Sonntagsprediger Hugenberg.
Ltnierredung mii Prof. Gamoilowiisch
Professor Samoilowitsch, der wissenschaftliche Leiter der am 24. Juli beginnenden Polarexpedition des„Gras Zeppelin", dessen Name bekannt wurde als er auf dem Eisbrecher„Srossin" die Hilfsaktion für Nobile leitete, befand sich vor einigen Tagen auf der Durchreise nach Friedrichshasen in Berlin . In Rußland ist, wie Samoilowitsch unserem Mitarbeiter erzählte, das Interesse für die Polarfahrt des Zeppelin ungeheuer groß. In Moskau und Lenin- grab haben sich einig« Komitees für den Empfang des„Graf Zeppelin" gebildet. Auch die technische Vorbereitung ist bis ins einzelne durchgeführt, da hier das Luftschiff auf der Hinreise seinen Gasvorrat ergänzen wird. lieber Ziele und Ausgaben der Arktisfahrt teilte er folgendes mit: In letzter Zeit hat man den Flugplon dahin abgeändert, daß der Nordpol nicht überflogen werden soll. Jedenfalls ist die lieber- fliegung oder Erreichung des Nordpols, die bisher das hauptsächlichste Bestreben aller Polfahrer war, nicht eine Ausgabe, deren Erledigung irgendwelche Bedeutung htittf. lieber die Gründe dieser merk- würdigen Linienführung befragt, erklärte Samoilowitsch lächelnd, er selbst sei dafür verantwortlich, daß man hier zum erstenmal in der Geschichte der orktischen Expeditionen ein« Polorsahrt unternimmt, die den Pol selbst geradezu geflissentlich vermeidet. Denn der fiktive Punkt„Nordpol ", von Byrd, Amundsen und Nobile insgesamt bereits dreimal überflogen, biete an sich gar nichts Interessantes mehr. Um so interessanter sind die größtenteils noch unerforschten Gebiete zwischen Franz-Iosephs-Land und den neu- sibirischen Inseln, die das Ziel der Expedition billden. Die Poarsorschung ist nun endlich in ein Stadium getreten, da ez nicht mehr darauf ankommt, Rekorde aufzustellen, sondern die Arktis wissenschaftlich und systematisch nach allen Richtungen hin zu durch- forschen. Denn die Arktis ist ein Faktor van ausschlaggebender Wichtigkeit für die Organisierung eines wirklich wissenschaftlichen Wettervoraussagedien st«s und ist darüber hinaus wahr-
scheinlich das zukünftige D u r ch f o h r t s l a n d für den trans - kontinentalen Luftfahrverkshr. Mit einem Wort: Polarsorschung ist heute nicht mehr das romantische Ziel sportlich-ehrgeiziger Wikinger - Fahrten. Sie ist eine Angelegenheit technisch-wissenschastlichen Forschungsbetriebes geworden. Die erste Studiensahrt der Aero- Arktis mit„Graf Zeppelin" ist wohl der erste Fall in der abenteuerliche» Geschichte der Polarfahrt, die ganz im Zeichen dieser neuen Sachlichkeit steht. Inter- essant ist von Samolivwitsch zu hören, wie er, einstiger Absolvent der deutschen Bergakademie von Freiberg in Sachjen, zur Polarforschung kam: im Jahre 1305 wurde er, wie zahlreiche andere jugendliche Sozialrevolutionäre, im zarischcn Rußland nach Archangelsk ist Si- birien verbondnt. Hier konnte er dank dem Entgegenkommen des liberalen Gouverneurs seine Studien weiter betreiben und fühlte, Südrusse von Geburt, eine wachsende Liebe zur orktischen Landschaft erwachen. 1911 unternahm er seine erste große Expedition an Bord des„Jogues Eortier". Im Jahre 1929 war er Leiter der„Krassin "- Fahrt auf dem Wege durchs Packeis zum Raten Zelt. 48 Stunden vor seiner Abreise nach Deutschland Hot Samolivwitsch noch mit Nobile gesprochen. Nobile, der gegenwärtig Prosessor für Flugwesen in Neapel ist, hat bis zum Herbst Urlaub bekommen, um auf dem russischen Eisbrecher„Malygin" durch die Arktis fahren zu können. Ueber die Aussichten der Zeppelin-Erpedition äußert sich Samoilo- witsch durchaus optimistisch. Die Gefahr einer Bereisung sei ver- hältnisinähig gering und durch geschicktes Navigieren mit hoher Wahrscheinlichkeit zu vermeiden: Überdiez aber führe das Lustschiff genügend Ballast mit sich, um örgstensalls mich durch beträchtliche Eismengen nicht gefährdet zu werden. Den Plan, Polarhunde und Schlitten mitzunehmen, habe man deshalb fallen lasten können. Selbstverständlich seien trotzdem Sicherheitsvorkehrnngen in weitestem Umfange getroffen worden. Es ist daher zu hoffen, daß die große Fahrt sich zu einem Erfolg in wissenschaftlicher wie in Verkehrs- technischer Hinsicht gestatten werde.
Musikhochschule für Wandewögel
Wir sind zwei Musikanten und komm'n aus Schwabenland . Wir können spielen Aio-Pio-Biolin', Wir können spielen Baß, Viol' und Flöt', Und wir können tanzen, hop-sas-sa. Es wird nicht uninterestant sein, zu erfahren, daß die beiden Musikanten(nicht zu verwechseln mit denen, die vor 199 Iahren durch's Land zagen und ganz miserabel Baß, Biol' und Flöt' spielten) ihre Künste in Berlin aus der Musikhochschule für Wandervögel gelernt haben, die im Jahre 192S von dem bekannten Musikpädagogen und Vater aller Volksmusitanten, Fritz I ö d e, gegründet wurde. Nur sind sie eben keine Berufsmusi- kanten wie ihre Vorfahren, sondern Schustergesellen und Portier- söhne, die sonst kleine Fuhren fahren. Am Tage zur harten Arbeit gezwungen, gehen sie abends, ihrer Musikliebe Opfer bringend, zum Musiklehrkursus in die Danckelmannstrahe in Tharlottenburg, wo sich die Königin-Luise-Schule in den Abendstunden in die schon er- wähnte Volksmusikakademie oder, wie sie offiziell heißt,„Volks- Musikhochschule der Musikantengilde" umwandelt. Da sind sie schön beisammen, etwa 809 Musikschwärmer, die sich nur diese 19 Mark Lehrgeld monatlich leisten können, Angestellte, kleine Beamte, Handwerker, Lehrlinge. Hotelboys, Stenotypistinnen, Krankenpflegerinnen, Lyzeumschülerinnen, Stützen der Hausfrau, Familicnmütter und bebärtete Pensionäre durcheinander, in den Iahren von 15 bis 59, und erhalten von ihren oft jüngeren Profes- soren, die im Privatleben meist ernste Künstler sind, Stimmbildung in Einzel- und Chorgesang wie auch Unterricht in Geige, Laute, Flöte, Klarinette, Oboe oder anderen Musikinstrumenten und für monatlich 5 Mark Extragebühr auch noch Musiktheorie. Wollte man hier Carusos und Kreislers erziehen, so wären die Volksmufikhoch- schüler sicherlich geschlagene, gehetzte Unglücksraben. Doch das will man durchaus nicht. Hier macht jeder sein« Sache, so gut er eben kann: es genügt, wenn er nur mi�Lust und Liebe so aus» Geratewohl musiziert, denn wie kann man wohl oerlangen, daß den billigen Zehn-Mark-Instrumenten und den fabrikoerstaubten Stimmbändern Sphärentöne entlockt werden sollen! Der Zweck der Uebung ist auch
nur, den Leuten beizubringen, wie sie mit Gesang während der Arbeit die Schwere des Schicksals vergessen und mit dem bißchen Klimpern zu Hause sich von der Tagesfron erfrischen können.— Ich weiß nicht, ob es nicht sehr zweckmäßig wäre, wenn alle Unter- nehmer schon wegen der Hebung der Arbeitsleistung ihren An- gestellten täglich eine Stunde Zwangsmusik auferlegen würden. In der Musikschule in der Danckelmannstraße braucht man den Schülern keinerlei Zwang aufzuerlegen. Sie könnten auch schwänzen, ganz ungestraft, denn hier wird keine Entschuldigung verlangt. Kein Schuljahr ist bestimmt. Jeder kann nach eigenem Ermessen be- stimmen, wann er sich als ausgebildeter Musikant und fertiger Künstler betrachtet und ruhmreich durch die Welt ziehen will. Di« Schule folgt nämlich der wunderbaren Methode, ihre Schüler kurz und schmerzlos auszubilden.„Grammatik" wird kaum gelehrt. Die Praxis braucht keine Grammatik, sondern Konversation. Dem- gemäß wird hier gleich musikalisch konversiert. Tonleitern, Etüden, Sonatinen mögen ganz schöne Dinge sein, doch was sollen damit arme Volksmusikanten? Ihr Leben zwingt sie,„in meclias res" sich hineinzufinden: folglich ist es nicht nur amüsanter, sondern auch nützlicher, sofort mit den Liedern anzufangen. Still und fleißig wird gelernt, den Herbst und Winter hindurch. Doch wenn sich die ersten Sonnenstrahlen zeigen und die Vögel ihre Lieder anstimmen, was haben dann noch die Wandervögel in ihren Nestern zu suchen? Auf der Musikakademie für Wandervögel wird es plötzlich unruhig. Manche wackeren Jungen stecken die Köpfe zu- lammen, tuscheln miteinander und— verschwören sich gegen die Schule. Dann hängen sie Laute und die Flöte um den Hals, und husch... fliegen sie hinaus. Ja— warum haben denn die Pro- festoren sie hauptsächlich Wanderlieder gelehrt! Im Juni und Juli bleibt kaum noch ein Schüler in der Schule. Allesamt, selbst die Pensionäre und Fomilienmütter, rücken aus und ziehen durch Stadt und Land. Da kann sich nun jeder, der ihnen begegnet, gewisser- mosten freuen, daß die Wandervögel statt Tonleitern und Etüden sich Chorgesang und Lautenmusik zu eigen gemacht haben.— aei.
Der Retter in Traktätchenformat. In seiner Presse ergreift Herr Alfred Hugenberg persönlich das Wort. Man kann nicht sagen, daß er einen Artikel schreibt. Er hält eine Sonntagspredigt an seine gläubige Gemeinde, deren pastoraler Stil und salbungsvolle Tonart ei» Generalsuperintendent— etwa aus der frommen Bremer Familie L a h u s e n— auch nicht besser treffen würde. Stilprobe: „Ihr lieben deutschen Landsleute, richtet eure Herzen auf. Es ist nicht Matthäi am letzten, nicht Weltuntergang und jüngstes Gericht, sondern ein Schimmer von Auferstohung des Volkes. Nun kommt die große und fruchtbare Arbeit des gottgesegneten Neubaues..." Darum, ihr lieben Kindlein, verzaget nicht. Denn ICH bleibe bei euch, euer Alfred Hugenberg , der es immer gesagt hat! Schuld an allem ist der Satanos Sozialdemokratie, den ICH, der Retter Hugenberg , jetzt stracks in den Höllenpfuhl zurückschleudern werde, um mit MEINER zu Hitler übergelaufenen Gefolgschast, mit der „nationalen Rechten", das ewige Reich der Freude zu begründen. Ernsthaft: Es steht in dem Artikel nichts weiter! Herr Hugen- berg prunkt damit, daß er die Katastrophe der Reparationspolitik immer vorausgesagt hat. Als ob es darum ginge! Es ging seit jeher und es geht auch heute um die Frage, ob die Revision der Tributverpslichtungen durch Erfüllung oder ob sie nach Hugenberg -Hitler„durch Zerreißung der Verträge" herbeigeführt werden kann. Darüber schweigt Herr Hugenberg . Er muß schweigen. Denn bei Befolgung seiner Politik der„Zerreißung der Verträge" hätten wir nicht einmal das Hoooer-Moratorium er- halten und sicherlich würde uns jetzt kein Mensch im Ausland auch nur eine Million zur Stützung unserer Währung leihen. Die gegenwärtige Situation zeigt hinlänglich, daß Deutschland mit eigenem Kopital seine Wirtschast nicht ausrechterhalten kann. Die Frage des Augenblicks geht darum, ob das Ausland, ob namentlich Frankreich die abgezogenen kurzfristigen jkredite durch langfristige ersetzt. Von alledem findet man in der Hugenbergschen Sonntags- predigt kein Wort. Der„führende Kopf' der Deuffchnationolen deklamiert über Außenpolitik wie ein Blinder von der Farbe. Er empfiehlt seine Politik, weil sie auf k ü r z e st e m W e g e zu einer Katastrophe geführt hätte, die dann allerdings gänzlich aus» wegslos wäre, weil einem Deutschland , das die Verträge zer» rissen hätte, ohne seinen Erfüllungswillen bis zum äußersten zu be- weisen, kein Mensch im Ausland weder mit einem Moratorium, noch mit einer Anleihe geholfen hätte. Es ist kläglich, wenn man das geistige Format der Leute be- trachtet, die sich so nacheinander zu„Rettern" Deutschlands berusen gefühlt I)aben: Kapp, Ludendorff, Hugenberg ...
Hakenkreuzmörder verhastet. Alle drei Täler der Silvesternacht festgenommen. Zwei Tage nach der Verhaftung des Hakenkreuzlerischen Mordbuben Rudolf Becker in Wien ist in K u f st e i n der dritte Mörder der Berliner Reichsbannerleute Schneider und Graf verhaftet worden. Der Hitler -Mann verhielt sich bei seiner Verhaftung genau so wie sein Mordkomplice Becker in Wien : er legitimierte sich zuerst als „Kaufmann Karl Heinrich Weber aus Dresden ". In die Enge ge- trieben, gab er dann zu, der wegen Doppelmordes in der Silvester- nacht steckbrieflich verfolgte fünfundzwanzigjährige Maler Max H a u s ch k e aus Hardies in Preußisch-Schlesten zu sein. Auch Hauschke behauptet, die beiden Reichsbannerleute in Notwehr nieder- geschossen zu haben. Die Berliner Polizei hat vom ersten Tage an die richtige Spur verfolgt. Daß es erst»in halbes Jahr später gelungen ist, die drei von der hakenkreuzlerischen Flucht zentrale nach Tirol ge- brachten und dort von den„Bergestellen" versteckt gehaltenen Ver- vrecher festzunehmen, ist vor allem ein Skandal der Tiroler Sicherheitsbehörden. Es ist nicht dos erstemal, daß Tirol hakenkreuzlerischen Verbrechern gastliche Zuflucht bietet. Alle die Erzberger -, Gareis- und Rathenau -Mörder sanden bei Innsbrucker Behörden freundliche Förderung, materielle Unterstützung und falsche Ausweispapiere. Daß es nun trotzdem zu den Verhaftungen in Wien und Kuf- stein kam, ist nur dem Umstand zu danken, daß die eigenen Parteikameraden aus der Hitlerei ihre Genossen den Behörden ausgeliefert haben. Die Tiroler Hakenkreuzlerei ist seit Monaten in einem Zersetzungsprozeß. Die meisten älteren Parteimitglieder und Führer wurden von den jüngeren Hitlerianern abgesetzt und ausgeschlossen: schließlich hat die Münchener Partei- zentrale besondere Generalkommissare nach Tirol geschickt, um den Saustall auszumisten. Dabei ergab sich schon mehrmals, daß die Polizei von den streitenden Parteibrüder» herbei- geholt wurde und Einblick in Parteigeheimnisse, die Partei- verbrechen sind, gewann. So erhielt man auch in den letzten Tagen Kenntnis von dem Aufenthalt der langgesuchten Mörder Becker und Hauschke. In Wien konnte die Verhaftung Beckers leichler durchgeführt werden, da der Machtbereich der Tiroler„Sicherheit«- behörden" noch nicht so weit reicht. Nun, da einmal der eine Mörder verraten und festgenommen war, ging es auch in Kufstein rasch.
Ois Krise in llngarn. Budapest , 17. Juli. (Eigenbericht.) Ungarn leidet fast noch stärker als Deutschland unter der Weltwirtschaftskrise, und es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß die ungerische Krise mit zuderEinberufungdcrLondoner Konferenz beigetragen hat. Die ungarischen Banken, die auf Anordnung der Re- gierung ebensalls am Dienstag geschlossen wurden, werden erst heute wieder geöffnet, und zwar unter ähnlichen Voraussetzungen und Beschränkungen des Geldoerkehrs, wie er in Deutschland onge- ordnet ist. Die B u d a p e st e r B ö r s e bleibt die ganze Woche über geschlossen._
Beichstagsabgeordneter kerp gestorben. Der in weiten land- wirtschaftlichen, namentlich genossenschastlichen, Kressen bekannte Reichetagsabgeordnete der Zentrumspartei Peter Kerp- Köln ist gestern vormittag gestorben. Tie Kamera zeigt ab heule Neuaussührimg King Bidors Tonsilm ,.?> a l l c l u j ah". Tic Troger bee Haupt- und Nebenrollen und sämtliche Statisten sind Neger,
Die Münchener Grsah-Ausstellung. Mit bewundernswerter Energie hat die Münchener Künstler- schaft in der kurzen Frist von kaum vier Wochen nach dem Glas- palastbrand eine neue Kunstausstellung zustande gebracht, die. so- weit sie der Gegenwart entnommen, an Qualität kaum hinter der zugrunde gegangenen Glaspalast-Ausstellung zurücksteht. Das im Rohbau fertiggestellte Bibliothekgebäud» des Deutschen Museums hat in zwei Stockwerken durch Einfügung von Gips- wänden Platz gewonnen, um zirka 2999 Malereien aufgelockert und übersichtlich zu hängen. In durchgehenden Laufgängen empfangen die neuerstandenen Kojen gutes Seitenlicht. Auch der unfertige Rohbau erweist sich als Ausstellungsraum günstig— der Beschauer konzentriert sich auf das Ausgestellte. Zerstreut aufgestellte, beim Glospalastbrand gerettete Steinplastik und Bronzen haben durch merkwürdig farbig schillernde Patina zuweilen unbeabsichtigten Reiz gewonnen. Unter den bekannten Münchener Gruppen erscheint die Nene Sezession, die im Glaspalost eine Jugendausstellung voraus- gesandt hatte, diesen Sommer erstmalig auf den Plan. Das beson- der« Erlebnis in der Gruppe bildet ein Gast, der Dresdener Otto D i x. Dieser Maler-Zeitkritiker, der in Schärfe und Pointierung seiner Seherlebnisse bis an die Grenze der Karikatur streift, wirkt anziehend und aufreizend zugleich. Ein unbedingt hohes künstle- risches Niveau erreicht er im Porträt, zumal in den Porträts seiner Frau und Kinder. Zum Beispiel im„Blonden Kind unter Blumen" wird Dix Romantiker und Poet, läßt an Philipp Otto Runge und den Untergang seiner Meisterwerke im Glaspalast zurückdenken. dl. Geschichten von Koram. Der große französische Karikaturenzeichner und Maler Jean- Louis Forain , der in diesen Tagen starb, war nicht nur mit seinem Zeichenstist ein unbarmherziger Beobachter menschlicher Schwäche, son- der» führte auch eine scharfe Zunge. Einmal aber wußte er doch keine schlagsertige Antwort zu geben. Dos war in jener heute be» reits sagenhaft gewordenen Zeit, da das Telephon noch eine Neuheit war. Forain gab ein Essen, bei dem auch sein Freund Degas er- schienen war, erzählte voll Stolz, daß er sich ein Telephon angeschafft habe, und erging sich in Lobeserhebungen über diese praktische Ein-
richtung. Degas setzte ein ungläubiges Lächeln auf. Da klingelt es, und Forain entschuldigt sich und stürzt zu dem Apparat in der Ecke. Als er wieder kommt, sagt Degas :„Also man klingelt nach dir? Und du mußt springen wie ein Lakai?"—. Bei einem Wohltätigkeitsfest erhielt jeder der Teilnehmer, der eine Loge für 1999 Franken mietete, eine Zeichnung oder ein Bild eines berühmten Künstlers zum Geschenk. Als der bekannte fron- zösische Schokoladenfabrikant Gaston Menier in seine Loge trat, entdeckte er zu seiner Freude, daß man ihm einen Forain verehrt hatte, ein prächtiges Stück, auf dem«ine elegante Dame mit einer Tasse in der Hand dargestellt war. Aber die Zeichnung war nicht signiert. Am nächsten Morgen suchte also Menier den Künstler auf und sagte zu ihm:„Meister, bitte schreiben Sie mir doch etwas auf das Blatt." Forain erfüllte den Wunsch und schrieb darunter:„Das schmeckt ja ganz gut. Aber ich ziehe doch van Hauten vor!" Die Geschichte sagt- nicht, ob Menier diesen Forain, der seinen schärfsten Konkurrenten empfahl, bei sich aufgehängt hat.... Forain hatte einen Hund, der beim Fleischer oft stahl. Eines Tages bekam er eine Zuschrift van der Polize». der Hund würde konfisziert und getötet werden, wenn man ihn noch einmal beim Stehlen erwische. Darauf ging der Künstler mit dem Uebeltäter cufs Polizeiamt und sagte:„Herr Kommissar, ich hob's meinem Hunde schon so oft gesagt, aber es hat nichts genützt. Bitte sagen Sie es ihm doch einmal selbst!" Neue spanische Briefmarken. Das Bild Alfons XIII . wird demnächst endgültig von den spanischen Briefmarken verschwinoen. Nack» einer Bekanntgabe des spanischen Generalpostamts wird in 14 Tagen eine neue Serie von Briefmarken ausgegeben werden. Diese neuen Marken werden nur zwei perschieden« Bilder erhalten. Das erste soll an die Errichtung der Republik erinnern und da» zweite den dritten panamerikanischen Postkongreß im Bilde ver- herrlichen. Der Wunderrabbi und sein Hofstaat. Aaron Rokach, der be- rühmte Wunderrabbi von Beiz, befindet sich zur Zeit aus einer Reise nach Marienbad . Cr nahm vieser Tage in Homonna in der Tschechoslowakei «inen mehrtägigen Aufenthalt, bei dem der ganze eigenartige Hofftaat des Wunoerrabbis in Erscheinung trat. Es handelt sich im ganzen um rund 199 Personen, denen die merk- würdigsten olttestamentarischen Aemter zugeteilt sind. Der Wunder- rabbi Rokach benutzt aus seiner Reis« einen eigenen Son0»rzug, der in seiner Einrichtung vollkommen auf die mosaische Tradition ab- gestimmt Ist.'