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Zur Reform deS JnvaliditStS« und Altersversicherungs-Oesetzes schreiben die hoch- osfiziösenBerl. Pol. Nachr.": Die finanzielle Lage der Slnstalten für die JnvaliditätS« und Altersversicherung hat sich sehr verschieden gestaltet. Während bei den einen die Beiträge zur Bestreitung der Renten nicht ausreichen, sammeln andere Kapitalien in bedeuten- dem Betrage an. Bei einer B ersicher nngsan st alt hat die Kapilalanfammlung bereits«ine solche Höhe erreicht, daß die Zinsen beinahe zur Zahlung der Renten ausreichen und von der Erhebung von Bei- trägen abgesehen werden könnte. Die am schlechtesten gestellten Versicher lingsan st alten sind diejenigen der östlichen und nördlichen Provinzen Preußens. Mecklenburgs und der nördlichen Theile Bayerns, also der vor- wiege ild Landwirthschaft treibenden Theile Deutschlands  . Die Hauptursache dieser Erscheinung liegt darin, daß das im Gesetze vorgesehene Ausgleicheinittcl infolge der vom Reichstage an der Regierungsvorlage vorgenommenen Aenderung zum größten Theile versagt; denn, wenn von dem Grundsatze, daß die Rente derjenigen Anstalt zur Last fällt, in deren Bezirk der Rentenanspruch entsteht. im Interesse ausgleichender Gerechtigkeit eine Slusnahme durch verdältnißmaßige Heranziehung der anderen Anstalte» ge- macht wird, an die der Rentenempfänger im Laufe der Zeit Beiträge geleistet hat, so mache es einen sehr große» Unter- schied, ob als Vertheilungsmaßslab der Kapilalwerth der Bei- träge, wie die Regierung voischlng. oder die Höhe der Beiträge selbst, wie der Reichstag beschlossen hat, geivählt wird. Der Kapilalwerth der Beiträge jüngerer Arbeiter ist ungleich größer, als der der älteren und es kommen daher bei dem jetzigen Ver- lheilnngsmaßslabe die landwirthschaftlichen Landestheile be- trächtlich zu kurz, in denen das Durchschnittsalter der Ar- beiler durchweg ein erheblich höheres ist. als in industriellen, da deren junge Arbeitskraft in starkem Maße in diese Distrikte abfließt. Abhilfe für diese Ungleichheit zum besten gerade' der schwächeren Schultern ist ein Gebot ausgleichender Gerechtigkeit. Wird dabei auf die Regierungsvorlage von Iö89 schon aus dem Grunde nicht zurückzugehe» sein, weil der im Reichstag erhobene Einwand einer zu großen Komplikation der Berechnung und Ab- rechnnng nicht von der Hand zu weisen ist. so liegt der Gedanke nahe, daß ein Ausgleich durch Uebertragung eines T heiles der Renten auf breitere Schultern zu suchen i st. Wird ei» zum Ausgleich ausreichender Theil aller Renten aus die Gesammlheit der Versicherungsanstalten vertheilt, so daß nur der Rest der primär verpflichteten Anstalt verbleibt. so ist ein einfacher und zweckmäßiger Weg zur Beseitigung un- gerecht wirkender Härte» gesunden. Es ist ivahrscheinlich, daß Erwägungen dieser Art auch für die Gestaltung der für die nächste Tagung des Reichstages in Aussicht ge- nommenen Novelle zum Jnvaliditäts» und Alters- versicherungs-Gesetze von praktischer Bedeutung sein werden. Man sieht hieraus, daß die Reichsregierung in der Er- sinnung der sogenanntenkleinen Mittel" zu gunsten der Land- wirthschaft unermüdlich ist. In allen Ressorts arbeitet man un- ausgesetzt daran, die Landwirthschaft zu entlasten. Auffallend ist es nicht, daß man aus den schlechten Rechnungs- ergebniffeu der Versicherungsanstalten mit überwiegend land- wirthschaftlicher Bevölkerung Schlüsse zu ziehen unterläßt aus die elende Lage der landwirthschaftlichen Bevölkerung, auf ihre Arbeitslosigkett, die Häufigkeit des Eintritts der Invalidität und auf die Unterlassungen der Unternehmer beim Einkleben der Marten, sowie aus die mangelnde Kontrolle der Behörden. Auf diese Punkte aufmerksam zu machen, paßt nicht in die JJolitik unserer in der Agrarierunterstlltzung eifrigst beflissenen, ozialpolitisch erblindenden Staatsmänner. Die Begründung»nr Handwerkervorlage wird heute imReichs-Anzeiger" veröffentlicht. Die Arbeiter-Fürsorge der Unternehmer, schon an und für sich sehr fragwürdiger Natur, wird besonders ver- dächtig, wenn sie seitens der Junker sich kundgiebl. So ulkt jetzt daS Organ desBundes der Landwirthe" die Regierung an, weil sie Arbeiter während der Erntezeit zur Verbüßung ihrer Haft in diekühlen Gefängnisse" steckt, wo sie der Gefahr desHitz- schlages" auf den Gütern ostpreußischer und pommerscher Junker entzogen sind. Die Staatsanwälte, die von feiten der Arbeit- geber um Strafaufschub für die betreffenden Arbeiter angegangen wurden, hielte« mit recht an dem Standpunkte fest, daß der Strafaufschub nicht von dritter Seite beantragt werden könne, und den Arbeitern scheint der Aufenthalt im Gesängniß doch noch eine Wvhlthat zu sein gegenüber der Schinderei, die sie. zumal während der Erntezeit, durch die Herren Junker und sonstigen Agrarier erfahren. I m Kriegsmini st eri nm ist man trotz der heißen Sommerzeit sehr eifrig. Heute.veröffentlicht derReichs-Anzeiger" folgende Bekanntmachung: Es wird hiermit zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß dm Unteroffizieren und Mannschaften dienstlich verboten ist, sich auf Veranlassung von Zivilpersonen mit dem Vertrieb von Druckwerken und Maaren innerhalb von Truppentheilen oder Behörden seien dies nun ihre eigenen, oder fremde z» befaffen. Den Unteroffizieren und Mannschaften ist zugleich befohlen, von jeder seitens einer Zivilperson an sie ergehenden Aufforderung zum Vertrieb von Druckwerken oder Maaren ihren Vorgesetzten Meldung zu machen. DaS Verbot der Versammlungen der fseilsarmee, das die Polizei in Halle getroffen haben oll, angeblich ans dem Grunde, weil sie vielfach Anlaß zu Ver- höhnungen der Religion durch den Pöbel unter der Zuhörer- swaft gäben, erscheint uns nur erklärlich, wenn man unter diesem Pöbel" etwa Studenten oder anderegebildete" Leute verstehen will. Gegen denPöbel" auS de» Arbeiterklassen iväre eine solche Rücksichtnahme seitens der Behörden etwas Ungewöhn- liebes, gegen diese»Pöbel" würde man schon wegen Religions- störung, Hausfriedensbruchs oder gar Landfriedensbruchs ein- schreiten; gegenüber demgebildeten" Pöbel zieht man die prophylaktische Methode vor, man räumt einfach fort, waS ihm ein Stein des Anstoßes sein könnte. In der Disziplinar- Angelegenheit des Pastors Kötzschke wegen Beleidigung König S t u m m' s in Sangerhausen hat der Vertreter der Anklage gegen das Urtheil des königl. Konsistoriums auf Versetzung Berufung eingelegt, weil Absetzung erfolgen müsse. Gleichzeitig hat der Angeklagte von dem Rechte der Berufung Gebrauch gemacht.-- Auswanderung nach Brasilien  . Nach einer Meldung derKölnischen Zeitung  " aus Hamburg   ist das söge- nannte v. d. Hcydl'sche Reskript vom 3. November I8S9 be­treffend die Beförderung von Ausivanderern nach Brasilien   für die drei südlichen Provinzen dieses Landes, Rio Grande do Sul  , Santa Catharina und Parana  , außer Anwendung gesetzt. Die Prüfung von Anträgen ans Konzessionirung von ftall zu Fall ist für zulässig erachtet worden, und etwaige Gesuche ge- «igneter Auswanderungs- Unternehmer um Konzejsionirung für Beförderung von Auswanderern nach den gedachten drei Provinzen werden in Zukunft preußischerseitS nicht mehr grund­sätzlich abgelehnt werden. Zum n e» e st e n K o l o n i a l s k a n d a l. In den er- wähnten Miltheilungen amerikanischer Blätter, die auf einen neuen Kolonialskandal hinauslaufen sollen, wird Herr von Putckamer, der frühere Gouverneur von Togo   und jetzige Gouverneur in Kamerun  , beschuldigt; als feine Ankläger sind Herr v. Stetten und der Schriftsteller Dr. Giesebrecht genannt. Ghanken. Madrid  , k. August. Der Minister des Innern Cos-Gayon erklärte in einem Interview, bei Valencia   seien zwei Banden zerstreut und viele Waffen aufgefunden worden. Die Banden hatten Bernardo Alvarez, einen pensionirten Oberst, zum Führer. Sieben Verhaftungen wurden vorgenommen. Die Regierung schreibe diese Unruhe kubanischen Parteigängern zu, die von protestantischen und freiinanrerischen Genossenschaften unterstützt würden. Ein ähnlicher Versuch sei bei Gerona   ge- scheitert, wo ebenfalls einige Verhaftungen stattfanden. Seit einigen Tagen treffe die Regierung die nöthigen Maßregeln in der Provinz. Wie verlautet, gehe aus in Valencia   aufgefundenen Briefen aus den Vereinigten Staaten   und Argentinien   hervor, daß die revolutionäre Bewegung von Freibeutern ausgehe, um die Ab- sendung von Verstärkungen nach Kuba   zu erschweren. Vier- zehn Verhaftungen haben stattgefunden. Bei Valencia   ist ein Waffendepot entdeckt, bei Torrente eine kleine Bande gesehen worden. Eine der bei Valencia   aufgetauchten Aufrührerbanden setzt ihre» Rückzug in der Richtung aus das Gebirge fort und wird von der Gendarmerie und einer Kavallerie-Abtheilung verfolgt. Sie steht unter Führung eines Arztes Bernardo Toledo, des Bruders eines der Führer der kubanischen Aufständischen. Nach Meldungen aus Nibadavia(Provinz Orense  ) ist es dort zu einigen Ruhestörunge» gekommen, bei denen es sich jedoch nur um die Oliroierhebung handelte. Vw   InnungsvorlÄge. (Schluß.) B. Besondere Bestimmungen für Handwerker. ß 129. In Betrieben, deren Unternehmer kraft Gesetzes einer Zwangsinnung angehören oder einem Handwerksausschuß unterstehen, steht die Befugniß zur Anleitung von Lehrlingen »nr denjenigen Personen zu, welche 1. das vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet und 2. in dem Gewerbe oder in dem Zweige des Gewerbes, in welchem die Anleitung der Lehrlinge erfolgen soll, entweder die von der Handwerkskammer oder der Innung vorgeschriebene Lehrzeit zurückgelegt und die Gesellenprüfung bestanden habe», oder fünf Jahre hindurch selbständig oder als Werkmeister oder in ähnlicher Stellung thätig gewesen sind. Die höhere Verwaltungsbehörde kann Personen, welche diesen An- forderungen nicht entsprechen, nach Anhörung der Innung oder des Handwerksausschusses die Befugniß zur Anleitung von Lehr- lingen verleihen. Die Zurücklegnng der Lehrzeit kann auch in einem dem Gewerbe angehörenden Großbetriebe erfolgen und durch den Besuch einer Lehrwerkstätte oder sonstigen gewerbliche» Unterrichtsanstalt ersetzt werden. Die Prüsungs« zeugnisfe der Lehrwerkstätten und gewerblichen Unter- richtsanstalten können an die Stelle der Gesellenprüfung treten. Die Bezeichnung der Lehrwerkstätten und Unterrichts- anstalten, auf welche diese Boraussetzungen zutreffen, erfolgt durch die Landes-Zentralbehörde. Der Bundesrath ist befugt, für einzelne Gewerbe Ausnahmen von den Bestimmungen im Abs. 1 zuzulassen. s 129». Der Unternehmer eines Betriebes, i» welchem mehrere Gewerbe vereinigt sind, ist befugt, i» allen zu dem Be- triebe vereinigten Gewerben Lehrlinge anzuleiten, wenn er für eines dieser Gewerbe de» Voraussetzungen des§ 129 entspricht. §.130. Soweit durch den Bundesrath oder die Landes. Zentralbehörde auf grund des§ 128 Vorschriften über die zu- lässige Zahl von Lehrlingen nicht erlassen find, ist die Hand- werkskamuier und die Innung(§ 84 Ziffer 3 Abs. 2) zum Erlaß solcher Vorschriften befugt. § 130». Die Lehrzeit soll in der Regel drei Jahre dauern; sie darf den Zeitraum von fünf Jahren nicht übersteigen. Die Dauer der Lehrzeit wird für die einzelnen Geiverbe oder Zweige der Gewerbe»ach Anhörung der Innungen oder Handwerks- ausschüsse von der Handwerkskammer   festgesetzt. § 131. Nach Ablauf der Lehrzeit kann der Lehrling seine Zulassung zur Gesellenprüfung(§ 129) bei dem Prüsungs-Aus- schliffe beantrage». Die Abnahme der Prüfung erfolgt durch Prüfungsausschüsse, welche für die Innung durch diese, im übrigen durch die Handwerkskammern errichtet werden. § 131». Die Prüflnigsausschüsse bestehen ans einem Vor- sitzenden und zwei Beisitzern. Der Vorsitzende wird von der Auf- sichtsbehörde ernannt. Ein Beisitzer ist aus der Zahl der selbst- ständigen Gewerbetreibenden, Werkmeister oder Personen in ähn- licher Stellung, welchen das Recht zur Anleitung von Lehrlingen zusteht, für den Prüfungsausschuß der Innung von dieser, im übrigen von der Handwerkskammer zu wähle». Der andere Bei­sitzer ist aus der Zahl der Gesellen(Gehilfen), ivelche ein« Gesellen« Prüfung bestanden haben, von dein Gefellenausschnsse der Innung oder der Handwerkskammer zu wählen. Die Wahl erfolgt auf drei Jahre. Während der ersten sechs Jahre nach dem Jnkrafl- treten dieser Bestimmungen können auch Geselle»(Gehilfen), welche eine Gesellenprüfung nicht abgelegt haben, gewählt werden, wenn sie eine Lehrzeit von mindestens zwei Jahren zurückgelegt haben. § 131b. Die Prüfung hat sich auf den Nachweis zu be- schränke», daß der Lehrling die in seinem Gewerbe gebräuchlichen Handgriffs und Fertigkeiten mit genügender Sicherheit ausübt und sowohl über den Werth, die Beschaffung, Aufbewahrung und Behandlung der zu verarbeitenden Rohmaterialien, als auch über die Kennzeichen ihrer guten oder schlechten Beschaffenheit unter- richtet ist. Im übrigen werden das Verfahren vor dem Prüflings- ansschuß, der Gang der Prüfung und die Höhe der Prüsungs- gebühren durch eine Prüfungsordnung geregelt, welche von der höheren Verwaltungsbehörde nach Anhörung der Handels- kammer erlassen wird. Durch die Prüfungsordnung kann bestimmt werden, daß die Prüfung auch in der Buch- und Rechnungsführung zu erfolge» hat. In diesem Falle ist der Prüfungsausschuß befugt, einen besonderen Sach- verständigen zuzuziehen, welcher au der Prüfung mit vollem Stimmrecht lheilnimmt. Bei Stimmengleichheit giebt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Die Kosten des Prüsungs- ausschusses werden von der Innung und Handwerkskammer ge- tragen, welchen die Prüfungsgebühren zufließen. § 131 o. Der Prüfungsausschuß hat dem Lehrling über das Ergebnih der Prüfung ein Zeugniß auszustellen. Wird die Prüfung nicht bestanden, so hat der Prüfungsausschuß den Zeit- räum zu bcstinune», vor dessen Ablauf die Prüfung wieherholt werden darf. Die Prüfungszeugnisse sind kosten- und stenipelfrei. §132. Der Vorsitzende ist berechtigt, Beschlüsse des Prüfnngs- ausschusses mit aufschiebender Wirkung zu beanstanden. Ueber die Beanstandung entscheidet die Handwerkskammer. III». Meistertitel. § 133. Handwerker, welche kraft Gesetzes einer Zwangs- innung angehören oder einem Handwerksausschuß unterstehen, dürfen den Meistertitel nur führen, wenn sie in ihrem Gewerbe die Befugniß zur Anleitung von Lehrlingen erworben(§ 129) und die Meisterprüfung bestanden haben. Die Abnahme der Prüfung erfolgt durch Prüfungskomnnsstonen, welche aus einem Vorsitzenden und vier Beisitzern bestehen. Die Prüfungszeugnisse sind kosten- und stenipelfrei. Artikel S. 1. Der bisherige Abschnitt III» der Gewerbe- Ordnung erhält die Bezeichnung Illb. 2. Der§ 134 Absatz 1 der Gewerbe-Ordnung erhält folgende Fassung: AusFabrikarbeiter finden die Bestimmungen der §§ 121 bis 126 oder, wenn die Fabrikarbeiter als Lehrlinge anzusehen sind, die Bestimmungen der§§ 128 bis 128 Anwendung. 3. Hinter§ 144 der Gewerbe-Ordnung wird folgender§ 144» eingeschoben: Personen, welche den Bestimmungen der§§ 128», 128b und 129 entgegen Lehrlinge halten, anleite» oder anleiten lassen, können von der Ortspolizeibehörde durch Zwangsstrafen zur Entlassung der Lehr- linge angehalten werden. In gleicher Weise kann die Entlassung derjenigen Lehrlinge, welche den auf grund der§§ 84 Ziffer 3 Absatz 2, 128 und 130 erlassenen Vorschriften entgegen an- genommen sind, verfügt werden. Uebergangsbe st immun gen. Artikel 3. Gewerbetreibende, welche bei Erlaß des Gesetzes Lehrlinge halten, sind berechtigt, die Lehrlinge auszulehren. Auf Personen, ivelche beim Inkrafttreten dieser Bestimmungen das siebzehnte Lebensjahr vollendet haben, findet§ 129 Absatz 1 Ziffer 2 des Artikels 4 mit der Maßgabe Anwendung, daß denselben die Befugniß zur Anleitung von Lehrlingen auch dann zusteht, wenn sie nur eine zweijährige Lehrzeit zurückgelegt haben. Die untere Verwaltungs- behörde ist befugt, Personen, welche den Voraussetzungen des Absatz 2 nicht entsprechen, nach Anhörung der Innung oder des Handwerksausschnffes die Befugniß zur Anleitung von Lehr- lingen zu verleihen. Die Landes-Zentralbehörde kann für einzelne Gewerbe oder Zweige eines Gewerbes bestimmen, daß die Be- fugniß zur Anleitung von Lehrlingen durch die Zurücklegung einer kürzeren als zweijährigen Lehrzeit erlangt wird. Artikel 9. Wer beim Inkrafttreten dieser Be- stintmungen ein Gewerbe selbständig betreibt, ist befugt, den Meistertitel(Artikel 4§ 133) zu führen, wenn er in diesem Gewerbe die Befugniß zur An- leitung von Lehrlingen besitzt. Achtung! Bezugnehmend auf unsere letzte Bekanntmachung betreffend die Parteikonferenz für die Provinz Branden- bürg und Berlin   theilen wir den Genossen hierdurch mit, daß dieselbe am Sonntag, den 20. September d. I. in Eohn's Festsälen, Beuthstr. 20/22, stattfindet. Beginn vormittags 9'/- Uhr. Als provisorische Tagesordnung ist fest- gesetzt.: 1. Bericht der Agitationskommission. 2. Diskussion. 3. Die Kandidatenfrage. 4. Die Preffe. 5. Die Lokalsrage. Wir ersuchen nunmehr die Parteigenossen aller be- theiligten Wahlkreise, hierzu Stellung zu nehmen. Pflicht der Genossen eines jeden Kreises ist es, auf der Konferenz vertreten zu sein. Jeder Wahlkreis ist berechtigt, bis zu drei Delegirte zu entsenden. Die Leiter der Kreiskonferenzen resp- öffentlichen Versammlungen, wo die Wahlen der Delegirten vor- genominen werden, sind verpflichtet, den Gewählten ein diesen als Legitimation dienendes Mandat auszustellen. Eventuelle Anträge sind möglichst vorher an Unterzeichnete einzusenden. Auf Punkt 5 der TagesordnungDie Lokalsrage" machen wir die Genossen speziell Berlins   und der nächstgelegenen Wahl- kreise ganz besonders aufmerksam und ersuchen, dieselbe einer recht eingehenden Besprechung in den Versammlungen zu unter- ziehen, welche zwecks Stellungnahme zur Konferenz stattfinden. Wenn wir den Punkt mit auf die Tagesordnung setzten, so glaubten wir lediglich dem allseiligen Drängen der Genossen, denen der bisherige Zustand bez. der Lokale als unerquicklich und unHalt» bar ers cheint, entsprechen zu sollen, resp. ihnen die Möglichkeitzu geben, eine Neuregelung der Lokalfrage vorzunehmen. Mithin ist eine gründliche Aussprache über diesen Punkt seitens aller Genossen unbedingt nolhwendig, damit die Konferenz für jedermann bindende, aber auch möglichst allseitig befriedigende Beschlüsse zu fassen in der Lage ist. Mit sozialdemokratischem Gruß Agitations-Kommission für die Provinz Brandenburg  . I. A.: Carl Dimmick, Berlin   50 Elisabeth-Ufer 55. Die Parteiprcsse der Provinz Brandenburg   wird um Abdruck gebeten. Ans der Parteipresse. In einem Londoner Brief läßt sich dieLeipziger Volkszeitung" über den Jnter- nationalen Arbeilerkongreß u. a. schreiben:Zu bedauern ist, daß der Antrag, die Stellung der Sozialisten zur auswärtigen Politik zu präzisiren, nicht zur Diskussion gelangt ist. Der wunde Punkt der Demokratie ist die auswärtige Politik, da sie ihre ganze Kraft der innere» Politik zuwendet. Dies gilt noch mehr für die Sozialdemokratie, für die die auswärtige Politik vielfach eine terr» incognit», ein unbekannter Boden, ist. Die sozialdemokratische Presse Deutsch- lands zeigt in solchen Dingen manchmal eine Unwissenheit, wie sie nur bei Chinesen zu finden sein sollte. Eine verartige Dis- kussion hätte sehr belehrend wirken können." Man kann über die Behandlung der auswärtige Angelegen- heiten durch unsere Presse verschiedener Meinung sein, was aber würde dieLeipziger Volkszeitung" sagen, wenn ein Parteiblatt an ihrem Inhalte Kritik in solcher Weise üben wollte, wie sie es in dem vorliegenden Falle gethan hat? Todtenliste der Partei. Einer von der alten Garde unserer Partei in München  , der Weißgerber Gebhard Paul, ist am Dienstag infolge eines Schlaganfalles aus dem Leben geschieden. Er war feit Beginn der 70er Jahre Mitglied der Partei und geHörle zu den Gründer» des ersten sozialistischen  Preßorgans der bayerischen   Hauptstadt, desZeitgeists". Polizeiliches, Gerichtliches ,e. Das Landgericht in Halle a. S. beschäftigte sich am Dienstag mit der Märznummer desSüddeutschen P o st i l l o n s", die durchVerherrlichung" der Pariser Kam- mune den Thatbestand derAufreizung" erfüllen soll. Die Siaatsamvallschafl wünscht die Einziehung der etwa noch vor- bandenen Nummern, Formen und Platten. Die Verhandlung wurde jedoch vertagt. Es sollen erst Redakteur und Verleger desSüddeutschen Postillons", die Genossen Fuchs und Ernst in München  , von der Sache in Kenntniß gesetzt werden. Wegen Verbreitung der Märznummer des genannten Witzblattes war Genosse Groß in Halle seinerzeit ebenfalls derAusreizung" angeklagt, der damalige Prozeß endete aber mit Freisprechung. Wegen Beleidigung des Staatsanwalts Maizier in Magdeburg   wurde der verantwortliche Redakteur derT h ü- r i n g e r Tribun e", Genosse Wiertelarz in Erfurt  . vom dortigen Landgericht zu zwei Monaten Gefängniß verurtheilt. Es handelte sich um die Mittheilung, daß die Arbeiter lltehle'schen Eheleute in Magdeburg   eine ihnen wegen groben Unfugs(begangen durch Aufstecken eines rothen Fähnchens am Kinderwagen gelegentlich der Mai- feier) zndiktirte drei- resp. zweiwöchige Gefängnißstrase zu gleicher Zeil verbüßen mußten, obwohl sie ein schwerkrankes U/e Jahre alte Kind hatten, da? einige Tage nach der Jnhastirung der Mutler gestorben ist. Der Artikel enthielt den Schlußsatz, daß diese Sache dem Fall Pens wie ein Ei dem andern gleiche. Staatsanwalt Maizier fühlte sich hierdurch beleidigt und stellte Slrafantrag. In der Erfurter   Gerichtsverhandlung wurde nun festgestellt, daß der Arbeiter Ernst Rehle am 23. Mai seine Strafe im Gefängniß zu Gommern   angetreten und am 30. Mai sich Frau Reble freiwillig zum Strafantritt gemeldet hat, nachdem sie ihr Kind in Pflege gegebe». Als das Kind einige Tage später verstorben ist, hat man der Mutter den gewünschten sechstägigen Urlaub bewilligt. In der Urlheilsbegründung führte der Vorsitzende des Gerichts aus, daß dein Staatsanwalt Maizier der aus dem Sinne des Artikels sich ergebende Vorwurf einer parteiischen Härte zu Unrecht gemacht worden sei; er habe erwiesenermabe» ganz korrekt gehandelt. Wege» einer zweiten X