samkeit deS Arbeiters ein Unfall entsteht, beruht, wenn nicht aufMangel an Schutzvorrichtungen, so daran, daß nicht geübte,der Arbeit nicht gewachsene Personen zur Verwendunggelangen, und daß die Hetzjagd bei der Arbeit, oft durchdie A k k o r d a r b e i t, oft durch Antreiben seitens der Vor-arbeit er verursacht, zu solchen Unfällen Anlaß giebt. Wiedie Tabellen zeigen, sind die zahlreichen Unfälle in gefährlichenBetrieben bei Transport, Verladungen und durch Sturz derArbeiter erfolgt.Der Geiverberath für W e st p r e u ß e n fügt hinzu:„Bei der S te igerung der Unfallgcfahr in den gewerb-lichen Betrieben überhaupt muß der Schutz der Ar-beiter vor Gefahren, und zwar sowohl gegenU»>fälle als auch besonders gegen gesundheits-schädliche Einflüsse dauernd als ein sehr w e s e n l-licher Theil des Gewerbe- Aufsichtsdienstesangesehen werden, wiewohl die Möglichkeit der Unfallver-hütung nicht so groß ist, wie allgemein angenommen wird."Wir geben zu, daß die Grenzen innerhalb der heutigen Pro-duktionsweife euggezogen sind, denn sie wird nicht die Hauptübelbeseitigen: die Verwendung ungelernter Arbeiter, die Ab-setzung derselben durch übergroße Arbeitslast und dieungenügende Entlohnung, die wieder eine ungenügendeErnährung- und damit Verringerung der körperlichen und geistigenSpannkraft zur Folge hat. Trotzdem könnte eine schärfereKontrolle vielen taufenden von Arbeitern jährlich die Gesundheitund das Leben erhalte». An den A r b e i l e r n liegt es nicht,wie manche Unternehmer behaupten. Der w e st p r e u ß i s ch eBericht erklärt ausdrücklich:„Es ist nicht anzunehmen, daßdie Schutzvorrichtungen von den Arbeitern ab-sichtlich beseitigt werden, sofern sie bei ihrer Arbeitdadurch nicht erheblich behindert werden."Daß das Gegentheil auch vorkommt, bestreiten wirgar nicht. Je u» i n t e l l i g e n t e r der Arbeiter ist, um soweniger wird er der Maschinenarbeit gewachsen sein und denNutzen der Schutzvorrichtungen begreifen. Je mehr ungelernteund unreife Arbeiter zu den komplizirtesten Thätigkeiten heran-gezogen werden— als Preisdrücker— je mehr dabei dieArbeitszeit wächst und der Lohn fällt, um so mehrwird der Arbeiter auch die Schutzvorrichtungen nichtgenügend würdigen. Zlus dem Bezirk Frankfurt a. O.bringen die Berichte dafür den Beweis. Der dortige Gewerbe-rath klagt, daß in der H o l z i n d u st r i e soviel Unfälle vor-kommen und zwar wegen der„zuweilen überaus leichtfertigenWeise, mit der Arbeitgeber wie Arbeitnehmer hin-sichtlich der Holzbearbeimngs-Maschinm verfahren." Daranschließt folgende Mittheilung:„Leider werden auf denin ländlichen Bezirken befindlichen Schneidemühlen nochoft frisch eingestellte Tagelöhner als Hilfsarbeiterbei Kreissägen verwendet."Im Regierungsbezirk Düsseldorf waren an Gebläse-Maschinen jugendliche Arbeiter beschäftigt, die umsLeben kamen.„Jetzt sollen", heißt es im Bericht,„wie aus anderenHochofenwerken nur noch erfahrene und erwachsene Arbeiteran den Gebläsemaschinen Verwendung finden. Ebensowenigdürfte es statthaft sein, einem jugendlichen Arbeiter das An-drehen eines Gasmotors zu überlassen. In einem solche» Fallemußte sich ein Junge dabei über seine Kräfte an-strengen, so daß er nicht schnell genug loslassen kounteundsogar verletzt wurde."AuS dem Bezirk H i l d e s h e i m heißt es:..Die Hälfte der Unfälle, die um ISpCt. gegen das Vorjahr stiegen, fällt auf die Gewerbe-Jnspeklion Hildesheim undhiervon wiederum öl pCt. auf die Eisen- und Stahl-Berufsgenossenschaft. Allein das Pein er Walzwerkmeldet 511 Unfälle gegen 3SS im Vorjahre. Dadie Zahlen aus diesem Werke zuverlässig sind und jede noch sogeringfügige Verletzung gemeldet wird, so läßt sich der Einflußerkennen, den die Einstellung neuer, noch nicht mitden betreffenden Arbeiter vertrauter Arbeits-k r ä f t e auf die Zahl der Unfälle ausübt. Währenddie Arbeiterzahl sich um etwa 18 pCt. vergrößert hat, ist dieZahl der Unfälle gegen das Vorjahr um 31 pCt. gestiegen."Das gleiche wird aus den Zuckerfabriken gemeldet.Der P o s e u e r Beamte schreibt:„Die Unfallgefahr in den Zuckerfabriken entspringt nurzum geringeren Theile der nicht genügenden Sicherung derBetriebseinrichtungen, vielmehr hat den hauptsächlichste» An-theil der Umstand, daß in jeder Kampagne wechselndesArbeiterpersonal verwendet wird, das kaum angelernt,wieder entlassen werden muß.— Die Verhütung von Unfällenhängt wesentlich auch von einer energischen Fabrikleitung undeinem zuverlässigen Aufsichts- und Arbeiterpersonal ab."Die Energie der Fabrikleitung wird besonders dann nützlichsei», wen» sie sich darauf richtet, bessere Bezahlung undkürzere Anstrengung der Arbeiter zu erwirken und dadurch einleistungsfähigeres, intelligenteres Personal zn bekommen. Wennaber aus ganz Deutschland, Polen und Rußland dieschlecht bezahltesten, gefügigsten und unintelligentesten Arbeits-kräfte in die Zuckerfabriken geholt werden, bleibt es, wiees war: die Zuckerproduktion geschieht auf Kosten der Steuer-groschen aller Arbeiter und der Gesundheit der dort beschäftigten;das sind die Grundlagen der hochzuhaltenden„nationalenIndustrie".Auch die von uns seit Jahren erhobene Forderung, daßMaschinen gleich mit den zugehörigen Schutzvorrichtungen gebautwerden müssen, findet Unterstützung seitens der Gewerbe-Inspektion(Pommern); ein energischeres und allseitiges Vor»gehen könnte da ebenfalls manchen Schaden beseitigen.Die Berichts zeigen, daß einige Beamte sowohl sehen gelernthaben als auch das. was sie sahen, offen ausspreche»! Es istdies ein Fortschritt gegen früher; aber er müßte»och weitgrößer sein, wenn er Wirkung haben sollte, denn die Selbstsuchtdes Kapitalismus ist nicht durch sanfte Mahnungen zu de-seitigen. Dazu bedarf es einer Energie— wie sie nur dieLI r b e i l e r besitzen, die im gewerkschaftlichen und politischenKampf sich ihr Recht aufs Dasein erobern müssen.Inkertmkirmsrfe« undLondon, 26. Juli 1896.Die Friedensdemonstration im Hydepark.*)Unter herrlichstem Sonnenschein vollzog sich die Ausstellungund der Abmarsch der zu Tausenden versammelten ArbeiterLondons, um im Hydepark, der historischen Stätte aller großerpolitischer Kundgebungen des letzten Halbjahrhunderts für dieFriedensliebe der Arbeiter aller Länder, für die Beseitigung derwirthschaftlichen Ausbeutung und für die Vergesellschast-lichung der Produktionsmittel zu demonstrire». Unddie Londoner Arbeiterschaft, an ihrer Spitze die frei-erwählten Vertreter ihrer Klassengenossen aus allen zivilisirtenLändern, prägte dieser Demonstration einen ganz be-stimmten Charakter auf. nicht nur dadurch, daß sie die Soziali-sirung der Produktionsmittel verlangte, sondern daß sie zugleichauch offen aussprach, die Arbeiterschaft könne ihre wirthschaft-liche und politische Befreiung nur erlangen, wenn sie die politischeMacht erobere Und zu dem Zwecke müsse sie überall das all-gemeine Stimmrecht fordern und zu erreichen suchen.Damit ist für den Internationalen Arbeiterkongreß, dermorgen früh eröffnet wird, Klarheit geschaffen. Der Versuch derHandvoll Anarchisten aus den verschiedenen Ländern, t» denen') Leider verspätet eingetroffen.sie die Arbeiterbewegung entweder wie in Holland auf einegewisse Zeit hinaus ruinirt haben oder in der sie, wie in Deutsch-land, Belgien, Frankreich und England, sich abgewirthschaftethaben, der Versuch, den Internationalen Kongreß zu benutzen,um ihre Bedeutungslosigkeit für den Augenblick ins Gegentheilzu verwandeln, wird jämmerlich scheitern.Es war eine Riesendemonstration, nicht nur für denFrieden, sonder» auch für den Sozialismus. Einige Minutenweniger als eine Stunde dauerte es, bis der ganze Zug in Be-wegung war; punkt halb 3 Uhr ertönte das Abgangssignal und26 Minuten nach 3 Uhr zog das letzte Banner über denAbgangspunkt, die Vbariog Oross-Eisenbahnbrücke. Mehr als66 Musikkapellen waren im Zuge, über 600 Organisationen(Vereine, Parteigruppen, Gewerkschaften, Temperenz- undUnterstützungsgesellschaften, soweit sie aus Arbeitern be-stehen u. s. w.) ivaren mit ihren Fahnen vertreten— es warein wogender Fahnenwald, der in allen Farben im glänzendenSonnenschein schimmerte. Die Zahl der am Viktoria-Embankmentausgestellten Arbeiter mag beim Abmarsch gegen 100 000 betragenhaben; diese Zahl wuchs im Zuge durch die Stadt bis zumHydepark immer weiter an, weil aus den Tausenden, die sichlängs der Straße auf dem dreiviertelstunden langen Weg auf-gestellt hatten, immer neue Gruppen sich anschloffen.Den Zug eröffneten 25 berittene Mitglieder der Gewerkschaftder vereinigten Hufschmiede, mit einer 40 Mann starken Musik-bände, hinter der die verschiedenen Organisationskomitees desKongresses sowie die bis jetzt in London eingetroffenen D e l e-g i r t e n marschirten. Dann folgten in endloser Reihe die Ge-werkschaften und sonstigen Partei- und Arbeiterorganisationen;abgeschlossen wurde der Zug durch einen förmlichen Park derverschiedensten Fuhrwerke, auf denen Frauen und Kinder saßen, dieweit aus dem Norden und Süden oder aus dem langgestrecktenOsten Londons gekommen, die weite Strecke unmöglich zu Fußzurücklegen konnten.Die großen alten Gewerkschaften waren wohl alle vertreten,ebenso die sog. neuen: nebe» zahlreichen Sektionen der Gas-arbeiter und allgemeinen Tagelöhner fielen besonders die Gewerk-schasten der städtischen Arbeiter, der Briefträger,der E i s e n b a h» a n g e st e l l t e n, der M i l i t ä r s ch n e i d e rund Militär musikin st rumenten- Arbeiter, dervereinigten Ladenangestellten, der Markthallenträger, derZündholz-Arbeiterinnen, der Arbeiter im Worlicher Arsenal w.:c.Die Straßen, durch welche der Zug sich im raschen Schrittbewegte, waren durch Schutzleute freigehalten; ebenso marschirtenan der Seite des Zuges Schutzleute, um das ruhige Fortbewegenzu erleichtern: vielleicht lernt die Berliner Polizei, dieza während des Kongresses in London durch ihre Kommissarevertreten ist, hier eine Seite ihrer Aufgabe tiefer erfassen, als siesie bisher praktizirte: nämlich, daß sie bei solche» Gelegenheitenfür die Bürger da ist, zu denen die Arbeiter hierunbestritten zählen.Wie es Sitte ist bei solchen Demonstrationen, waren auchheute eine ganze Reihe von Fahnen- und Plakatinschriften demZweck der Demonstratio» angemessen. Wir können natürlich nureinige hervorheben:Einer lautet:Laßt jene kämpfen, die a»S dem Kriege Vortheil ziehen.Ein anderer endlich:Die jüdischen Arbeiter sind für den Frieden,Die jüdischen Kapitalisten sind für den Krieg!die Matrosen- und Heizerunion führte einen Wagen mit sich,auf dem Neptun mit Bären und Wölfen saß. Die Poplarfektionder unabhängigen Arbeiterpartei hatte einen Wagen ausgerüstetmit einer Friedensgruppe. Weißgekleidete Kinder und Mädchenmit phrygischer Mütze umlagern die Göttin des Friedens mit demFalmenzweig.Die p o l i t i s ch en Organisationen hatten fast durchgängigrothe Fahnen, theils mit, theils ohne entsprechende anfeuerndeInschriften, zahlreiche rothe Fahnen waren außerdem mit derphrygischen Mütze geschmückt; kleinere Klubs hatten ein-sach an eine Stange ein Stück flatterndes rothes Tuchgebunden, andere wieder vermochten kaum die schwerenseidenen Banner und Fahne» gegen den Wind zuhalten. Die Gewerkschaftsfahnen sind nahezu insgesammt ausschwerer Seide, vorwiegend grün und roth, einzelne geradezukünstlerisch bemalt. Sie tragen Namen und Zweig der Gewerk-schaft, meist mit den Berufsinsignien und einem anfeuerndenMotto. Szenen aus dem Familienleben, hier der organisirteArbeiter im glücklichen Heim, darunter der unorganisirteArbeiter in verwahrloster schmutziger Hütte. Kranken- undUnterstützuugsvereine haben Szenen dargestellt, wie durch dieOrganisation das Elend aus der Familie ferngehalten wird,Temperenzler Unglücks- und Schreckensbilder aus Trinkerfamilien;die ffidische Schneidergewerkschaft hat auf einer ihrer Fahneneine Versammlungsszene, in welcher L. Lyons die Abschaffungder Schwitzarbeit fordert, auf der Rückseite eine Schwitzstube mitihren Opfern; in den vier Ecken das trostlose Heim desSchwitzarbeilers, das prachtvolle Heim des Ausbeuters, die Hölledes Sweatinghauses und daneben die Villa des Konfektionärs.Eine andere Fahne dieser Gewerkschaft zeigt die starke Handdes Arbeiters mit der Umschrift Organisation:Durch den Fleiß der Organisation ist die Macht des Unter-nehmers zersprengt, die Kapitalisten fliehen. Wieder eine andereFahne stellt die strahlende Freiheitsgöttin dar, wie sie ans undüber den Greueln des Kriegs sich erhebt.Ruhig, aber freudigen, begeisterten Blickes und begrüßt vonsympathischen Zurufe» der Tausenden, die am Wege sich ge-sammelt, ziehen diese tausende von Arbeitern nach demHydepark: blühende Mädchen in rothen Blousen nebenverwelkten, von Arbeil und Sorge gebrochenen Müttern;kräftige Burschen mit breiter Brust und sehnigem Armneben den wankenden Gestalten jugendlicher Greise ausFabrik und Schwitzstube, neben gebeugten, von Kummer,Entbehrung und Ueberarbeitung früh gebrochenen Männern— Kinder zarten Alters, denen der Fluch der Arbeitin Gestalt und Gesicht wie ein Kainszeichen aufgeprägt ist— derRiesenzug ist eine furchtbare Massenanklage gegen die heutigeGesellschaft— ein Menetekel der letzten Stunde!Als der Zug im Hydepark anlangte, hatte der Himmel sichverdüstert, Regentropfen sielen— ei» paar Minuten und einPlatzregen goß eine halbe Stunde lang in riesigen Bächennieder— damit war natürlich die Demonstration im Parke selbernahezu unmöglich geworden— die Massen suchten Schutz vordem Liegen, die Redner auf den zwölf Tribünen mußten unterdiesen Umständen sich natürlich auf wenige Worte beschränken,umgeben von verhältnißmäßig kleinen Gruppen, die trotz desströmenden Regens aushielten. Auf jeder der Tribünen warendie verschiedenen Nationen durch ihre Redner vertreten,Deutschland durch Bebel, Liebknecht, Singer, Oesterreich durchAdler, Kautsky, Resel, Frankreich durch Lafargue, Guesde,Jaurös. Vaillant, Millerand, die Italiener durch Ferri, Belgiendurch Vandervelde, Spanien durch Jglesias, Dänemark Knndsenund Holm, die Schweizer durch Greulich und Bttrkli, Rußlanddurch Plechanow und Volkowsky, die Polen durch Daszynskiund so weiter, die Engländer durch die zahlreichenVertreter der größten gewerkschaftlichen und politischenOrganisationen: Watts, Pearson, Gibbsen, Mary, Gray,Beim Tillet, Tom Mann, Hobele, W. Thorne. Wilson,Williams, Pickard, Hyndmann, Queich, Aveling, Mc. Corthy,Edith Lanchester u. a.Die angenommene Resolution haben wir schon in unseremBegrüßungsartikel veröffentlicht.Mag der Gewitterrege» auch die volle Entfaltung derDemonstration gehindert und vor allem verhindert haben, daßdie Tausende und Abertausende der angesammelte» Menschen-massen ihrer Sympathie mit den demonstrirenden Arbeitern Aus-druck gaben— die Bedeutung dieser Friedenskundgebung in-mitten des völkerverhetzenden Treibens der herrschenden Klassenwird ihre Wirkung üben: die Arbeiter- Internationale de?Friedens trat gestern ihren Siegeszug an; von London über dieganze Welt.London. 27. Juli 1896.Nachdem der strömende Regen— die„Daily News" nenntihn eine Sintfluth— etwas nachgelassen, fanden sich am SonntagAbend die Delegirten des Kongresses zum offiziellen Empfangzusammen in den Räumen des Horseshoe-Hotels. Diese erwiesensich als viel zu klein.Heute früh 9 Uhr traten die Delegirten der einzelne»Nationen zusammen, um die vorläufige Prüfung derMandate vorzunehmen und für die einzelnen Punkte derTagesordnung die Delegationen und Kommissionen zu er-nenne». In die M a n d a t sp r ü f u n g s- K o m m i s s i o nwurden gesandt: Fischer, Ulrich, Zetkin; ins Kongreß-Bureau: Liebknecht und Singer. In die Kommissionfür die Agrarfrage: Bebel, Schoenlank; für politischeAktion: Singer, Liebknecht; für w i r t h s ch a f t l i ch e undgewerkschaftliche Aktion: Legie», Molkenbuhr; fürKrieg: Grillenberger, Wurm; für Erziehung undkör perlicheEnt Wickelung: Dietrich, Zetkin; für O r g a-s a ti o n: Bock, Segitz.Für den Freitag Abend hat der Kommunistische Arbeiter-Bildungsvcrein die deutschen Delegirten zu einem Kommerseeingeladen. Die internationale parlamentarische Konserenz sollam Dienstag Abend ihre Sitzungen eröffnen.Deutschland ist durch folgende Delegirte vertreten: Bebel.Liebknecht und Singer für Parteileitung und Fraktion; Frl. Baader.Borgmann, Erbe und Fischer für Berlin; Grillenberger für dasrechtsrhein. Bayern, Kerrl- und Junge-Bremen(Zigarrenarbeiter)Scheps(Breslau und Provinz Schlesien), Vetters(WadlkreisFrankfurt a. M), Schnlzc-Cossebaude(neun erste ostsächsischeWahlkreise), Schumann-Bielefeld(Minden, Münster-Lippc-Detmold),Wurm(Reuß und 10. Hannover), Schoenlank(Leipzig Stadt undLand), Ihrer(deutsche Frauen und Wahlkreis Osthavelland), Zetkin(deutsche Frauen U.Schneider U.Schneiderinnen), Joos-SchivarzburgSondershausen, Tbomas-Rirdorf(Dlsch. Steinardeiter), Kloß(Holz-arbeiter), Tauscher(Württe»ibg. Sozialdemokraten), Legten(Echlesw.-Holstein), Meist(Rheinland), Klees(Halle u. Magdeburg), Bock(Schuhmacher u. Gotha), Störmer- Hamburg(Seemann- Verein).Jahn-Charlottenburg(Porzellanarbeiter), Dreesbach(Baden),Grünberg-Hartha(10. sächs.), Hng-Ba»t(Oldenburg), Ulrich(Hessen), Metzschke-Altenburg(Hutarbeiter), Stühmer-Hamburg(Schneider), Molkenbuhr(Hamburger Wahlvcrcine), Jserloh-Lüdenscheid(Westliches Westfalen), Segitz(Metallarbeiter).Rüther(Berliner Metallarbeiter), Wiehle(Brauer), Bern-stein-London(Kollbuser Textilarbeiter), Diederich(Bremen):also �41 Delegirte aus Deutschland. Dazu kommennoch: für die deutschen Sozialisten- und Arbeiterinne«in der Schweiz: Schmitt- Bern und Eichmüller-Zürich; für den deutschen Leseklub Paris: Schenk;für den kommunistffchen Arb.-Bildungs-Verein London und Jnter-nationalen Soz. Klub: Molteler- und Leßner-London. Die Zahlder vertretenen Organisatione» übertrifft bei weitem die Zahlder(46) Delegirten.Die Mandate für die Anarchisten Kohl-Dresden(Leipziger),Kampsmeyer- London(Magdeburger), Gumplowicz, Pawlowiczund Landauer(Berliner Anarchisten) wurden, weil im Widerspruchmit den Einladungsvoraussetzungen, die von früheren Kongressenbeschlossen wurden, für u n g i l t i g erklärt. Landauer suchtewenigstens das von der Konsumgenossenschaft„Befreiung" ausge-stellte Mandat zu retten; da es sich aber nur um emen Sozialisten- undGewerkschaften-, nicht aber Genossenschastskongreh handelt, wurdeauch dieses Mandat für ungiltig erklärt.In dem prächtigen Saal der QueenS-Hall, worin<mchLiebknecht seine Riesenversammlung gelegentlich semer letztenAgitationstour abgehalten hatte, fand heute die Eröffnung deSInternationalen Kongresses durch den Vorsitzenden des Organi-sations-Komitees statt. Der Saal ist ein mächtiger runder Konzert-saal mit zwei Gallerten, die Raum für 2000 Zuschauer bieten.Das Bureau ist auf dem amphitheaterartig aufsteigendenOrchesterplatz plazirt, in dessen Hintergrund eine Riesenorgel biszur Höhe von ca. 20—25 Metern aufsteigt. Bis zur Eröffnungder Sitzung wird die Orgel gespielt, und als plötzlich dieMarsailleise mit mächtigen Akkorden ertönt, fällt der Kongreßund die Zuschauertribüne mit begeistertem Gesänge«in.An Delegirten mögen gegen 700 anwesend sein. Vorn rechtsdie Deutschen, hinter ihnen Schweizer, Oesterreicher, Belgier.Franzosen, llnks und im Zentrum sitzen die Engländer, nachihren Organisationen gctheilt. Hier die Fabians mit Wr. undMrs. Sidney Webb, Bernhard Shaw und Hubert Bland; dortdie Sozialistische Federation mit Hyndmann, Queich, Mr. Burrons,Edith Lanchester; zwischen ihnen und der Unabhängigen Arbeiter-Partei mit Keir Hardie und Tom Mann das ParlamentarischeKomitee: Wilson, Pickard u. a. Von den Franzosen find an-wesend Guesde, Lafargue, Jaurös, Jourde, Vaillant, Lavigne.Deville, Dejante, Millerand je. Von Russen Axelrod, Plechanoffund Vera Sassulitsch. Von den Italienern Ferri. Aus BelgienVandervelde; aus Dänemark Knndsen und HolmS; aus SchwedenBranting; aus Oesterreich Adler, Resel und Huber; aus derSchweiz Brandt, Bürkli. Greulich, Fauquez. Als Uebersetzerfiguriren Shmilh, der in Zürich und Berlin war, Liebknecht,Aveling-Marx und Bernstein.Der Kongreß wurde in der Queens-Hall um Vs12 Uhr imAuftrage des Organisationskomilees eröffnet von Cowey,dem Vertreter einer der größte» englischen Gewerkschaften,der Kohlenarbeiter. Er bedauere, daß der Kongreß nicht sopünktlich habe eröffnet werden können, wie es englische Sittesei, aber die französischen Delegirten haben sich noch nicht alsnationale Delegation konstituiren können. Er gehöre seitV5 Jahren der Gewerkschaftsbewegung an, aber er habe niemalszu jenen gehört, welche die politischen Parteien, die aus derArbeiterbewegung hervorgegangen, mit Mißtrauens betrachte;er begrüße jede Organisation. Die Arbeiter müsse» sichnational und international einigen; siekmüssen tolerant sein inbezug auf die Mittel, aber fest und entschlossen bezüglich d«SZieles; der Befreiung der Arbeiterklasse. Bis jetzt haben wirzu viele politische Parteien, daher wird der Ausbau der Organi-sation für die Arbeiterklasse die Hauptaufgabe der Nächsten Zu-kunft fein. Aber so gemäßigt in der Form dieser Kongreß seineVerhandlungen führen wird, in der Sache wird er fest und entschiedenwie die früheren sein und es wird uns gelingen, wenigstensüber eine feste allgemeine Richtschnur uns»>> verständigen. Dazuwird es harter Arbeit bedürfen, aber die Engländer werden sichauch bemühen, den fremden Brüdern den Aufenthalt möglichstangenehm zu machen. Er schließt mit dem herzlichsten Will-kommengruß aller englischen Parteien und Gewerkschaften fürdie vom Festland gekomnienen Delegirten. Mit jubelnder Zn«stimm ung wird die Rede des Vorsitzenden aufgenommen.Im Namen der deutschen Sozialdemokratie sprichtSinger dem Organisationskomitee den herzlichsten Dank ausfür den brüderlichen Empfang. Wir geben, fährt er fort, auchdie Versicherung, daß wir mit den Arbeitern allerLänder auch künftig Schulter an Schulter kämpfen wer-den bis zur endgiltigen Befreiung der Arbeiterklasse.Wir wissen uns auch einig mit der ganzen heutigen Versammlungin dem Gefühl der Trauer, daß unser großer LehrerFriedrich Engels, der de» letzten sozialistischen inter-nationalen Arbeitcrkongreß in Zürich unter dem jubelndenBeifall der Vertreter der Arbeiter aller Länder geschlossenhat, heute� nicht mehr hier unter uns weilt, um diese»größten aller bisherigen Kongresse eröffnen zn können.Er ist von uns genommen, aber sein Geist, seine Lehren führe»uns, und der beste Dank für sein arbeitsreiches, mühevollesLeben im Dienste und zum besten der Arbeiterklasse aller Weltspreche» wir ihm dadurch aus, daß wir ihm nacheifern im Pflicht»gesühl, Pflichterfüllung und selbstfoser Aufopferung.