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102 Boxer. G» sieht Goebbels   die Parlamentsarbeit. In einem Brief an einenSehr verehrten Herrn Ab- geordneten" seiner Partei schreibt oder schrieb der Dr. Goebbels   diese Weisheiten über die parlamentarische Arbeit: Wer gewählt wird, ist damit Angestellter der Partei. Der Staak ist so liebenswürdig, diesen Angestellten zu besolden. Ansonsten wollen wir nichts von ihm. Di« parlamentari- Ich« Arbeit selbst sieht ungefähr so aus: Morgens um 9 Uhr erscheint der Abgeordnete im Hohen Haus, zeichnet sich in die Diätenlist««in. grinst seinen demokratischen Kollegen freundlich zu und verschwindet dann mit Gruß und Händowinken. Ueber Tag arbeitet er in der Organisation oder er ist auf Agitation. Wem diese Arbeitsmethode nicht gesälll. der mag aus dem Parlament herausbleiben. Gezwungen wird ja niemand, sich in den Reichstag wählen zu lassen. Angenommen, wir bekommen einmal 20 Mandate, bedenken Sie, das sind hauptamtliche Kräfte der Bewegung, Redner, Organi- saloren, Ringkämpfer und weih der Teufel was noch: die scheren sich einen Dreck um Demokratie und Parlament, die nahen rücksichts­los die vorteile des Reichstags aus für die Bewegung naturlich, nicht für sich.... Hat dos Parlament einmal einen großen Tag. dann marschieren diese Zwanzig geschlossen an. Aufgepflanzt wie die Eichen stehen sie vor der Tribüne des Reichstages: zehn Redner, mit allen Wassern gewaschen, zehn Boxer, in allen Griffen de, Ringkampfes zu hause. Zehn geschickte Zwischenrufer bringen selbst Herrn Stresemarin ous dem Konzept: und wo aus der randalierenden Demokratie roter und rosaroter Coleur mit Tintenfässern der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit Ausdruck zu verleihen versucht wird, da bringen einige zielsicher cmgebrachte knock outs Respekt und Mores bei. Zuerst wird man lachen: bald wird man schweigen, und dann wird man uns hassen wie die Pest.... Zwanzig bedingslose Kämpfer, die das Parlament so behandeln, wie es das nach Geseh und Recht verdient, en csnaille, die das nicht nur sagen, sondern auch tun, die sind imstande, den Parlamentarismus sbsuräum zu führen. Wir sind hier im Lande Staat im Staate, ein Staat mit eigenen Gesehen und eigenem Lebensstil. Werden Sie im Reichs- tag Parlament im Parlament, geben Sie diesem Parlament im Parlament sein Geseh und seinen Lebensstil! Je mehr man Sie im Reichstag haßt, um so tiefer werden Sie von uns im Lande geliebt werden. f Zwanzig Boxer, zwanzig Ringkämpfer, zwanzig Knockout-Schläger das war ein parlamentarisches Ideal diesesInhabers der Immunität"! Heute hat er 107 derartige Ehrenmänner beisammen. Vielleicht sollen die 107 sich auch als Ringkämpfer, Boxer und Knockoutschläger bewähren? Aber nicht doch! Der Brief Goebbels   an Frick stammt wie Otto Straßer   in seinem Konkurrenzblatt mitteilt aus dem Jahre 1927. Damals war Goebbels   noch nicht Ab- geordneter. Jetzt gar wird er in seinem Leibblatt schon wesentlich milder. Änn daß die 107 regelmäßig im Reichs­tag nur ihre Diäten einstecken und gar nicht mehr mittaten sollten das ginge jetzt sogar dem Pg. Goebbels   über die Hutschnur!
Kommt die Einsicht? Kölnische Zeitung  " über Koalitionsfragen. Köln  . 20. September.  ((Eigenbericht.) Die ö l n i f<h« Zeitung" schreibt zu dem Antrag der Wirtschoftspariei, den Preußischen Landtag aufzu- lösen: Es liegt nicht die mindeste Veranlassung weder rechtlicher noch politischer Art vor, die Legislaturperiode des Preußischen Landtages  , die verfassungsgemäß erst 1932 abläuft, zu unterbrechen und Neuwahlen anzustreben. Im Gegenteil: Unter keinen Umständen darf es dahin kommen, daß das größte Land m ein« ähnliche pariamentarsiche Lage gerät wie das Reich. Preußen hat andere Ausgaben, als dem Radikalismus künstlich auf die Beine zu helfen. Allerdings wäre jetzt die gegebene Zeit, die schwache Preußenkoalition zu verstärken, indem man die Deutsche   Volks- partei ohne das sonst üblich« Hin und Her in die Regierung hinein- bittet. Ein derartiger Entschluß würde sich nicht allein für Preußen wohltätig auswirken, sondern zweifellos auch auf die Lage im Reiche einen günstigen Einfluß ausüben." * Diese Aeußerung des bisher führenden vobk spartet- lcchen Organs in Westdeutschland ist bemerkenswert. Ob sich allerdings nach dem Zusammenbruch der Dolkspartei im Reich und b«i den inneren Differenzen inn die politische Linie die Meinung der.Lölnrschen Zeitung" noch mit der offiziellen Partei- ouffassung deckt, bleibt abzuwarten. Jedenfalls zeigt dies« Stellungnahme, daß das katastrophale Wahlergebms in polkspariellichen Kreisen die Einsicht gefördert hat, daß mit der Sabotagepolitik gegen die Sozia- demokrati« wie mit den Gedanken an eine Koalition mit den Rechtsradikalen gebrochen werden muß.
Oer rote Wall in Thüringen  . Fast 100 Prozent Wahlbeteiligung der Männer. In Thüringen   wird bekanntlich getrennt nach Geschlechtern ge- wählt. Aus der Gemeinde Hermsdors mit 3300 Einwohnern liegt eine statistische Auswertung des Wahlrefultotes vor. Di« Gemeinde hat seit 1919 eine sozialistische Mehrheit mit einem sozialistischen   Bürgermeister und dies« auch bei der letzten Reichs- togswahl behauptet. In der Gemeinde sind 1103 Männer und 1277 Frauen wahlberechtigt. Damm haben mit Stimmschein 42 Männer und 42 Frauen auswärts gewählt, so daß in der Ge. meind« 1061 Männer und 1235 Frauen wahlberechtigt verblieben. Bon diesen übten 1052 Männer und 1173 Frauen ihr Wahlrecht aus. Rur   neun Männer und 62 Frauen bkeben der Wahlurne fern."Vo» de« Männer» haben als» 99,1 Proz. und mm den Frauen 95 Proz. ihr Wahlrecht ausgeübt. Von den 1052 Männerstimmen fielen 557 oder 53 Proz., von den 1173 Frauenstimmen 621 oder 50,3 Proz. der abgegebenen Stimmen «ms die sozialdemokratisch« List«. Di« fast 100prozentige Wohlbeteiligimg der Männer dürfte wohl in ganz Deutschland   einzig dastehen._ Zn ftonmo wurde ein gewisser Pssficha? mnn Irtcmischen Kriegsgen-bi wegen Spionaae zugunsten Polens   zum Tode ver-
Wahlergebnisse.
Fünf Mann in einem Boot! Llm das zv führen, braucht man doch nicht erst Kapitänlevtnant geworden zu sein!
Was? Nach vnserm Einmarsch mit 102 Mann sollen wir das Arbeitsministerium besehen?(So» was wird im dritten Reich durch die Polizei beseht!
Hugenberg: Nu Hab' ich dem Bengel die Halste meiner Mandate gegeben, vud nu verleugnet er seinen Pflegevater, der ihn großgezogen hat!
1. kein Hvgenberg, 2. kein Zungdo, 3. kein(Stahl­helm, 4. kein Hitler rettet ench! Sie Befreiung des Proletariats ist nicht das Werk der Arbeiterkiasse, sondern das Werk.... Teddy ThälmavnS!
Goebbels   und der Gummiknüppel. Zörgiebel-Hunde baumeln zu allererst".
Die Nationalsozialisten hielten Freitag abend im Kriegervereins- Haus eine Dersammlung ob, in der vor etwa 3000 Personen Dr. Goebbels   und Locpelmann über die politische Lage res«. rierten. Nach den üblichen wüsten Ausfällen gegen die Republik   er- klärte Goebbels  , der siegreiche Nationalsozialismus werde jetzt alles daran setzen, sich die nötige Mochtstellung zu erringen. Wenn dies auf legalem Wege nicht zu schaffen sei, so werde man es auf illegalem Wege versuchen. Die Begeisterung seiner Mannen kühlte allerdings erheblich ab, als er erklcirl'e, es müßten 500 M. zur Bezahlung der SA.-Autos vom Wahlsonntag von der Bersammlungauf- gebracht werden. Nach der Versammlung kam es in der Chausseestraß« zu wüsten Szenen. Die Polizsipatrouillen wurden als �örgiebel- Hunde" beschimpft und den einzelnen Schupos gedroht, sie würden die ersten sein, die im Dritten Reich am Galgen baumeln würden. Schnell herbeigerufene Verstärkungen griffen energisch durch und säuberten die Chavsieestraße, in der sich inzwischen große Menschenmassen angesammelt hatten. Zehn der rüdesten Schreier wurden festgenommen. Hierbei mußte die Schupo wiederholt zum Gummiknüppel greifen, wobei auch Herr Goebbels   sein Teil abbekam. Goebbels   erschien später höchstpersönlich aus dem Polizeirevier, um seine Mannen wieder freizubekommen. Er mußt« jedoch unverrichteter Dinge abziehen. Die Unruhe in den Nebenstraßen hielt bis in die frühen Morgen- stunden an, jedoch kam es nicht zu weiteren Zusammenstößen, Gprengstoffdiebstahl in Iserlohn  . politische Hintergründe? Iserlohn  (Westfalen  ), 20. September. I« der vergangenen Rächt ist in das hiesige Sprengstofflager eingebrochen worden. Es wnrden eine Kiste mit 10 Paketen Dynamit und 4 Pakete Annov- Gelatine gestohlen. Außer- dem siahleu die Diebe 1332 Sprengkapseln. Die Täter find unbekannt. Die Polizei fahndet eifrig. Für die Ergreifung hat der Regierungspräsident eine Belohnung von 300 Mark ausgesetzt. Daß es sich hier um keinen gewöhnlichen Einbruch handelt, liegt auf der Hand, denn die Diebe hätten keine Möglich- keii, ihre unheimliche Beute abzusetzen. Es Icheinen bei diesem Dieb- stahl vielmehr politische Motive vorzuliegen, mie bei den Sprengstoffdiebstählen der Hohlstciner Bombenleger bei Essen   und der Kommunisten in Eschweiier. Krawalle in Brandenburg  . Schwere Ausschreitungen der Kommunisten. Brandenburg  . 20. September. An verschiedenen Stellen der. Stadt kam es gestern abend zu schweren Zilsammenstößen zwischen Nationalsozialisten und Kvmmu- nisten: bei denen es zahlreiche Verwundete gab. Vor einem Lichtspieltheater, m dem eine kommunistisch« Der- sammlung stattfinden sollte, stießen mehrere hundert Kom-
m u n i st e n auf einen Trupp von sieben Nationalsozialisten, rissen ihnen die Abzeichen ab und oerprügelten sie. Einer von ihnen wurde durch Fußtritte und Schläge mit einer Stahlrute so zu- gerichtet, daß er besinnungslos in einen Hausflur gebracht werden mußte. Ein Polizeibeamter, der einen Kommunisten fest- genommen und in einen Laden gebracht hatte, konnte eine Viertel. stunde lang, mit vorgehaltenem Revolver die lärmende Masse, die den Gefangenen befreien wollte, in Schach   halten, bis das Ueberfallkommando eintraf und Ordnung schafft«. Im ganzen wurden acht Verhaftungen vorgenommen. An einer anderen Stelle der Stadt gaben mehrere Kommunisten Schüsse aus die erleuchteten Fenster eines Lokals ab, in dem National- sozialisten tagten. Dabei wurde ein Melker durch ein« Kugel schwer verletzt. Ein für Sonnabend abend von den Kommunisten be- absichtigter Demonstrationszug ist mit Rücksicht auf die Aufrecht- erhaltung der Ordnung von der Polizei verboten worden.
Gegenrevolutionäre Hehler. Todesurteile und Masseninternierungen. Moskau  . 20. Sepkember. Die Staatllche Politische Verwaltung hat acht Hehler von Silber- münzen, die zugleich auch der gegenrevolukionären Agitation über- führt wurden, zum Tode verurteilt. Weitere 463 Angeklagte wurden;»r Jntcrnirrung in Kon- zentrallonslageru verurteilt. Oer chinesische Wirrwarr. Peking   widerstandslos von Tschanghsueliang erobert. Schanghai  , 20. September. Roch einer Mitteilung von nallonalifilscher Seile verlautet, daß die mandschurischen Truppen Peiping  (Peking  ) und Ticnlfin besetzl hätten, ohne bei der Schansi-Armee ans widerstand zu stoßen. Die Schansi-Truppen iräsea alle Varberei- iuvgen zvm Rückzug. Einführung der neuen Steuern in Leipzig  . Der Rat der Stadt Leipzig Hot beschlossen, die Gemeinde-, Bier- und Getränk esteuer stmne die Bürgersteuer einzuführen.
Festaufführung der Volksbühne. Gerhart Hauptmann  :Die Weber  ". Eine würdigere Feier zu ihrem vierzigjährigen Bestehen als «ine Festvorstellung derW eher' konnte die Volksbühne nicht begehen. In Karlheinz Martins Inszenierimg erweist sich Hauptmanns revolutionäre Dichtung als ausrülielnd und er­greifend, wie aus der Not der Gegenwart geboren. Der anwesende Dichter bedankt« sich erschüttert bei den Darstellern mid nahm den begeisterten Bei fall der Zuschauer entgegen. Dgr.