Morgenausgabe
Nr. 239
A 121
49. Jahrgang
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Dienstag
24. maí 1932
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Das einzige Erfreuliche an diesen Erklärungen Herriots Herriot hat sich im Laufe einer Unterredung, die er einem scheint uns die Bereitwilligkeit zu sein, die BehaupRedakteur des Paris Midi" gewährte, sehr zurückhaltend über tung der deutschen amtlichen Stellen, daß Deutschland schon die Regierungsbildung, aber sehr deutlich über seine Repara- mehr bezahlt habe, als es schulde, Sachverständigen zu unter
breiten. Gemeint ist damit offenbar jenes internationale tions und Abrüstungspolitit ausgesprochen. Herriot sagte: Ich halte mich an die einfachen und festen Schiedsgericht, das Léon Blum vor Monaten zu Grundsäge, die ich unaufhörlich über die diesem Zweck vorgeschlagen hatte und das Deutschland seinerzeit anzunehmen bereit war.
unverjährbaren Rechte,
melche Frankreich auf Grund der Verträge und freiwillig unter zeichneten Abkommen besigt, bekräftigt habe. So betrachte ich als eine absolute Notwendigkeit die Anerkennung unserer Schuldforderungen. Man fann über etwaige Zahlungsarrangements nicht diskutieren, solange diese Forderungen nicht anerkannt sind."
nichts an der Sicherheitsrüffung Frankreichs ändern.
Ich möchte sie im Gegenteil vervollkommnen und modernisieren, bis solide internationale Garantien den Völkern gegeben werden, die folide internationale Garantien den Völkern gegeben werden, die an der Organisation eines wahren Friedens arbeiten."
Die bisherige französische Regierung stand dem Vorschlag ablehnend gegenüber, weil sie daraus eine nachträgliche Des avouierung der seligen Reparationsfommission befürchtete. Herriot scheint dagegen diese Nachprüfung nicht mehr von pornherein zu verweigern, und darin liegt unbestreitbar ein Fortschritt. Eine kluge deutsche Diplomatie, die nicht aus Angst vor den Nationalsozialisten unerreichbaren Zielen nachjagt, müßte diesen Fortschritt wahrzunehmen verstehen.
des neuen Landtags.
Mit der heutigen Eröffnung des neugewählten Landtags tritt Preußen seinen großen Marsch durch den Nebel an. Die alte aus Sozialdemokratie, Zentrum und Demokraten bestehende Mehrheit, die solange den festen Grundstock nicht nur des preußischen Freistaats, sondern auch der deutschen Republik bildete, ist gesprengt. Der neue Landtag sieht so aus: tag sieht so aus:
Nationalsozialisten Sozialdemokraten Zentrum Kommunisten
162
94
67
57
31
7
.
2
2
Deutschnationale
Bolkspartei
Staatspartei. Christlichsoziale Welfen..
1 423
Zur Mehrheit braucht es 212 Stimmen. Die gesamte Rechte zählt 203 oder 9 zu wenig. Die Weimarer Koalition bleibt mit 163 Sigen noch um 40 hinter ihr zurück. Dagegen verfügen die beiden Parteien, die entschiedensten Gegner der Demokratie sind, Nationalsozialisten und Kommunisten, zusammen über 219 Size; fie fönnen aber miteinander eine Mehrheit nicht bilden. Zentrum und Nazis verfügen zusammen über 229 Size; sie könnten also, rein zahlenmäßig gesehen, auch ohne die Deutschnationalen und die sonstigen Rechtssplitter, miteinander regieren. Aber das Entscheidende mit den Deutschnationalen oder ohne sie bleibt, daß eine Mehrheitsbildung ohne das 3entrum unmöglich ist.
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Auf den Einwurf des Journalisten, daß Deutschland die Rechte Frankreichs bestreiten und darüber diskutieren wolle, erklärte Was indessen Herriot in diesem Zusammenhang hinzu Herriot: Das ist eine schlechte Methode. Wenn es wahr gefügt hat, ist absolut nicht stichhaltig. Die Höhe der bissein sollte, daß Deutschland geltend machen will, es habe schon herigen Leistungen Deutschlands stand im Haag überhaupt mehr bezahlt als es schulde, müßten seine Ziffern Sach vernicht zur Debatte. Herr Sch a cht, Deutschlands Hauptdeleständigen unterbreitet werden. Aber wie konnte Deutschland gierter auf der vorangegangenen Pariser Sachverständigen freiwillig die Verpflichtungen des Young- Blanes unterzeichnen, konferenz hat diesen Punkt überhaupt nie zur Sprache gewenn es nicht durch die Wahrheit der Ziffern dazu gezwungen bracht, sondern an dem Zahlungsplan des Young- Komitees gewesen wäre? Wir werden eine sehr vorsichtige und mitgewirkt, ohne die Frage der bisherigen Leistungen sehr genaue Außenpolitik führen müssen. Der geringste Deutschlands zu berühren. Für Deutschlands freiwillige" Erzez würde die radikalen Forderungen eines Hitler begünstigen Zustimmung zum Dawes- Plan 1924 war übrigens vor allem und die geringste Schwäche würde sie ermutigen. Was die Ab die Notwendigkeit maßgebend, das Ruhrgebiet frei zu rüstung anbelangt, hat man mir die Absicht zugeschrieben, Er bekommen, ebenso wie im Haag 1930 die Befreiung des besparnisse bei der Landesverteidigung zu machen. Das trifft für setzten Rheinland maßgebend war. Daß der Youngunnüge Kasernenbauten und für jede andere Verteidigungsmaß Plan praktisch überholt und undurchführbar nahme zu, die einer Vergeudung gleich kommen würde. Aber im ist, das haben die Basler Sachverständigen anerkannt, ein- Nach der Verfassung bedarf die Regierung des Verübrigen fann ich schließlich des französischen Vertreters Professor Rift. Herriot trauens des Landtags, das heißt seiner Mehrheit. Hat eine mag die Rechte Frankreichs als unverjährbar" bezeichnen, Regierung das Vertrauen des Landtags verloren, so amtiert aber die Wirtschaftsentwicklung ist über dieſe ſelbſtgefällige Betrachtungsweise tatsächlich längst hinweggeschritten: derie weiter, bis ein neuer Ministerpräsident gewählt ist, der Young- Plan war auf sechzig Jahre hinaus aufgestellt, seine Miniſterkollegen ernennt. Die Wahl des Ministerpräsi aber schon nach weniger als zwei Jahren waren sich alle denten muß mit absoluter Mehrheit erfolgen. So schreibt Delegierten in Basel darüber einig, daß er unhaltbar es die Geschäftsordnung jetzt vor nach der Aenderung, die der alte Landtag in seiner letzten Sizung beschlossen hat. geworden ist! Was Herriot über Abrüstungsfragen sagte, ist nur als 3uvor war es so gewesen, daß nach einem ergebnislosen ein relativer Fortschritt gegenüber der bisherigen Hal- ersten Wahlgang eine relative Mehrheit in der Stichwahl tung Tardieus zu werten. Er gibt wenigstens indirekt zu, entschied. Das Weiterbestehen dieser Bestimmung würde daß Frankreich manche Summe bisher vergeudet hat. zur Folge gehabt haben, daß im zweiten Wahlgang ein Aber mit dem Bekenntnis, daß er nichts an der Sicherheits- Ministerpräsident gewählt worden wäre, der nie das Verausrüstung" Frankreichs ändern werde, läßt sich bequem jede trauen des Landtags besessen hat, der aber gleichwohl die wirkliche Rüstungseinschränkung genau so durchkreuzen, wie Es sei Möglichkeit hätte, sein Amt als geschäftsführender" Mi das bislang in Genf unter Tardieu geschehen ist. denn, daß die fünftige Regierung, für die Herriot spricht, nisterpräsident zu führen. In der Verfassung ist nicht näher eine weniger militaristische Auffassung der Sicherheit" ver- bestimmt, welche Rechte ein geschäftsführender" Ministerwas präsident hat- darum wäre es im höchsten Grade gefährlich, tritt als die bei den Wahlen geschlagene Regierung das ,, geschäftsführende" Ministerpräsidium in die Hand einer abzuwarten ist! Partei gleiten zu lassen, die grundsätzlich den demokratischen Parlamentarismus verneint und die Diktatur bejaht. Die Aenderung der Geschäftsordnung war notwendig, um den Forderungen der Verfassung zu genügen; ihre Rückgängigmachung könnte nur durch eine nationalsozialistisch- kommunistische Mehrheit erfolgen. Nun erklären die Kommunisten neuerdings in ihrer Presse, sie würden alles tun, um die Nazis an der Machtergreifung zu hindern. Handeln sie dieser
Diese Erklärungen Herriots stellen eine flare Ant wort auf die lezte Reichstagsrede Dr. Brünings dar, die vor allem in Frankreich einen sehr ungünstigen Wider hall gefunden hat. Das liegt aber vielleicht daran, daß man nur das Negative aus dieser Rede herausgelesen hat, das der Reichstanzler anscheinend aus innenpolitischen Gründen glaubte besonders hervorheben zu müssen. Eine grundsäß liche Nichtanerkennung der deutschen Reparationsschulden ist unseres Wissens durch Dr. Brüning weder bisher ausgesprochen worden, noch wird sie beabsichtigt. Aber der Ein druck einer solchen schroffen Stellungnahme ist in der Tat draußen erweckt und als eine außenpolitische Unterwerfung des Reichskanzlers unter das Dittat Hitlers gedeutet worden.
Fort mit den Rüstungen!
Ausklang der sozialistischen Konferenz.
Zürich , 23. mai.( Eigenbericht.)
Die gemeinsame brüstungskonferez der Sozialistischen Arbeiterinternationale und des Internationalen Gewerkschaftsbundes wurde am Montagabend beendet.
Von den vier angenommenen Entschließungen behandelt die erste die technischen Probleme der Abrüstung. Sie fordert das Berbot der Offensivwaffen, die Internationalisierung der zivilen Flugschiffahrt und Beschränkung der Rüstungsaufgaben, durch
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großen Zweige der internationalen Arbeiterbewegung in einer Erklärung gemäß, so werden sie gegen eine Rückgängigöffentlichen Konferenz hervorhob.
Japans Militärs setzen sich durch. Der neue Ministerpräsident will ihre Wünsche erfüllen.
Tofio, 23. Mai. Admiral Saito, der mit der Kabinettsbildung beauftragt
wurde, hat Montag den japanischen Kriegsminister Araki, den Chef des japanischen Generalstabes Prinz Kanin und dessen Ge hilfen, General Misaki, empfangen. Darauf verhandelte, Saito mit Wakatsuki und anderen politischen Führern. Er erklärte, feina Wakatsuki und anderen politischen Führern. Er erklärte, sein kabineff werde versuchen, allen Wünschen der japanischen Armee und Marine gerecht zu werden.
machung der getroffenen Aenderung stimmen. Die Geschäftsordnung wird bleiben wie sie ist. Das heißt dann: solange sich nicht Zentrum und Nazis auf die Wahl eines Ministerpräsidenten geeinigt haben, verbleibt es bei der Pflicht der alten Regierung, die Geschäfte weiterzuführen.
Wie sich Nazis und Zentrum einigen fännten, ist auch noch nicht zu sehen. Ganz davon abgesehen, daß sie schon.
in den preußischen Dingen von weitem sehr verschiedener Meinung sind, steht auch die Reichspolitik zwischen ihnen. Das Zentrum denkt augenscheinlich nicht daran, seinen Kurs im Reiche zu ändern, es wird sich schwerlich in Preußen an der Bildung einer Regierung beteiligen, deren Hauptauf gabe darin besteht, die bisherige Politik des Zentrums im Reiche unmöglich zu machen.
greifende Herabsehung für alle anderen Rüstungskategorien und internationale Kontrolle. Die anderen Entschließungen betreffen die Abschaffung der privaten Waffenerzeugung und die Regelung des internationalen Waffenhandels, die Bedeutung der Demokratie im Kampfe um die Abrüffung und die gegenwärtige weltpolitische Lage. Die vierte Entschließung endet mit den Worten:„ Wenn die Wohin der Kurs geht, zeigt deutlich der Entschluß des bisHerrscher der kapitalistischen Welt sich als unfähig erweisen, die politischen Voraussetzungen zu schaffen, unter denen die gegenwärtige herigen Außenministers ofhiwara, sich aus dem politischen Krise überwunden, die katastrophe, die die Welt beherrscht, ab- Leben zurückzuziehen. Yoshiwara hatte Japan im Völkerbundsrat gewendet werden kann, wird das Proletariat selbst allein die Auf- noch im Herbst vertreten und versuchte dort bis zu einem gewissen gabe übernehmen müssen, diese Voraussehungen zu schaffen. Die Grade, auf die Stimmung der übrigen Welt gegenüber dem Raub- tag wird sich heute nach seiner Konstituierung gleich wieder zug in
konferenz lenkt die Aufmerksamkeit der Arbeiterklasse der ganzen Welt auf den Ernst der gegenwärtigen Lage und fordert fie auf, sich zum Kampf bereitzuhalten."
Der Vorsitzende schloß die konferenz mit einer Rede, in der er die geschichtliche Bedeutung des ersten Zusammenwirkens der beiden
zu nehmen. Sodann war er als Außenminister bestrebt, den wil desten Forderungen der Militärs Widerstand zu leisten. Offenbar hat er keine Lust, das Schicksal Inukais zu teilen, und sieht er ein, daß er in der neuen Regierung nichts zu suchen hat. Daraus läßt sich schließen, wohin der Kurs geht.
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Ernste Verhandlungen zwischen Nazis und Zentrum sind nicht einmal über bis zur Stunde nicht geführt worden die Wahl des Landtagspräsidenten. Der Land= vertagen, um solchen Verhandlungen Raum zu geben, und es ist vorauszusehen, daß die Nazis dabei auf einen sehr harten Unterhändler stoßen werden. Selbst wenn diese Berhandlungen zu dem Erfolg führen, daß Herr Kerrl oder ein anderer Nazi zum Landtagspräsidenten gewählt wird, so muß doch