Rundgebung der Ruhrbergleute
Für die Erhaltung der Knappschaftsversicherung
Gelsenkirchen , 9. Februar. Im Hans- Sachs- Hause hatten sich am Sonntag etwa 2000 Knappschaftsältefte und Vertrauensmänner der vier Bergarbeiterverbände des Ruhrbergbaues zu einer Kundgebung versammelt, um geschloffen für die Erhaltung der Knappschaftsversicherung zu demonftrieren.
Der Borsitzende des Gewerfvereins christlicher Berg arbeiter, Reichstagsabgeordneter Imbusch, wies auf die Bedeutung der Kundgebung hin und erklärte, daß es jetzt darauf an komme, die drohende Gefahr für die Knappschaftsversicherung durch geschlossenes Zusammenstehen der Bergarbeiter aller Richtungen abe zuwenden. Die verantwortlichen Stellen müßten davon überzeugt werden, daß weitere Zuschüsse für die Knappschaft unbedingt notwendig seien. Reichstagsabgeordneter Genosse Husemann führte unter anderem aus: Ms die Knappschaft vor sechs Jahren geschaffen murde, hat niemand die großen Schwierigkeiten erwartet, in denen sie sich gegenwärtig befindet. Damals zählten wir im deutschen Bergbau fast eine Million Bergarbeiter. Im Oftober 1930 waren jedoch nur noch rund 600 000 Knappschaftsmitglieder vorhanden. Die Technisierung des Bergbaues hat also innerhalb einea furzen Zeitraumes die Zahl der Bergarbeiter um mehrere Hunderttausend vermindert. Die Zahl der knappschaftlichen Leistungsempfänger ist dagegen in der gleichen Zeit erheblich gestiegen. So waren beispielsweise
am 1. Januar 1924 rund 63 000 Berufsinvaliden vorhanden, während wir gegenwärtig nicht weniger als 175 000 zählen. Die Zahl der Witwen ist von 84 000 auf 100 000 gestiegen. Im Jahre 1924 entfielen auf 5,92 aftive Bergarbeiter ein Invalidenrentner, am 1. Oftober 1930 2,2. Wie katastrophal sich die Berhältnisse gewandelt haben, geht auch daraus hervor, daß die Ruhrknapp schaft in den ersten neuen Monaten des vergangenen Jahres 98 000 Beitragszahler weniger, aber 7000 Berufsinvaliden und 2000 Witwen mehr aufzuweisen hatte. Die Einnahmen in der Pensionsversicherung im zweiten Vierteljahr 1930 betrugen 1 M., im dritten Quartal 1930 nur 0,64 M. Falls das Reich also nicht gewillt ist, den Fehlbetrag voll zu ersehen, müssen die Bergarbeiter mit aller Entschieden heit verlangen, daß durch eine Umlage auf die berg männische Produktion die notwendigen Beiträge beschafft
werden.
Die Bergarbeiter, so führte Husemann weiter aus, die kurz nach dem Kriege durch lleberschichten und verlängerte Arbeitszeit große Opfer im Interesse der Wirtschaft bringen mußten, die Bergarbeiter, die auch im Ruhrkampf ihren Mann gestanden haben und darüber hinaus täglich unfägliche Opfer im Intereffe des Volksganzen bringen, erwarten deshalb, daß der Notruf nicht ungehört verhallt, sondern daß durch großzügige Regierungsmaßnahmen der Knapp schaft unter allen Umständen geholfen wird, genau so, wie dies bei der Landwirtschaft geschehen ist.
nach dem Bersailler Friedensvertrag und auch aus dem Ausscheiden einer großen Zahl von Betrieben aus der Knappschaftspflicht feien der Knappschaftspensionsversicherung Lasten entstanden, die zu tragen man unmöglich dem Bergarbeiter allein zumuten könne. Die übrigen Lasten, die durch übersteigerte Rationalisierung bedingt würden, seien durch eine Beitragserhebung pro Kopf eines beitragszahlenden Pensionsfaffenmitgliedes ebenfalls nicht zu defen. Die start verminderte Zahl der Bergarbeiter gehe noch weiter zurück. Die zunehmende Anwendung von Maschinen entlaste nicht den einzelnen Bergarbeiter vor schwerer förperlicher Anstrengung, sondern zwinge ihm ein Arbeitstempo auf, das geeignet fei, feine Gesundheit noch früher als sonst zu untergraben. Die typischen Berufskrankheiten der Bergarbeiter feien in den letzten Jahren bis zu 200 Broz. und mehr gestiegen. Die Opfer dieser Entwicklung fönne man nicht rüdfichtslos übergehen. Bei gutem Willen gäbe es genug Wege, um der Knappschaft zu helfen. Die Bergarbeiter und ihre Vertreter, die Knappschaftsinvaliden, Witwen und Waisen, erwarten daher, daß alles getan wird, um der Knappschaft die notwendigen Mittel durch Reichszuschüsse oder durch Erhebung einer Produktionsumlage zu sichern.
Bigarrenfabrikanten fündigen.
Die Löhne find ihnen noch zu hoch.
Der Reichsverband Deutscher Zigarrenhersteller hat den beiden Tabatarbeiterverbänden die Kündigung sämtlicher Lohnabkommen des Reichstarifvertrags und der Bezirkstarifverträge zugestellt, die noch bis Ende März gelten.
350000 Textilarbeiter ausgesperrt. Gewerkschaft gegen neue Verhandlungen.
Die Aussichten für eine Beilegung des Arbeitskonfliktes in Lancashire sind sehr trübe. Der Zentralausschuß der Webereiarbeitergewerkschaft hat sich mit 114 gegen 49 Stimmen gegen die Aufnahme neuer Verhandlungen mit den Unternehmern ausg= sprochen.
Die Stimmung unter den ausgesperrten Arbeitern scheint er bitterber zu sein, als zu Beginn des Konflikts. Zur Zeit sind bereits 350 000 Textilarbeiter ausgesperrt. Es ist zu befürchten, daß sich die Zahl in den nächsten Wochen noch weiter erheblich erhöhen wird.
*
Die Weigerung zur Aufnahme neuer Verhandlungen ist natürlich nicht auf findischen Eigenfinn zurückzuführen, sie beruht vielmehr auf der Ueberlegung, daß nach allen bisherigen Erfahrungen bei weiteren Verhandlungen nichts herauskommt.
Die Unternehmer halten die Zeit für gekommen um die Beber zu zwingen, fordert die doppelte Anzahl von Maschinen zu be= dienen als bisher und damit für die Existenz der Hälfte der Arbeiterfich nicht hergeben..
Zum Schluß tam Husemann noch auf den Besuch der Bergarbeiterführer beim Reichspräsidenten am nergangenen Freitag zu sprechen. Er erklärte, der 3wed des Besuches sei die Vorbringung der Not der Bergarbeiter bei dem Staatsoberhaupt gemejen, nachdem schon vorher andere Berufsschaft das Grab zu schaufeln. Zu dieser Rolle fann die Gewerkschaft organisationen und Berbände das Gleiche getan hätten. Der Reichs präsident habe die Berechtigung der Wünsche der Bergarbeiter anerkannt. Er habe versichert, daß er mit ganzem Herzem bei der Sache der Bergarbeiter fet, und er wünsche, daß ihnen geholfen
werde.
Die oorgelegie Entschließung fand einmütige Zustimmung. Die Entschließung besagt, daß nicht übermäßig hohe Leistungen, sondern andere Umstände, die in der Knappschaft organisierte Selbsthilfe
der Bergarbeiter ins Wanten gebracht hätten.
e
Aus Krieg und Inflation, aus der Abtretung von Bergbau
gebieten
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Man lacht Tränen über Direktor Hans Berg
in dem neuen Schlager
Arbeitslosennot in Holland . Forderungen des Gewerkschaftsbundes.
Amsterdam , 9. Februar.( Eigenbericht.) Der niederländische Gewerkschaftsbund hielt am Sonnabend und Sonntag in Utrecht eine Protest tundgebung gegen
die mangelnde Arbeitslosenfürsorge ab. Es wurde eine Ent fchließung angenommen, in der insbesondere eine Verlänge rung der Schulpflicht für Jugendliche bis zum 15. Lebens
KABARETT
jahr, Pflichtfortbildungsunterricht bis zum 17, Lebensjahr, alk gemein bildenden und Gewerbeunterricht für alle jugend lichen Arbeitslosen von 17 bis 21 Jahren und eine ausreichende Unterstützung für diese Personengruppen, gefordert wird. Außerdem verlangt die Konferenz die Einführung der gesetzlichen 44- Stunden- Woche und schnellste Schaffung einer gesetzlichen Arbeitslosenversicherung mit ausgiebigen Reichszuschüssen.
Ruhrort : Meiderich ! Vorbereitung einer Urabstimmung?
Duisburg- Hamborn , 9. Jebruar. Die Leitung der Hüffe Ruhrort- Meiderich hat jeht allen Ar
beitern, Angestellten und Beamten die kündigung zugehen laffen. Die Stillegung der Hütte ist zum 23. Februar beantragt. Bei einem Lohnabbau um 20 Prozent wollen die Vereinigten Stahlwerte einen Teil der Arbeiter dieser Hütte weiterbeschäftigen, ohne Feierschichten aufzugeben. Die Arbeiter lehnten in überfüllter Bersammlung dieses gnädige Angebot ab. In demagogischer Weise wurde versucht, durch Borbereitung einer Urabstimmung die Arbeiter zum Umfall zu bewegen. Allein die Stillegungsdrohung hat unter diesen Umständen ihren Schrecken verloren und auch die Kündigung wird daran kaum etwas ändern.
FUNK
RUND
AM ABEND
Montag, 9. Februar.
16.05 Gregor Jarcho: Dostojewskij. 16.30 Unterhaltungsmusik.
17.30 Ping- Pong ( Sprecher: Studienrat Max Zerning).
17.50 Erwerb einer Siedlungsparzelle. 1. Reg.- Assessor Dr. Seger: Verwaltungstechnische und Rechtsfragen. 2. 18.10) Magistrats- Oberbaurat rat Koeppen: Bauliche Möglichkeiten und Kosten.
18.30 Chopin : Prélude H- Moll; Etüde Ges- Dur, op. 25. Rachmaninoff : Prélude G- Moll. Skrjabin : Etüde op. 8, Nr. 11. Vogel: Etüde( Irina Westermann, Flügel).
18.50 Dr. Adolf Hollaender: Einkommensteuererklärung. 19.10 Arbeitsmarkt.
19.15 Blasorchesterkonzert.
20.30 Aus Dostojewskis Leben( ein Querschnitt zum 50. Todestag). ManuskriptZusammenstellung: Erich Franzen . Ltg.: Edlef Köppen . 21.30 1. Reger: Quartett Es- Dur, op. 109.:. Haydn : Quartett F- Dur, op. 3, Nr. 5( Wendling- Quartett).
22.30 Wetter-. Tages-, Sportnachrichten. Anschließend bis 0.30: Tanzmusik.
Königswusterhausen.
16.00 Georg Kersten: Praxis des heimatkundlichen Unterrichts.
17.30 Hirschberg- Zuckmayer , Lieder( Einführung: Dr. Marie Hiller. Mitw.: Hede Türk, Walter Hirschberg).
17.55 Dr. Zühlsdorf: Moderne und veraltete Säuglingspflege. 18.15 Von Frankfurt : Die Saarwirtschaft. 18.40 Sombart : Der moderne Kapitalismus. 19.05 Englisch für Anfänger.
19.35 Prof. Dr. Armbruster: Die landwirtschaftliche Hochschule im Dienste der kleinsten Haustiere.
20.00 Dr. Joachim Tiburtius : Wie kommen die Preise im Einzelhandel zustande? 20.30 Warschau : Drittes Europäisches Konzert. Dirig.: Gregor Fitelberg. Solist: Artur Rubinstein , Klavier. 1. a) Statkowski: Ouvertüre zu ..Maria"; b) Roszycki: Sinfonisches Vorspiel., Monna Lisa Gioconda". 2. Chopin , de Falla , Liszt und Prokofieff: Werke für Klavier. 3. Brahms ; Konzert für Klavier, B- Dur( Sinfonie- Orchester der Philharmonie).
SOCIN
Heute Rundfunkvortrag über Getreideprobleme. Heute abend 19.30 Uhr wird im Rahmen der Aftuellen Abteilung der Funfftunde Berlin Genosse Dr. Baade den Professor der Landwirtschaftlichen Hochschule Paris Jacques Faugeras über die internationale Getreidefrage interviewen. Professor Faugeras tommt soeben von einer zweijährigen Studienreise aus Nordamerika und Karada zurück, die ihm durch die Rockefeller- Stiftung ermöglicht wurde.
Berantwortl. für die Redaktion: Serbert gepère, Berlin ; Anzeigen: Th. Glode, Berlin . Verlag: Borwärts Berlag G. m. b. S., Berlin . Drud: Vorwärts Buch bruderei und Berlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin G 68, Lindenstraße 3. Sierzu 1 Beilage.
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