Märchen aus dem Kremt.
Der Gowjet- Rundfunk zum Bolfsentscheid.
Der russische Rundfunt verbreitete gestern abend eine Ansprache über den Boltsentscheid in Preußen. Die Herren Hoffprecher des Kremls taten alles, um aus dieser Nieders lage einen Sieg zu machen. Man muß schon sagen, es war feine leichte Aufgabe! Natürlich wurden die 10 millionen Stimmen ganz einfach für die KPD. reklamiert. Sehr unangenehm war es Mostau, über den teueren Bundesgenossen a. D. Herrn Hitler zu sprechen. Um diesen recht unbequemen Freund Ioszuwerden, fam man in Mostau auf die echt bolfchemistische Idee, den Rotfront- Hitler der Sozialdemokratie zuzuschieben. Man scheint die Logif des Sowjetbürgers im Kreml nicht sehr hoch zu schätzen, denn die Herren Sowjetsprecher versuchten, in langatmigen Erklärungen den russischen Arbeitern flarzumachen, daß hitler im Bolfsentscheid der geheime Verbündete der Breußenregierung gewesen sei. Da es auf eine Lüge mehr oder weniger schon gar nicht mehr anfam, sagte man in Moskau , daß am ,, roten" Volfsentscheid sozialdemokratische Arbeiter mit Begeisterung teilgenommen haben! Komisch, daß man das in Preußen gar nicht bemerkte!
Zum Schluß verbreitete man die wildesten Gerüchte über die Lage in Berlin und erzählte von einem Blutbad, das die Polizei unter sozialdemokratischer Leitung veranstaltet habe. Die Morde an den Polizeibeamten hat man natürlich der Unwichtigkeit wegen gar nicht erst erwähnt. Der Sowjetrundfunk forderte die KPD. auf, den, glorreichen" Weg weiter fortzusehen und man versprach der deutschen Arbeiterschaft neue revolutionäre" Taten.
Der Professor vom Dritten Reich.
Der preußische Minister für Wissenschaft, Kunst und Boltsbildung hat sich durch die Rede Professors Krieds von der Pädagogischen Akademie Frankfurt a. M. por den Studenten, die mit dem Rufe Heil dem Dritten Reich!" schloß, veranlaßt gesehen, im Interesse des Dienstes seine Versehung an die Pädagogische Akademie in Dortmund anzuordnen.
Außerdem wurde Kried eröffnet, daß, auch wenn ihm die Absicht einer politischen Beeinflussung gefehlt habe, der wiederholte Gebrauch eines im politischen Tagestampf unmißverständlich gegen den jetzigen Staat verwendeten Wortes ihn allen Mißdeutungen ausgesetzt habe. Er hätte als Staatsbeamter in einer Stellung, deren Freiheit fich nur aus dem Bertrauen des Staates auf Loyalität rechtfertige, und als verantwortlicher Erzieher fünftiger Jugendbildner doppelten Anlaß gehabt, sich bewußt zu bleiben, daß die Verwendung dieses Symbolwortes ihn in den Augen seiner Hörer mit den inneren Zielen der Nationalsozialistischen Partei identifizieren mußte.
Hoheit haben geruht.
Karl Eduard Coburg und die Nazis.
Der ehemalige Landesvater des thüringischen Herzogtums Sachsen Coburg und Gotha, Karl Eduard , verwaltet nicht nur das ihm vom Reichsgericht zugesprochene Riefenvermögen aus dem Domänen- und Kammergut, um dessen Trennung in Staats- und Privatvermögen sich schon seit drei Jahren ein Schiedsgericht ergebnislos bemüht, Karl Eduard überwacht auch nach wie vor die Leistungen femmer früheren Untertanen. Einem Finanzinspektor des Herzog lichen" Rentamts hat, wie wir in der Neuen Leipziger Zeitung" lesen, Seine Hoheit das Ritterfreuz für treue Dienste" verItehen. Nun hört man nichts darüber, ob mit dieser Auszeichnung der zweimalige Gehalts abzug des Finanzinspet. tors abgegolten werden sollte!
Karl Eduard ist aber auch Bundespräsident des Nationalen Deutschen Automobilflubs, einem Anhängsel der Partei Adolf Hitlers . Als solcher hat er einen Aufruf erlassen, in dem er alle Kraftfahrer auffordert, sich am 9. August zur Verfügung zu stellen, um in außer preußischem Gebiet befindliche Abstimmungsberechtigte des Landes Breußen nach einem preußischen Abstimmungsort zu bringen. Der Herzog felbst wird zu diesem Zwede seinen gesamten Autopart zur Berfügung stellen. Er macht auch besonders darauf aufmerksam, daß jeder Fahrer Anwartschaft auf die Bolfsentscheidplakette" hat.
Damit noch nicht genug, Karl Eduard ist auch bemüht um die Stärkung und das Ansehen der Staatsautorität. Einem dringenden Appell des Thüringer Bäderverbandes folgend, hat die thüringische Regierung die Polizeibehörden angewiesen, in den Kurorten und Bädern politische Rundgebungen und Demonstrationen zu verhindern. Obgleich der Landrat den Nationalsozialisten die Abhaltung einer öffentlichen Versammlung in Oberhof verboten hatte, wünschte der Erherzog, daß die SS. Kapelle in seinem Schloßhotel in Oberhof ein öffentliches Ronzert abhalte. Der Bächter jedoch, der auch die wirtschaftlichen Nachteile allein zu tragen haben würde, sah sich veranlaßt, entgegen den parteipolitischen Wünschen seines herzoglichen Verpächters zu handeln und die Staatsautorität zu schüßen, indem er die Hergabe des Saales für die Nazis verweigerte.
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Der Terror in Ostelbien. Sprechende Zahlen.
Aus Rolberg wird dem„ Demokratischen Zeitungsdienst" mit geteilt: Nur ein paar Beispiele über die Zahlen des Voltsentscheids im Kreise Kolberg Röslin zeigen, wo in Wirklichkeit der Terror in Gestalt des Drudes auf die wirtschaftlich Abhängigen wirksam wurde. Im Gutsbezirk Roman wurden 195 gültige Eintragungen vorgenommen. Bei der Abstimmung wurden 203 Ja Stimmen abgegeben, dagegen fanden sich in der Urne 48 Nein Stimmen. Aehnlich ist auch das Verhältnis im GemeindeGutsbezirt mallnow. Im Gutsbezirk Altmarrin wurden 232 Eintragungen vorgenommen, aber nur 178 Ja. Stimmen abgegeben, und endlich ist sehr bemerkenswert das Beispiel aus der Gemeinde und dem Gutsbezirk Drosedow. Hier wurden 305 Eintragungen vorgenommen, aber nur 262 3a= Stimmen abgegeben, dagegen 60 Nein- Stimmen gezählt.
Sigung des Auswärtigen Reichstagsausschuffes. In einer Sigung des Auswärtigen Ausschusses des Reichsrats am Mittwoch hat Reichsaußenminister Dr. Curtius Bericht über die außenpolitischen Borgänge der legten Zeit erstattet, woran fich
eine längere, gleichfalls vertrauliche Aussprache geschlossen hat.
Mazedonischer Terror. Ein Mitglied der Gruppe Protoge roff, der Mazedonier Glamintsch, wurde in Sofia überfallen und schwer verlegt. Die Täter find mertannt entlommen.
11 GOEBBELS
HUGENBERG
SWIRTSCHAFTSP
ALLEIN!!!
GDER STARKE IST AM MACHTIGSTEN
DER Angr
SIEBEN MILLIONEN NAZISTIMMEN
STAHL
HELM
Lange genug habe 3CH euch als Bundesgenossen um MICH geduldet!"
Reichswirtschaftsrat/ Wirtschaftsplan.
Zuziehung von Buziehung von wirklich Sachverständigen.
Die Reichsregierung bereitet einen Wirtschaftsplan vor. Ueber die 3i elrichtung dieses Plans werden auch in der Presse bereits Mitteilungen gemacht. So deutet z. B. die Kölnische Zeitung " an, man werde zum Ersatz der Einstellung der bet Einstellung ber öffentlichen Wohnungsbaufinanzierung ein neues Arbeitsbeschaffungsprogramm aufstellen. Gedacht sei in erster Linie an Arbeitsbeschaffung durch die Reichsbahn, durch die Reichspost und an Straßenbauarbeiten. Mit dem Abbau der Hauszinssteuer gehe ein Abbau der Mieten parallel.
Im übrigen sei man sich auch in der Wirtschaft heute darüber im flaren, daß ein Teil der Löhne und Gehälter ungenügend sei und daß die Auflockerung der Lohnbindungen ihre Grenzen habe. Für lebens wichtige Betriebe könne man die Schlichtung nicht entbehren, ebenjo tönnten aber auch nicht die fartellmäßigen Preisbindungen ohne meiteres beseitigt werden, weil man sonst mit dem Ausland nicht paftieren fönne.
Man sieht aus diesen Andeutungen zur Genüge, daß bei der Aufstellung und Durchführung des Wirtschaftsplans Lebensinter effen der Arbeiterschaft auf dem Spiel stehen. Die Gewerkschaften verlangen, daß die Vorbereitung des Birtschaftsplans nicht in einer Dunteftammer erfolgt und nicht nur unter
Der Fall Kreditanstalt . Bürgerblockregierung schafft feine Sicherheit.
industriell- faschistischer Korruptionsaffären hat man beinahe schon In der Ueberfülle reichsdeutscher Finanzkrisen und groß. das Vorspiel dazu vergessen: den folgenschweren Krach der Dester reichischen Kreditanstalt. Drüben aber ist dieser Fall noch lange nicht erledigt. Der Staat mußte helfen, und bettelarm wie er it. mußte ihm und seiner Nationalbant wieder geholfen werden. Das hat besonders die Bank von England unter der britischen Arbeiter. regierung getan, wie sie auch Deutschland und seiner Reichsbank rasch und wirksam beigesprungen ist.
Nun soll die Destereichische Kreditanstalt refonstruiert werden und zu diesem Zwed hat man soeben einen Ausschuß eingesetzt; sein Vorsitzender ist Universitätsprofeffor Alfred Gürtler , jener ehrlich demokratische Christlichsoziale, der auf Befehl Vauçoins bei der vorigen Nationalratswahl nicht mehr fandidiert wurde, obe wohl er bis dahin Präsident der Volksvertretung gewesen ist. Diese Ernennung ist eine Art Wiedergutmachung; dagegen ist zum Vize präsidenten jener Dr. Ernst Mohsing ernannt worden, der als Direktor der Boden treditanstalt für deren Umgang verantwortlich ist, aus dem auch das Urteil für die Kreditanstalt und für die von ihr beherrschte Industrie des Landes erworben ist. Wenn aber etwas diese Ernennung ausgleichen fann, so die Berufung des Hofrates Georg Stern als zweiter Vorfigender in den Rekonstruttionsausschuß. Georg Stern ist der genaueste Renner des Bankwesens, als Sozialdemokrat kein Parteigänger und fein Anwalt des tapitalistischen Systems; er ist der Vertreter der organisierten Arbeiterschaft in der Nationalbank und der banktechnische Berater der Arbeiterkammer . Es ist aber lar, daß eine so disharmonische Zusammensetzung des Ausschusses teine guten Aussichten auf erfolg reiche Antwort eröffnen. Dazu hat die Regierung auch noch er sucht, den von der Baseler BI3. ernannten holländischen ,, Konsulenten" der Kreditanstalt, van Hengel, den Sizungen des Vorstandes und des Rekonstruktionsausschusses beizuziehen; auch das wird feine Förderung wirklicher grundsäßlicher Reformarbeit sein.
So tann man diesem Wert nur mit geringen Erwartungen entgegensehen. Wo ein Bürgerblod regiert, wird der Kapitalismus trotz allem Versagen nicht angerührt!
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Bom Sinn der Wirtschaft.
Eine 3lluftration.
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Dieser Tage tamen aus der Tschechoslowakei nach Wien drei Waggons mit 30 000 Kilogramm frischer Gurten. Gerade war der Einfuhrzoll von 3 auf 9 Groschen( ie 0,6 Bfennig) pro Kilogramm Einfuhrzoll von Der erhöht worden. Der Empfänger fürchtete, mit diesem Preisaufschlag
die Ware nicht abfeßen zu können. Er lehnte die Uebernahme ab, es war aber auch niemand bereit, die Rüdbeförderung zu bezahlen. Das Angebot, die Gurken an Arbeitslose zu verschenken, lehnte die 3ollbehörde ab. Sie bestimmte also, mangels eines Abnehmers, daß die Gurken durch Bersenkung in die Donau zu vernichten
seien. Das geschah
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und stundenlang mar die halbe Strombreite grün von den Erdfrüchten. Nun ereignete sich freilich ein 311fammenwirken: allerhand arme Leute, durch die tags vorher erfolgte Anfündigung einer Zeitung unterrichtet, versuchten mit Fischneßen, Körben ufm, die Gurfen herauszufifchen und zogen heilfroh mit ein
Heranziehung sogenannter Wirtschaftsführer" und„ Sachverstän-. diger", sondern vor allem unter Beteiligung berufener wirtschaftlicher Ratgeber, in erster Linie des Reichs. wirtschaftsrats. mirismaftsrats.
Seit geraumer Zeit blieb der Reichswirtschaftsrat bei der Erörte rung und Entscheidung wichtiger wirtschafts- und sozialpolitischer Fragen ausgeschaltet. Das ist um so bedauerlicher, als die Auffassung der Arbeiterschaft infolge der Bertagung des Reichstages ohnehin oft nicht mit dem erforderlichen Nachdrud vertreten werden fonnte. Daß die Regierung besser arbeitet, wenn sie die Vors arbeiten fast restlos der Ministerialbürokratie überläßt, wird nach den Erfahrungen, die bei der Notverordnung gemacht wurden, wohl niemand behaupten; die in dieser Hinsicht mit der Brauns. Rommission gemachten Erfahrungen schreden ebenfalls.
Man darf daher erwarten, daß die Forderung des Reichswirt fchaftsrates, bei der Aufstellung des Wirtschaftsplanes herangezogen zu werden, bei der Regierung auf Verständnis stößt. Die notwendigen Schritte zur Durchfeßung dieser Forderung sind auf die Initiative der Gewerkschaften hin und nach Stellungnahme der Hauptausschüffe bes Reichswirtschaftsrats bereits unternommen.
paar Kilos davon ab. Der größte Teil freilich treibt die Donau hinunter.
Ungefähr zur gleichen Zeit haben eine Anzahl mährischer Brennstoff übergoffen und angezündet. Also eine Balorisation", 7000 Doppelzentner Gurten zusammengeworfen, mit Gurtenzüchter, da sie die Früchte überhaupt nicht abfeßen fonnten, wie fie Brafilien mit Kaffee, Nordamerika mit Mais und Weizen uns längst vorgemacht haben.
Welch ein Wirtschaftssystem, das Millionen hungern läßt, dabei ungeheuren Ueberfluß produziert, ihn aber lieber vernichtet, als ihn den Bedürftigen zuzuwenden!
So oft wird vom 3usammenwirken der Völker gesprochen; es wird einmal solche Zustände beseitigen.
Waffenfund bei Kommunisten.
50 Personen verhaftet. 101 Aachen , 12. August.( Eigenbericht.)
Am Mittwochmorgen wurden in Eschweiler - Nothberg und
Weißweiler 50 Personen verhaftet, die der Ortsgruppe eines verbotenen Vereins, der Rampforganisation der Rommunistischen Partei, angehören. Es handelt sich unt einen Kampfbund gegen den Faschismus und die Polizei. Bei den Mitgliedern wurden erhebliche Bestände an Waffen und Muni tion gefunden und beschlagnahmt. Es steht fest, daß die Verhafteten auch Scharfschießübungen abgehalten haben. Unter den Fest genommenen befinden sich zwei kommunistische Stadtverordnete sowie ein früherer Reichstagsabgeordneter.
Berhaftung eines Terroristen.
Düsseldorf , 12. August.( Eigenbericht.) Der Polizei gelang es, einen von der Staatsanwaltschaft seit Wochen gesuchten Paul Beste festzunehmen, der im dringenden Berdacht steht, zusammen mit zwei anderen bereits verhafteten Bersonen am Tage vor Pfingsten nach einem Fackelzug der NSDAP. in Düsseldorf den Studenten Erten erschossen zu haben. Die Täter gehören einem linfsradikalen Lerrorverband an. Beste, der mehrfach vorbestraft ist, soll wegen Betrügereien vor einigen Wochen aus der KPD. ausgeschlossen worden sein.
Er soll zwangsweise vorgeführt werden. München , 12. August.( Eigenbericht.) Der nationalsozialistische Reichstagsabgeordnete Dr. Goebbels als Zeuge erscheinen. Da er wieder einmal nicht tam, verurteilte
sollte am letzten Montag vor dem bayerischen Amtsgericht Deggendorf
ihn das Gericht zu einer Ordnungsstrafe von 50 Mart, zur Tragung der durch das Ausbleiben entstandenen ziemlich erheb lichen often und zur zwangsweisen Vorführung zum neuen Verhandlungstermin am 24. Auguft.