Nr. 7 48. Jahrgang
1. Beilage des Vorwärts
Die Namen der Mörder.
Helft alle mit bei der Ermittlung der Täter!
Der Berliner Polizeipräsident wendet sich jetzt mit einem Aufruf, den wir bereits geffern abend ankündigten, an die Deffentlichkeit und biffet die Berliner Bevölkerung unter Hinweis auf die 1000 Mart Belohnung, an der Ermittlung und Ergreifung der flüchtigen Hakenkreuzler, die in der Silvesternacht den Reichsbannermann Willi Schneider und den Parteigenossen Ernst Graf faltblütig niederInallfen, faffräffig mitzuarbeiten.
Der Politischen Polizei waren die Namen und Adressen von drei Nationalsozialisten, die für den Doppelmord als Täter in Frage tamen, bereits seit Tagen bekannt. Es handelt sich um den 24jährigen Kaufmann Rudolf Becker, Am Friedrichshain 7,
den 24jährigen Maler Max Hanschte aus der Raftenburger
Straße 21 und
den 19jährigen Maurerlehrfing Hans Kollacz aus der Chodowiedistraße 8.
Zunächst wurde von einer Veröffentlichung der Ramen aber abgesehen, da auf Grund des umfangreichen Fahndungsdienstes mit einer Verhaftung der Flüchtigen beinahe stündlich gerechnet werden konnte. Diese Hoffnung hat fich leider als trügerisch erwiesen, denn die Gesuchten haben seit der Mordnacht weder ihre Wohnungen aufgesucht noch sind fie später irgendwo gesehen worden. Entweder haben die Täter bei ihren Komplicen in Berlin Unterschlupf gefunden und werden vorsichtig verborgen gehalten oder sie sind unmittelbar nach der Tat in die Provinz geflüchtet.
der Neujahrsnacht eine mittelgraue sogenannte Schiebermüze, Leder: jade von mittelbrauner Farbe mit 3 bis 4 Zentimeter breitem Riegel und lange dunkle Hose. Nach den Zeugenaussagen flüchtete Becker, als er den tödlichen Schußz abgefeuert hatte, durch die Hufelandstraße in Richtung Friedrichshain . Der Maler Hauschke wird als ein etwa 1,65 Meter großer, schlanker Mann mit ovalem Gesicht und hellblonden Haaren geschildert. Ueber einer braunen Kletterweste oder braunem Hitlerhemd trug er einen dunklen Mantel. Hans Kollacz ist 19 Jahre alt, etwa 1,77 Meter groß, schlank und bart los. Er war mit einem dunkelblauen Anzug und blauer Tuchmüze bekleidet, auf der ein sogenanntes Young- Abzeichen angebracht war.
Alle Mitteilungen, die streng vertraulich behandelt und 239d( Hausruf 606 und 617) zu richten.
werden, find an das Polizeipräsidium, 2bteilung IA, Zimmer 294
Nazis überfallen Jugendliche.
Dienstag, 6. Januar 1931
Schlechtes Flugwetter.
Schneetreiben und Rebel zwingen wieder zur Notlandung. Basel , 5. Januar.
Die Fliegerin Elly Beinhorn , die heute früh um 10,20 Uhr in Stuttgart zu ihrem Afritaflug nach Lyon weiter gestartet ist, mußte wegen des schlechten Wetters bei Bessingen im Schwarzwald landen. Sie geriet bald nach ihrem Start in dichtes Schneetreiben und Nebel, so daß sie sich zu einer Landung auf einem Feld entschließen mußte. Nach zweistündigem Aufent halt erhob sie sich mit ihrem Memm- Flugzeug vom völlig verschneiten Feld, und nach furzem Weiterflug landete die Fliegerin in Basel . Die Fliegerin wird morgen früh, falls das Wetter günstig ist, ihren Weiterflug nach Lyon antreten.
Bom Auto überrannt. Gewiffenloser Bursche überfährt Oberfellner und flüchtet.
Am vergangenen Sonnabend wurde um 21.15 Uhr der 58jährige Oberfellner Hermann Gadide aus der Brückenstr. 1 Dor Alt- Treptow 2/3 von einem Privatauto überfahren und getötet. Der Führer des Autos gab Vollgas und entfam unerfannt. 3 eugen, die den Vorfall beobachtet haben, werden gebeten, ihre Wahrnehmungen dem nächsten Polizeirevier mitzuteilen.
*
45jährige Industrielle Berner von Siemens in der Berliner Bei einer Probefahrt mit einem neuen Bagen stieß der Straße in Lichterfelde mit einem Brauereiauto zu samunen. Das Privatauto wurde schwer beschädigt; von Siemens erfitt durch Glassplitter eine leichte Verlegung über dem rechten Auge.
Belchen beispiellofen Terror die Hakenkreuzler im Norb often Berlins , vornehmlich auch in der Umgebung der Danziger Straße und Prenzlauer Allee ausüben, beweisen die zahllosen Ueberfälle in der letzten Zeit auf Mitglieder der Sozialisti fchen Arbeiterjugend. In der Barade III in der Danziger Straße 62 befindet sich ein Jugendheim, in dem die Jungsozialisten häufig zu Diskussions- und Gruppenabenden zu sammenkommen. Auf diese Jugendgenossen haben es die Hitler gardisten, die stets in großer Uebermacht erscheinen, abgesen. In den letzten 14 Tagen sind von diesen Burschen nicht weniger als pier organisierte Ueberfälle auf heimkehrende Jugendgenossen verübt worden. Die Burschen schreckten nicht einmal davor zurüd, Nach den bisherigen Ermittlungen hat Becker den auf mehrlose Mädchen einzuschlagen. Das Polizeirevier in jungen Schneider erschossen, Hauschke und Kollacz sind die mut- der Rykestraße hat häufig eingreifen müssen. Die Polizeihilfe, die Selbstmord eines Berliner Studenten. maßlichen Mörder des Parteigenoffen Graf. Rudolf( Rudi) wiederholt angefordert werden mußte, war aber zahlenmäßig so Beder ist etwa 1,72 bis 1,73 Meter groß, hat eine untersetzte Geschmach, daß immer wieder lleberfälle der Hakenkreuzler erfolgen 3m Riesengebirge tot aufgefunden.- Gift als Ursache. stalt und ovales Gesicht mit starten schwarzen Augenbrauen. Er fonnten. Es ist unbedingt notwendig, den Polizeiträgt einen fleinen schwarzen Bart, hat schwarze Haare und trug in streifendienst in dieser Gegend erheblich zu verstärken.
Wie die Mörder aussehen.
Giftgas auf Anna II!
Bier Bergleute ohnmächtig aufgefunden.
Auf der Grube Anna II, auf der sich vor einigen Monaten die furchtbare Katastrophe ereignet hat, wurden 4 Berglente mit Gasvergiftung aufgefunden, doch besteht keine Lebensgefahr.
Ueber die Ursache des Unfalls wird mitgeteilt:
Der Eduardschacht war seit dem großen Unglüd überdeckt. Man hatte nun am Freitag die Dede weggenommen, wodurch eine Henderung in der Wetterführung eingetreten war. Der Schacht, der die Bewetterung bisher vom Wilhelmsschacht aus erhalten hatte, bezog nunmehr auch Frischluff durch den Eduardschat. Es entstand ein jogenannter Sad in der Mitte der Strede, in der sich die Abgase der Benzollotomotiven jammelfen.
Die letzten Groschen der Arbeitslosen.
Ein gemeiner Schwindler, der nicht einmal davor zu rüdschredte, Arbeitslosen den letzten Groschen abzunehmen, wurde gestern von der Polizei festgenommen. Es ist ein 27jähriger Kurt Vogel , der im vergangenen Jahr wegen ähnlicher Betrügereien zu Gefängnis verurteilt wurde, nach seiner Entlassung das alte Gewerbe aber gleich wieder aufnahm. Bogel
Seemann
O.Wöhrle
Unternehmer...
Bis in die späten Nachtstunden saßen sie beieinander und überlegten und rechneten. Tausend Einzelheiten waren zu erwägen, wenn alles tlappen sollte.
Doch Ludwig ermüdete nicht. Er fühlte, hier lag die große Chance seines Lebens.
-
Noch vor Ende des Monats waren die Vorbereitungsarbeiten für die in Angriff zu nehmende Serienanfertigung soweit gediehen, daß der Zuschneidemeister es war Ludwigs ehemaliger Gefelle Heinrich rund um seine Maschine hohe Stapel Holz liegen hatte.
-
Heinrich war mit Feuereifer bei der Sache. Er hatte zwar im Kriege das linke Bein verloren. Aber troß diesem Mangel umturnte er die mannigfachen Holzstöße ganz gewandt und schrie, als die Säge sich zum erstenmal freischend ins Holz fraß: Nur gut, Chef, daß mir die Bagage damals vor Wilna nur den Fuß abgeschossen hat! Hätt's die Hand getroffen, müßt' jezt ein anderer hier sägen!"
Als genügend Material vorgeschnitten war, telephonierte Ludwig zum Arbeitsnachweis. Die Einrichtung funktionierte prompt. Schon nach einer Stunde meldeten sich die ersten Gefellen. Scharenweise famen fie nachher angelaufen. Sie drängten sich förmlich, um in die neue Firma zu fommen.
Ludwig fuchte sich die erfahrensten Leute aus, und einen Tag später fchrie wieder der Lärm der Maschinen durch die Säle der so lange still und tot gelegenen Fabrik, schier die Trommelfelle zerreißend.
Für Ludwigs Ohren war dieses tolle, ungebändigte Maschinengeschrei, dieses Aufbegehren gemarterten Holzes, die schönste Musik. Mit Wollust konnte er diesem Kreischen zu hören. Stundenlang. War es doch für ihn nichts anderes als Das mächtige, rasende Geburtsgeschrei des Berdenden, und zwar feines Werdenden. Jetzt begann sich alles das in Tat
suchte die Bekanntschaft von stellungslosen Schlächtern und früheren Schlachthofangestellten, denen er Beschäftigung versprach. Er wußte die Leute geschickt zu überreden, sich einen Arbeits. tittel anzuschaffen, den er angeblich unter der Hand" für zehn bis zwölf Mark besorgen fönne. In der Aussicht, wieder Arbeit zu bekommen, fielen die Leute auf den Trid herein. Sie mußten dann zu ihrer Enttäuschung erfahren, daß sie einem Schwindler in die Hände geraten waren. B. wird min wieder dem Richter vorgeführt werden.
42 Mann in Daft.
42 Mann der Besatzung des englischen Unterseebootmutterschiffes Lucia" wurden am Sonntagabend verhaftet und in die Kaserne Der Berit von Plymouth gebracht. Die Marineleitung hat befanntgegeben, daß sie von disziplinarischen Unregelmäßig. feiten an Bord des Schiffes unterrichtet worden sei. Wie es heißt, hat eine Anzahl Matrosen den Gehorsam verweigert. Blymouth murden beurlaubte Mannschaften angewiesen, sich zur sofortigen Rückkehr an Bord ihrer Schiffe bereitzuhalten. Ueberall in der Stadt kommte man in den Straßen Gruppen sehen, die den Borfall besprachen. Eine starte Matrosenabteilung bewacht die Eingänge zur Werft.
In
umzusetzen, was er all die Jahre hindurch in langen schlaflosen| Nachtstunden erplant und errechnet und erwünscht und ersehnt hatte.
Alles war im voraus bis in die kleinste Einzelheit fest gelegt. Nirgends gab es eine Stodung. Das Holz wanderte von einer Maschine zur anderen. Schon am zweiten Tage lichteten sich die Haufen, die Heinrich zugeschnitten hatte; die Arbeit sortierte sich in die Hände der einzelnen Arbeiter.
Ludwig hatte seine Augen überall. Nichts entging ihn. Wo etwas nicht tlappte, sorgte er auf der Stelle für Abhilfe. Auch Sandow tonnte nicht genug die Beine fliegen lassen, um überall nach dem Rechten zu sehen.
Morgens, längst bevor die ersten Gesellen antraten, stand Ludwig schon im Kesselhaus bei den Heizern, fontrollierte den Dampfdruc, ging dann durch die großen weiten Säle, in spizierte die Maschinen, die Werkzeuge, das daliegende Material und verhandelte dann zum Schluß seines Rundgangs mit den Fahrstuhlführern über die Transporte, die tagsüber vorgenommen werden sollten.
Die Leute staunten. Dieser Chef hatte es in sich. Der war ja überall, bekümmerte fich um die kleinsten Einzelheiten, steckte seine Nase in jeden Leimtopf.
In den ersten Tagen tam jedermann mit Sonderwünschen zu ihm. Soweit sie die Arbeit betrafen, erfüllte er sie ohne weiteres. Waren sie dagegen persönlicher Art, so lehnte er sie ab. ,, Meine Firma ist eine Möbelfabrit!" pflegte er zu sagen, ,, Ertramürste werden hier feine gebraten!" Als die Arbeit weiter fortgeschritten war, stellte er noch mehr Leute ein.
Je sechs Mann stellte er zu einer Kolonne zusammen, die Diefe speziell auf einzelne Möbelstüde eingedrillt wurden. Kolonnen arbeiteten im Afford. War die bestimmte Lieferung fertig, so wurde abgerechnet.
Ludwig hielt ftreng darauf, daß tüchtig gefchinnaggelt wurde. Faulenzen duldete er nicht. Er selber ging mit gutem Beispiel voran, indem er überall zugriff, wo Not am Mann war. Er scheute sich nicht, den Saalfarren schieben zu helfen, der hochbepackt mit Holz von einer Maschine zur anderen fuhr. Sein Arbeitseifer brachte ihm bald einen Spiznamen ein und anzügliche Redensarien.
,, Karrenschieber" nannten ihn die einen; die anderen sagten: Unser Chef ist unser legter Hausdiener!"
|
|
In der Nähe der Ortschaft Freiheit im Riefengebirge wurde, einer Meldung aus Hirschberg zufolge, der Berliner Student Heinz Brenning, der einzige Sohn des in Berlin Mariendorf wohnhaften Chemigraphen B., tot aufgefunden. Anfangs wurde angenommen, daß der Student bei einer Skitour den Weg verfehlt habe und dann erfroren fei. Bei der Obduktion der Leiche hat sich aber überraschend herausgestellt, daß B. ein startes, noch unbekanntes Gift zu sich genommen hat, das feinen Tod herbeiführte. Es wird vermutet, daß er die Taf aus Schwermut begangen hat.
t
Ein aufregender Vorfall spielte sich gestern abend an der Tegeler Strandpromenade ab. Passanten beobachteten um 22 1hr ein junges Mädchen, das den Steg der Pieperschen Badeanstatt übertletterte und sich dann ins Wasser stürzte. Die Lebensmüde ging sofort unter. Es handelt sich um eine 16jährige Maria Riege aus der Gleimstraße 2. In seiner Wohnung in der Restorstraße 14 in Halensee erschoß sich gestern der 65jährige Staatsanwaltschaftsrat a. D. Gustav Oltrogge. O. war früher bei der Staatsanwaltschaft III tätig.
Fünf Todesopfer bei einem Fußballkampf.
Lima , 5. Januar. Vor einer ungeheuren Zuschauermenge fand hier der Fußballwettkampf Uruguay Peru statt. Dabei kam es zu wüsten Ausschreitungen der Zuschauer. Die dem Kampf beiwohnenden Soldaten zeigten sich besonders rabiat. Fünf Personen wurden getötet und zahlreiche andere verletzt.
zu Mund flog: Achtung, der Hausdiener tommt. Aber er be achtete es nicht.
Im Grunde seines Herzens gab er den Gesellen recht. In der Tat war er der Karrenschieber und der Hausdiener seines Unternehmens und mußte es auch sein. Für ihn ging es in diesem Falle um Sein und Nichtsein. Reüssierte die Fabrik nicht, so ging nicht nur sein Vermögen verloren, sondern dann brach auch sein sorgfältig erflügeltes Arbeitssystem zusammen. Es war ja sein System, das er hier aufgezogen hatte und das die Feuerprobe bestehen sollte. Gemessen am bisherigen, war sein System fühn, ja, geradezu umwälzend. Keine andere Werkstatt, feine andere Fabrik arbeitete in dieser Weise. Daher auch sein Vorsprung in bezug auf äußerste Kalkulation. Aber dieses System tostete Kraft und Nerven! Vor allem Nerven. Er mußte auf dem Damm sein. Auch Sandow. Höllisch mußten sie aufpassen.
Ludwig, immer tiefer in die Mechanit und Zwangsläufigfeit des Produktionsprozesses eindringend, hatte noch fühnere Pläne bezüglich der Arbeitsrationalisierung. Es war möglich, die Bestehungskosten noch weiter zu fenten. Aber an dieses Experiment, das er sogar vor Sandow noch geheim hielt, wollte er sich erst wagen, wenn die Ergebnisse des KolonnenSystems endgültig vorlagen. Bis dahin hatte es noch Zeit.
Besonderen Wert legte er auf den Ausbau der Beizerei. Er holte der Konkurrenz einen Meister meg, der mit den neuesten Methoden auf diesem Gebiete vertraut war und der nun nach seinen Anweisungen Laboratoriumsversuche machen mußte. Der Beizmeister, ein äußerst intelligenter Mann, begriff sofort, worauf Ludwig hinausmollte, und hatte schon nach vierzehn Tagen ein Verfahren entwidelt, das konkurrenzlos war.
Ludwig, bestrebt, das Geheimnis der Beizebereitung zu wahren und es feinen fremden Leuten anzuvertrauen, holte sich zwei seiner Brüder her, Paul, den Fabritarbeiter, und Richard, den Dreher. Unter Anleitung des Beizmeisters waren fie bald zu tüchtigen Fachleuten ausgebildet.
Auch die Witwe seines gefallenen Bruders stellte er ein und beschäftigte sie mit Kontorarbeiten. Die noch jugendliche Frau arbeitete fich überraschend schnell ein, war gelehrig und interessiert und erwies sich in der Folge als eine Kraft, auf die er sich vollauf verlassen fonnte.
,, Sie ist treu wie Sandow!" Das war das höchste Lob, das er geben tonnte. Darüber hinaus hatte die Stala teine ( Fortsetzung folgt.)
Er hörte wohl das Gewisper, das manchmal von Mund Einteilung mehr.