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Morgen- Ausgabe

Nr. 79 A 38 50. Jahrg.

Rebattion and Berlagi Berlin   SW 68, Lindenstr. 3 Serniprecher 7 Amt Donhoff 292 bis 297 Telegrammabreffe: Sozialbemotrat Berlin

Vorwärts

BERLINER

VOLKSBLATT

GRATIS!

DONNERSTAG

16. Februar 1933

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

Der Polizeipräsident

Tgb.-Nr. I 6035 Ang. I Berlin  

, den 15. Februar 1933

Verbot

Auf Grund des§ 9 Abs. 1 Ziffer 5 der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des deutschen   Volks vom 4. Febr. 1933( RGBI. Nr. 8 S. 35 ff.) verbiete ich die in Berlin   erscheinende Tageszeitung

Vorwärts

mit sofortiger Wirkung bis zum 22. Februar 1933 einschließlich.

Das Verbot umfaßt auch die in Ihrem Verlage erscheinenden Kopfblätter der Zeitung, sowie jede angeblich neue Druckschrift, die sich sach­lich als die alte darstellt- oder als ihr Ersatz anzusehen ist.

Gegen das Verbot ist binnen zwei Wochen

Die Beschwerde ist bei mir einzureichen.

vom Tage der Zustellung ab- die Beschwerde zulässig; sie hat keine aufschiebende Wirkung.

Sollte von dem Beschwerderecht Gebrauch gemacht werden, so empfiehlt es sich zur Beschleunigung der Angelegenheit, die Beschwerdeschrift in 4 facher Ausfertigung vorzulegen.

Gründe:

Die in Berlin   erscheinende Tageszeitung ,, Vorwärts" veröffentlicht in Nr. 75( Morgenausgabe) vom 14. 2. 33 einen Artikel mit der Ueberschrift: Für die Wahrheit! Der Blutsonntag in Eisleben  !" von Friedrich Stampfer  .

Dieser Artikel gibt Anlaß zu Beanstandungen auf Grund des§ 9 Abs. 1 Nr. 5 der Verordnung des Reichspräsidenten   vom 4. 2. 33.

Der Verfasser geht bei seinen Darlegungen von der durch die eingeleiteten Ermittelungen inzwischen völlig widerlegten Behauptung aus, daß nicht aus dem Hause des ,, Klassenkampf" in Eisleben   zuerst auf die Nationalsozialisten geschossen worden sei, sondern daß diese ohne äußeren Anlaß das in kommunistischem Eigentum stehende Gebäude überfallen hätten, um die Einrichtung zu zerstören und gegen die darin befindlichen Personen gewalttätig vorzugehen. In der gleichen Richtung bewegen sich die weiteren Ausführungen über den Hergang des ,, Sturms auf die Turnhalle". Auch hier zielt die Schilderung offensichtlich darauf ab, das Verhalten der nach den Feststellungen der eingeleiteten Untersuchung unzweifelhaft auch von dieser Baulichkeit aus durch Schüsse angegriffenen Nationalsozialisten als eine jeder inneren Berechtigung entbehrende brutale Ausschreitung zu charakterisieren.

Aus diesen von dem Verfasser bewußt im Gegensatz zu anderen Zeitungen gegebenen Sachdarstellungen, die er in Verbindung mit von der Regierung ge­troffenen Maßnahmen bringt, wird der Schluß gezogen, daß die Behörden nicht etwa aus mangelnder Objektivität, sondern vorsätzlich pflicht- und rechtswidrig diese Darstellung verbreitet und aufrechterhalten hätten, da sie ,, dem Lauf der Weltgeschichte, wie er jetzt von oben vorgeschrieben ist", angepaẞt werden müsse. Dieselbe böswillige Verächtlichmachung der Behörden und insbesondere des verantwortlichen Leiters der preußischen inneren Verwaltung zeigt sich auch darin, daß im vorletzten Absatz die Erwartung ausgesprochen wird, von diesen Behörden könne ein objektives Untersuchungsergebnis nicht erwartet werden, die Bürgerleute von Eisleben" würden nie erfahren, was nach Auffassung des Artikelschreibers das tatsächliche Untersuchungsergebnis sein müßte..

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Die Tendenz des bezeichneten Aufsatzes, der als Leitartikel veröffentlicht ist, wird noch dadurch unterstrichen, daß auf der ersten Innenseite des Haupt­blattes an hervorragender Stelle mit der besonders auffallenden, großgedruckten Ueberschrift ,, Aus dem braunsten Deutschland Faschistentreiben   in Eisleben  !" in derselben Weise zu den Vorgängen Stellung genommen wird, während eine vorläufige amtliche Darstellung des Polizeipräsidiums in Halle vom 13. 2. 1933 mit kleinerer Ueberschrift und kleinem Textdruck so nachgebracht wird, daß der unbefangene Leser aus dem Zusammenhang mit den Darlegungen des Hauptauf­satzes notwendigerweise den von dem Verfasser offensichtlich gewollten Eindruck bewußt pflichtwidrigen und parteiischen Verhaltens der Behörde gewinnen muß. Hiernach rechtfertigt sich das ausgesprochene Verbot nach§ 9 Abs. 1 Nr. 5 der angezogenen Verordnung.

dez. Dr. Melcher.

( Stempel.)

Für die richtige Abschrift

Klamke Kanzl- Ass.

Berantwortlicher Redakteur: Rudolf Brendemühl, Berlin  ; Berlag: Borwärts Verlag G. m. b. H.- Drud: Bormarts- Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Berlin   S. 68, Lindenstraße 3.