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Nr. 43 A 22
48.Jahrgang S
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Dienstag
27. Januar 1931
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Waridhau, 26. Januar.( Eigenbericht.)
In der heutigen Sejmihung fam der utrainische Anfrag über die sogenannte„ Befriedungsaftion" für Offpolen zur Sprache und führte zeitweise zu erregten Szenen. Der Regierungsreferent verschanzte sich hinter die von einigen ukrainischen Terroristen verfügten Sabotageafte, denen er die Schuld an der Notwendigkeit der Straferpedition zusprach. Großen Eindruck rief die Rede des früheren Brefter Gefangenen und sozialistischen Abgeordneten Dubois hervor, der vor allem die Regierungsabgeordneten antlagte,
jedes Gefühl für menschliche Würde verloren zu haben, da jede der von den Oppositionsrednern angeführte Tat fache aus der Zeit der Soldatenherrschaft in Offgalizien bei ihnen nur Hohnlagen und zynische Erwiderungen hervorrufe. Wenn die polnische Regierung tatsächlich keine anderen Mittel habe als militärische Straferpeditionen, um einige Brandstifter zu bestrafen, dann müsse eine solch schwache Regierung zurücktreten. Die Regierung habe tein Recht, für die Sabotagealte einiger Perjonen die gesamte ukrainische Bevölkerung Polens
durch asiatische Methoden zu bestrafen.
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Die polnischen Sozialisten würden alie Kräfte daran jetzen, all die Ungeheuerlichkeiten der Befriedungsaktion" ans Tageslicht zu bringen. Wenn Polen den Namen eines& ulturstaates tragen wolle, daru dürfe es nicht dulden, daß derartige Fälle barbarischer Sammelstrafen für die Tafen einzelner Personen Anwendung finden. Zum Schluß fündigte Dubois an, daß seine Fraktion ein Projekt zur Herstellung einer territorialen Autonomie für die utrainische Minderheit in Polen einbringen werde. Dem Standpunkt der Sozialisten schloß sich auch in einer Erklärung die Bereinigte polnische Bauernfraktion an.
Der Innenminister, General Sfladtawjti, erwiderte dar
auf einfach, daß das Beweismaterial der Opposition gefälscht fei, mußte aber zugeben, daß einige" Mißbräuche vorgekommen feien. Die Schuldigen feien bereits bestraft. Auf die Anfrage eines Oppofitionsabgeordneten konnte aber der gut unterrichtete Innenminiffer fein einziges fonfretes Beispiel anführen.
Schwere Angriffe der nationalen Opposition.
Warschau , 26. Januar. Während die polnische Regierungspresse es als einen Erfolg der polnischen Delegation preist, den Ansturm Deutschlands auf die Grenzen Polens zurückgeschlagen zu haben, spricht der nationaldemokratische„ urier Boznansti" von einem für den polnischen Staat unerhört erniedrigenden pater peccavi" des polnischen Bertreters in Genf . Vor einem internationalen Forum sei der deutschen Minderheit Polens , deren Patron im Völkerbund Berlin wäre, Genugtuung geleistet worden: es sei das so schmerzlich für das polnische Selbstbewußtsein, daß man die Zähne zusammenbeißen muß, um das ertragen zu fönnen". Soeben erst habe der Innenminister Stladtowifi in einer Sejmkommission mit Stolz erklärt, daß bei den Wahlen alles in Ordnung gewesen sei. Diese Erklärung jei für die polnische Deffentlichkeit bestimmt gewesen. Dem Auslande gegenüber habe dagegen der polnische Außenminister sich genötigt gesehen, ein Geständnis der verschuldeten Gewalt. taten abzulegen. Die„ Polonia" Korfantys schreibt, Deutsch land habe sein Ziel fast restlos erreicht. Es habe Polen zu einem demütigenden öffentlichen Reuebekenntnis gezwungen und das Vertrauen zu der polnischen Regierung zu erschüttern gewußt. Denn der Beschluß des Rates, die Erfüllung der Verpflichtungen der polnischen Regierung zu kontrollieren, könne am wenigsten als Ausdruck des Vertrauens gewertet werden.
die Londoner Konferenz geschaffene neue Lage nach jeder Seite genau
Rasche Arbeit notwendig.
Von Erich Flatau.
Der preußische Innenminister, Genosse Severing, hat im Gemeindeausschuß des Preußischen Landtags die Gedanken entwickelt, die ihn bei den Vorschlägen für Aenderungen des vorliegenden Regierungsentwurfs für ein Berliner Selbstpermaltungsgeses" geleitet haben. Diese neuen Vorschläge waren schon seit einiger Zeit in ihren Grundzügen bekannt geworden. Nach der Erörterung des ursprünglichen Entwurfs amt 16. März 1930 im Vorwärts" erscheint eine furze Behandlung der jetzt offiziell vorliegenden Abänderungsvorschläge wohl auch angebracht.
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Seinerzeit wurde an dieser Stelle hervorgehoben, daß die Regierung mit einen Grund für die so außerordentlich be= fchleunigte Ausarbeitung des ersten Entwurfes in der Anschleunigte Ausarbeitung des ersten Entwurfes in der Annahme fah, der bisherige Magistratsdirigent habe vielleicht eine genaue Aufsicht aller Dezernate vermissen lassen". Es wurde damals im ,, Borwärts" bemängelt, daß trotz dieser anscheinend bestehenden Auffassung man einer einzigen Persönlichkeit, einem ,, Uebermenschen", dem Berliner Oberbürger meister, neue Vollmachten geben wollte, die weit über die Amtsmacht des bisherigen Oberbürgermeisters hinausgingen. Wenn man wahrscheinlich auch durch Feststellungen und Entscheidungen in dem jetzt abgeschlossenen DisziplinarverEntscheidungen in dem jetzt abgeschlossenen Disziplinarverfahren gegen den bisherigen Oberbürgermeister erkannte, daß ein( wenn auch befähigter) Mensch, nicht Einzelheiten aller Dezernate beherrschen kann und man hieraus Fehler der Verwaltung sich entwickeln sah und sie abstellen wollte, so war es nur logisch, daß man diesem leitenden Beamten der Stadt Berlin ein besonderes fleines Kollegium von verantwortlichen Mitarbeitern zur Seite gab, das, von der Stadtvertretung neu gewählt, ihn in der Beaufsichtigung der maßgebenden Dezernate vertreten fann, ohne zugleich aber die Hemmungen zu zeigen, die zum Teil der bisherige sehr viel größere Magistrats apparat aufwies. Ein solches nossen Severing vor. Man muß hierin in objektiver Würdigung aller Umstände eine Verbesserung sehen, ohne natürlich etwa in dieser Bestimmung,( wie auch in an deren Bestimmungen, die neu eingefügt wurden), die Erreichung des im sozialdemokratischen Gesezentwurf enthaltenen letzten 3ieles" fonstatieren zu
Unterhausdebatte über Indien . bieren, ebenso wie jó mit Sapru und den anderen aus London Kollegium ſicht der neue Borschlag des Ge
Der Erfolg der Arbeiterregierung.
London , 26. Januar.( Eigenbericht.)
Das englische Unterhaus erörterte am Montagnachmittag das Ergebnis der englisch - indischen Konferenz. Mac. donald berichtete unter großem Beifall. Zum Schluß bat er die Parteien, die Regierung auf dem eingeschlagenen Weg weiter arbeiten zu lassen, damit der Name Englands unter den Völkern in Ehren bestehen könne.
zurückkehrenden Delegierten die Rede Macdonalds diskutieren will. Irgendwelche politischen Pläne für die Zukunft habe ich noch nicht gefaßt, und ich weiß nicht einmal, ob ich in Bombay bleiben werde. Nach meiner Ansicht sollten jetzt unermüdlich sämtliche Gefangenen, die durch den Feldzug gegen die Gesetze ins Gefängnis gekommen sind, freigelassen werden. Solange das nicht geschehen ist, kann keiner von uns glücklich sein.
Zum Schluß gab Ghandi seine große Anerkennung zum AusDie Liberalen brachten ihre volle Anerkennung für druck über die vornehme 2rt, wie er im Gefängnis behandelt die Tätigkeit der Arbeilerregierung in der indischen Frage zum worden sei und noch einmal betonte er, die neue Lage unvoreinAusdruck. Die konservativen führten zunächst eine sehr vorgenommen prüfen und beraten zu wollen. Auf dem Wege zur Bahn fichtige Sprache. und schickten als ersten Redner den sehr ge- war ihm eine Tasche mit wichtigen Papieren abhan mäßigten, in der Indienfrage mit der Arbeiterregierung überein- den gekommen jedoch versprach der ihn nach Bombay be ftimmenden Samuel Hoare vor. gleitende Polizeioffizier, alles Erforderliche veranlassen zu wollen, damit das verlorene But wieder herbeigeschafft werde.
Später ergriff auch Churchill das Wort, um wiederum gegen Indien und die Konferenzbeschlüsse eine seiner bekannten Scharfmacherreden zu halten. Allerdings sprach Churchill nur für feine eigene Person und nicht für die Konservativen. Großer Jubel in Indien - Baumwollaftien steigen.
Bombay , 26. Januar.( Eigenbericht.) Gandhi , sein Sekretär Nehru , Frau Naidu, Patel und die übrigen Führer des allindischen Kongresses find am Montage vormittag aus dem Gefängnis entlassen worden.
Die ganze Nacht über hatten riesige Menschenmaffen vor den Gefängnistoren gewartet, um die in die Freiheit zurückfehrenden zu begrüßen. In ganz Indien herrscht Jubel und Freude. Gandhi saß wie üblich an seinem Spinnrad im Gefängnis zu Boona, als er die Nachricht von seiner Freilassung erhielt. Er nahm sie gelassen auf. Bergebens warteten später die Pressevertreter, um von dem Freigelassenen seine Meinung über die neve Lage und über die Ergebnisse der Londoner Konferenz zu hören.
Am besten zeigt der Börsenbericht den Umschwung der Lage. Baumwollaftien z. B. stiegen am Montag teilmeise um 20 Punkte. Es herrscht große Freude in allen Lagern, die in den Zeitungen und besonders auf den Straßen lauten Ausdruck findet. Vor dem Bittoria- Bahnhof in Bombay harrten Zehn tausende von Menschen in der Annahme, daß Gandhi hier eintreffen
würde.
Ghandi will die neue Lage vorurteilstos prüfen.
London , 26. Januar.( Eigenbericht.) Bevor Ghandi den Zug nach Bomban bestieg, gewährte er bem Korrespondenten des Reuter- Büros ein Interview. Dorin erlärte der Führer der indischen Freiheitsbewegung unter anderem: Ich fomane vorurteils los aus dem Gefängnis und ich erde ohne eindschaft oder Boreingenommenheit bie burch
3taliens Balfanfilialen.
Nach Albanien auch Bulgarien .
Paris , 26. Januar.( Eigenbericht.) Wie das„ Echo de Paris" berichtet, ist die Annäherung zwischen Italien und Bulgarien so start geworden, daß Bulgarien um die Entsendung einer italienischen Militärmission zur Instruttion seiner Armee ,, gebeten" hat. Der Antrag sei selbstverständlich von Rom sofort zustimmend beantwortet worden.
Nazis überfallen Gewerkschaftshaus. Kampf um das Gewerkschaftshaus von Hameln . Hannover , 26. Januar. ( Eigenbericht.) Die Nationalsozialisten verübten in der Nacht zum Sonntag einen wohlvorbereiteten Angriff auf das Gewerkschaftshaus in Hameln . Während vier Nazis in schon angetrunkenem zustand das Restaurant des Gewerkschaftshauses betraten und Bier verlangten, blieben 25 draußen vor dem Lokal stehen. Der Wirt lehnte die Abgabe von Bier ab, worauf die vier den Wirt und den Kellner angriffen. Andere Gäste des Cotals famen dem Wirt zu Hilfe. In diesem Augenblid stürmten die 25 Nationalsozialisten in das Lokal. Sie zertrümmerten fämtliche Fensterscheiben und demolierten das gesamte Mobiliar des Restaurants. Als Mitglieder eines Bogerfíubs, die in einem Saal des Gewerkschaftshauses ein Vergnügen abhielten, auf die Schlägerei aufmerksam wurden, griffen fie ein und fchlugen die Nazis in die Flucht. 3ahlreiche Berjonen wurden verlegt. Ein Reichsbannermann, der zufällig in dem Lotal anmefend war, erhielt mehrere Messerstiche.
fönnen.
Die Machtbefugnisse des Oberbürgermeisters haben gegen über dem ersten Entwurf auch insofern eine Einschränkung erfahren, als er nicht mehr Leiter der aus Stadtverordneten gebildeten Stadtvertretung( Stadtverordnetenversammlung) sein soll. Diese liegt wie bisher in den Händen eines aus der Mitte der Versammlung gewählten ehrenamtlich tätigen Perfönlichkeit. Der Stadtgemeindeausschuß( Hauptausschuß), das Gegenstück zu den Provinzialausschüssen, ist geblieben. Diesem Stadtgemeindeausschuß sollen auch( wie es bisher gedacht mar), bestimmte Aufgaben zur endgültigen Lösung übertragen werden, auch Entscheidungen in Differenzfällen zwischen Bürgermeisterfollegium und Stadtvertretung. Das Hervorstechendste in der gegenwärtigen Auffassung des preußischen Innenministers ist der Wille, die Wahlzeit der bisherigen Magistratsmitglieder enden und Neuwahlen der Stadtverordnetenversammlung und der Bezirkskörperschaften nicht stattfinden zu lassen. Die Amtsdauer der Stadtverordneten soll normal ablaufen. Die Bezirksversammlungen werden in der weiter unten angegebenen Art verkleinert. Begrüßenswert ist vor allem die Absicht, die sogenannte Staatsauf= ficht" für Berlin nicht in dem besonderen Berliner Gesetz zu
regeln, sondern im allgemeinen, wohl erst sehr viel später zu verabschiedenden Selbstverwaltungsgesetz".
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Die Oeffentlichkeit der Stadtverordneten Dersammlung( Stadtvertretung) ist beibehalten worden, ebenso die Nichtöffentlichkeit der Verhandlungen im Stadtgemeindeausschuß und in den Bezirkskörperschaften, die Be= zirksräte heißen, und unter Berringerung der bisheri gen Zahl der ehrenamtlich tätigen Bezirksverordneten zu einem Einförpersystem( ungefähr nach süddeutſchem Muster) 31fammengefügt werden sollen. Eine wesentlichste Unterstützung erfahren wird das jogenannte Bürgermeisterfollegium, dessen Mitgliederzahl noch nicht endgültig feststehen dürfte, durch Stadträte, die( als Wahlbeamte) auf ihren Fähigkeiten entsprechenden Spezialgebieten arbeiten sollen. beabsichtigte Organisation und Gliederung kann vielleicht am ehesten überblidt merden, menn man das Bürgermeisterfollegium mit dem Oberbürgermeister an der Spize als Kommunales Robinett" mit einem Kommu
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