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Frank F. Braun: Der Vertreter

Die Luisenstraße lag menschenleer; es war spät am Abend und es regnete ein bißchen. Als Glasfari vor der Billa   anlangte, schlug eine nicht ferne Turmuhr zehnmal. Er betrachtete das Häuschen und fah das Messingschild an.

Konsul Chr. Steenkamp

Kein Fenster war erleuchtet. Seine Berechnungen waren also richtig. Der Konsul saß im Stadttheater und hörte sich Rigoletto an. Die Dienstboten hatten heute Ausgang. Er trat in den Garten und ging zur Tür. Seinem Nachschlüssel würde dieses Schloß faum lange widerstehen. Das Schnappschloß sprang bald auf. Glastart be­

trat die Halle.

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Behutsam, nirgends anzustoßen, und auf Zehenspizen schlich er vorwärts. Leise, leise... Teppiche dämpften den Schritt. Wes­halb leise? Er wußte, daß er allein im Hause war! Nun, das liegt schon so im Blut. Er. öffnete die Tür in das Herrenzimmer. Dort an der Wand hing das Bild, um das es sich handelte. Glasfarl machte fein Licht; er fand sich so zurecht, obgleich er nur ein einziges Mal hier gewesen war als falscher Elektriker. Zwei, drei Hammerschläge gegen den Holzrahmen, das ließ sich nicht vermeiden. Der Goldrahmen gab nach, er nahm die Leinwand heraus, löfte fie ab und rollte sie auf. Sehr behutsam, es war ja ein wertvolles Stüd. Sonst noch etwas mitzunehmen? Glastart zögerte, aber da war ein unbehagliches Gefühl, und er drehte sich um, rasch wieder wegzukommen.

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Als er die Tür gerade erreicht hatte, geschah es. Eine flare Männerstimme rief: ,, Halt!" Gleichzeitig flammte das Deckenlicht auf. Glastart schloß geblendet die Augen. Er erkannte taum noch, daß da beim Lichtschalter ein Mensch stand und einen Revolver vor­gestreckt hielt. Aber hart vernahm er den Zuruf: Die Hände hoch!" Nach einer Weile fonnte er sehen. Er wartete mit geredten Armen und betrachtete den Mann. Der stand in Hembsärmeln, war groß und schlank, und das Gesicht wies Entschlossenheit. Konsul Steenkamp.

Glasfarl überlegte. Dann legte er entschlossen einen Zettel auf den Tisch neben das Bild. Die Adresse; ich kann den Zettel verloren haben," meinte er blinzelnd.

Der Konsul fah das Papier an und stedte es ein.- ,, Man muß diefen Leuten das Handwerk legen," fnirschte er. Er nahm das Telephon auf., leberfall!" rief er; und dann: Hallo? Zwei Leute genügen. Ich halte hier einen Einbrecher in Schach  . Be­eilen Sie sich, bitte. Konsul Steenkamp, Luisenstraße 17." Man wartete. Die Minuten wurden lang. Keiner der Männer sprach ein Wort. Der Konsul spielte mit dem Revolver; immer, wenn Glastarl eine Bewegung machte, nahm er die Waffe fester zur Hand. Dann waren die Polizisten da. Sie sprangen von den Rädern und kamen ins Haus.

,, Das ist der Bursche," sagte der Konsul. Sie nehmen ihn wohl mit auf die nächste Revierwache, nicht wahr?" Die Beamten bestätigten das. ,, Gut, meine Herren, ich mache mich fertig und bin in zwei Minuten ebenfalls dort. Die Polizisten grüßten höflich, nahmen Glasfarl in die Mitte und zogen ab. Der Konsul wartete eine Weile. Dann ging er in das Nebenzimmer. Da lag über dem Stuhl seine Jade. Er zog sie an und ging wieder in das Herren­zimmer zurüd. Ich hätte mir wirklich viel Mühe gemacht, hatte schon die Jacke ausgezogen und wollte anfangen zu knacken, da und er lachte vor sich hin ,,, da kommt der Junge wie vom Himmei geschickt und zeigt mir, was hier des Mitnehmens wert ist." Hier auf rieb sich der Konsul erfreut die Hände, nahm das gerollte Bild und warf einen letzten Blick in die Runde. Dann verließ er das Haus.

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An der Straßenecke nahm er ein Auto und fuhr zu dem feigen Anstifter und Hehler, der ausgerottet werden mußte! Hier ist das gewünschte Bild," sagte er schlicht. Der Kollege war verhindert und hat mir den Auftrag überlassen."

,, ft gut," antwortete der Mann; er prüfte das Gemälde und griff damn in die Tische. Ich zahle Ihnen dasselbe, was mit Glas­fari abgemacht war," sagte er, und zählte die Scheine auf den Tisch. Dann ließ er den Kollegen und Vertreter des Glasfarl hinaus. Die Glasfarl nichte; er legte das Bild unaufgefordert auf den Tisch. dunkle Straße schluckte sofort diesen Mann und gab ihn nicht wieder ,, Wer hätte es Ihnen abgenommen?"

,, Haben Sie nur das Bild stehlen wollen?"

,, Ich verrate meine Kollegen nicht," fnurrte er trokig. ,, Ich will Ihren Hehler wissen!" rief der Konful scharf. ,, Nennen Sie mir den Hehler, und ich verspreche Ihnen, mich bei der Polizei für Sie zu verwenden. Nicht Sie sind der eigentlich Schul­dige, sondern jener Kerl, der feige im Hintergrund bleibt und der Anstifter ist. Denn Sie kannten doch den Wert des Bildes gar nicht!"

Rich. Huelfenbeck:

heraus.

Genau um diese Zeit wurden die Beamten auf der Revier wache 23 unruhig und riefen im Hause des Konsuls an. Genau um diese Zeit hörte der Konsul Steenkamp im Stadttheater den vierten Att. Des Herzogs berühmte Kanzone von den trügerischen Weiber­herzen ergriff ihn abermals fief. Er hatte keine Ahnung, daß ihn noch eine stärkere Erschütterung an diesem Abend erwartete.

Was kostet das Leben in New- York  ?

Ich glaube, bas ist eine Frage, die jeden interessieren wird. Also im voraus sei gesagt, das Leben in New York   ist teuerer als bei uns; in sehr vielen Dingen fogar ungewöhnlich teuerer als bei uns. Es sind hauptsächlich zwei Dinge, nach denen man die Kosten der Lebenshaltung in einem Lande beurteilen kann: die Wohnung und das Effen. Beginnen mir einmal mit dem legteren. Es gibt in der ganzen Welt teine Stadt, in der es so biele Speiselofale gibt wie in dem Vort. An jeder Straßenede befindet sich ein Restaurant, das bemüht ist, feine Güte durch Reklame befanntzumachen. lebet all an ben Häuſermänben, an den eifernen Gittern der Hochbahn, an den Glasscheiben leerstehender Geschäfte wird das Effen, die Koch funft und die Gemütlichkeit dieser und jener Restaurants angepriesen. Man fann fagen, daß der Durchschnittspreis eines Mittageffens ein Dollar ist, also bei meitem mehr als der Durchschnittspreis bei uns. Wenn man um den Timessquare herum einen Dollar für das Luncheon bezahlt, so stuft sich dieser Preis nach der Unterstadt und nach der Oberstadt zu entsprechend ab. In den Lofalen der Unter stadt angefangen von den Matrosenkneipen der Battery   und der fann man schon für fünfzig Cent ein annehmbares. Mittag­effen bekommen, bis bann im allgemeinen jenseits der Timessquares die Preise zu steigen beginnen. Bei Reubens in der Madison Avenue  bekommt man noch für einen Dollar ein annehmbares Effen nach europäischer Art, dazu eine Nachspeise oder ein Disoeoeoeoehrt". wie die Amerikaner einen Reispudding oder eine Banane mit Milch zu nennen belieben. Etwas billiger als für einen Dollar ist man in den chinesischen Lokalen um den Times Square  , an der Fifth Avenue  und am Broadway; hier fann man schon für sechzig Cent einen Chicen Shops Suey bekommen, jene beliebte Speise des fernen Oftens, die allerdings in start amerikanischer Aufmachung erscheint; das heißt viel weniger Fett enthält als das chinesische und

Dods

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mit Bäbern zu geben. Alle Hotels um den Central Bart und natür fich die älteren und bekannten, die Commodore und das alte Blaza am Bulizerbrunnen haben nur 3immer mit Bad. Diese Hotels haben natürlich auch keine Räume für zwei Dollar; denn mit zwei Dollar hat man höchstens Anspruch auf ein Zimmer mit Brause auf dem sogenannten Junggesellenflur, dem Bachelorfloor. Im Savon Blaza beginnen die Zimmerpreise mit zehn Dollar den Tag, im St. Morig mit vier Dollar den Tag. Allerdings tam man Das jei nebenbei gesagt ein wenig handeln, zumal in dieser Zeit der mirtschaftlichen Depreffion, in der die Hotels halb leer sind.

Der Durchschnittsmensch, der mit Weib und Kind an der Battery landet und sein Leben in Amerika   zu fristen gebenft, wird nicht in ein Hotel ziehen, sondern sich so bald wie möglich nach einer richtigen Bohmung" umsehen. Einzelhäuser oder Bungalows zu einigermaßen annehmbaren Preisen, also sagen wir hundert bis einhunderfünfzig Dollar im Monat. gibt es nur an der Peripherie der Stadt. Arbeiter und kleine Angestellte, die derartige Preise natürlich nicht zahlen tönnen, ziehen in eine Etagenwohnung oder, wie man das hier nennt, ein Apartmenthaus. Der Unterschied ist allerdings der, daß die amerikanischen   Apartmenthäuser nicht in Etagen, sondern in Flats" aufgeteilt sind; das heißt kleine und fleinste Ein-, 3wei- und Dreizimmerwöhnunglein. Apartmenthäuser an der oberen Riverside Drive haben zahlloje der artige Flats, und in einem solchen Haus wohnt die Einwohnerschaft einer fleinen deutschen   Stadt. Die Apartmenthäuser sind eigentlich billige Hotels; niemand tennt den anderen; niemand fümmert sich

Die neuen

um ben anderen, und obwohl es irgendwo eine fleine Hintertreppe gibt, fann man in seine Wohnung nur durch den Fahrstuhl gelangen. Das tleinste Flat, das heißt eine bescheidene Einzimmerwohnung mit einer Kochstelle oder Kitchenette, tostet in der Woche zehn Dollar; das find nach unserer Vorstellung im Monat einhundertsechzig Mark. Ein Flat, das Mann, Frau und Kinder beherbergen soll, ist unter teinen Umständen unter zwanzig Dollar in der Woche zu haben. Die Bedienung muß erira gezahlt werden.

Bielleicht kann man in den entlegenen Gegenden der äußeren Borstädte in der Brong, in Queens   oder im äußersten Brooklyn  billigere Wohnungen haben; dann aber verschlingt die Zeit, die man durch die Fahrerei verbraucht, einen so großen Teil der Lebens New York   sind trotz der Krise in der letzten Zeit gestiegen; was fich haltungskosten, daß sich die Einrichtung dort nicht lohnt. Die Preise in dadurch erklärt, daß die notleidenden Industrien bei ihrem Absatz auf den inneren Markt herauszuholen suchen, was ihnen der sinkende Export an Verlusten brachte. Die schöne Zeit der Jahre 1925 bis 1927, als die amerikanischen   Bettler einen Fordwagen abstotterten, ist vorüber.

Ist das schivache Geschlecht" das stärkere?

In Berlin   nehmen sich im Durchschnitt monatlich nicht vie! meniger als 150 Menschen das Leben. Diese Zahl, überraschend groß auf den ersten Blick, ist klein, denkt man an die nicht nur absolut, sondern auch relativ größere Selbstmörderzahl in New York  . Aufschlußreich aber wird die Statistik der Selbstmörder vor allem, betrachtet man, wie Männer und Frauen sich in die genannte Ziffer teilen. Viele Männer hatten im Kriege den einen Wunsch, den Frieden zu erleben, das heißt, den Krieg zu überstehen. Den Krieg haben wir überstanden, aber den Frieden offenbar nicht erlebt Denn wie ist es anders zu erklären, daß so viel mehr Männer das Leben von sich werfen als Frauen! Im Oftober 1930 entleibten sich in Berlin   167 Menschen, 99 von ihnen waren männlichen Geschlechts. Im November 1930, in dem fast 200 Frauen mehr als Männer starben, standen 87 männlichen Selbstmördern nur 46 Gelbst=. mörderinnen gegenüber, und im Dezember zählte Berlin   48 weibliche und zweimal so viel, nämlich 96, männliche Selbstmörder. Daß hier etwas wie eine Regel vorliegt, zeigt die Betrachtung der anderen Monate. Der wunderschöne Monat Mai" macht keine Ausnahme; er brachte 1930 sogar 112 Männer gegenüber nur 46 Frauen zum Freitod, und im Jahre 1929 107 Männer und 65 Frauen. Nach den Ursachen des Freitodes braucht man in unserer Zeit nicht lange zu suchen. Aber warum ist die Zahl der männlichen Selbstmörder oft doppelt so groß wie die der Frauen? Lastet nicht heute im allgemeinen auf den Frauen die gleiche Last, ja vielfach sogar die gleiche Berantwortung wie auf den Männern? Sind die Frauen Sorgen und Leiden weniger ausgesetzt als die Männer?

Wenn auf zwei Männer, die das Leben wegwerfen, durch­schnittlich in Berlin   nur eine Selbstmörderin kommt, so fann dies eben nichts anderes heißen als daß die Frau im Durchschnitt zweimal so viel aushält wie der Mann. Oder werden die Frauen leichter burch religiöse Bedenken Dom Selbstmord zurückgehalten? Hier muß man weiterfragen: Mag das, was die Frau vom Selbstmord zurüdhält, religiös, biologisch oder wie immer geartet sein, ift nicht jedenfalls die Verzweiflung über das Leben und die Ber­zweiflung am Leben eine eminent männliche Angelegenheit? Sind nicht die Frauen, wie in vielem, so auch da die Stärkeren, wo der Abgrund des Nichtmehrerlebenwollens uns angähnt? Bleibt nicht. Hamlet immer und ewig eine männliche Figur, die Frauen zwar Spielen, aber taum sein können? Sind nicht die Frauen die eigentlichen Lebensbewahrerinnen, von deren Qualität, Menschlich­teit, Klugheit vielleicht unferé ganze Zukunft viel mehr abhängt als Don den Männern? Und ist nicht darum gerade in einer Zeit, in ber die Menschenmelt mit dem Drachen   Verzweiflung fämpft, die Erziehung der Frau zur vollkommenen Berantwortung vielleicht die wichtigste pädagogische Aufgabe?

Hellmuth Falkenfeld.

Aus der Geschichte des Weinbaues. Der Weinstock gehört zu den ältesten Kulturpflanzen. Wenn man den Berichten der Bibel glauben darf, hat sogar schon Noa einen Weinberg angelegt, Wein gefeltert und auch einen gehörigen Schlud vertragen können. Eins ist aber gewiß: daß die Menschen die süßen Beeren der wild­wachsenden Reben sehr früh fennen und schäßen gelernt haben. Ziemlich sicher ist es, daß die Verbreitung der Weinfultur gleich­zeitig mit dem Fortschreiten der Allgemeinfultur fich von Dsien nach Westen vollzog. So tam der Weinbau nach Griechenland   und Italien  , von da aus nach Frankreich   und Deutschland  . In Deutsch­ land   beschränkt sich der Weinbau faft nur auf das Gebiet des Rheins und seiner Nebenflüsse, aber hier wachsen Weine, die es mit den besten Weinen der Welt aufnehmen können.

mit Pfeffer, Salz und Worcheferfoße gente foar it. In den großen Puck: Der heilige Antonius von Itaituba

genießbar

Hotels dagegen, im Savon Plaza, im St. Moris( einem neuen nach europäischem Muster gebauten Hotel) zahlt man mindestens zwei Dollar für ein Mittagessen. Man muß bedenken, daß es hier ( wenigstens offiziell) teine Getränke gibt und daß zwar Kaffee oder Lee in den Preis eingeschlossen sind; daß sich dieser Preis aber so gleich start erhöht, wenn man einen besonderen Wunsch nach einem Getränk hat.

und

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Das Diner, das man zur Zeit unseres Abendessens einnimmt, ist immer teuerer als das Luncheon, weil man im allgemeinen ge­zwungen wird, nach der Karte zu essen und da man Tee oder Kaffee extra bezahlen muß. Immer eingeschlossen sind Brot und Butter ein Glas Eiswaffer( auch wenn draußen zehn Grab Kälte find). Das erste Frühstück, das ich fast vergessen hätte, ist in New Dort von dreißig bis achtzig Cents zu haben. Wenn man bedenkt, daß man in Paris   in den Cafés Biards eine Taffe Kaffee und ein Hörnchen sozusagen für nichst bekommen kann, find das ganz respettable Preise. Der Amerikaner ist es gewohnt, ausgiebig zu frühstücken. Er beginnt da fast jeder Ameritaner Gesundheits­fanatiker ist mit Orangensaft( übrigens munderbar und sehr zur Nachahmung zu empfehlen) und endet bei der Lettüre feines Morgen. blattes mit Schinten, Sped und Spiegeleiern. Alles in allem nach unserer Berechnung nicht unter drei Mart zu haben. Die besten Breakfastlokale sind die Part und Tillfords, bei denen man neben der Befriedigung seines Morgenhungers noch das Schauspiel ge­nießen tann, typische New- Porter Girls bei der Einnahme heißer Schokolade zu sehen.

Benn man sich das Essen noch einigermaßen einrichten tann und mit Ach und Krach und mit schiefem Magen( die Amerikaner haben das Prinzip der kleinen Portionen auf die Spize getrieben) nach europäischen   Geldvorstellungen zurechtkommen mag, ist das Wohnungsproblem fast unlösbar. Die Zeiten, da man in der Unterstadt für einige Cents in einer Herberge untertrauchen tonnte, find endgültig vorüber. Da in Manhattan   jeder 3oll Boden unge wöhnlich hohe Zinsen bringen muß, tpften die Wohnungen ein Sündengeld. Ein Hotel, das einigermaßen den Anspruch auf Wohn­lichkeit legt, beginnt seine Preise mit zwei Dollar.

Ein Hotel, das ein Hotel ist, ist bestrebt, seinen Gästen 3immer

Itaituba? Na ja, es liegt in Brasilien  , an einem Nebenfluß| des Amazonas  , in jener schönen Gegend, in der Europäer sich mit zwo Flaschen Sett täglich gerade noch so einigermaßen fieberfrei zu halten pflegen, und wo es sonst von Farbigen aller Schattierungen in Haut und Lumpen wimmelt, die in Ermangelung anderer Be­tätigungsmöglichkeiten bei jeber passenden und unpassenden Gelegen heit die Messer aneinander probieren. Und der heilige Antonius stand als Schußpatron auf dem steinernen Brückenbogen über dem Fluffe, mettentrüdt und selig, bis er sozusagen mobilisiert wurde.

Weiß der Deibel, wie jener Garnisonfommandant von Itaituba hieß, der gegen die Indios auszog und dabei auf den Gedanken tam, dem heiligen Antonius die Beförderung zum Leutnant zu geloben, falls er fiegreich wieder heimkehre. Jedenfalls trug einen portugie­fischen Namen von mindestens zwei Zeilen Länge und dem Wohlflang einer Rpipraturarie. Und er tam auch wirklich siegreich zurück und verlieh ber Statue auf der Brücke bei einer feierlichen Prozession den Leutnantsrang und wies den Zahlmeister an, das Leutnantsgehalt abzuführen. An ihn, den Garnisonstommandanten selbst, meinte er. Der Abt des Klosters, das über Stadt und Brüde herrschte, war aber der Meinung, daß das Gehalt ihm als Stellvertreter sämtlicher Heiligen auf Erden zufam, und da seine Meinung zeichnete oft 50 Grad im Schatten zu gelten pflegte, verschwand Antonius Leutnantsgage denn auch in der geräumigen Raffe bes Klosters.

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Ein jeder Soldat trägt bekanntlich den Marschallstab im Tornijter und gute Werte wecken, so sagt man, edlen Wetteifer. So fam es, daß der heilige Antonius, als wieder einmal die Indigos so unvorsichtig waren, sich für ihre leeren Bäuche ein paar Plantagen­rinder zu stehlen, Oberleutnant wurde, denn auch dieser Garnisons­tommandant von Itaituba stegte", bald darauf Hauptmann und schließlich Major. Damit aber schienen die Gelegenheiten zu neuen Siegen und damit zu neuer Beförderung erschöpft. Die Indigos waren gute Christen geworden und zogen es vor, betteind vors| Moster zu ziehen, wenn fte hungerten, anstatt Rinder zu stehlen und sich dafür totschießen zu lassen. Mit innerem Weh jah der Abt, wie der Menschheit auch diese Gelegenheit, gute Berfe zu tun, entzogen

wurde durch die Zivilisation, wobei er natürlich nicht im entferntesten daran dachte, daß dem Kloster damit der Bezug einer höheren Gage versperrt war.

Aber es gibt auch Revolutionen. Besonders da unten am Amazonas  , wo es ganz traditionell zwei Offizierskarrieren gibt, die eine durch gute Beziehungen zur herrschenden Regierung und die andere durch gute Beziehungen zur putschbereiten Opposition. Einen Butsch aber soll man bekanntlich nur anfangen, nachdem man sich sein Gelingen 99prozentig gesichert hat. Dieser Binsenwahrheit eingedenk gelobte jener Kommandant von Itaituba, der für die Opposition in den Krieg zu ziehen gedachte, dem Heiligen nicht nur die Beförderung zum Oberst für den Sieg seiner gerechten Sache, sondern drohte ihm schmähliche Degradation an, wenn er verlöre. Und der Abt segnete auch feine Truppe, als er hinauszog zur Nachbarstadt, deren Kommandant feine Karriere bei der gegenwärtigen Regierung gesicherter glaubte. Sei es, daß der Heilige Pazifist geworden war, sei es, daß die feindliche Sache doch noch um 1 Prozent gerechter war jedenfalls verlor der Kommandant von Itaituba Schlacht und Kopf.

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Der Abt tröstete sich. War es auch mit der Oberstengage nichts, so war doch kein Kommandant mehr da, die Drohung der schmählichen Degradation wahrzumachen. Aber irrte. Der gegnerische Kommandant war Kavalier und Kamerad. Er zog ein in Itaituba. Er zog zu der steinernen Brücke, vor die Statue des heiligen Antonius und erfüllte das Gelöbnis des Gefallenen, das der Degradation. Korps­geist ist Korpsgeist, auch wenn man seine Karriere der anderen Sache anvertraut hat.

So tam es, daß der heilige Antonius schmählich degradiert wurde und aus dem Militär ausgestoßen. Nur böse Zungen behaupten, daß der Oberst es getan habe, weil er den Abt in Verdacht hatte, nicht nur seinen Segen zur andern Sache gegeben zu haben. Der Abt aber machte den heiligen Antonius zum Schutzheiligen des Friedens und brachte zu seinen Füßen eine wohlverwahrte Sammelbüchse an, in die jeder sein Scherflein tun sollte, der der Stadt Frieden und Ordnung bewahrt wünschte. Und wenn auch keine Oberstgage zu­sammenkam auch der Frieden brachte dem Kloster seinen Tribut

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