Rundfunk der Woche
Systemlosigkeit und System
Das Ideal der heutigen Rundfunkprogramme ist das königlich preußische Volksschullesebuch. Wie die preußische Volksschule in den letzten fünfundsiebzig Jahren muß auch der Freiherrenrundfunk gewisse Kulturverpflichtungen anerkennen; wie sie bemüht er sich, die ent= sprechenden Darbietungen unschädlich zu machen, indem er fie möglichst system und zusammenhanglos durcheinanderwürfelt und sie so unver ständlich und unanregend gestaltet, wie das mur irgend geht. Die Grunderkenntnisse der Wissenschaft wurden auch in der Volksschule gewöhnlich höchstens zum Auswendiglernen aufgegeben, nicht aber den Schülern wirklich erschlossen. Zur Buldung ihrer das heißt der von der Obrigkeit erwünschten Weltanschauung dienten das Lesebuch und das Religionsbuch, mobei das Lesebuch bereits auch einen Teil der Funktionen des Religionsbuches übernahm. Die Welt, die in den Blättern dieses Lesebuches breitgedrückt wurde, unterschied sich in nichts wesentlichem von der Welt des abgedankten friderizianischen Unteroffiziers, der mangels anderer Verwendungsmöglichkeit zum Bolksschullehrer gemacht wurde, damit unter seiner Zuchtrute die Jugend des Volkes lerne, was dem Volke zu wissen gut war:
-
tuschen, Hurra fchreien, beten, und sonst gar nichts.
Diese Welt war ein flacher Eierfuchen, unter dem die Hölle brodelte und über dem hinter dem blauen Himmelszelt die Schar der Seeligen schwebte, in deren Mittelpunkt aber der König als Sachwalter Gottes stand und mit Hilfe seiner hochgeborenen Diener den Untertanen ihre Pflichten zumaß.
Wer könnte die Parallelen verkennen, die sich hier zu den heutigen Rundfunkprogrammen zeigen? Diese Programme scheinen von einer himmelschreienden Systemlosigkeit zu fein; in Wahrheit ist nur zuviel System in ihnen: das System der Reaktion. Es wird eingesetzt, um die den Bolksschülern des Rundfunks gemäße geistige Horizontverengung zu bewirken.
Die Systemlosigkeit in den wirklichen Kulturdarbietungen ist ein Teil dieses Systems, das auf diese Weise den Geist für das Volk denaturiert und ihn nur dort genießbar macht, wo er das Filter einer höheren Bildung" passiert. Was in den Rundfunkprogrammen heute., Kulturgut" und ,, kulturelle Werte" heißt, ist für die Masse faſt ausnahmslos ungenießbar, ob es sich in Unterhaltung, Kunst oder belehrenden Vorträgen ihr darstellt. Es fehlt bei den verantwortlichen Stellen deutlich erkennbar jede ernsthafte Bereitfdjaft, die Kultur, die das Bolt angeht, ihm nahe zu bringen.
Sie fehlt auf fünstlerischem Gebiet. Was zum Beispiel die literarische und die drama furgische Abteilung der Funtstunde ans Licht bringen, liegt zum großen Teil beträchtlich unter dem zu fordernden Kulturniveau, und noch viel seltener haben diese Darbietungen irgendeine innere Beziehung zu dem Hörer aus dem Volfe und seinem Leben. Aehnlich unerfreulich sieht es auf dem Gebiete der Musik aus. Leider wer den hier die Mängel von vielen Fachkritikern verkannt, weil sie einzelne musikalische Sendungen für sich, nicht aber im Rahmen des Gesamtprogramms werten. Wir haben fürzlich schon darauf hingewiesen, wie unsinnig es ist, wenn Berlin und der Deutschlandsender gleichzeitig in der für den werftätigen Hörer günstigsten Empfangszeit Beethoven- Sonaten senden( am folgenden Tage gab es zur gleichen Stunde wieder ein Einheitsprogramm Neue Musik "). Werden Einführungen gegeben, so sind sie ausnahmslos nur dem musikalisch Gebildeten zugänglich, der dann noch, wie bei der Sendung Haydn : Unbekannte Sinfonien", mit der Rede des zeitgemäßen Professors dessen
Reverenz vor föniglichen Hoheiten und anderen Hochwohlgeborenen
hinnehmen muß.
Nur ausnahmsweise findet sich einmal eine Veranstaltung, die wertvoll und allgemein verständlich ist. Man muß Felig Stöffinger Dank wissen, daß er die nicht nur dem großen Publikum, sondern auch den meisten Fachleuten wohl völlig unbekannten Lieder des jungen Berdi so ohne allen gelehrten Schwulst den Hörern vorstellte. Diese Sendung war überhaupt eine angenehme Ausnahme im Programm der Funkstunde. Die Lieder des jungen Berdi, teilSchubert weise mindestens scheinbar stark an orientiert, teils bereits auf den Opernstil des reifen Verdi hinweisend, stellen auf jeden Fall dankensmerte eine wichtige und Entdeckung Stöffingers dar. Sie sind nicht nur beachtenswert, meil sie unsere Kenntnis um Verdis komposito rische Entwicklung erweitern, sondern auch um ihrer ausdrucksvollen Musikalität willen- und gerade diese letztere Eigenschaft machte die Sendung für die meisten Rundfunthörer wertvoll und erfreulich.
Mit den Vorträgen ist es nicht besser beschaffen als mit den übrigen Darbietungen. Gutes, Wertvolles verirrt sich höchstens einmal wie zufällig in das Rundfunkprogramm. Damit verliert es jeden nachhaltigen Einfluß auf die Hörerbildung und erfüllt doch seinen repräsentativen 3wed. Bon der Kultur des Volkes, von der proletarischen Kultur, darf vor den Mikrophonen erst redt nur ausnahmsweise ge= sprochen werden. Anläßlich des vierzigjährigen Jubiläums des Arbeiter Sängerbundes waren dem Bundesvorsitzenden Paul Schneider einige aufklärende Worte über die Leistungen der Arbeiterschaft auf dem Gebiete der Musikpflege gestattet. Schneider mußte sich mit einer furzen Uebersicht begnügen, die in jedem Zuhörer mur den Wunsch weden konnte, einmal von diesem
Führer auf dem Gebiete des Arbeiterchorgefanges einen ausführlichen Bericht zu hören. Aber für dergleichen hat ein Programm, das so wichtige Probleme wälzen muß wie dies, ob sich eine Frau auf der Straße ansprechen lassen muß, und das Herrn Maria ug geistige Schutthaufen unterbringen muß, eben feinen rechten Platz mehr.
Alle diese Sendungen und Senderethen werden beherrscht von Syſtemlosigkeit und im wahrsten Sinne Kulturlosigkeit. Daneben blüht das System der Reaktion, die mit Brettern vernagelte Welt des Volksschullesebuches in nationalistisch bengalischer Beleuchtung, mit Feinden und Neidern ringsum und mittelalterlichen Landsknechten in der Mitte, die nur darauf warten, ihrem gnädigen Kurfürsten oder sonstigen Herren mit ihrem Blut zu dienen. Denn es ist keine Welt außer dem heiligen Reich, und der Rundfunk ist ihr Prophet, da die ungebildeten Unteroffiziere bereits seit Generationen ausgestorben und infolgedessen der Volksbildung entzogen sind. Tes.
40- Stunden- Woche
Konferenz
Die Erekutive des Internationalen Ge mertschaftsbundes hat am Sonntag mit den Arbeiterdelegierten zur 40- StundenWoche Konferenz eine Beratung abgehalten, in der Vertreter von Frankreich , Deutsch land , Belgien , England, Schweden , Dänemart, Holland , Polen , Tschechoslowakei , Kanada , Spa nien , Rumänien und Japan zugegen waren. Zwei Berufsinternationalen waren vertreten, die der Transportarbeiter durch Edo Fimmen und die der Landarbeiter durch Georg Schmidt. Der JGB. hatte seinen Vorsitzenden Citrine und die Vizepräsidenten Jouhaug und Mertens sowie seinen Generalsekretär Schevenels entsandt. Es wurden Richtlinien für die Haltung der I
Das Wrack der„ Atlantique"
L'ATLANTIQUE
Völlig ausgebrannt langte das Wrad des Riesen schiffes ,, L'Atlantique" von zahlreichen Schleppern gezogen, im Hafen von Cherbourg an. Der während des Brandes rot erglühte Hauptmast ist
umgestürzt.
Arbeitergruppe auf der 40- Stunden- Woche- Konfe renz besprochen.
In der Debatte wurden folgende Fragen be handelt. Soll die 40- Stunden- Woche in einer einzigen Konvention festgelegt werden oder sollen verschiedene Konventionen für die verschiedenen Wirtschaftszweige abge= schlossen werden. Die Mehrheit der Delegierten sprach sich für eine einzige Konvention aus, die in einzelnen Abschnitten den verschiedenen Schwierigkeiten Rechnung tragen soll.
Einstimmig äußerten sich alle Delegierten für die Einbeziehung der Büro- und Handelsangestellten fomie gegen den Ausschluß kleiner Betriebe unter zehn Arbeitern in die 40- Stunden- Woche, mie es vom Internationalen Arbeitsamt angeregt worden war. Auf Protest von Georg Schmidt( Landarbeiter- Internationale) gegen den Ausschluß der Candarbeiter von der Regelung der Arbeitszeitverkürzung wurde beschlossen, einen Vorstoß in dem Sinne zu unternehmen, daß die Landarbeiter ebenfalls in die Konvention einbezogen werden.
Die Debatte über die Angleichung der Lohnhöhe und die Erhaltung des Lebensstandards bei einer Herabsetzung der Arbeitszeit um acht Stunden wöchentlich wird fortgesetzt.
21. Abt. Heute, 20 Uhr, Funktionärsizung. Sämtliche Funktionäre in der Geschäftsstelle, Utrechter Str. 21.
32. Abt. Am 4. Januar verstarb nach kurzem Krankenlager der Genosse und Reichsbannertamerad Herbert Sturm im 22. Lebensjahre. Ehre seinem Andenken. Die Die Einäscherung findet morgen, Dienstag, 13% Uhr, im Krematorium Gerichtstraße statt. Um rege Beteiligung ersucht der Abteilungsvorstand.
Wetter für Berlin : Wechselnd bewölkt mit etwas fühlerer Nacht. Tagsüber ziemlich mild. Westliche bis nordwestliche Winde. - Für Deutsch land : Im äußersten Süden des Reiches trübe und regnerisch; in West-, Nord- und Mitteldeutsch land wieder zeitweise aufheiternd. Im Osten nur allmähliche Besserung.
Rundfunk am Abend
Montag, den 9. Januar
Berlin : 16.15 Aus einem chinesischen Pfarrhaus zur deutschen Universität. 16.30 Neue Unterhaltungsmusik. 17.30 Ein Jahr Sozialpolitik( W. Pohl). 17.50 Jugendstunde. 18.10 Arthur Honegger . 18.30 Dichtungen von Stefan George . 18.50 Die Funkstunde teilt mit. 19.00 19.00 Zum musikalischen Programm ( H. v. Benda). Unterhaltungsmusik. 20.00 Aus Breslau : Der verlorene Sohn. 21.00 Heute vor zehn Jahren. 21.20 Zu Heinrich Zilles 75. Geburtstag( A. Braun). 22.00 Wetter-, Tages- und Sportnachrichten. Tanzmusik. 24.00 Orchesterkonzert.
19.15
Königswusterhausen: 16.00 Päd agogischer Funk. 17.10 Napoleon III. zum 60. Todestag( Dr. L. Schwering). 17.30 Tägliches Hauskonzert. 17.55 Stunde des Beamten. 18.25 Musizieren mit unsichtbaren Partnern. 18.55 Wetterbericht. 19.00 Englischer Sprachunterricht. 19.30 Das Gedicht. 20.05 Aus Frankfurt a. M.: Montagskonzert. 20.40 Hans Reimann plaudert. 21.00 Ameri kanische Schallplatten. 21.30 Europäische und amerikanische Wesensart. 22.10 Wetter-, Tages- und Sportnachrichten. 22.45 SeeWetterbericht. Tanzmusik. Sonst: Berliner Programm.
Berantwortlich für Politik: Rudolf Srendemühl; Wirtschaft: G. Klingelhöfer; Gewerkschaftsbe wegung: J. Steiner; Feuilleton : Herbert e- père; ofales und Sonstiges: Friz Karstädt; Anzeigen: Otto Hengst: fämtlich in Berlin Ver Tag: Vorwärts- Verlag Gm. b H., Berlin. Drud: Vorwärts- Buchdruckerei u. Verlagsanstalt Paul Singer 11. Co., Berlin SW. 68, Lindenstr 3 Bezugsbedingungen und Anzeigenpreise werden in jeder Morgen- Ausgabe des Vorwärts" veröffentlicht. Hierzu 1 Beilage.
Theater Lichtspiele usw
Staats
Theater
Montag, den 9. Januar Staatsoper Unter den Linden
20 Uhr
Othello
Staatliches Schauspielhaus
20 Uhr
100 000 Thaler
VOLKSBUHNE
Theater am Bülowplatz Täglich& Uhr D 1 Norden 6536
Winter Garten
3 Uhr 15. Flora 3434. Rauchen erl.
20 Wienerinnen
Fuß, 4 Winclairs. Gaston Palmer Rudolf Mälzer Walkmir- Trio usw.
Städt. Oper Deutsches
Charlottenburg Fraunhofer 0231 Montag, 9. Januar
19 Uhr
Volksvorstellung
Siegfried
Dannenberg a. G., Müller, Schirach, Hartmann, Gombert Thimig, Fehdmer, Fröhlich, Desial, Guttmann, KayBler, Wegener, Hedlund. Schürenberg
.( Knie)
CASINO- THEATER Steinpl.( C1) h71:
814 Lothringer Straße 37
Täglich 84 Uhr 84 Die Männer sind mal sc
Täglich Bunte Bühne: Varieté, Kabarett, Theater Onkel Muz, der Ehestifter
Gutschein 1-4 Personen: Parkett nur 0,60, Fauteuil 0,75. Sessel 1,25
Oliver Cromwells Sendung Sonntag 4 Uhr: Onkel Muz. Kl. Preise.
Musik: Walter Kollo St. Jan., 4 U
Söneland, Heidemann
Robert und Bertram
Theater
Theater im
Kammerspiele
Heute geschlossen! Morgen 8 Uhr Zum 1. Mate
Ensembles erwerbsloser Schauspieler Die Flasche
Reichshallen- Th., Donhoffpl.
8.15, Sonntags 3.30
zu ermäßigten Preisen
Das große Januarprogramm:
Merkur 9901
Täglich 84 Uhr
0. Januar 7 Uhi Charlottenstr. 93 Dophoff 625 Uraufführung Frühlingsstürme
Tauber. Nowotna. Homolka
Deutsches
Künstler- Th Lessing Theater
Nürnberger Str.
Tel Bavaria 6466
Täglich 8 Uhr Grete
Täglich 8% Uhr: Mosheim
Leopoldine
Hans
Konstantin Brausewetter
in: Die Nacht zum 17. April Schroth, Steinbeck. Gebühr, Brionne, Wolle, Picha
Komödienhaus Metropol- Theater
Schiffbauerdamm 25
Tel. D2 Weid. 6304-05 Täglich 8 Uhr Das Haus dazwischen mit Max Adalbert Jakob Tiedtke Musik: Spoliansky
Varieté
am Märchenbrunnen Am Friedrichshain 29-32
( am Köni stor) Tärlich 8 Uhr
Das sensationelle
Auslandsreise Eröffnungs
mit Felix Bressar Maria Paud'er
Oscar Sabo Behal, Berghof Wit
programm
mit den litesängern
Eintrittspreise Wochentags 60 PI.
Täglich 84 Uhr Mar
Hansen
Hundert Meter Glück ( Der Prinz v. Hollywood) E. v. Thellmann Linien. Lingen Sonntag. 5 Uhr Ed Lichtenstein Zarewitsch
B. B. B.
Bendows Bunte Bühne
Kot: busser Straße 6
Oberbaum 3500 Täglich 8 Uhr
Stgs nachm 4 U
HAUS VATERLAND KURFORST 7460
Vergnügungs Restaurant Berlins
BETRIEB
KEMPINSKI
Kurfürstend.- Tp.
Theater
Schwerhörig
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Möchten Sie das wieder? Wollen Sie Ihrem Beruf ungehemmt nachgehen, an allen Freuden von Wort, Ton und Musik wieder teilnehmen? Sicherlten!
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Kurfürstendamm 209 des Westens Deu'sche Akustik Gesellschaft m. b. H.
Tel Bism. 1400 Täglich 814 Uhr Glückliche
Reise
Th.d. Schauspieler
als:
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Theater am Schiffbauerdamm Rose- Theater
Weidendamm 3300 Große Frankfurter Straße 132
Täglich 814 Uhr
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Bahngebiffe, Batentmatrazen Tel. Weichsel E7 3422 Blatinabfälle, 8.15 Uhr Brimissima" Aut. Quecksilber. Binn Legematragen Me.metalle. Gilber tallbetten Chaise- fchmelze, Goldschmel longues. Balter gerei. Christionat, Spezial( Salteftelle Köpe niderbrüde). Agnes
Komödie von A. Gmeyner
mit
Körber. Heilinger, Goas,
Sonnab, u. Stg. 1 M. He dolle Kiste Tank- Trabitsch, Seelar
prinzessin achtzehn.
geschäft.