Einzelbild herunterladen
 
der Umstand, daß das Ganze ein Konp engli» scher DetektiveS ist, kein besonderes Vertrauen e i n. Es soll damit nicht etwa gesagt sein, daß die Ausdeckung des Komplotts nur«in« Farce war, vielleicht, um dem Zaren die Lust zur Reife nach Frankreich   zu nehmen, aber die Frage drängt sich doch auf, warum die Verhaftungen in Boulogne  , Rotter'» dan, und Glasgow  , sowie die Auffindung des Berchemer Laboratoriums in demselben Augenblick« geschah, mit so viel Reklame, möchte man fast sagen, namentlich in London  in die Welt hinaus verkündet wurde, und warum dies« Verhaftungen so lange hinaus- geschoben wurden, da es doch ausdrücklich heißt. daß die englische Polizei den Aufenthalt der Mordgesellen längst wußte. Diese Betrachtungen haben zur Folge, daß sich die hiesige» Behörden sehr zurückhaltend zeigen und das peinliche Gefühl eines Menschen haben, dessen Wohnung zwei Frenide sich zum Schauplatze ihrer internen Streitigkeiten ausgesucht haben. Daher heißt die Meldung: Heute nichts Neues vor Antwerpen  ." Das eine aber ist sicher: Das Hauptquartier der Dynamitverschwörung war und ist Ant» werpeu nicht. Ja aber wo sonst ist das Hauptquartier? Herr Melville in Scotland Iard London wird es wissen, und der HerrBombenbaron" oderBombenprosessor" auch und vermuthlich auch Herr Tynan. In London   aber pfeifen es die Spatzen von den Dächern, daß die DetektiveS ein paar DutzendFerner" und sonstige Dynamithelden an der Hand haben, die auf Be- stellnng jeden Tag ein Komplott zu liesern im stände sind. Genug die beabsichtigte Wirktlng des Melville'schen Weltkomplotts ist ausgeblieben. Und können wir natürlich auch nicht alles voraussehen, was die Urheber des Polizei- romans noch in xotto haben, so können wir doch schon hente mit Bestimmtheit sagen: der Streich ist ein Fehl- streich und derBombeubaron" wird mit seinemVäterchen" nach Rußland   zurückkehren ohne Heilige Allianz  . polikifche Ttebevstcht. Berlin  , 13. September. Cin klassisches Beispiel widerspruchsvoller Berichterstattung hat ein Vorfall erzeugt, der sich in dem posenschen Orte O p a l e n i tz a gelegentlich eines Besuches des Erzbischofs v. Stablewski zugetragen hat. Wir stellen zwei Berichte zusammen. DerPost" wird über den Vorgang folgendes berichtet: Der Erzbischof Dr. v. S t a b l e w s k t hatte in den letzten Tagen eine Fahrt durch die hiesige Parochie unternommen, wobei er ebenso wie der Weihbischof Dr. Likowski von einer etwa hundert Mann starken Retterschaar in polnische n> N a t i o n a l k o st ü m begleitet wurde. Am Montag Abend kehrte der Erzbischof von Wielichowo über Grätz hierher zurück, um sich nach Posen zu begeben. Der polnischeJndustrieverein" setzt« eine demonstrative Feier ins Werk. DieFeststraße" wurde erleuchtet und am Bahnhofe und an der dahin führende» Straß« stellen sich Fackelträger auf. Bald darauf naht vom Ende der Stadt der vierspännige erzbischöfliche Wagen, von einer Meng« begleitet, die laute polnische Hochrufe aus» stößt. Der polnische Polizeidiener nimmt an dem Zuge theil. Da naht von der Stadt her ei» Wagen, in dem sich mehrere deutsche Herren, darunter auch der königl. D i st r i k t s- kommissarius v. Carnap   befinden, die einem Be- kannten das Geleit zum Bahnhof geben wollen. Herr v. Earnap ist in Zivil, ohne jede Waffe, und sowohl ihm wie den anderen Herren sind die Veranstaltungen auf dem Bahnhof völlig unbekannt. AlS sie in die Nähe des Bahnhofs kommen und die Menschenmenge sowie den Schein der Fackeln bemerken, wird daS Tempo der Fahrt gemäßigt. Den Zugang zum Bahnhofseingang finden sie völlig gesperrt durch die Menge der polnffchen Demonstranten. Man ruft den Insassen des Wagens, deren Zeichen zur Freigabe des Weges unbeachtet bleiben, und unter denen der DistriktskommissariuS von der Menge erkannt ist, zu:Hier wird nicht durch die Menschen gefahren l" Trotzdem der Wagen zur Seite biegt, sangen einige aus der Menge an, sich ihm in bedrohlicher Weise zu nähern; es entspinnt sich ein Wortwechsel, dem bald von polnischer Seite Thätlichkeiten folgen. Man fällt den Pferden in die Zügel, der Kommissarius springt vom Wagen, stößt einen der Angreifer zurück, muß aber bald vor der auf ihn mit Knütteln und brennenden Fackeln losschlagen- den Menge unter den Wagen flüchten, der sich in Bewegung setzt, ihm über Füße und Arme geht, und dem er, zum Auf- stehen gebracht, nacheilt, von der heulenden, wild mit Fackel» auf ihn losschlagenden Menge verfolgt, sodaß er mit Brand-, Stich- und Hiebwunden an Kopf, Stirn und Schultern bedeckt wird. Einige hundert Schritt vom Bahnhof macht der Wagen Halt, der Kommissarius hält bei ihm Stand und schickt feinen Kutscher nach der nahe gelegenen Als der Tribun sich umsah, bemerkte er, daß der Vikar des Papstes, welcher in der größten Unruhe zu sein schieil, eben aufstehen wollte, um zu sprechen. Ricnzi's Bewußt- sein und Vorsicht kehrten jetzt schnell zurück, und ent- schlössen, der gefährlichen Nichtanerkennung seiner Kühnheit, die aus Raimund's Lippen schwebte, zu begegnen, winkte er schnell den Musikern, und der feierliche Kircheugesang verhinderte den Bischof von Orvieto  , ihm öffentlich zu erwidern, i Sobald die Messe beendigt war, flüsterte Rienzi   dem Bischof zu:Wir wollen Euch dieses hernach noch weit- läufiger auseinandersetzen. Ihr speiset mit uns im Lateran, gebt mir Euren Arm!" Auch ließ er den Arm des guten Bischofs nicht los, bis unter dem wilden Klang der Hörner und Trompeten, der Trommeln und Cymbeln und unter einem Volksgetöse, wie es auf demselben Platz der Taufe Konstantins vielleicht einst Jubel zurief, der Tribun und seine Begleiter in das große Thor des Lateran  , damals des ersten Palastes der Welt, traten. So endigte jene merkwürdige Zeremonie und jene kühne f erausforderung der nordischen Mächte zu guusten der reiheit Italiens  , die, hätte der Erfolg sie gekrönt, für ein außerordentliches Unternehmen gelten würde, die aber jetzt, da sie ungünstigen Erfolg hatte, ihm als unverzeihlicher Uebermuth zum Vorwurf gemacht wird. Berücksichtigt man jedoch alle Verhältnisse, die den Tribunen bedrängten, und alle Macht, die ihn umgab, so war seine Unter- nehmung vielleicht nicht so thöricht, als sie es auf den ersten Blick zu sein schien. Und giebt man selbst jene Thorheit zu, so wird sie durch den scharfsinnigen Richter höherer Charaktere nur als der wilde Ausbruch einer kühnen Natur betrachtet werden können, die zugleich aufgeregt war durch ihre Stellung und durch ihr Glück, durch religiösen Aberglauben, durch patriotisches Streben, durch scholastische Grübeleien, welche zu schnell von der Träumerei in das Handeln übergingen, und die jene weise und irdische Klugheit überschritten, welche die Waffe schärft, bevor sie den Handschuh hinwirst. (Fortsetzung folgt.) Wohnung, damit er ihm irgend eine Waffe hole. Unterdeß wogt auf dem zum Theil dunklen Platze der Tumult hin und her. Der herbeigeholte, zufällig ortsanwesende Gendarmerie- Oberwacht in ei st er aus Nentomischel wird durch einen Steinwurf verletzt und erklärt nach zwei- maliger vergeblicher Aufforderung an die Menge, auseinander zu gehen, die A n s a m ni l u n g für A u s r u h r. Ein in- zwischen mit der Schwester des Kommissarius, Frl. v. Carnap  , herangekommener, aus dem Wege nach dem Bahnhof befind- licher Herr wird gleichfalls thätlich beleidigt, doch gelingt es ihm, mit Fräulein v. Carnap daS Bahnhofsgebäude zu er­reichen, ebenso wie später auch Herrn v. Carnap  , nachdem er in Besitz seines Degens gelangt ist. Der Bahnhofsvorsteher will Herrn v. C a rn ap vom Perron verweisen, was dieser mit der Bemerkung zurückweist, daß er durch Lösung einer Bahnsteigkarte zum Aufenthalt daselbst berechtigt sei; im übrigen könne es nicht schaden, wenn der Erzbischof sehe, was für eine Gesellschaft ihm den Empfang bereitet habe. Auch Fräulein v. Carnap   soll vom Perron verwiesen werde», wird aber von einem der deutschen Herren thatkrästig in Schutz genommen. Inzwischen verlöschen die Fackeln und der Tumult verliert sich. Eine Untersuchung ist eingeleitet worden." Dagegen wird über den nämlichen Vorgang derKölnischen Volkszeitung" aus Posen berichtet: Unter der SlichmarkeEine widerwärtige Szene" schreibt man demDziennik Poznanski" aus Opalcnitza(an der Eisenbahn- linie Benlschen-Posen):Als der Herr Erzbischof v. Stablewski am 14. September von der Station Opaleiutza nach Posen zurück- kehren wollte der Oberhirt halte in der Parochie O.eine Visilations- reise unternommen hatten die Mitglieder des polnischen Ge- werbevereinS ans dem Bahnsteige Aufstellung genommen, um ihn zu begrüßen. Kurz vor Abgang des Zuges stürzte der königliche D i st r i k t s k o»i m t s s a r mit gezogenem Degen ans den Bahnsteig und rief:Ich will mal sehen, ob der Erzbischof die Macht hat, daß die polnischen Hnllunken überall auftreten." Dann schrie der Kom- inissar, indem er mit dem Degen weiter herum- fuchtelte:Wo ist der Erzbischof?" Einige Herren faßten nun den Kommissar an den Händen und hielten ihn fest, so daß noch Schlimmeres verhütet wurde. Schon vorher war der Kommissar mit einem ziveispännigen Fuhrwerk vor dem Bahnhof unter das Volk gefahren, wo man ihm die Pferde an- halten mußte, um ein Unglück zu verhüten".(Von anderer Seite wird ttnS vorstehende Tarstellung bestätigt. Nach einer Drahtnieldung ans Posen von hente soll der Distrikts- kommissar bereits suSpendirt sein. Wer hat nun recht? Wir wollen gar nicht behaupten, daß der eine Theil eine geflissentlich falsche Darstellung gegeben hat. Wir halten es vielmehr für durchaus wahr- scheinlich, daß je nach der Voreingenommenheit die deutschen und die polnischen Theilnehmer und Zuschauer einen ganz anderen Eindruck von den Vorkommnissen gewonnen haben. Nun denke man sich einmal: die Sache kommt vor Gericht. Beide Theile sagen anS, wie die Sache ihnen erschienen ist und beschwören ihre Aussage. Würde dann die Essener Praxis in der Provinz Posen   Nachahmung finden, so würde die eine Zeugengruppe unter der Anklage des Mein- eids vors Schwurgericht und später ins Zuchthaus kommen. Zunächst hoffen wir noch, daß ein höherer Grad von Meuscheukenntniß die Posener Staatsanwaltschaft vor einem derartigen Mißgriff bewahren wird. Vielleicht trägt die widerspruchsvolle Berichterstattung über den Vorfall von Opaleiutza aber auch zur richtigeren Würdigung des Essener Prozesses bei. Einer unpatrivtische» Handlung sollen wir nach der Nationalliberalen Korrespondenz" uns schuldig gemacht haben, weil wir dem französischen   Genossen Biviani recht gaben, welcher behauptet, die französische   Bank habe durch Verweigerung der nöthigen Geldmittel zum Mißlingen der Gambetta  'schen National- vertheidigung beigetragen. DieNationalliberale Korrespondenz" denkt gewiß, zum Krieg brauche man kein Geld. Da begreifen wir auch, warum ihre patriotischen Patrone der deutschen Regierung, das Geld zu der ersten Kriegsanleihe des Jahres 1870 verweigerten. Z« Melville's Polizeiroman(siehe den Leitartikel) wird noch telegraphirt: N e w- A o r k, 18. September. Ueber die Organisation der Bombenfchule in New-Uork verlautet im Zusammenhang mit dem dieser Tage entdeckten Anarchistenkomplott, daß die Ueberwachnngskommission dieser Anarchislenschule aus folgenden Personen besteht: Wilhelm Hasselmann  , früher deulscher Reichslags- Abgeordneter, L e o H a r t m a u n, der russische Nihilist, welcher im Jahre 1878 den russischen Kaiser- zug in Moskau   sprengen wollte und dessen Auslieferung Frank- reich verweigerte, der bekannte Johann Most   und der russische Nihilist N o n o ch o w i c z. Der Spitzel, welcher vorstehendes Telegramm verfertigte oder einflößte, ist von einem Spaßvogel zum besten gehalten worden. Hasselmann ist wohlbestallter Eigenthümer einer Dampswäscherei; Most fällt in Ohnmacht, wenn er eine ungefüllte Tynamitboinbe sieht, und Hartmann denkt von Most und Hasselmann ungefähr dasselbe, was wir von ihnen denken. Nr. 4 aber ist unbekannt. Weiter wird telegraphirt: Kopenhagen,  , 17. September. Die Polizei verhaftete als Anarchisten einen heute früh mit einem Dampfer aus Stettin   eingetroffenen Reffenden» der angeblich in Leipzig   ge- boren ist. O arme Seestadt Leipzig  ! Und weiter: N e w y o r k, 17. September. Amtlichen Meldungen zufolge ist der in Boulogne verhastete Tynan seit August 1883 Bürger der Bereinigten Staaten. Nun, wenn die Vereinigten Staaten   ihn reklamiren, so kann er nicht Kronzeuge werden. ES wird ihni dann ähnlich ergehen, wie dem jüngst verhasteten französischen   Anarchisten Rabardy", der sich als Urheber schrecklicher Tynamitverbrechen dem Gericht stellte, vom Gericht aber daran verhindert wird, seine Urheberschaft nachzuweisen. Er soll durchaus unschuldig sein. Unter den Polizei-Anarchisten giebt es so kompromittirende Leute I Endlich hat ein sinnreicher Detektive den Allianzvertrag zwischen Feniern und Nihilisten entdeckt. Als Antwort haben sämmtliche senischen Gesellschaften in Amerika   beiläufig nur noch«in paar winzige Reste ihre Freundschaft fürVäterchen" betheuert, das hoffentlich die verhaßten Sachsen  " so werden von den Iren die Engländer genannt eine tüchtige Anzahl böser ViertelstnntzFn bereiten werde. Die Polizeiphantasie scheint erschöpft. Deutsches Reich. Zur Flotten plan- Geschichte. Angesichts der Beschwichtigungsversuche desReichs-Anzeigers" erinnert selbst der nationalliberaleHann. Kourier" an die folgenden Aus- lassungen des Staatssekretärs v. Marschall   in der Reichstags- Sitzung vom 7. Februar:Schon seit geraumer Zeit bilde die Frage einer stärkeren Vermehrung der Flotte Gegenstand der Erwägungen der betheiligten Ressorts. Der Zeitpuukl, wann dieselben zum Abschluß gelangen würden, sei noch nicht bestimmbar. Ihr Ergebniß werde seinerzeit den verbündeten Regierungen und sodann dem Reichstage und zwar in einer'Horm unterbreitet werden, welche volle Klarheit gewähre, sowohl über die Bedürfnißfrage und die angestrebten Ziele, wie über die finanziellen Mittel, welche für die Gegenwart und Z u k n n f t an einmaligen und fortdauernden Ausgaben erfordert würden. Vom Standpunkt des auswärtigen Dienstes könne vorläufig nur betont werden, daß das Bedürfniß nach Vermehrung unserer Flotte, insbesondere an Kreuzern, sich seit vorigem Jahre nicht nur nicht vermindert, sondern sich im Gegen- theil erheblich vermehrt habe." -- 757 pensionirte preußische Generale leben gegenwärtig nach einer Aufstellung derVoss. Ztg.". Im Laufe dieses Jahres ist die Zahl der Penstonirungen höherer Offiziere sehr erheblich gewesen. DaS Jahr 18Sö wird in dieser Hinsicht jedenfalls die letzten Vorjahre übertreffen, während in den ersten Regierungsjahren des jetzigen Kaisers die Penstonirungen noch erheblicher waren. Von preußischen Generalen sind im laufenden Jahr bisher 48 penstonirt, während die Zahl der Pensionirungen betrug 1895: 42. 1894: 53, 1893: 63, 1892: 50, 1391: 71, 1890: 70, 1889: 67 und 1888: 77. Im ganzen sind also in diesen 8�/» Jahren 546 Pensionirungen von Generalen erfolgt. Hierbei sind allerdings diejenigen Obersten mitgerechnet, die bei ihrer Pensionirnng oder später den Charakter als General  - major erhalten haben. Von diesen 546 Generalen sind inzwischen 65 verstorben, während 431 sich noch am Leben befinden. Die Zahl der noch lebenden Generale, die früher penstonirt sind, be- trägt 276. Von ihnen sind 20 in de» Jahren 1861 bis 1370, 108 in den Jahren 1371 bis 1880 und 148 in den Jahre» 1381 bis 1337 pensionirt. Im ganzen leben hiernach zur Zeit 757 pensionirte preußische Generale. D i e Z e t t, daS Organ für nationalen Sozialismus auf christlicher Grundlage" versendet heute eine Probennmmer. Pastor Naumann eröffnet das neue evangelisch.soziale Tageblatt mit einem ArtikelWas wollen wir?" Wir heben aus dem- selben die folgende charakteristische Stelle hervor: Von drei Seiten nehmen wir also unsere Grundgedanken und von drei Seiten erivarten wir Leser und Mitarbeiler: 1. Sozialisten, welche mit der allgemeinen politischen Haltung der Sozialdemokratie nicht zufrieden sind: 2. Liberale, wtlche mit nationalem Liberalismus Ernst machen wollen; 3. Konservativ«, welche daS praktische Thristenthum der Hilfe und der Thai fördern wollen. Daß diese Elemente, soweit sie überhaupt exlstiren, zu keinem leistungsfähigen Körper zusammenwachsen können, versteht sich für jeden ernsthaften Politiker von selbst. Auch in Altona   hat ein« öffentliche Hafen- arbeiter-Bersammlung nach einem Vortrage Legten'? energisch gegen die Ausweisung Tom Mann's   und der anderen englischen Gewerkschaftler protefiirt und sich zum Zusammenschluß für den Geiverkschaftekampf verpflichtet. Die angenommen« Resolution lautet:Die Versammlung proteftirt auf das ent- schiedenste gegen das reaktionäre Vorgehen der Hamburger   Polizei- behörde insofern, da sie«S verhindert hat, daß der Genosse Tom Mann   in der heutigen Versammlung uns seine Ansichten über die Nothwendigkeit der gewerkschaftlichen Organisation klar legen konnte, und spricht ihr Bedauern aus, daß so etwaS in einer freien Republik, wie Hamburg   es sei» will, im 19. Jahrhundert noch möglich ist."/ Von den traurigen Zuständen in den Schulen des Ostens giebt dieSoziale Praxis" einig» Beispiele, denen wir folgendes entnehmen: In dem Kirchdorf Mala«, KreiS Neidenburg  , ist die zweillassige Schule vor etwa sechs Jahren wegen Baufälligkeit polizeilich geschloffen worden. Seitdem dienen als Unterrichts- lokale Baulichkeiten, die jeder Beschreibung spotten. Beide Lehrer mußten im vergangenen Jahre wegen Kehlkops- und Lungentatarrh zwei bis drei Monate beurlaubt werden. Die Gemeinde ist»um Bauen zu arm. In Narthen ist dt« einklasstg« Schule vor fünf Jahren abgebrannt und noch ist nicht erfichtlich, wann st« gebaut wird. Das Miethslokal ist ebenso wie das in Malga; der Lehrer mußte wegen Krankheit längeren Urlaub erhalten. In War» schallen soll seit vier Jahren neu gebaut werden. Der Lehrer liegt an Lungenschwindsucht unrettbar darnieder. In Lagschau, Kreis Tanziger Höhe, haben die beiden Wohnstuben des Lehrers einen Flächeninhalt von 1920 Geviertmeter, auf jedes Schulkind entfallen 0,50 Geviertmeter. Die Wohnung ist feucht, die Malaria ständiger Gast. Di, Frau des dortigen Lehrers mußte im Krankenhause deswegen operirt werden, die Frau eines früheren Lehrers starb dort; Rinder sind dort nie groß geworden. Der jetzige Stelleninhaber bittet um Ber- fetzung wegen schlechten Gesundheitszustandes. Die Re- gierung dringt jetzt endlich auf Neubau, doch sträubt sich die Gulsherrschaft dagegen. Ein Lehrer im Kreise Rössel hat eine Wohnung von 2 kleinen Zimmern, seine Familie zählt aber 12 Personen. Einen Raum von 5 Meter Länge, 1,70 Meter Breite und 1,90 Meter Höhe hat sich der Lehrer auf eigene Kosten zum Sch lasgemach für 5 Kinder im Sommer hergerichtet. Die Kinder müssen im strengsten Winter in ungeheizter Kammer schlafen, lind den meiste» sind dabei Hände und Füße erfroren. Die Frau des Lehrers ist schon über ein Jahr schwer krank. Ein Gesuch des Lehrers, die Wohnung zu erweitern, ist von der Regierung abgewiesen,weil keine hinreichenden Gründe vor- lägen"(!). Im Lande der Kasernen ist für die Abstellung dieser jämmer- lichen Zustände offenbar kein Geld.   Die n e u e st e Zeitungsente, die aus dem Sumpfe der Sozialistenbekämpfer aufgeflogen ist, bezieht sich auf den Bürgermeister Kümmert, der durch die Kolberger Sirandschloß- affäre weiteren Kreisen bekannt geworden ist. Er soll bei den nächsten Reichstagswahlen als Kandidat der Sozialdemokraten uiid Freisinnigen auftreten. Die? ist selbstverständlich unwahr. Nichts liegt unS ferner als Wahlbündnisse mit bürgerlichen Parteien. In Stettin   sind, wie derFrankfurter Zeitung  " als Pen- dant zu dem Straßburger Beispiel mitgetheilt wird, die Gewerbegerichts-Wahlen in diesem Sommer an einem Sonntag vorgenommen werden. Zu Unzuträglichkeilen habe das nicht geführt. In Berlin   fordern die Vertreter der Arbeiter bereits seit etwa einem Dezennium, daß die Wahlen, über die die Ge- meinde zu bestimmen hat, Sonntags vorgenommen werden. damit sich jeder Arbeiter daran betheiliaen kann. Die Sorte der Freisinnigen aber, die sich im Rothen Hause breit macht und für deren Thaten nicht einmal Herr Eugen Richter   die Verantwortung übernehmen mag, ist selbst für jenen so gering- fügigen demokratischen Fortschritt nicht zu haben. Pastor Rauh-Kladow. Die von der Staats- anwaltschaft gegen den vor mehreren Monaten verhafteten Pastor' Hermann Rauh aus Kladow   erhobene Anklage lautet auf Unter- schlagnng im Amte, schwere Urkundenfälschung und einfache Unterschlagung. Rauh wird bekanntlich beschuldigt, mittels Nachschlüssels aus«wer Kassette für etwa 40 000 Mark Werth- papiere entwendet und bei Versilberung derselben die Unter- schriften zweier Mitglieder des Gemeinde- Kirchenraths gefälscht zn haben. Der Termin zur Hauptverhandlung ist ans den 28. September vor dem Stettiner Schwurgericht anberaumt. Unserm Genossen Block, Redakteur derRhein.- Westfälischen Arbeiter-Zeitung" in D o r t m u n d, ist nach zwei- monatigem Aufenthalt im Gesängniß zu Münster   endlich gestattet worden, eigene Kleider und Wäsche zu tragen. Bis dahin war er also in die Züchtlingstracht gesteckt, die in preußischen Ge- fängnissen nicht einmal für Krimwalverbrecher obligatorisch ist. Wie gut hat es gegenüber dem politischen Gefangenen doch der. der im Duell einen Menschen ums Leben gebracht hat. Er kommt mit der leichtesten Strafart, der Festungshaft davon, die den Lebensgewohnheiten nur wenig Beschränkung anferlegt, und wird in nicht seltenen Fällen nach verhältnißmäßig sehr kurzer Zeit auf freien Fuß gesetzt!