Hans Bauer: Der ewige Kreislauf
( Bürozimmer. An den Wänden Platate, die eine Schokolade empfehlen.)
Der joviale Chef( flingelt den Botenjungen herein). Der joviale Chef: Paul, hör mal, mein Junge, du wirst missen, warum ich dich rufe. Ich muß dich entlassen. Du wirst dir ja fchon lange felber gefagt haben, daß für dich nichts mehr zu tun ist. Paul: Aber es ist doch in Hülle und Fülle zu tun! Der joviale Chef: Go! In Hülle und Fülle ist zu tun? Na siehst du: Das Geschäft verträgt nicht, daß soviel zu tun ist. Die Wirtschaftslage ist eine derartige, daß der Krisenzustand nur durch radikale Sparmaßnahmen beseitigt werden fann. Ehe nicht jeder einzelne davon durchdrungen ist, daß kein Plaß mehr für ihn ist im Produktionsprozeß, fann es auch nicht wieder aufwärts gehen mit der Wirtschaft. Die Aufträge haben rapid nachgelassen. Wenn mir als letztes nicht die Großlieferung an das Warenhaus Altmann geblieben wäre, fönnte ich noch heute den ganzen Laden zumachen. Ich muß von jedem Berständnis für die Eigenart der ökonomischen Struttur verlangen: am meisten aber von einem Angestellten wie dir, der an der Peripherie des Unternehmens steht. Wenn ich nicht an den Botenjungen spare: woran denn soll ich sparen?( Paul wantt ab.)
Der joviale Chef( flingelt die Stenotypistin herein). Der joviale Chef: Fräulein Häusler, Sie werden ahnen, warum ich Sie gerufen habe: ich muß Ihnen für den 15. fündigen.
Frl. Häusler: Aber es ist doch genug zu tun. Ich habe jeden Tag ganze Stöße von Briefen zu erledigen. Ich habe mitunter fogar gedacht, daß noch eine neue Stenotypistin eingestellt wird.
Der joviale Chef: Go! Ganze Stöße von Briefen liegen bei Ihnen herum! Da sehen Sie es ja: Mahnungen und Propaganda. Jeder Brief foftet. Der Untoftenetat muß aber radikal gesenkt werden. Wir arbeiten in Deutschland mit viel zu großem Spesenaufwand. Denten Sie bloß an die sozialen Leistungen: Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung... Das erbrüdt ein Unternehmen, das erdrosselt den Betrieb.
Frl. Häusler: Aber wenn feine Propaganda mehr hinausgeht, wird das Geschäft erst recht nicht gehen.
Der joviale Chef: Beffer heute ein schlechtgehendes Geschäft mit kleinstem Etat als ein gutgehendes mit großem. Die Wirtschaftslage ist eine derartige, daß nur durch rücksichtsloseste Einsparungen die notwendige Produktionsverminderung aufrechterhalten werden kann. Es sind im letzten Jahr noch nicht einmal doppelt soviel abgebaut morden, als die Umfagrebuttion ausmacht, und wenn mir nicht die Großlieferung an das Barenhaus Altmann geblieben wäre, fönnte ich noch heute den Laden zumachen. Am meisten aber muß ich Einsicht von meinem Büroperfonal verlangen, das Einblid in die Buchhaltung hat: Wenn ich nicht an den Stenotypistinnen spare, woran denn soll ich sparen?( Frl. Häusler geht ab.)
Der joviale Chef( flingelt einen Arbeiter herein). Derjoviale Chef: Sie werden sich denken können, Müller, warum ich Sie rufe. Ich muß Betriebseinschränkungen vornehmen und Sie entlassen. Damit die Produktion überhaupt in Gang gehalten werden kann, ist es nötig, sie gehörig zu beschneiden. Die Beltwirtschaft kann heute nur florieren, wenn der Bersonasabban energisch weitergetrieben wird. Wir müssen uns heute alle nach der Dede strecken. Sehen Sie, wenn mir die Großlieferung an das Warenhaus Altmann nicht geblieben wäre, dann lönnte ich noch heute den ganzen Laden zumachen.
Müller: So... da fann ich also nun nach acht Jahren gehen. Der joviale Chef: Acht Jahre sind Sie schon bei mir? Da können Sie sich ja immerhin damit trösten, daß Sie in dieser Zeit ganz schön hier herausgeschleppt haben. Ich meine, wenn man die Löhne mal so nebeneinander legen würde. ein hübscher Pfennig Geld würde da herauskommen.
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Müller: Und ein noch hübscherer, wenn man das mal neben
acht Jahren mit Altmann zusammen und setzt wird man fo mir nichts dir nichts beiseite geschoben!
Der Vertreter: Was meinen Sie, mit wieviel Lieferanten wir schon gebrochen haben! Aber Wirtschaftsbeziehungen sind nun einmal feine Angelegenheit der Wohltätigkeit. Da geht es hart auf hart. Hier ist die Annullierung. Auf Wiedersehen!( Der Bertreter geht ab.)
Nichts als Entlassungen! Das ist ja allmählich schon der reinste Stumpffinn. Eine Katastrophe, mie ein Unternehmen wie meines unter diesen blöden Entlassungen zu leiden hat. Schon dreiviertel Der joviale Chef( geht ans Telephon und verbindet sich meiner Belegschaft habe ich entlassen müssen: und immer geht das weiter mit dieser entseßlichen Umfaßverminderung: bloß weil die mit einer Nummer). Hier Meier! Herr Richter persönlich? Also Herren Industriellen feinen anderen Weg wiffen als Arbeiter aufhören Sie mal, Herr Richter: ich hatte gestern unter Borbehalt hundert Sad Katao und achtzig Sad Zuder bestellt. Diese Bestellung die Straße zu schmeißen. muß ich rüdgängig machen. Wie? Wo ich acht Jahre Ihr Kunde bin? Bin ich gewesen, Herr Richter, Tut mir leid, ich muß meinen Betrieb stillegen. Wie? Entlassen müssen Sie dann? Glücklich, mer heute noch was zu entlassen hat! Eine Katastrophe für Sie? Sie find fich bloß über die weltwirtschaftlichen Zusammenhänge nicht im flaren, Herr Richter. Der ökonomischen Struktur ist mit Entlaffungen allein nicht gedient. Es müssen auch die Annullierungen der Bestellung hinzukommen. Auf Wiedersehen, Herr Richter!
Der Vertreter: Wir entlassen ja auch. Morgen friegen wieder fünfunddreißig Verkäuferinnen ihre Papiere.
Der joviale Chef: Wovon soll ich denn eigentlich noch existieren? Ich bin Familienvater, habe Frau und drei Kinder und jezt tommt Altmann daher und annulliert mir von einem Tag auf den anderen die Aufträge!
Der Vertreter: Wir müssen von unseren Lieferanten Verständnis für die Wirtschaftslage verlangen. Nur durch Abbau der Läger kann die Krise allmählich behoben werden. Verständnis
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Der joviale Chef( flingelt seinen Chauffeur herbei). Der joviale Chef: Franz: ist das Auto im Schuß? Sv. Na dann fahren wir los: Palasthotel! Zur Konferenz der Wirt
Der joviale Chef: Verständnis Aber wer hat denn für mich Berständnis! Da arbeite ich nun seit schaftsführer!
Alfred Pruget: Der Briefträger
Der Postbote ist ein junger Mann vom Lande, mit einen hübschen, frischen Gesicht, dem die Stadtluft noch nicht geschadet hat. Obgleich er jeden Tag viermal die neunzig Stufen in unserem Hause hinauf und herunter steigt, macht ihm die Mühe nicht viel aus. Er behält immer sein freundliches Gesicht. Manchmal, wenn er aus der Haustür tritt, pfeift er etwas Lustiges. vor sich hin, schiebt die volle Tasche mit einem Ruck auf die Seite und geht quer über die Straße ins nächste Haus. Er hat fast alle Namen seines Bestellbezirks im Kopfe, und auch die Leute kennen ihn. Sie sagen: ,, ll nser Briefträger..." In dem Worte ,, Unfer" liegt Zufriedenheit und Wohlwollen. Sie haben ihn gern, und wenn sie ihm auf der Straße begegnen, nien sie ihm zu.„ Na, Herr Postrat", sagt der dicke Gastwirt an der Ede und Klopft ihm auf die Schulter. Hin und wieder schenkt er ihm auch ein Glas Bier ein oder langt in die Zigarrentiste. Andere Briefträger sind ernste, ältere Männer. Sie haben Bärte und Gesichter, die sie gern in dienstliche Falten legen. Sie haben auch schon ihre Dienstjahre auf dem Buckel und ihr Gang ist gewichtig. Sie sind sich ihres Amtes bewußt, und mit den Briefen und Zeitungen tragen sie auch ihre amtliche Würde aus. Unserem Briefträger steht die Würde nicht im Gesicht geschrieben das macht ihn so sympathisch. Er sieht wirklich nicht aus wie ein Beamter, sondern nur wie ein junger Mann, den man aus Versehen in die blaue Postuniform gesteckt hat.
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Er hatte auch keine Uniform an, sondern nur eine blaue Binde um den Arm. Ein Aushelfer also. Am Mittag sagte mir meine Wirtin als sie mir die Post ins Zimmer brachte: Wiffen Sie es schon? Unser Briefträger ist gestern mit dem Motorrad verunglückt. Sie haben ihn ins Krankenhaus gebracht, und nun liegt er ohne Besinnung. Aber das kommt von diesen verdammten Rädern. Wie? Na, das müssen Sie doch auch sagen. Wer hätte früher an so was gedacht. Der arme Mensch!" Sie schüttelte den Kopf und ging zur Nachbarin. So mußte am Abend das ganze Haus schon von dem Unglück, das unserem Briefträger widerfahren war. Hoffentlich geht es noch einmal gut aus," redeten die Frauen ,,, er war doch ,, Tja, die jungen Kerle, die können nicht immer so freundlich." schnell genug fahren," sagte der Gastwirt an der Ecke. Er erzählte jedem Gaste von dem Unglüd, und jedem anders, bis endlich einer zu ihm sagte:„ Herr Rübsam, Sie sind ein Aufschneider."
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Als ich am Abend auf die Straße ging, fiel mein Blick auf die Blättanstalt. lleber dem Gesichte des Mädchens lag ein Schatten. Zufällig kam auch gerade der andere Postbote vorbei und blieb vor dem Laden stehen, um in dem Licht, das durch die Schaufensterscheibe fiel, in seiner Tasche zu framen. Als das Mädchen ihn erblickte, kam es heraus und vertrat dem Briefträger den Weg. Sie wollte ihn wohl nach dem Verunglückten fragen; man merfte es an der Spannung in ihrem Gesichte. Aber plötzlich schien sie etwas daran zu hindern; vielleicht war es ihr peinlich. Sie sagte nur: Haben Sie nicht einen Brief für uns?" Für wen?" entgegnete und ich ging weiter. der Briefträger
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In unserem Hause ist eine, Plättanstalt. Ein kleiner Laden, in dem ein Mädchen den ganzen Tag am Bügeltische steht. Durch das Schaufenster fann man zusehen, wie unter ihren fleißigen und geDie Tage darauf fragten die Leute im Hause noch oft nach dem hidten Fingern die Kragen und Oberhemden, die aus der Nachbarschaft die jungen Männer zum Blätten bringen, ihre richtige Form jungen Briefträger. Als sie erfuhren, daß er auf dem Wege der wiedererhalten. Es ist ein Mädel, in dessen blonden Wuscheltopf Befferung sei, vergaßen fie langsam den Fall über ihren Geschäften fich schon mancher verliebt hat. Neulich beobachtete ich einmal und Sorgen. Ein Vierteljahr verging, aber eines Tages war unser morgens unseren Briefträger. Er stand vor dem Schaufenster und Briefträger wieder da. Es hatte sich nichts an ihm verändert; nur fat, als fuchte er in der Tasche nach einem Briefe. In Wirklichkeit ein bißchen blaß war er im Krankenhaus geworden. Die Leute, die luchte er aber nur die Augen des über das Bügeletien beugte, one ädchens, das sich gleichgültig| ihn sahen, sagten zu ihm: ,, Na, da sind Sie ja wieder. Sie haben um ihren Anbeter zu fümmern.| ja eine ordentliche Portion Glück gehabt." Er nickte und lächelte. Aber als er ging, fändte sie ihm einen langen Blick nach, der sie Einige Wochen vergingen. Eines Sonntags fuhr ich mit dem verriet. Nun geht der Briefträger nicht mehr an dem Laden vorbei, Omnibus nach einem Vorort. Unterwegs überholte uns ein Motorohne hineinzusehen. Er wirbt um das Mädchen mit einer stillen rad. Jah saß am Fenster und fah, wie es langsam aufrüdte. Da Beharrlichkeit. erkannte ich in dem Führer unseren Briefträger. Er strahlte über Eines Morgens es war ein Montag das ganze Gesicht, denn auf dem Soziussiz hockte niemand anderes als das Mädchen aus der Plättanſtalt.
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fam plötzlich ein
Goethe als Patient
einander legen würde, was in dieser Zeit Sie an mir verdient haben! anderer Briefträger zu uns ins Haus. Es war ein älterer Mann. Der joviale Chef: Sie dürfen mich nicht falsch verstehen, Müller Wir Unternehmer sind heute alle sozial gesinnt bis in die Knochen, aber aus unserer sozialen Gesinnung heraus verwerfen wir die Sozialgesetzgebung, weil sie uns taputt macht. Sie sind doch ein vernünftiger Arbeiter: Meinen Sie, es macht mir Spaß, Sie entlassen zu müssen? Aber ein Betrieb ist nun mal kein Wohltätigfeitsinstitut. In der Wirtschaft geht es hart auf hart. Pardon wird niemandem gegeben. Der Schwächere bleibt auf der Strecke und das ist gut so. Das ist Zuchtwahl, das ist Auslese, wenn Sie mal davon was sollten gehört haben. Das ist der Kampf des Lebens und der gilt für jeden. Wenn ich nicht an den Arbeitern spare: woran denn soll ich sparen?( Müller geht ab.)
Es flopft.
Der joviale Chef: Herein!
Ein Vertreter: Sie gestatten, mein Name ist Schulze. Derjoviale Chef: Auch Sie, Herr Schulze werde ich leider entlassen müssen. Die Weltwirtschaftsfrije zwingt zu entscheidenden Abwehrmaßnahmen. Der Produktionsprozeß fann nur durch radikale Entlassungen aufrechterhalten werden. Gerade von Ihnen muß ich Berständnis für die Lage erwarten: Wenn ich nicht an den
Der Vertreter: Sie irren sich in meiner Person, Herr Meier. Ich gehöre gar nicht zu Ihrem Haus. Ich komme von der Firma Altmann und habe den Auftrag, die gestern erteilte Lieferung
zu annullieren.
Der joviale Chef: Bon Altmann fommen Sie und annullieren wollen Sie?
Der Vertreter: Der Konsum hat außerordentlich nach. gelaffen. Schokolade geht nicht mehr.
Der joviale Chef: Meine ausgezeichnete Ware geht
nicht mehr?
Der Vertreter: Unser Schokoladenpublikum seßt sich vorrehnilich aus fleinen Leuten zusammen: aus Botenjungen, Stenotypistinnen, Arbeitern. Aber diese Kreise haben kein Geld mehr. Der joviale Chef: Kein Geld mehr, meine Schokolade zu
toufen?
Vertreter: Natürlich nicht mehr. Es wird ja heute alles entlassen. Wo man hinhört, sind die Leute arbeitslos. Jeder muß mit jedem Pfennig rechnen. Es langt nicht für das nötigste, geschweige für Näschereien.
Der joviale Chef: Aber es gibt doch eine Sozialgesetzgebung! Die Arbeitslosen befommen doch Unterstügung!
Der Vertreter: Sie bekommen aber doch viel zu wenig. Derjoviale Chef: Dann müssen sie eben mehr befommen! Ich denke, wir leben in einem sozialen Staat! Das sind ja unglaub liche Zustände, wenn sich die Menschen nicht einmal hin und wieder mehr ein Stück Schokolade leisten können!
Der Vertreter: Die Wirtschaftskrise hat ein erschreckendes Ausmaß angenommen. Die Eigenart der ökonomischen Struttur verlangt Abbau auf der ganzen Linie. Uns gegenüber ist Blumenreich u. Oppel. Dort sind erst gestern wieder 350 Arbeiterinnen entlassen worden. Wie oft sind welche von denen früher in den Arbeitspausen zu uns herübergekommen und haben sich eine Tafel Schofos fade getauft. Das hat jezt gründlich aufgehört.
Der joviale Chef: Entlassungen. Entlassungen.
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Goethe ist, wenn er frant war, nicht leicht zu behandeln gewesen, er hat große Anforderungen an seine Aerzte gestellt, und zwar nicht nur an ihr Wissen und Können, sondern auch an ihre rein menschlichen Eigenschaften. Davon berichtet Dr. Hochstetter jetzt in der Medizinischen Wochenschrift. Goethe ift oft trant gewesen, von der gefährlichen Erkrankung an, die er sich in Leipzig zuzog und die mit einem starken Blutsturz einsetzte: es war offenbar eine Lungenblutung infolge von Tuberkulose , wobei sich eine Halsgeschwulst bildete. Erst in Frankfurt wurde man des Leidens Herr, indem eine Art Wunderdoktor eine Salzkur amwandte. Goethe hat diesen Chirurgen einen unerklärlichen, schlau blickenden, freundlich sprechenden, übrigens abstrusen Mann genannt. Fast ein Menschenalter lang blieb er dann von ernste ren Ertranfungen verschont. Erst 1801 wurde er wieder ernsthaft frant: es war offenbar ein Erysipel des Kopfes, und der Herzog Ticß Hofrat Start aus Jena herüberkommen. Tagelang hatte Goethe nicht sein völliges Bewußtsein, erst Pyrmont hat ihn wieder ganz, geheilt. 1805/1806 litt er an Nierenkolifen, sehr wohl tat ihm dainals die Karlsbader Kur. Aber ein gewisses Mißtrauen gegen die Aerzte blieb zurück.
Die schwere Erkrankung vom Februar 1823 verstärkte seinen Unglauben an die ärztliche Kunst. Er meinte: Treibt mur eure Künste! Das ist alles recht gut, aber ihr werdet mich doch wohl nicht retten." Und als die Aerzte sich einmal lei se miteinander beredeten, meinte er:„ Da gehen die Jesuiten hin! Beraten tönnen sie sich wohl, aber nicht raten und reften!" Aber als es dann besser war, lobte er doch zu Charlotte von Schiller die konsequente Behandlung seiner Aerzte, die 14 Tage auf einem Mittel bestanden hätten. Einmal, als der Leibarzt Hofrat Rehbein bei ihm war, jagte ihm Goethe: 3hr feid zu furchtsam mit euren Mitteln. Ihr schont mich zu sehr! Wen.1
man einen Kranten vor sich hat wie ich es bin, muß man ein wenig napoleonisch mit ihm zu Werke gehen."
Rehbeins Nachfolger beim Herzog und auch bei Goethe murde Dr. Karl Vogel aus Lięgnik, und ihn hat Goethe nur gelobt:" Ohne ihn wäre ich längst abgefahren. Vogel ist zum Arzt wie geboren und überhaupt einer der genialsten Menschen, die mir je vorgekommen sind." Bielleicht ist es feiner guten Behandlung zuzu fchreiben, daß Goethe jahrelang, bis in den Herbst 1830, nicht mehr ernstlich frant mar. 3mar hat er gemeint: Unser Leben kann sicherlich durch die Aerzte um feinen Tag verlängert werden, wir leben, so lange es Gott bestimmt hat. Aber es ist ein großer Unterschied, ob wir jämmerlich wie arme Hunde leben oder wohl und frisch und darauf vermag ein fluger Arzt viel Bogel hat von ihm gesagt: Krankheit hielt Goethe für das größte irdische Uebel. Wenn Goethe sich in den letzten 6 Jahren seines Lebens auffallend viel gesünder befand als selbst eine kurze Zeit vorher, so rührte dies zum großen Teile gewiß mit daher, daß es mir bald gelang, seinem unangemessenen, eigenmächtigen Medizinieren ein Ende zu machen. Die Heilkunst und ihre echten Jünger fchägte er ungemein hoch Er Liebte es, medizinische Themata zum Gegenstand seiner Unterhaltung
zu wählen. Er war ein sehr dankbarer und folgsamer Kranfer. Gern ließ er sich in seinen Krankheiten den physiologischen Zusammenhang der Symptome und den Heilplan auseinandersetzen. Konsultationen mehrerer Aerzte betrachtete er mit mißtrauischen Blicken und dachte darüber ungefähr wie Molière."
Die vierte Kurbel
Die
Im Deutschen Museum steht ein neuer Apparat. Er hat drei Kurbeln. Mit der einen Kurbel stellst du dein Alter ein. zweite Kurbel übermittelt der Maschine deine Körperlänge. Jetzt ein Dreh noch an der dritten Kurbel und im Schlitz erscheint: Soundsoviel sollst du als normaler Mensch im Tage essen.
Das heißt, genau genommen, eine Ziffer rückt ins Schlitzfeld. Die bedeutet Kalorien. Auf dem Kärtchen aber, das der Apparat dir gleichfalls überreicht, wird mitgeteilt, je 100 Kalorien seien eine Semmel oder ein Quart Bollmilch oder so piel Zucker und so weiter. So, nun weißt du: Wiegst du so viel und bist du so viel Zentimeter lang wieviel Semmeln, wieviel Milch und wieviel Zucker. wieviel Fleisch und wieviel Butter du im Tage zu dir zu nehmen hast, nicht weniger und nicht mehr, willst du als normal gewertet
werden.
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Schade, schade, daß der Apparat nicht ganz vollkommen ist. aber laß es dir erzählen, was ich gestern Wäre er vollkommen vor dem Apparat erlebte. Kommt da ein Mensch herein und furbelt einmal, furbelt zweimal, turbelt dreimal, liest und sucht und sucht.
Sie, mein Herr?" Den Museumsdiener macht die Sucherei nervös: Was fuchen
Die vierte Kurbel."
,, Vierte Kurbel? Gibt's nicht!"
Scharf schaut ihn der Fremde an: Her mit deiner vierten Kurbel!"
Wenn ich Ihnen sage
,, Gestohlen hast du sie, die vierte Kurbel! Meinst, ich wüßte nicht, daß einem Manne mie eurem Herrn von Miller eine Kurbel mehr nur eine Kleinigkeit bedeutet."
„ Das mag stimmen."
,, Gönnen tust du sie uns nicht, du Lump! Auf der Stelle turbelst du mit der gestohlenen vierten Kurbel meine Semmeln, meine Milch, mein Fleisch her, das mir die drei anderen Kurbeln grad veroronet haben!"
Es gab eine Reilerei. Im Hinausgehen jah ich die zwei Armpaare in den Lüften schlegeln.
Sonderbar, der vierte Kurbelarm der Technik, der noch fehlt. erzeugt jetzt vier Kurbelarme, die sich gar vernichten wollten, statt gemeinsam Brot in dieser harten Zeit zu schaffen.
Lieber Oskar Miller , dein grandioses technisches Museum hoch in Ehren, aber etwas scheint in deiner Technik doch nicht ganz zu stimmen. Fritz Müller , Partenkirchen