600-Mllionenkredit perfekt Heute Unterzeichnung der Verträge
Was wird werden? Vor dem Zusammentritt des Reichstags. Wenn am Montag der Reichstag zusammentritt, so be- steht seine erste Aufgabe in der W a h l d e s P r ä s i d i u m s. In der Geschäftsordnung des Reichstags ist vorgesehen, daß das Präsidium nach der Stärke der Fraktionen zusammen- zusetzen ist, also die stärkste Fraktion den Anspruch auf den Präsidenten besitzt. Die Sozialdemokratie wird den bisherigen bewährten Präsidenten, den Abgeordneten L ö b e, vor- schlagen. Es ist anzunehmen, daß auch die Mittelparteien für seine Wiederwahl eintreten. Von den Nationalsozialisten und Kommunisten wird das gleiche kaum erwartet werden können. Anerkennen diese Fraktionen jedoch nicht das Recht der stärk- sten Fraktion auf die Besetzung des Präsidentenpostens, so können sie auch nicht erwarten, daß ihr Anspruch auf die Be- setzung des ersten bzw. zweiten Bizepräsidentenpostens von anderen Parteien anerkannt wird. Die Sozialdemokratie wird das jedenfalls nicht tun. Die Eröffnungsformalitäten und die Wahl des Präsi- diums wird sicherlich die ersten Tage der nächsten Woche be- anspruchen. Vermutlich wird der Dienstag sitzungsfrei bleiben und der Vorberatung der Präsidentenwahl dienen, die da- nach am Mittwoch vorzunehmen wäre. Dann beginnen die politischen Erörterungen. Man rechnet mit einer Erklärung der Reichsregierung über ihr Finanzprogramm, durch die eine allgemeine politische Aussprache eingeleitet werden soll. Da aber die angekündigten 30 Gesetzentwürfe, durch die dieses Pro- gramm verwirklicht werden soll, bisher nicht vorliegen, so wird diese Erörterung im Augenblick nur mehr oder weniger theoretischen Charakter haben. Das gilt jedoch nicht für den Gesetzentwurf, durch den die Reichsregierung die Er- mächtigung zur Annahme eines Kredits in Höhe von 525 Millionen Mark erbittet und der die Tilgung der Reichsschulden in Höhe von je 420 Millionen Mark in den Iahren 1931, 1932 und 1933 vorsieht. Unmittelbare prak- tische Bedeutung haben ferner die Anträge, durch die der Regierung oder einzelnen Ministern das Mißtrauen ausgesprochen werden soll und die Anträge über die Auf- Hebung der Notverordnungen vom 26. Juli. Die Sozialdemokratie hat bereits in ihrem Be- schluß vom 3. Oktober klar ausgesprochen, daß sie sich bei ihrer politischen Haltung lediglich leiten läßt von dem Willen, die parlamentarisch-demokratische Grundlage des Staates zu er- halten, um dadurch die Interessen des arbeitenden Volkes, die durch die Wirtschaftskrise auf das stärkste bedroht sind, zu wahren. In diesem Beschluß ist auch bereits angekündigt worden, daß die sozialdemokratische Fraktion entschlossen ist. auf dem Weg der ordentlichen Gesetzgebung die Beseitigung der für die breiten Massen des Volkes unerträglichen Bestim- münzen der Notverordnungen zu fordern. Damit, ist ganz deutlich ausgesprochen, daß die- Sozialdemokratie einem An- trag aus sofortige Aufhebung der Notverordnungen nicht zu- stimmen wird. Sie will zunächst den Versuch machen, auf dem Wegeder ordentlichen Gesetzgebungdie- jenigen Bestimmungen zu beseitigen, gegen die sich der Wider st and der Massen richtet. Diese Haltung der Sozialdemokratie bezweckt, den Ver- such von Kommunisten und Nationalsozialisten, ein wüstes Durcheinander zu schaffen und dadurch den Boden für die Diktatur zu bereiten, zu vereiteln. Nur so können die Inter- essen des werktätigen Volkes geschützt werden. Die Haltung von Kommunisten und Nationalsozialisten aber schädigt sie. Die re st lose Aufhebung der nun einmal seit Wochen in Kraft befindlichen Notverordnungen, ohne daß etwas anderes an ihre Stelle ge- fetzt wird, würde die schwerste Erschütte- rung der öffentlichen Finanzen bedeuten. Bei einer restlosen Aufhebung gäbe es keinen Reichsetat mehr, ollen öffentlichen Ausgaben würde die gesetzlich« Grundlage entzogen, sie könnten nicht mehr geleistet iverden. Di« Unter- stützung der Erwerbslosen hörte auf, soweit sie aus Mitteln des Reiches gezahlt werden. Und da durch die einfache Auf- Hebung der Notoerordnungen selbst die Erhöhung der Bei- träge der Arbeitslosenversicherung von 31/2 auf äfH Proz. tückgängig gemacht würde, so könnten aus den Beitragsein- nahmen der Versicherung nur noch wenige hunderttausend Arbeitslose unterstützt werden. Der radikalste Abbau der Leistungen der Erwerbslosenoersicherung wäre mit einem Schlage verwirklicht. Endlich hätten die Scharf- wacher ihr Ziel erreicht. Länder und Gemeinden würden durch die Einstellung der Ueberwcisungen in die schwerste Notlage geraten. Auch sie müßten ihre Ausgaben drosseln. Die Aufhebung der Notverordnungen würde aber zugleich zu einem Geschenk für die Besitzenden. Denn sie würde den Steuerzuschlag für die hohen Einkommen und die Aufsichtsratssteuer beseitigen. Durch alle diese Maß- nahmen würde aber nicht nur die Finanznot gewaltig ver- schärft werden, sondern auch die Wirtschaftsnot. Ein neuer Strom von Arbeitslosigkeit wäre die Folge. Die Sozialdemokratie wird sich deshalb dafür einsetzen, daß ein Weg beschritten wird, durch den den Notverordnungen die Giftzähne ausgebrochen werden, ohne daß solche Gefahren auftreten, wie sie durch eine restlose Aufhebung der Notver- Ordnungen entstehen müßten. Nach wie vor ist die Sozial- demokratie der Ansicht, daß die Notoerordnungen Bestimmun- gen enthalten, die unerträglich sind, weil sie die schärfsten sozialen Härten hervorrufen. Die Beseitigung dieser uner- träglichen Bestimmungen ist aber möglich, ohne daß die öffentlichen Finanzen gefährdet werden. Die Sozial- demokratie wird deshalb verlangen, daß diF Notverordnungen in einem Ausschuß des Reichstags. beraten werden, der in sachlicher Arbeit Abänderungen vorzunehmen hat. Gleichzeitig ist für die Verordnungen, die auf Grund des Artikels 48 erlassen worden sind, die erforderliche ver- fassungsmäßige Unterlage zu schaffen. Es ist der Sozialdemokratie in dieser ernsten Zeit zunächst lediglich darum zu tun, unbekümmert um das demagogische)
Heute abend werden die Verträge über die Gewährung eines Ueberbrückungskredits in Höhe von 300 Millionen Mark an die deutsche Reichsregicrung unterzeichnet. « Der Sanicrungsplan der Regierung Brüning sieht aisgesschts eines wahrscheinlichen Defizits van 750 bis 900 Millionen Mark im Haushaltsjahr 1930 die Aufnahme eines Ueberbrückungs- kredits vor. Der Kredit soll im Laufe von drei Iahren aus einem besonderen Fonds zurückgezahlt werden. Die im Lause der nach- sten Woche dem Kabinett zugehenden Gesetzent- würfe bringen im Rahmen des Gesetzes über den Reichshaushalt für das Jahr 193l die Ermächtigung zur Aufnahme des oben erwähnten Ueberbrückungskredits. In einem zweiten Gesetz- cntwurf(Fondsgesctz) wjrd die Schuldentilgung geregelt. Die Durchführung der Kreditaktion ist durch den Wahlausfall nicht erlsichtert morden. Wir verraten kein Geheimnis, wenn wir feststellen, daß sich der Zinssatz für den Ueberbrückungskredit infolge des Wahlausganges u m ein gutes Prozent erhöht hat. Die effektive Verzinsung beträgt
Geschrei der Radikalen rechts und links die Interessen der arbeitenden Massen zu schützen. « Di« sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten Breit- s ch c i d, M ü l l e r und Wels hatten am Freitagnachmittag mit dem Reichskanzler eine längere Unter- r e d u n g.
Volkspariei lenkt ein. Kein Vorstoß gegen Eurtivs. Parteioffiziös wird mitgeteilt: Die Beratungen der Fraktion der Deutschen Votkspartei über das Regierungsprogramm wurden auf Montqg vertagt. Inzwischen sollen Verhandlungen, die mit anderen Parteien über das Programm eingeleitet worden sind, fortgeführt werden. Die Fraktion setzte einen Ausschuß ein. der Vorschläge zur Ausgestaltung des Programms ausarbeiten soll. Es wird ausdrücklich versichert, daß ein Antrag auf Abberufung des Rsichsaußenrninisters Dr. E u r- t i u s nicht vorgelegen habe. Es wird erzählt, Herr Scholz habe in der Fraktion er- klärt, eins„Distanzierung" vom Kabinett würde dessen Rück- tritt zu Folge haben. Im übrigen geht aus der parteioffiziösen Meldung her- vor, daß auch die in der Regierung vertretenen Parteien und Parteisplitter nicht daran denken, das Regierungsprogramm unbesehen anzunehmen. Daß die nach allen Seiten freie sozialdemokratische Reichstagsfraktion noch weniger daran denkt, ergibt sich von selbst. OieIungdo-Abgeordneien werden wild Sie verlassen die Reichstagsfraktion der Staatspartei. Die Abgeordneten Abel, Adolph, Baltrusch, Borne- m a n n und Hesse, die der Volksnationalen Reichs Vereinigung angehören, haben an den Vorsitzenden der Fraktion der Deutschen Staatspartei, Abg. Dr. Weber, folgenden Brief gerichtet:
nach Mitteilungen des Finanzministeriums rund S Prozent. Di« Zlnietheoerhemdlungsn wurden für das Reichsministerium durch das amerikanische Bankhaus L e e- H i g g i n s 0 n Co. geführt. Es handelt sich um das Emissionshaus des Kreugcr-Konzcrns in Boston . Die Laufzeit der Anleihe betrögt zwei Jahr«. Dem Reich ist das Recht zugesichert, in halbjährlichen Terminen zurück- zuzahlen. Voraussetzung für den Kredit ist. daß der Reichstag das entsprechende Ennöchtiguirgsgesetz und das Fondsgcsetz an- nimmt. An der Aufbringung der Anleihe sind neben amerikanischen, englischen, französischen und holländischen auch deutsche Van- k« n— sie sollen 10 Proz. übernehmen— beteiligt. Es handelt sich bei dem deutschen Konsortium um die Reichsbank, die Reichs- Kredit-Gefellschoft und die D-Bankcn. Mit Aufnahme des Kredits ist Befriedigung des Reichsbedarfs bis über Iahresultimo hinaus sichergestellt. Außerdem dürfte der Reichsbank der Zuwachs an Devisen gerade in der jetzigen kritischen Zeit sehr gelegen kommen.
„Nachdem seitens des Reichsaktionsausschusses der Deutschen Staatspartei unter Mitwirkung führender Mitglieder der Reichs- tagsfraktion unter Ihrem Vorsitz der Antrag der Bolksnationalen, die Partei auf föderativer Grundlage und damit die Reichstags- sraktion zu erhalten, abgelehnt worden ist und nachdem Herr Minister Dr. Höpker-Aschoff in einer Prejsekolsserenz erklärt hat, daß der jungdeutsche Orden durch seil« Mitwirkung in der Staatspartei sich nur mit Hilfe der demokratischen Organisation größeren Einfluß und größere Macht habe verschaffen wollen, sehen wir uns zu unserem Bedauern genötigt, unseren Austritt aus der Fraktion der Deutschen Staatsportei anzumelden. 5)err Kollege Prütz hat uns ermächtigt, vorstehende Erklärung auch in seinem Ramcn. abzugeben. Eine Teilnahme an der Fraktionssitzung am Montag, dem 13. Oktober, dürste sich unter diesen Umständen erübrigen, und wir bitten von einer Einladung Abstand zu nehmen." Die jungdcutschen Abgeordneten werden im Reichstag selbständig bleiben, sich also keiner anderen Fraktion anschließen.__ O»e Leuin anis auf Festung. Vach ver Ablehnung der Begnadigung. Die im Reichs weh rprazeß in Leipzig verurteilten Leutnants Schertnger und Mendt verbüßen als preußische.Staats- angehsrige ihre Strafen in der Festung Gollnvw, Leutnant 'Lud in. der bodischer Staat-angehöriger ist, in der Festung Rastatt .' Roben den Offiziers verbänden fyjtsich auch H u gen- berg beim Reichspräsidenten um ihre Begnadigung bemüht. Di« Ablehnung der Begnadigung durch den Reichspräsidenten wird in der Rechtspresse heftig kritisiert. ver Keichspräfideni hat. gestern seine» Besuch in Aachen mich gebolt. Im Aachener Rathaus fand ein Festakt statt, bei dem der Regierungspräsident und der Oberbürgermeister Begrüßungsreden hielten. Der Reichspräsident dankte in einer Ansprache. Die Be- völkerung nahm lebhaften Anteil.
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Die„Gewerkschastszeitung Das Organ des Allgemeinen Deutschen Gewerkschafts- bundes, die„G e w e r k sch a ft sz e i t u n g". schreibt zum Programm der Reichsregierung: „Unzureichend ist die Vorlage der Regierung, soweit die Interessen der Arbeiterschaft in Frage kommen— ganz abgesehen von den bejondes zu behandelnden Fragen der Sozialpoliti k und des Wohnungswesens. Darf denn ein Programm, dos der Rot der Wirtschaft steuern will, an dem Gebiete größten Rot- standes stillschweigend vorübergehen? Hat es gar nichts über die Lage des Arbeitsmarktes und die Verschlechterungen, die ihm drohen, zu sagen? Wäre es nicht ai� der Zeit gewesen, das viel diskutierte Problem der Arbeitszeitverkürzung mich von Regicrungsseile anzuschneiden, statt verschämt auf die Notwendigkeit von Lohnsenkungen hinzu- weisen? Wäre nicht ein Wort angebracht gewesen über die Höhe der Preise, über ein««nerglschc Fortsetzung des von der Regie- rung nur zaghaft eingeleiteten Versuches der Preissenkung durch schärfere Kartellkontrolle? Zll es nicht ein Gebot der Stunde, die Frage einer Senkung der eebenshallungskasten zu erwähnen? In diesen Punkten bedürfte die Regierungsvorlage noch einer er- deblichen Erweiterung, falls sie den Bedürfnissen der übergroßen Volksmehrheit Rechnung tragen will. Das wäre um so dringlicher gewesen, als auf der anderen Seite eine Senkung her Real- und Kapitalsteuern in Aussicht gestellt wird. Die Regierung Hot ihr Programm dem Reichstag mit dem Bemerken vorgelegt, daß es einen„einheitlichen Plan" darstelle. Wir nehmen trotzdem an, dpß damit das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. So wenig wir ein« Wiederholung der früheren Verhandlungen Dr. Brünings wünschen, bei denen jeder Koalitions- partner sich das für ihn passend« Stück herausschneiden wollte, ohne sich um die entstehenden Lücken zu kümmern, so wenig könnken wir uns damit abfinden, daß der Arbeiter- fchafk Lasteu aufgedrängt werden, ohne daß die übrigen Be- völkerungsschichtea entsprechend herangezogen werden. Die Gewertschosten werden es an Vorschlägen, um dieses Un- recht abzuwenden, nicht fehlen lassen." Das Organ des ADGB - weist auf die größten Fehler
i Kritik. r zum Brüning-Programm. des Programms hin— es zeigt zugleich, welche positiven Verbesserungen notwendig sind. Die Stimme der Städte. Der Deutsche Städtetag hat zum Regierungsprogramm in fol- genden Darlegungen Stellung genommen: Die deutschen Städte sind bereit, an der Durchführung der notwendigen Reformen mitzuarbeiten. Sic haben ihrerseits aus eigener Initiative schon eine weitgehende Abdrosselung laufender Ausgaben eingeleitet und auch durch die Einrichtung der Kredit- ausfchüsse sschergestellt. Alle ihre Bemühungen, zu einer Senkung der Ausgaben zu kommen, sind durch die Entwicklung der Wohlfahrts lasten oergeblich geblieben. Ihre oringendste Sorge ist daher, daß in den, Finanz Programm der Reichsregierunn eine sofortige wirksame Hilst für die unerträglich angewachsenen Lasten der wohlsahrlserwerbslosen fehlt. Wie auch dem Reichsarbeitsnünistcr persönlich in einer Be- sprcchung am 9. Oktober nochmals aufs eindringlichste vorgetragen wurde, liegt hierin die Kernfrage für die Weiterentwicklung der kommunalen Finanzpolitik und gleichzeitig für dos Gelingen des ganzen Finonzprogramms im laufenden und im nächsten Jahr. Die Städte müssen mit allem Nachdruck hierbei auf ein« sofort,«« Abhilfe des gegenwärtigen Notstandes und auf. eine grundsätz- l ich« Neuregelung der.Krisenfürsorge und der Betreuung der Wohlfahrtserwerbslosen drä». gen. Sobald die wichtigsten, in Aussicht gestellten Gesetzentwürfe vorliegen, wird ssch der Vorstand des Deutschen Städtetages damit befassen. Dabei werden die Städte bemüht fein, ein« dem Reich und ihren Lebensbedürfnissen Rechnung tragende Gefamtlösung mit» zuschasfen. Industrie- und Handelstag für Lohnsenkung. Der Industrie- und Handelstag hat sich zum Wirtschafts- und Finanzprogromm der Reichsregierung zustimmend geäußert und wie der Reichsverbond der Industrie das Programm als einen Anfang begrüßt. Er steht ebenfalls auf dem Standpunkt, daß Preissenkimg erst nach Senkung der industriellen Produktionskosten, in erster Lim« also nach einer ollgemeinen Lohn- senkung durchzuführen sei. In einer Entschließung zur Handels- Politik wird im Interesse der Gesamtheit entschlossene Abwehr jeder Politik gefordert, die aus die Abschli« ßung der deutschen Wirtschast von der Weltwirtschaft hin». zielt.