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Morgenausgabe is boun

Nr. 43 A 22

48.Jahrgang S

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Der Borwärts" erscheint mochentag lich zmeimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgabe für Berlin  und im Handel mit dem Titel Der Abend". Illustrierte Beilage Bolt und Zeit". Ferner Frauenstimme" Technik", Blick in die Bücherwelt", Jugend- Borwärts" u., Stadtbeilage"

Vorwärts

Berliner   Boltsblatt

Dienstag

27. Januar 1931

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die einfpaftige Nonpareillegeile 80 Pfennig. Reflamezeile 5,- Reichs mart, Kleine Anzeigen" das fettge brudte Bort 25 Pfennig( zulässig zwei fettgedruckte Worte), jedes weitere Wort 12 Pfennig. Stellengesuche das erste Wort 15 Pfennig, jedes weitere Wort 10 Pfennig. Borte über 15 Buchstaben Arbeitsmartt zählen für zwei Borte. Seile 60 Pfennig. Familienanzeigen Zeile 40 Pfennig. Anzeigenannahme imHaupt geschäft Lindenstraße 3, wochentäglich von 8 bis 17 Uhr.

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Ukrainer Greuel vor dem Sejm  . Severings Berlin  - Gesetz.

Anklagerede des sozialistischen   Abgeordneten Dubois.

Waridhau, 26. Januar.( Eigenbericht.)

In der heutigen Sejmihung fam der utrainische Anfrag über die sogenannte Befriedungsaftion" für Offpolen zur Sprache und führte zeitweise zu erregten Szenen. Der Regierungsreferent verschanzte sich hinter die von einigen ukrainischen Terroristen ver­fügten Sabotageafte, denen er die Schuld an der Notwendigkeit der Straferpedition zusprach. Großen Eindruck rief die Rede des früheren Brefter Gefangenen und sozialistischen Abgeordneten Dubois hervor, der vor allem die Regierungsabgeordneten antlagte,

jedes Gefühl für menschliche Würde verloren zu haben, da jede der von den Oppositionsrednern angeführte Tat fache aus der Zeit der Soldatenherrschaft in Offgalizien bei ihnen nur Hohnlagen und zynische Erwiderungen hervorrufe. Wenn die polnische Regierung tatsächlich keine anderen Mittel habe als militärische Straferpeditionen, um einige Brandstifter zu bestrafen, dann müsse eine solch schwache Regierung zurücktreten. Die Regierung habe tein Recht, für die Sabotagealte einiger Perjo­nen die gesamte ukrainische Bevölkerung Polens  

durch asiatische Methoden zu bestrafen.

タラ

Die polnischen Sozialisten würden alie Kräfte daran jetzen, all die Ungeheuerlichkeiten der Befriedungsaktion" ans Tageslicht zu bringen. Wenn Polen   den Namen eines& ulturstaates tragen wolle, daru dürfe es nicht dulden, daß derartige Fälle barbarischer Sammelstrafen für die Tafen einzelner Personen Anwendung finden. Zum Schluß fündigte Dubois an, daß seine Fraktion ein Projekt zur Herstellung einer territorialen Autonomie für die utrainische Minderheit in Polen   einbringen werde. Dem Standpunkt der Sozialisten schloß sich auch in einer Erklärung die Bereinigte polnische Bauernfraktion an.

Der Innenminister, General Sfladtawjti, erwiderte dar­

auf einfach, daß das Beweismaterial der Opposition gefälscht fei, mußte aber zugeben, daß einige" Mißbräuche vorgekommen feien. Die Schuldigen feien bereits bestraft. Auf die Anfrage eines Oppofitionsabgeordneten konnte aber der gut unterrichtete Innen­miniffer fein einziges fonfretes Beispiel anführen.

Polens   Demütigung."

Schwere Angriffe der nationalen Opposition.

Warschau  , 26. Januar. Während die polnische Regierungspresse es als einen Erfolg der polnischen Delegation preist, den Ansturm Deutschlands   auf die Grenzen Polens   zurückgeschlagen zu haben, spricht der national­demokratische urier Boznansti" von einem für den polnischen Staat unerhört erniedrigenden pater peccavi" des polnischen Bertreters in Genf  . Vor einem internationalen Forum sei der deutschen   Minderheit Polens  , deren Patron im Völkerbund Berlin   wäre, Genugtuung geleistet worden: es sei das so schmerzlich für das polnische Selbstbewußtsein, daß man die Zähne zusammenbeißen muß, um das ertragen zu fönnen". Soeben erst habe der Innenminister Stladtowifi in einer Sejmkommission mit Stolz erklärt, daß bei den Wahlen alles in Ordnung gewesen sei. Diese Erklärung jei für die polnische Deffentlichkeit bestimmt gewesen. Dem Auslande gegenüber habe dagegen der polnische Außenminister sich genötigt gesehen, ein Geständnis der verschuldeten Gewalt. taten abzulegen. Die Polonia" Korfantys schreibt, Deutsch­ land   habe sein Ziel fast restlos erreicht. Es habe Polen   zu einem demütigenden öffentlichen Reuebekenntnis ge­zwungen und das Vertrauen zu der polnischen Regierung zu er­schüttern gewußt. Denn der Beschluß des Rates, die Erfüllung der Verpflichtungen der polnischen Regierung zu kontrollieren, könne am wenigsten als Ausdruck des Vertrauens gewertet werden.

die Londoner Konferenz geschaffene neue Lage nach jeder Seite genau

Rasche Arbeit notwendig.

Von Erich Flatau.

Der preußische Innenminister, Genosse Severing, hat im Gemeindeausschuß des Preußischen Landtags   die Gedanken entwickelt, die ihn bei den Vorschlägen für Aenderungen des vorliegenden Regierungsentwurfs für ein Berliner   Selbst­permaltungsgeses" geleitet haben. Diese neuen Vorschläge waren schon seit einiger Zeit in ihren Grundzügen bekannt geworden. Nach der Erörterung des ursprünglichen Entwurfs amt 16. März 1930 im Vorwärts" erscheint eine furze Be­handlung der jetzt offiziell vorliegenden Abänderungsvorschläge wohl auch angebracht.

"

Seinerzeit wurde an dieser Stelle hervorgehoben, daß die Regierung mit einen Grund für die so außerordentlich be= fchleunigte Ausarbeitung des ersten Entwurfes in der An­schleunigte Ausarbeitung des ersten Entwurfes in der An­nahme fah, der bisherige Magistratsdirigent habe vielleicht eine genaue Aufsicht aller Dezernate vermissen lassen". Es wurde damals im ,, Borwärts" bemängelt, daß trotz dieser anscheinend bestehenden Auffassung man einer einzigen Persönlichkeit, einem ,, Uebermenschen", dem Berliner   Oberbürger meister, neue Vollmachten geben wollte, die weit über die Amtsmacht des bisherigen Oberbürgermeisters hinausgingen. Wenn man wahrscheinlich auch durch Feststellungen und Entscheidungen in dem jetzt abgeschlossenen Disziplinarver­Entscheidungen in dem jetzt abgeschlossenen Disziplinarver­fahren gegen den bisherigen Oberbürgermeister erkannte, daß ein( wenn auch befähigter) Mensch, nicht Einzelheiten aller Dezernate beherrschen kann und man hieraus Fehler der Verwaltung sich entwickeln sah und sie abstellen wollte, so war es nur logisch, daß man diesem leitenden Beamten der Stadt Berlin   ein besonderes fleines Kollegium von verantwortlichen Mitarbeitern zur Seite gab, das, von der Stadtver­tretung neu gewählt, ihn in der Beaufsichtigung der maß­gebenden Dezernate vertreten fann, ohne zugleich aber die Hemmungen zu zeigen, die zum Teil der bisherige sehr viel größere Magistrats apparat aufwies. Ein solches nossen Severing vor. Man muß hierin in objektiver Würdigung aller Umstände eine Verbesserung sehen, ohne natürlich etwa in dieser Bestimmung,( wie auch in an deren Bestimmungen, die neu eingefügt wurden), die Er­reichung des im sozialdemokratischen Gesez­entwurf enthaltenen letzten 3ieles" fonstatieren zu

Unterhausdebatte über Indien  . bieren, ebenso wie mit Sapru und den anderen aus London   Kollegium ſicht der neue Borschlag des Ge­

Der Erfolg der Arbeiterregierung.

London  , 26. Januar.( Eigenbericht.)

Das englische Unterhaus erörterte am Montagnachmittag das Ergebnis der englisch  - indischen Konferenz. Mac. donald berichtete unter großem Beifall. Zum Schluß bat er die Parteien, die Regierung auf dem eingeschlagenen Weg weiter arbeiten zu lassen, damit der Name Englands unter den Völkern in Ehren bestehen könne.

zurückkehrenden Delegierten die Rede Macdonalds diskutieren will. Irgendwelche politischen Pläne für die Zukunft habe ich noch nicht gefaßt, und ich weiß nicht einmal, ob ich in Bombay   bleiben werde. Nach meiner Ansicht sollten jetzt unermüdlich sämtliche Gefangenen, die durch den Feldzug gegen die Gesetze ins Ge­fängnis gekommen sind, freigelassen werden. Solange das nicht geschehen ist, kann keiner von uns glücklich sein.

Zum Schluß gab Ghandi   seine große Anerkennung zum Aus­Die Liberalen   brachten ihre volle Anerkennung für druck über die vornehme 2rt, wie er im Gefängnis behandelt die Tätigkeit der Arbeilerregierung in der indischen Frage zum worden sei und noch einmal betonte er, die neue Lage unvorein­Ausdruck. Die konservativen führten zunächst eine sehr vorgenommen prüfen und beraten zu wollen. Auf dem Wege zur Bahn fichtige Sprache. und schickten als ersten Redner den sehr ge- war ihm eine Tasche mit wichtigen Papieren abhan mäßigten, in der Indienfrage mit der Arbeiterregierung überein- den gekommen jedoch versprach der ihn nach Bombay   be ftimmenden Samuel Hoare   vor. gleitende Polizeioffizier, alles Erforderliche veranlassen zu wollen, damit das verlorene But wieder herbeigeschafft werde.

Später ergriff auch Churchill   das Wort, um wiederum gegen Indien   und die Konferenzbeschlüsse eine seiner bekannten Scharf­macherreden zu halten. Allerdings sprach Churchill   nur für feine eigene Person und nicht für die Konservativen. Großer Jubel in Indien  - Baumwollaftien steigen.

Bombay  , 26. Januar.( Eigenbericht.) Gandhi  , sein Sekretär Nehru  , Frau Naidu, Patel und die übrigen Führer des allindischen Kongresses find am Montage vormittag aus dem Gefängnis entlassen worden.

Die ganze Nacht über hatten riesige Menschenmaffen vor den Gefängnistoren gewartet, um die in die Freiheit zurück­fehrenden zu begrüßen. In ganz Indien   herrscht Jubel und Freude. Gandhi   saß wie üblich an seinem Spinnrad im Ge­fängnis zu Boona, als er die Nachricht von seiner Freilassung er­hielt. Er nahm sie gelassen auf. Bergebens warteten später die Pressevertreter, um von dem Freigelassenen seine Meinung über die neve Lage und über die Ergebnisse der Londoner Konferenz zu hören.

Am besten zeigt der Börsenbericht den Umschwung der Lage. Baumwollaftien z. B. stiegen am Montag teilmeise um 20 Punkte. Es herrscht große Freude in allen Lagern, die in den Zeitungen und besonders auf den Straßen lauten Ausdruck findet. Vor dem Bittoria- Bahnhof in Bombay   harrten Zehn tausende von Menschen in der Annahme, daß Gandhi   hier eintreffen

würde.

Ghandi   will die neue Lage vorurteilstos prüfen.

London  , 26. Januar.( Eigenbericht.) Bevor Ghandi   den Zug nach Bomban bestieg, gewährte er bem Korrespondenten des Reuter- Büros ein Interview. Dorin erlärte der Führer der indischen Freiheitsbewegung unter anderem: Ich fomane vorurteils los aus dem Gefängnis und ich erde ohne eindschaft oder Boreingenommenheit bie burch

3taliens Balfanfilialen.

Nach Albanien   auch Bulgarien  .

Paris  , 26. Januar.( Eigenbericht.) Wie das Echo de Paris" berichtet, ist die Annäherung zwischen Italien   und Bulgarien   so start geworden, daß Bulgarien   um die Entsendung einer italienischen Militärmission zur In­struttion seiner Armee ,, gebeten" hat. Der Antrag sei selbstverständ­lich von Rom   sofort zustimmend beantwortet worden.

Nazis überfallen Gewerkschaftshaus. Kampf um das Gewerkschaftshaus von Hameln  . Hannover  , 26. Januar.  ( Eigenbericht.) Die Nationalsozialisten verübten in der Nacht zum Sonntag einen wohlvorbereiteten Angriff auf das Gewerkschafts­haus in Hameln  . Während vier Nazis in schon angetrunkenem zustand das Restaurant des Gewerkschaftshauses betraten und Bier verlangten, blieben 25 draußen vor dem Lokal stehen. Der Wirt lehnte die Abgabe von Bier ab, worauf die vier den Wirt und den Kellner angriffen. Andere Gäste des Cotals famen dem Wirt zu Hilfe. In diesem Augenblid stürmten die 25 Nationalsozialisten in das Lokal. Sie zertrümmerten fämtliche Fensterscheiben und demolierten das gesamte Mobiliar des Restaurants. Als Mitglieder eines Bogerfíubs, die in einem Saal des Gewerkschaftshauses ein Vergnügen abhielten, auf die Schlägerei aufmerksam wurden, griffen fie ein und fchlugen die Nazis in die Flucht. 3ahlreiche Ber­jonen wurden verlegt. Ein Reichsbannermann, der zu­fällig in dem Lotal anmefend war, erhielt mehrere Messerstiche.

fönnen.

Die Machtbefugnisse des Oberbürgermeisters haben gegen über dem ersten Entwurf auch insofern eine Einschränkung er­fahren, als er nicht mehr Leiter der aus Stadtverordneten ge­bildeten Stadtvertretung( Stadtverordnetenversammlung) sein soll. Diese liegt wie bisher in den Händen eines aus der Mitte der Versammlung gewählten ehrenamtlich tätigen Per­fönlichkeit. Der Stadtgemeindeausschuß( Hauptausschuß), das Gegenstück zu den Provinzialausschüssen, ist geblieben. Diesem Stadtgemeindeausschuß sollen auch( wie es bisher gedacht mar), bestimmte Aufgaben zur endgültigen Lösung übertragen werden, auch Entscheidungen in Differenzfällen zwischen Bürgermeisterfollegium und Stadtvertretung. Das Hervorstechendste in der gegenwärtigen Auffassung des preußi­schen Innenministers ist der Wille, die Wahlzeit der bisherigen Magistratsmitglieder enden und Neuwahlen der Stadt­verordnetenversammlung und der Bezirkskörperschaften nicht stattfinden zu lassen. Die Amtsdauer der Stadtverordneten soll normal ablaufen. Die Bezirksversammlungen werden in der weiter unten angegebenen Art verkleinert. Begrüßenswert ist vor allem die Absicht, die sogenannte Staatsauf= ficht" für Berlin   nicht in dem besonderen Berliner   Gesetz zu

regeln, sondern im allgemeinen, wohl erst sehr viel später zu verabschiedenden Selbstverwaltungsgesetz".

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Die Oeffentlichkeit der Stadtverordneten Dersammlung( Stadtvertretung) ist beibehalten worden, ebenso die Nichtöffentlichkeit der Verhandlungen im Stadt­gemeindeausschuß und in den Bezirkskörperschaften, die Be= zirksräte heißen, und unter Berringerung der bisheri gen Zahl der ehrenamtlich tätigen Bezirksverordneten zu einem Einförpersystem( ungefähr nach süddeutſchem Muster) 31­fammengefügt werden sollen. Eine wesentlichste Unterstützung erfahren wird das jogenannte Bürgermeisterfollegium, dessen Mitgliederzahl noch nicht endgültig feststehen dürfte, durch Stadträte, die( als Wahlbeamte) auf ihren Fähigkeiten entsprechenden Spezialgebieten arbeiten sollen. beabsichtigte Organisation und Gliederung kann vielleicht am ehesten überblidt merden, menn man das Bürgermeister­follegium mit dem Oberbürgermeister an der Spize als Kommunales Robinett" mit einem Kommu­

Die