ihr Herr Sekretär, der pridyt! Doch er ist gerechtfertigt trotz allem und alledem, Denn fein Kampf, er galt ja dem Bonzenfyftem!

Jonathan,

0801

Heim angeregt, durch irgendeinen großen Tamtam Auffehen zu erregen,

um das Geschäft", nämlich die Bachvereinigung, beffer in Fluß und damit Geld in die leeren Taschen zu bringen. So jei man auf die Idee gekommen, mit den knall pateten Scheinatten tate auszuführen. Der gewünschte Erfolg sei nicht eingetreten, und man sei deshalb übereingekommen, gleichzeitig an mehreren Stellen fräftiger loszufnallen. Um dies tun zu können, habe man sich mit& aphengst, den man als Bomben­fachmann gefannt habe, in Berbindung gesetzt. Mit drei fertig ver­padten Holzkisten sei der Anfang gemacht worden. Ihren Inhalt will Bold damals nicht gefannt haben. Die nächtlichen Fahrten zum Bombenlegen schilderte er in aller Ausführlichkeit. Auch alle dabei Beteiligten hat er damals genannt.

Sie suchten Geldgeber. Roulettetisch und

Aftrologie.

Bold hat anscheinend die Beschaffenheit der Sprengstoffe gut ge fannt und diese mit Johnsen zusammen öfters umgelagert. Bet einer Gegenüberstellung von Bold und Johnsen am 15. November ergab sich im wesentlichen Uebereinstimmung. Am 15. Februar 1930 äußerte sich Bold über die Verteilung der von zunt Rathjen übernommenen Sprengstoffe, die Teil gleichfalls an Johnsen abgegeben wurden. Es handelt sich dabei um die Beute aus dem Einbruch in Mülheim  . Den Sprengförper für Hollingstedt   hat Bold Weschte übergeben; er sollte an der Tür zum 3immer des Amtsvorstehers befestigt und zur Explosion ge bracht werden. Weiter hat Bold bezüglich des Attentats von insen zugegeben, von Rathjen Bafete mit Sprengförpern er­halten zu haben. Die Pafete gingen zum Teil an Heim, Biek und Johnsen. Johnsen sollte Attentate in Lüneburg   und Hannover   aus­führen. Falls das nicht flappen sollte, schlug Heim vor, einmal ein Finanzamt zu bombardieren. Bossen wird in diesen Protokollen immer wieder als derjenige erwähnt, der für die Unterbringung der Sprengstoffe forgte und sie auf dem Hoge von Holländer mit dessen Wissen verwahrte.

Der Angeklagte Bold behauptet, alle diese Protokolle seien nur auf Grund von Borhaltungen durch den Untersuchungsrichter entstanden. Man habe ihm allerlei vorgelesen und er habe alles bestätigt, meil er es als das Ergebnis polizeilicher Ermittlungen betrachtet habe.

Auch Rathjen hat gestanden.

Es folgt die Verlesung der Protokolle über die Bernehmun gen des jezigen Angeklagten Rathjen. Rathjen be hauptet darin, er habe die Sprengstoffe aus einem 1917 aufgelassener Munitionslager mitgenommen, um sie zu Hause zum Ausroden von Stubben zu verwenden. Er hat später einen Kursus in der Ber­Aufbewahrung erhalten. Eines dieser Protokolle beginnt mit den Worten: Nunmehr will ich ein offenes Beständnis ablegen." In der Bernehmung gab Rathjen dann zu, für Zwecke der Land­voltbewegung Sprengstoffe hergegeben zu haben.

Am 12. November 1929 erfolgte eine weitere Vernehmung Volds, in der dieser zunächst bestätigte, daß er von Heimwendung von Sprengstoffen mitgemacht und die Genehmigung zur 800 m. monatlich erhalten habe und mit diesem u. a. bei Kapitän Ehrhardt gewesen sei.

Im November 1928 wurde mit Heim und Hamtens wegen der Ausführung von Knalldemonftrationen verhandelt und auch Einigkeit darüber erzielt.

Schmidt, Kaphengst, Rathjen und Johnsen waren damals schon beteiligt. Man münschte, die völkische Stu: dentenschaft in die Bewegung hineinzuziehen. Kaphengst, der sich mit Schmidt in einer Altonaer   Besprechung zur Hilfe bereit erflärte, soll damals Führer einer Ehrhardt- Gruppe gewesen sein. Man ist auch an den Alldeutschen Berband und an Justizrat Claß herangetreten, das Unternehmen, das damals noch geheimgehalten wurde, zu finanzieren. Die Verhandlungen scheiterten ebenso wie die mit Kapitän Ehrhardt an den Forderungen Heims, der allein 100 000 m. verlangte, während Bold 80 000 m. erhalten sollte. Ein Bersuch Heims, mit Sugenberg in Berbindung 311 tommen, ist gleichfalls gescheitert.

Heim und Bold begaben sich dann nach 3oppof, haften aber am Rouleffefijo tein Glüd.

Heim wollte dann scharf vorgehen, doch riet Bold aus astrologischen Bebenten ab. Troßdem wurde die Sache in Jhehoe unter nommen. Muthmann, ein Parteifreund Ehrhardts, nannte Bold einen Berräter, der sich in Holstein nicht mehr bliden laffen sollte. Raphengst soll später gesagt haben, Muthmann laffe fich als Urheber der Attentate feiern, ohne es zu sein. Damals fagte ein Hamburger Aftrologe, es sei Gefahr im An­zuge, er fürchte Gefangenschaft oder Egil, worauf Bold ins Ausland ging. Hamtens und Salomon will Beld erst nach Ausführung der Attentate fennengelernt haben. Er fuhr über München   und Kufstein  nach San Remo, Monte Carlo  , Locarno  . Als er von den Berhaftungen in Deutschland   hörte, wechselte er fortwährend feinen Aufenthalt, bis er es Anfang November für beffer hielt, zurüd. zukehren, worauf dann seine Berhaftung erfolgte.

Aus dem Profofoll ergibt sich eine schwere Belaffung für alle Mitangeklagten.

Rechtsanwalt Bloch bittet, Bold zu fragen, ob ihm als alten Soldaten befannt war, daß handgranaten, wie sie in Weffelburen

Er habe dabei dem Mittelsmann, der sich Donnersmard nannte, genaue Angaben über die Gefährlichkeit des Materials gemacht. Besonders interessant ist das Stichmont­ſyſtem, durch das sich die Beauftragten gegenseitig auswiesen. Hatte Die letzte Unterredung an einem Freitag stattgefunden, so führte sich beispielsweise der Abholer mit einem Namen ein, dessen erste Gube Frei" lautete, also etwa Freiberg  . So erfuhr feiner den Namen des anderen. Der angebliche Donnersmard dürfte also durch eine Donnerstagunterredung zu seinem Pseudonym gekommen sein. Bruno n. Salomon, Heim und andere Landvoltführer hat Rathjen erst später bei einem Besuch in Izehoe kennengelernt. Beschte vermittelte die Bekanntschaft. Bei dieser Gelegenheit will Rathjen rein zufällig erfahren haben, daß auch Johnsen Sprengstoffe besorgen fönne. Bon Johnsen habe er dann später tatsächlich einen Sad mit einer bräunlichen Masse als Sprengmaterial erhalten. Dieses fünf Pfund schwere Material hat er dann aber aus Furcht vor Entdeckung in dem an seinem Hause vorüberfließenden Bach persentt. Rathjen bekräftigte zum Schluffe nochmals, seine Angaben seien die lautere Wahrheit

Am 16. November 1929 hat Rathjen seine früheren An gaben bestätigt und lediglich die attive Beteiligung bei ben Attentaten bestritten, über die er meder durch Claus Heim   noch sonstwie unterrichtet gewesen foin will. Dem Untersuchungsrichter Dr. Masur gegenüber hat er bei der Vernehmung in Berlin   gu gegeben, sich genau darauf besinnen zu können, daß er am 27. Juli 1929 in Holstein gewesen sei, von Johnsen Sprengstoff erhalten und diesen mitgenommen habe.

Die Verhandlung wurde auf Donnerstagmorgen vertagt.

Fast 100 000 polnische Wanderarbeiter. Im Zusammenhang mit dem nahen Abschluß der landwirtschaftlichen Arbeiten teilt die polnische Presse mit, daß in diesem Jahr insgesamt 98 000 polnische Manderarbeiter in Deutschland   Beschäftigung gefunden haben. Die Rückwanderung dieser Bandarbeiter nach Polen   wird mitte Co tember beginnen.