(ßeiiage Donnerstag, 28. Mai 1931
9fr Alml SuUaul4a& ibu>d*6
WeUbad Wanmee Siil£PfingSläUSflU(f/ Von diemrich Stemmer
Ein spanischer Philosoph bekam beim Anblick der Masse Menschenfleisch in V i a r r i tz(wo einem doch immerhin der frisch hereinbrausende Atlantik tüchtig eins ums Ohr knallt)— Sehnsucht noch dem Kloster. Und was ist der romantisch benannte meeres - stille Lido eigentlich anders als ein nicht besonders ästhetisch wir- lendes Mossenbad— mit speziellen Reservaten für die Masse stjrand-Hctel-Mensch, der immense Strand ein Kamp sich gegen- einander behauptender, ebenfalls nacktmöglichster Egos, der opa- leske Ozean cin Menschennaquarium. Sie sind nicht so vollkom- m e n, die berühmten Weltbäder: merke dir's, o Wannfeel Im sandstrandlosen A b b a z i a zerreißt man sich, wie in den meisten Rivierabädern, die Füße an Fels und Stein... in Porto R o s e hat man, so gut es ging und teuer es kam, Sand aufgeschüttet, einen künstlichen Strand geschaffen. Und im hochherrlichen SidneyerVorstadtbad Manly.wo einem der grüne Pazi- fit noch viel tüchtiger um die Ohren knallt und die schönste Bade- onstolt der Welt steht, beinahe so schön, nur lange nicht so technisch- praktisch-hygienisch wie die Wannseer... in Manly, wo da» Baden keine bloße Erholung, sondern ein Sporwolksfest bedeutet, was sah ich? Drei dicke Röhren,«in gruseliges Abfluhröhrenbündel in Ab- ständen weder tief noch weit in den wehrlosen Pazifik geführt... niemand nahm Notiz davon. Der Wannsee fließt... „So, Sie fahren am Pfingstmontag nach Wannsee ', sagte mein Freund P. I., schnitt wie immer«in maliziöses Gesicht und sprach, als ich in ihn drang, von Wasseranalysen, die man, meinte er, am wirklich langen Strand von Long Besch(New Park) kilo- meterwcit ins Meer mit dem Resultat vorgenommen hätte, daß da? Master unangenehm und auffallend von der Formel ll, O abwich. „Also viel Vergnügen!' „cherr Direktor' sagte ich auch gleich hinter dem Einlaß, für meine 20 Pfennig noch ein„Danke' hinzuerhaltend, obwohl außer mir noch 40 000 andere Badegäste da waren(Berlin ist die Stadt der„Bittes" und„Dankes')...,„haben Sie je von Wasser- a n a l y s e n gehört?' Das hatte der Direktor! Ich erfuhr, daß Wannsees Badewasser ollwöchentlich gesundheitsamllich inspiziert und hygienisch befunden wird. Der Wannsee ist nämlich kein See, sondern die v e r b r e i- terte Havel . Das Havelwaster flieht: S,6 Meter die Stunde beträgt die Strömung(um den„See' herum) bei Windstille, und durch diesen Umstand sowie durch seine sonnenseitige Lage ist die Vor- bedingung für ein ideales Bad geschaffen, sagt« der Herr Direktor, und dann sagt« i ch:„Danke sehr' und stürzte mich hinein, hinab in das Badegetümmel. Großstadt, h ier tan n st du b ad« n l- Der erste Anblick de» Wannseer Bade» ist auch für den Welt- gereisten, ist für jeden Nichtsnob finnbetörend, wunschausschließend... wa, soll man denn noch wollen... justament anders wollen? Dieses ungeheure Zusammen- und Auseinanderströmen, diese wohl- regulierte Menschenkaskade ist einzigartig. Alles liegt gleich über- sichtlich und einfach vor einem da wie jedes großen Rätsels Lösung: Großstadt, hier kannst du baden! Und ist es dieses Grunewald - grün, in das die schimmernden Badekörper zurückwellen, sind es die weißwinkenden Segel, oder ist es der blanke Rahmen des Badeemporiums, man hat hier gor nicht den Eindruck Menschenfleischfchau und"ich denke nicht daran, mich zu verhüllen und ins Kloster zu gehen, sondern mich zu e n t hüllen und meinen Körper Kirmeß seiern zu lassen. Nicht die Bullenhitze, sondern der überzeugende Rahmen schafft es, daß ganz ungezwungen eine neue We/tordnung eintritt, in der nicht Kleider Leute machen, sondern Körper. Schon auf den weißen Gartenbänken oben sitzen sie poren- atmend und sonnenslrahlensaugend in Eidechsenstarre: Körperlich- leiten. Sie konfrontieren siegreich im Wandelwäldchen den Anzug
und das Kleid, knappe, klein« Dollküraste, gerade noch das bedeckend, was für Nichtnacktkulturanhänger noch nicht freigegeben ist. Bis 20 Jahre zurück Hab« ich sie in Kanada und Australien gesehen, wo man sie sofort als gleichermaßen dezent, schick und praktisch empfinden mußte, die all-wol Kostümchens, die jetzt Pariser Seiden und deutsche Trikots ausgestochen haben und als Original-Wien das Feld behaupten.... Welch ein Wiedersehen! Die Kaskade nimmt mich wie einen menschlichen Wassertropsen auf, ich weiß nicht, wohin ich fließen soll: Terrasten und Treppen verzweigen sich verlockend, bis mir ein Gelbjackiger sagt:„Treten Sie doch in eine Wechselkabin« ein, da brauchen Sie nicht zu warten.' Ich war mit einem 30-Pfennig-Billett in einem Ankleide- räum von Männern gelandet, wo von den 40 000 vier mit aller Ruhe ihre Kleider in den vier Ecken obstreisten, und konnte, falls mich diese-.Gedrängte' irritieren sollte, eine temporäre Einzclzelle beziehen....�.IlrixKe. Die Wechselzelle ist neben Wasserströmung und Sonne die ideale Strandbadgrundlage: nur sie hält die Menschenkaskade ewig in Fluß: der Erfinder stt ein Wohltäter der badenden Menschheit. Ich bin ein temporärer Insasse(wer ist je mehr in dieser wechselnden Welt) eines sich doppelseitig öffnenden bligbtank-praktischen Gehäuses, hänge, was ich auf dem Leib habe. an«inen Bügel, und reiche diesen einem Fräuleinchen hinein, das mir dafür ein Amulett mit Nummer 305 einhändigt. Man sieht... Man sieht, immer abwärts treibend, jetzt an Gang, Haltung, Gruppierung, Kostümierung, an menschlicher Vielfältigkeit und Viel- gebärdigkeit mehr, als in der Elle das Auge dem Gehirn zu ver- bauen übermitteln kann. Die wechselnden Bilder reihen sich gewolt- sam von dem Gesichtsfeld los, es ist ein überstürztes Wahrnehmen, wie bei einem zu rasch gedrehten Film. Irgendwie gehört zur vollen Badefreudigkeit unserer Tage die Masse, und nirgends gibt es «in besser reguliertes, die Masse mehr zur Geltung bringendes Bad als Wannsee . Was ist aus diesem bißchen Wollhülle und einer auf» Ohr ge- setzten Kuli-Spitzmütze nicht alles herauszuholen, von graziös aus- gefüllten Matrosenbuxen und Frottiermänteln ganz zu schweigen, die nebst japanischen Papierschirmen den Malern paletteartigen Esfekt aufs äußerste steigern, trotzdem man natürlich heute nur uni oder abgetönte Farben trägt. Man...1 Wannsee ist nicht man, Wannsee sind alle. Frühmorgens und in letzter Minute abends„kommt man' mit seinem Auto. Es regieren aber nicht die„Sperenzchen von Klasse", sondern die der Allgemeinheit, die ja auch«inen wechselnden Geschmack be-
kündet, wiewohl sich alle darüber einig sind, daß der(zu diesem Zweck gesalbte, becremte und eingeölte) weihe Mensch nie braun genug brennen kann. Ginge die Iosephine Bater so wie sie von Natur gebacken ist, durch diese Terrassen, so ließen die künstlichen Mulattinnen resigniert die reizenden Köpfchen hängen Denkend: da kann unsereins nicht mit. Genau, wie sich drüben in Afrika , wo man die Scheitel ausrasiert und garantiert unfehlbare Hautbleichmittel en ms»?« anwendet, ejmer Naturweißen gegenüber die Waffen streckt. Wären die Schwarzen weiß und die Weißen schwarz, so fühlten sich beide als die glücklichsten Menschen— für einen Tag oder zwei. Man steht, in den Sandstrand tretend und dort herumstorchend. eine berückende Fülle von Kampierungs- und Platz- ergreisungsmethoden. Ein Demarkations.„Burg "-wall von Bierseideln erfüllt seinen Zweck nicht besser wie ein ausgebreiteter Bademantel,«ine zurückgelassene Frau, ein Handtuch, sogar ein S chn u l l e r- B o b y sah ich als Platz- Hüter. Wie in der Eisenbahn bestimmt nicht was, son- dem daß man etwas hinlegt. Man bemerkt aber(denn der Berliner hat«ine natürliche Abneigung gegen„simple llke", d. h. die natürlichste Lebensführung) allerhand Umständlich- keiten: bis fünf Thermosflaschen wies ein dreiköpfiger, kleiner, sich gegenseitig beölender, sonnenbebrillter Strondhaushalt auf, nebst einem Packen Grammophonschlager, die ja allerwärts zur Feier des Tages hemmdudeln. Der Strand ist eine Studie für sich — kaum so das Wasser. Es wird von einer ständigen kleinen Schar Wagemutiger ob- gesehen, die eine Motorbootpatrouille und einen auf einem Dach stehenden Fernrohrspäher für ihre Sicherheit sorgen hoben, verhält- nismähig wenig sportlich geschwommen.... ich meine so die Arm- Überschlagsbewegungen und die Schiffsschrauben-Hondbewegung eines vorwärtsrollenden Schnellschwimmers nach berühmten Hoitier Muster. Dafür wird angespritzt—, sympathische fremde Frauen zumal, denen man damit eine Aufmerksamkeit zu erweisen glaubt. Die Terrasse fesselt einen immer von neuem, wenn man zurück- kehrt: man müßt« sich— ständig knipsend und notierend— auf ein« der beschatteten Stufen niederlassen. Die Bemerkungen der jungen Eroberer über die vorbeischwirren- den jungen Mädchen muß man hören und jene über diese, woraus sich ergibt, daß die Eroberer, von der anderen Seite betrachtet, eigentlich die Eroberten sind! Den Tratsch über dies und das und weiß Gott was! Zwischendurch wird von oben ein Kind aus- gerufen und vorgezeigt, um heulend oder quietschvergnügt in den elterlichen Schoß zurückzukehren.(In späteren Jahren reklamiert einen keiner mehr.) Auf der Dachterrasse wird getanzt und hinab- sehend erblickt das Auge unten Paare im Sand hingegossen. Es sind verhältnismäßig, wenig Kinder und ältere Leute da, um so mehr Menschen in den Iahren, wo da? Herz unruhevoll ist und immer anders in Anspruch genommen sein will, wie eine Wechselkabine. Ich muß noch mal nach Wannsee raus: gucken, gucken, gucken.
Gerdalteyl: StU StailS diVÜppel
Wir wissen, daß die Maschine, als Helfer der Menschhest erdacht, zu ihrem Tyrannen wurde. Wir wissen, daß aus dem Felde der Arbeit Unzählige fallen, daß im Kamps mit den Maschinen Hundert- tausende verletzt werden. Wir wissen, daß die landwirtschaftlichen Maschinen l78 000 zu Invaliden machten, Förder- und Bagger- anlagen 40 000, die Metollindustrie 90 000, die Holzverarbeitung 40 000, giftige Dämpfe und Hitze 60 000, daß es im Jahre 1030 5 200 000 Versicherte gab, daß allein der Zentralverband 360000 Arbeitsinvaliden vereint. Die Wunden und Narben der Arbeitsinvaliden sind im Kampf geholt, in einem unsinnigen Kampf. Von Menschen erdachte Moschinen haben Menschen verletzt, weil sie ungeschult, ungeschickt, müde waren. All diese hat die Zivilisation geschlagen, die Wirt- schastsordnung. Wir wissen, warum es geschehen ist, lernen, wissen, wie es zu verhindern ist. Es gibt Wunden und Narben anderer Art, Verkrüppelungen,
�Bericht über ein
Erik Reger , ein Publizist aus dem Ruhrgebiet , und man kann keines Besseren belehrt werden, wenn man feststellt: der bedeutendste bürgerliche Publizist aus dem Ruhrgebiet hat einen Roman(eigentlich eine Zustandsschilderung) geschrieben:„Union der festen Hand'(Vlg. Ernst Rowohlt , Berlin ). Das Werk hat keinen persönlichen Helden. Kohle und Eisen, die Industrielandschaft an der Ruhr, ihre Organisation und De »- organisation, die Menschen, die hier schieben und geschoben werden. die Zustände und Bewegungen des ganzen Probuktionsorgonismus, das sind die handelnden Kräfte dieses Romanes. So ist er eine Art Naturgeschichte des Industriezentrums ge- worden, abhandelnd über Krupp, den Langnamverein, den Stahl- trust, die Wirtschastsführer und ihr« Mochtsphären, die Arbester und ihre verschiedenen Institutionen. Es ist ein gewichtiges Buch: sechshundert sehr konzise, sehr durchdachte, sehr geformte verdichtete Seiten, in einem Ton gehalten, der sich al» ironischer Realismus bezeichnen ließe. Reger beginnt mit den letzten Zuckungen des asten Regimes rm Kriege. Der Kaiser und sein Stab kommt noch mal im Hofzug nach Essen, in die Waffenschmiede gefahren, um die Suggestion seiner Herrschergestalt auf die murrenden Munstionsarbeiter ein» wirken zu lassen. Der Zusammenbruch ist nicht aufzuhalten. Dann kommt Neuorientierung. Umstellung auf«ine Friedensproduktion, auch im riesigen Gußstahlwerk. Streiks und Aufstände flackern hoch, um in den politischen Richtungskämpsen der Arbeiter zu» sammenzubrechen. Die Arbeiter versacken in Kleinbürgerlichkeit, in ihrer Abhängigkeit von den Ideologien der herrschenden Klasse. Reger sieht nur jene Arbeiter, denen das Klassenbewußtsein fehlt, auch wenn sie die Vokabeln des Klassenkampfes im Munde führen: er sieht den Spießerehrgeiz dieser Arbeiter in ihrem Veremsleben, in ihrem Sektiererwesen, in klebriger Geilheit, roher Rauslust, stumpfsinnigem Suff. Er findet nur Scheinbürgerlich. keit und Scheinrevolution in der arbestenden Schicht, das Dertikow, iit, Schleislackküche, das Goldrandservice au, Ausjchußporzellan,
den Gesundbeterverein, den Gummikragen am Halse des frei- gestellten Betriebsrates, kurz et findet nichts außer jenen Kultur- surrogaten, die in der kapitalistischen Gesellschaftsordnung dazu da sind, den Arbeiter dumpf, stumpf, blind und abhängig zu erhalten. Was das Proletariat an eigenem Geist es- und Kultur besitz geschassen hct. sieht Erik Reger nicht und kann es auch gar nicht sehen, weil seiner Art zu schauen jegliche Dialek- tik ermangelt, weil er unfähig ist. den dialektisch sich ankündigenden Umschlag der Quantität in die Qualität aufzuspüren. Regers Buch bezeichnet sich als einen Roman der Entwicklung, dennoch fehlt ihm die Dynamik. So wie Regers Ruhrgebiet aus sich selbst bewegt scheint und nicht im Zusammenhang mit dem übrigen Welt- geschehen, so sind auch seine Menschen und Menschengruppen nur an den tödlich hoffnungslosen Kreislauf ihrer kurzfristigen Eigen- gesetzlichkeit und Eigensucht gefesselt. Reger kann und will nicht glauben, daß das alles je anders werden könnte. Ewig wird der Mensch nichts sein und das Aktienpak et alle». Ewig werden Führer und Geführte nur bewußtlos« Objekt« der Entwicklung bleiben, Gefangene«ine» blinden Systems, ein von dem Trieb nach Sicherung und Profit getriebener Mückenschwarm. Bei all diesem trostlosen Pessimismus bleibt Regers Leistung bewundernswert. Es ist einzigartig, wie hier einer die Hinter» gründe der Gesellschast mit scharfen Lichtern ableuchtet und das dichte Gewebe der Jnteressenverknüpfungen in der Schwerindustrie durchsichtig macht. Reger hat leinen Stoff von vielen Seiten her durchgedacht, durcherlebt, durchdrungen. Darum kann er so exakt erklären, daß auch der Laie jedem der beschriebenen Prozesse zu folgen vermag. Eine böse Welt, aus der chr Chronist kein Entrinnen sieht, ist hier mit großen sprachlichen und gedanklichen Mitteln geschildert worden. Noch nie hat ein anarchischer Skeptizismus sein verächt- liches Achselzucken In«ine besser«, vielseitigere, fundiertere Form gebracht.
Körperbehinderungen, deren Anblick uns schamrot werden läßt ob unserer geraden Glieder. Deren Anblick unsere Augen trübt und unsere Zunge befangen macht, weil wir bewegliche Beine und Arme und Hände haben und doch so ganz hilflos sind gegen dies, was Muskelschwund und Gelenkversteisung anrichten. Wir kommen da in ein Haus in der Schmidstroße. Selbst- fahrsr stehen herum, Wegweiser zeigen auf den Fahrstuhl, auf schräge Bretter, die die Treppenstufen ausgleichen. Ein großes Schild:„Selb st Hilfebund der Körperbehinderten — Reichsbund deutscher Krüppel'. Ein großer Betrieb, Buchdruckerei und-binderel, Weißnäherei und Kunstgewerbe be- schäftigen 120 Mitarbeiter. Die Natur pflegt ein Manko durch ein Plus an anderer Stelle auszugleichen, der Blinde wird feinhörig, der Taube scharfsichtig. Diesen verkrüppelley Gefährten ist eine Schönheit der Seele zu eigen, wie man sie sonst selten trifft. Noch nie sah ich in einer Gemein- schaft so viele, nein: nur gute, freudig« Augen. Diese geistig frischen Menschen mit ihrem heiteren Willen zur Lebensbehouptung haben sich eine beachtenswerte Selbsthilfe auf wirtschaftlichem, sozialem und kulturellem Gebiet geschaffen. Für die Arbeitsinvaliden sorgt die Sozialversicherung, für die Krüppel nur die Wohlfahrt. Durch Selbsthilfe: Beschulung, Berussausbildung und Arbeitsbeschaffung ist ein Werk ent- standen, das 7000 von den 350 000 Krüppeln in Deutschland zu- sammenfaht und zu werteschafsenden Mitgliedern der Gemeinschaft macht. Die durch Geburtsfehler, Kinderlähmung, allmählichen Muskelschwund oder Gelenkversteisung CAnbritis) Verkrüppelten haben Hilfsmittel gesunden, die Arm« und Beine ersetzen: der Selbstfahrer verschafft erstaunliche Beweglichkeit. Slrmlose oder-behinderte be- nutzen den Mund oder die Fuß« zu Handarbeiten. Die Kunststücke des armlos geborenen Artisten Karl Hermann Unthan sind bekannt geworden. Unbekannt sind die Zahllosen, die mit den Zähnen Feder und Bleistift führen, mit den Zehen die Schreib- moschine bedienen, malen, schnitzen, häkeln und stricken. Man hat, um das Bücken und Aufstehen zu verhindern, die„B e q u e m l i ch- k e i t s s ch e r e' erfunden, die entfernte Gegenstände greift. Eine Autofirma hat sogar Wogen so umkonstruiert, daß sie von Bein- amputierten oder-gelähmten chaufsiert werden können. In den Werkstätten in der Schmidstroße sind zum Beispiel in der flBeiß- Näherei Nähmaschinen, sämtlich durch Motor betrieben, an denen von bein- und auch armbehinderten Frauen gearbeitet wird. Besondere Konstruktionen findet man auch an den modernen Setz-, Druck» und Bindemaschinen. In den Betrieben arbeiten einige vollkommen gesunde Arbeiter, um die normale Leistung als Vorbild dafür zu haben, wie es in der freien Wirtschaft zugeht. Die meisten Krüppel werden befähigt, die Konkurrenz aufzunehmen. In den Büro», Fürsorge, und Beratungsstellen sind Männer auf Roll- stühlen beschäftigt und verkrüppelte Frauen, die ihre Gefährten beraten. Weil alle diese leuchtende Augen haben, sehen wir nichts anderes an ihnen, fühlen kein« Entstellung. Den im„Selbfchilfebund der Körperbehinderten ' zusammengeschlossenen Menschen. Genossen zu- meist, ergibt sich aus dem Bewußtsein der eigenen Triebkraft und dem Zugehörigkeüsgefühl zur Gemeinschaft als nützliche Glieder der Geist des Sozialisums,