Gerdland: Marie sucht Lefter ...
Marie hielt noch die Türklinke von Jimmy Tunesios Kellerbar in der Hand, da wußte sie schon: Lester war noch nicht hier gewesen. Sie sah es an dem stumpfen, erloschenen Blick der Gräfin Warwarra, an den fahrigen, zitternden Bewegungen der Barfrau. Aber obgleich sie nicht daran dachte, hier auf Lester zu warten, um, wenn er heute und morgen und übermorgen nicht fäme, Nacht für Nacht wiederzukommen wie ein geprügelter Hund, obgleich sie nicht daran dachte, hier etwa zu tanzen mit den hohlwangigen Gigolos, taumelte sie zur Theke, denn sie sah den Bost, Jimmy Tunesio, aus seinem Privatgemach tommen.
Maries atropingeweitete Augen stariten durch diese Tunnelbar, in der es nach modernder Kellerfeuchtigkeit, Altoholdünsten, lost. baren Parfüms und erfalteten, verglimmenden Zigarettenreften roch, und erst die Worte der gedunsenen Frau mit dem zerschminkten Geficht hinter der Bar riefen diese starrenden, blidlojen Augen gleichsam zur Ordnung. So bestellte Marie einen bitteren, äßenden Trunt, so fletterte sie auf einen Hocker und ließ den Mantel von den Schultern gleiten, denn es herrschte eine ungesunde, feuchte Hitze in dem erschreckend niederen, langgestreckten Raum.
Der Refrainfänger, auf Halbidiot frisiert, weil er Gesänge der Schüchternheit vortrug, warf Marie einen langen Blick zu. Sie fannte das alles so genau, dies fatadurot illuminierte Tanzparkett, auf dem zwei Gigolos mit zwei Gigoletten einen Tango zelebrierten, diese zerschliffene, verstaubte Samtverbrämung, sie fannte die langen, verzehrenden Blicke des Schüchternheitsfängers mit dem Clownhüt chen vor dem tugelrunden Glätzchen und sie wußte, daß das ja alles eine troftlose Inszene bedeutete für etwaige Spritzgäste, die sich hierher verirrten, für die Polente und für Neulinge.
Plöglich war Tunefio neben ihr. So dicht, daß sie die Borsten feines schwarzen Schnurrbartes auf ihrem nackten Oberarm spürte, daß sie seinen Atem und die stechenden, tückischen, schwarzen Raubtieraugen fühlte.
Marie ahnte: Tunesio weiß, wo Lester ist! Ihm fonnte es ja nur recht sein, wenn der Rauschgisthändler einige Nächte ausblieb und seine Kunden auf die geliebte und ersehnte Betäubung und Aufpeitschung warten ließ. Dadurch erhielt er sich seine Stam: n. gäste, die in solchen Nächten einen ungeheuren Konsum an Alkohol, Nikotin und Coffein hatten, seine Stammgäfte, die, sobald die Tür geöffnet wurde und der resedagrüne Vorhang sich teilte, am ganzen Körper zusammenzuckten und, wenn die Hoffnung sie betrogen hatte und irgendeine Nachtmotte in das schmutzig- schwüle Licht Ser Bar geflattert war, zusammenfadten.
Auch jetzt, da Tunesio neben ihr stand, ohne ein Wort zu sprechen, ging die Tür auf und die Gräfin Warwarra, diese Ruine einer Heroine, umframpfte erregt mit zitternden Fingern den Stiel des Kelches, so daß die Eisstückchen gegen das hauchdünne Glas flirrten, was wie ein Röcheln flang. Aber es war nicht Lester, sondern ein junger Mann, der sich offenbar auf Lebemann" frisiert hatte und wohl auf Entdeckungstouren ausging.
Der Dandyfatto, in den der mächtige Brustkasten geschniegelt war, das pomadisierte Blondhaar und die geschmacklose, moderne Krawatte standen in einem seltsamen Kontrast zu den großen, wunderigen Augen und der frischen Gesichtsfarbe.„ Laß man den Bauernbengel nicht sobald wieder los!" zischte der Bost zur Barfrau, dann ging er mit seinem schleichenden Dienern, mit seiner fatenhaften Freundlichkeit auf den Jungen zu. Der fam und setzte fich tolpatschig auf einen oder am anderen Ende der Bar.
Marie sah durch ihn hindurch, der sie anstarrte wie eine Erscheinung und die Animiermädchen abschüttelte.
Seitdem Marie um des Giftes willen gestohlen hatte, die entfeßlichsten Qualen im Frauengejängnis erduldet hatte, seitdem fie für eine Sprize Morphium bereit mar, ihren jugendschönen Körper zu bethaufen und in den Umarmungen feister Kavaliere vov Gier durch rüttelt, von Sucht gepeitscht wurde, tannte sie jene Romantik nicht mehr, die Dirnenromantif, die jede Klassefototte wie letzte Moraft. frau einmal mit ungeahnter Vehemenz überfällt.
Tunefio ging an ihr vorbei. Da beulte etwas in ihr auf. Sie rutschte vom Hpder und lief dem Bost nach. Sie hörte sein bös artiges Zischert nicht, sie ging mit ihm in sein Privatgemach.
Sic bat ihn, die Adresse Lesters zu sagen, sie wollte ja nur eine Sprize, damit die Qualen und Schmerzen sie nicht zum Selbstmord trieben. s wär nicht schade um dich!" lachte Tunesio. Da fah fie feine tüdischen, gierigen Blide auf ihre fleinen steilen Brüste geheftet. Da legte sich ein gewohnheitsmäßiges, eisiges, ge frorenes Lächeln um ihren Mund, sie trat dicht an ihn heran und fragte:„ Sagst du es mir..., dann?! Und zog sich aus.
Als sie das Kontor" verläßt, als sie nun hindurchwankt durch
die Kellerbar, dem Ausgang zu, mit wirren Haarsträhnen unter
so weit!" faucht die Dunkelheit, sprigt zerschämte Lache hoch, telfer die Hotelschilder und schlürft der Schritt des Zutreibers neben ihr. Die Privatgesellschaft ist natürlich ein geheimer Spielflub, in dem hauptsächlich die weiblichen Besucher die Separaträume bea leeren Lippen, und die sie jung und fröhlich, heiterer Laune und lebendig verlassen. Die Privatgesellschaft ist also ein fliegender Klub, eine fliegende Rauschgiftzentrale, die mal hier, mal bort hofpitiert, und deren Adresse dem Kneipenorje bekannt ist.
er neben ihr gegangen, ab, geht mit langen, tapfigen Schritten völkern, in die fie müde hineinwanten, mit trüben Augen und blut< weiter, weiter..
Sie ist allein. Die Schwäche, die sie überwältigte, verfliegt vor dem Gedanken an Lester. Sie muß ihn finden. Sie fann so nicht weiterleben. Sie braucht das Gift, das sie beseelt und anfeuert, das einen neuen Menschen aus ihr macht.
Und dann betritt Marie die Kneipe an der Ecke zweier dunkler Straßen, die ihr Jimmy Tunefio genannt hat.
Man ist hier auf feinen Besuch eingestellt. Fast jede Nacht fommen junge Damen wie Marie oder alte wie die Gräfin War warra und fragen nach den Rauschgisthändlern Lefter und Synte. Und jede Nacht ereignen sich hier Tragödien. Am Bierhahn steht ein hemdärmeliger Zapfer. Herrn Lester...? Kenn id nich!" ein hemdärmeliger Zapfer.„ Herrn Lefter ...? Kenn ich nich!" lautet seine stereotype Antwort auf die Frage, die auch Marie jetzt stellt. Wat soll's denn sinn, Inädichste?,' n scheener Kognat viel leicht?" Dann geht er breitbeinig nach hinten in eine Vereinsstube und ruft:„ Drje, tennst du eenen Herrn Lester?" Und ein verdäch tiges Individuum taucht auf.
"
Bon Orje erfährt Marie, daß Lefter sich in einer sogenannten Brivatgesellschaft" befinde, in der„ auch" gespielt wird. Benn fich die Inädichste ihm anvertrauen wolle, so werde er sie hinführen. Sie gehen.
Borbei an morschen Häusern, an deren Türen rauchende, buntbemalte Mädchen lehnen, vorbei an Männern mit verhauenen, brutalen Bisagen, die zu diesen Mädchen halten. Bald bist du auch
"
Hier trifft Marie Lester. Er erhebt sich vom Ecartétisch, an dem gerade ein Provinzler gerupft und ausgenommen wird, und füßt Marie die Hand. Es ist ganz seltsam: in dem Moment, da sie den Berbrecher sieht, der seine Opfer wie Marionetten nach seinem Befehl tanzen läßt, wird es ihr so leicht zumute, hört fie schon das Singen im Ohr, als hätte sie schon gespritzt.
Lester ist ein Mann in den besten Jahren, hat ein fugelrundes Bäuchlein, ein dides, gepflegtes Geficht mit pfiffigen Aeuglein. Bahrhaftig, man sieht ihm seinen Handel nicht an, sieht ihm nicht an, wie viele Maries durch die Nacht der steinernen Stadt irren und ihn fuchen, suchen. Denn fein Rauschgifthändler, kein Lester frönt dem Laster.
Marie taumelt in das Separatzimmer, das füßlich durchduftet ist und angefüllt mit Kissen und Decken. Marie füllt ihre Sprize aus der Ampulle, die sie eben von Leiter gekauft hat. Dann sticht fie tief in das feste Fleisch des Schenkels.
Minuten später wird sie all das vergessen haben, was hinter ihr liegt, die peinzerrütteten Wochen und Jahre, die Irrfahrten dieser Nacht, Tunefios widerliche Küsse und die höhnische Schulter des Jungen. Minuten später wird sie zu einem furzen, schnell vers fladerbeu Strohfeuerleben erwachen..
Wie die Natur verschwendet
Nur die ungeheure Verschwendung, die die Natur bei ihrer unendlichen Fruchtbarkeit übt, bewahrt die Welt und den Menschen vor dem Schicksal, durch das leberwuchern einzelner Tiere und Pflanzen ersticht zu werden. Erstaunliche Beispiele für diese VerPflanzen erstickt zu werden. Erstaunliche Beispiele für diese Vergeudungssucht der Natur werden in einem Aufsatz des in New Yort erscheinenden American Beefly" aufgeführt. Um das Fort bestehen vieler Arten der Tier- und Pflanzenwelt sicherzustellen, heißt es da, bringt die Natur alljährlich unzählige Milliarden von jungen Organismen hervor, die fast alle zum Tode verurteilt find. Da sind die Völker der Ratten und Mäuse, von denen jedes Baar in cinem einzigen Jahr viele Hunderte von Nachkommen in die Welt setzen kann. Während einer einzigen menschlichen Lebenszeit würden diese Tiere die Erde überfluten, wenn nicht der größte Teil der Jungen sofort zugrunde ging. Ein weiblicher Kabeljau bringt in einer Saison 8 Millionen Eier hervor, und der Aal ist noch viel fruchtbarer. Ein einziges Baar dieser beiden Fischarten würde, wenn es seit dem Beginn der christlichen Zeitrechnung sich in Dzean ungestört hätte fortpflanzen fönnen, fämtliche Weltmeere mit lebenden Aalen oder Kabeljau vollständig ausgefüllt haben. Noch ungeheuerlicher ist die Fruchtbarkeit der Auster. Nach den Schäzungen von Dr. Galtsoff vom amerikanischen Fischereiamt ver mag eine einzige Mutterauster im Laufe einer einzigen Legezeit mindestens eine halbe Million Eier zu erzeugen. Eine Bienen fönigin fann in ihrer durchschnittlichen Lebenszeit von drei Jahren 5 Millionen Eier hervorbringen.
Im Pflanzenreich ist diese Ueberproduktion fast noch aus gesprochener als im Tierreich. Eine einzige Pflanze Ampfer haf in einem Jahr 25 000 Samenförner und den Reford hält wohl der gelbe Hornwohn, der 70 000 Samenförner hervorbringt. Diese ungeheure Fruchtbarkeit der Pflanzen würde in wenigen Jahren die ganze Welt überwuchern, wenn auch nur die Mehrzahl der Körner aufginge und sich wieder zu Pflanzen entwickelte. Tatsächlich aber fommt nur ein nichtiger Bruchteil von einem Prozent des Samens zum Wachstum.
Doch alle sichtbaren Lebewesen werden in der Produktivität weit in den Schatten gestellt durch die Batterien und anderen winzigen Lebewesen, deren Welt sich nur im Mikroskop offenbart. Manche Batterienarten vollenden ihren Lebenslauf bereits in weniger als 20 Minuten. Eine einzige Mikrobe ist also fähig, 20 Minuten nach ihrer Entstehung sich in zwei Teile zu teilen und damit eine neue Generation von Batterien zu schaffen; 20 Minuten später fönnen diese beiden Tochtermikroben sich schon wieder teilen usw. Wenn
| die Batterien in einem einzigen Glas voll faurer Milch genügende Nahrung erhielten und sich unter günstigen Bedingungen entwickeln fönnten, so würde die lebende Masse der hier erzeugten Mikroben in weniger als 5 Jahren größer sein als die ganze Erde. Unter den herrschenden Lebensverhältnissen ist glücklicherweise eine solche Entwicklung ausgeschlossen. Nur eine Mitrobe unter 1000 Milliarden ist in der Lage, am Leben zu bleiben und die Nachkommenschaft dieser einen Batterie ist wieder demselben Gesetz des Unterganges unterworfen.
Je höher die Lebewesen entwickelt sind, desto geringer ist ihre Nachkommenschaft, und um diese zu erhalten, bedarf es besonderer Pflege durch die Eltern. In den primitiven Verhältnissen der Menschheit wird eine große Anzahl Kinder geboren, aber die meisten von ihnen sterben, weil es an der nötigen Sorgfalt und Hygiene fehlt. Kulturgemeinschaften dagegen haben eine viel geringere Geburtsziffer, aber die Kinder werden mit großer Hingebung vor Gefahren geschützt und bleiben daher zum größten Teil am Leben. Kofosnußpalmen wachsen gewöhnlich nahe an der Meeresfüste. Wenn die Frucht herabfällt, so stürzt sie mit großer Wahrscheinlichfeit in den Ozean und wird von der Strömung fortgetrieben, manchmal Tausende von Kilometern. Auf diese Weise wird der Samen weithin verbreitet und man nimmt an, daß die Kokosnuz so überall an den tropischen Seeküsten der Welt verteilt worden ist. Man hat fürzlich Versuche mit dem Wollfraut gemacht, um feine Fortpflanzung festzustellen. Diese Pflanze bringt etwa 700 000 Samenförner im Jahr hervor; nach sechs Monaten tonnte aber festgestellt werden, daß sich in der Nachbarschaft einer Bilanze,
von
deren Entwicklung jede Störung ferngehalten war, nur 108 Schößlinge befanden; alle übrigen waren untergegangen. Die Feinde, die diese ungeheure Sterblichkeit der Pflanzen hervorrufen, find in erster Linie Insekten, dann Pilze, die die jungen Schößlinge angreifen und vernichten, und ebenso gibt es in der Tierwelt immer wieder Tiere, die sich von anderen Tieren nähren und eine Ueber. produktion verhindern.
Es gibt aber auch Fälle in der Erdgeschichte, in denen selbst diese Verschwendung der Natur, die zur Erhaltung der Arten dient, nichts fruchtete. So lebten die großen Dinosaurier cinst in unzähligen Millionen, aber sie starben dann vollständig aus. Vielleicht steht dasselbe Schicksal auch einmal anderen Arten bevor, die wenige Junge haben und ihre Aufzucht nur durch besondere Pflege ermöglichen, so dem Elefanten. Aber auch der Mensch gehört in diese Kategorie.
dem Hut, mit verwischter Korallenschminke um den Mund, fist der Siegmund
a te Ihle: Die ersten Apotheken
Junge noch da auf seinem oder und stürzt einen Kognat nach dem anderen hinunter. Als sie mun an ihm vorbeigeht und einen flehenden, alles wissenden Blick der Barfrau auffängt, folgt er ihr, im Gehen bezahlt er die Zeche, schlüpft in den Mantel. Und dann find beide draußen.
Auf der Straße. Es ist furz vor drei Uhr: Polizeistunde. Marie muß sich beeilen. Es ist eine weite Fahrt bis zu der fleinen Kneipe, in der Lester ist. Sie kennt das Morsezeichen nicht, das die Hintertür öffnet. Die Hoffnung, bald das Gift im Fleisch zu spüren, beschleunigt ihre Schritte. Aber der Junge ist immer neben ihr.
Und da überfällt sie plötzlich eine irre Angst. Was will der von ihr? Was will der von einer Erledigten, Ausgestoßenen, Be feffenen, Elenden, die sich für eine Adresse verhöfert, was will der von ihr, was hat der denn, hat der ein Meffer lose in der Tasche, um im gegebenen Moment zuzustoßen? Aber nein, so sieht der eigentlich nicht aus. Im Schein eines Kandelabers bleibt Marie stehen und sieht ihn an.
,, Was wollen Sie von mir? Merten Sie nicht, daß ich es eilig habe? Warum rennen Sie neben mir her?" fragt fie atemlos. Der Junge steht da vor ihr und rührt sich nicht und sagt nichts. Ich werde Sie feststellen laffen, Sie belästigen mich! Sind Sie
denn verrückt geworden? Wofür halten Sie mi- i- 1-1-1. Mit einem kleinen ohnmächtigen, schmerzbewußten ,, Ach" bricht die Frage ab.
Und nun steht Marie vor ihm, hier auf der winddurchwühlten, Laternendurchzuckten Nachtstraße, steht da mit hängenden Schultern, mit spatternden Händen und zitternden Lippen, nun steht Marie vor ihm und ein stummes Schluchzen, dem die erlösenden Tränen fehlen, schüttelt ihren Körper. Auf einmal, an der flobigen Ruhe des Burschen da, versagt ihre fiebernde Hast, versagen die gepeitsch ten Nerven, verläßt sie die Sucht nach der Betäubung und Belebung. Auf einmal sucht sie eine schüßende Hand, die sie führen kann, ein gutes Wort, lange entbehrt, das ihr den Glauben an sich selbst wiedergeben tann. Da steht sie vor einem Fremden, an dessen Stummheit ihre Fragen zerschellt find, und erwartet von ihm, daß er sie in seinen Arm nimmt und sie wegführt. Nun aber, da er statt der sieggewohnten Frau, die er hinter ihrer Larve vermutete, nur ein hilfsbedürftiges Nuttchen steht, wendet er fich stumm, wie
Bei den ältesten Kulturvölkern stand die Heilkunde ganz algemein in Berbindung mit dem Religionswesen, und deshalb war sie und ebenso die Heilbehandlung ganz den Priestern überlassen, wie auch heute noch bei den Naturvölkern die„ Medizinmänner", die Heilkünstler der wilden" Völkerschaften, priesterliche Eigen schaften haben. Am meisten war im alten Aegypten die Heilkunde mit der Religion verbunden, doch war sie im Berhältnis zum damaligen Wissen auf den verschiedensten Gebieten schon ziemlich weit vorgeschritten. Es gab aber damals noch keine Apotheken. Die Arzneien in ihren verschiedenen Formen und Zusammensetzungen wurden von den Heilkünstlern, von den Priestern, selbst hergestellt. Die erste wirkliche Apotheke soll von einem Kalifen in Bagdad eingerichtet worden sein.
In Europa scheinen die ersten Apotheken in Benedig und Genua eingerichtet worden zu sein, auch hatte sich dort sofort die Stadtverwaltung eine gewisse Kontrolle bei der Herstellung von Arzneien vorbehalten. Eine Kontrolle der Apotheken schien schon aus dem Grunde notwendig, weil in den italienischen Städten die Morde durch Vergiftung jahrhundertelang ziemlich häufig waren. bestanden haben, denn im 12. Jahrhundert kam eine Verordnung In Neapel muß dann auch schon frühzeitig mindestens eine Apotheke heraus, wonach die Hersteller von Medikamenten aller Art vor dem Rat einen Befähigungsnachweis zu erbringen hatten. Außerdem wurde dabei festgesetzt, daß die Apotheker unter der Oberaufsicht des
aus den italienischen Städten bezogen, dürften nach und nach zum eigentlichen Apotheferberuf übergegangen sein. Der Name ,, Apotheca" wird in den deutschen Städten schon im 12. und 13. Jahr hundert erwähnt. Ob es sich dabei um richtige Apothefen gehandelt hat, ist allerdings recht zweifelhaft. Aber auch soweit schon wirkliche Apothefen bestanden, waren die Apotheken nicht einmal in Häusern untergebracht, sondern in offenen Buden an Straßen und auf Marktplägen. Diese Tatsache wird noch aus dem 14. Jahrhundert erwähnt. Erst im 16. Jahrhundert sind in den deutschen Städten die Apotheken durchweg in Häusern untergebracht, und seit dieser Zeit waren sie auch beffer eingerichtet. Die Apotheken gehörten dann später gewöhnlich mit zu den schönsten Gebäuden in den deutschen Städten.
Das Rezeptwefen mar freilich auch in der nachmittelalterlichen Zeit noch wenig ausgebildet. Papier blieb noch lange eine Seltenheit und sehr teuer. Daher gingen die Aerzte selbst in die Apotheken, um dem Apotheker mitzuteilen, wie die Medikamente für den einzelnen Patienten zusammengestellt werden sollen. Außerdem Gewerbetreibenden zu Zünften zusammengeschlossen waren, fo hatten die Aerzte auch die Pflicht, die Herstellung jeder von ihnen verschriebenen Arznei zu überwachen. Wie im Mittelalter alle mußten auch die Apotheker einer Zunft angehören. Da fie allein zu wenig zahlreich waren, als daß sie auch in einer größeren Stadt eine Zunft hätten bilden können, wurden die Apotheker einer anderen Zunft angegliedert, und zwar meistens der Zunft der Krämer und Kaufleute. Soweit bisher festgestellt werden konnte, dürfte in Deutschland die erste Apothefe in Köln am Rhein eingerichtet worden sein. Deren Begründung weist auf das 12. Jahr. hundert hin. Im 13. Jahrhundert finden wir dann schon Apotheken in Trier , Konstanz , Hamburg , Rostod, Schweidniß, Lübed, Münster , Straßburg , Wismar , Augsburg , Goslar und noch in anderen Städten. Am Ausgang des Mittelalters dürfte wohl jede größere Nach den vorliegenden Nachrichten muß angenommen werden, Stadt schon eine Apotheke gehabt haben. Zu jeder Apotheke gedaß in Deutschland zunächst die Ausübung des Apothekerberufes hörte int Mittelalter ein Kräutergarten, in dem die meisten Kräuter oftmals noch mit dem Berufe des Arztes verbunden war. Doch herangezogen wurden, die bei der Herstellung von Medikamenten entwickelte sich dann der Beruf des Apothekers auch aus dem des gebraucht worden sind. Die erste Apothekertage scheint in Frank Drogenhändlers. Besonders solche Kaufleute, die Kräuter, Galben| furt a. M. eingeführt morden zu sein. Das geschah im Jahre 1461.
Arztes stehen sollen, und daß ein Arzt keine Apotheke betreiben dürfe. Als Apotheker wurde denn auch nur zugelassen, wer von der medizinischen Fakultät ein Zeugnis über feine Befähigung vor legen konnte. Berstöße gegen die angelobte Pflicht sollte nebenbei auch noch mit Wegnahme des gesamten Vermögens bestraft werden. Run tamen in den italienischen Städten auch Verordnungen heraus, wonach die Apotheker Gifte und sogenannte Liebestränke nicht mehr verkaufen durften.