Nr. 4

17. April 1927

Blick in die Bücherwelt

Geschichte.

Paul Miljukow: Rußlands Zusammenbruch." 3wei Bände. 249 und 364 Seiten. Deutsche Verlags- Anstalt  , Stuttgart  . Es ist schwer, die Geschichte einer Revolution zu schreiben, fo. lange die Wogen der Revolution fich noch nicht gelegt haben. Doppelt schwer für einen aktiven Teilnehmer dieser Ereignisse, die

Der Historiker

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nicht

Geschichte einer noch nicht vollendeten Revolution zu schreiben auch dann, wenn er ist orifer von Beruf ist. so versichert uns Prof. Miljukow der Politiker ist es, der in erster Linie in diesem Buche zu Worte fommt." Wir haben keine Veranlassung, die Aufrichtigkeit seiner Absichten zu bezweifeln, aber der Inhalt seines zweibändigen Berfes über die russische Revolution legt ein beredtes Zeugnis dafür ab, daß der Politiker dauernd den historiker in ihm unterdrüdt. Das Wert Prof. Miljukows stellt in gewissem Sinne eine geschichtliche Erläuterung und Rechtfertigung des Weges dar, der den ehemaligen Führer des fonftitutionell monarchistischen bürgerlichen Liberalismus über die weiße Bewegung zur repu blikanisch- demokratischen Ideologie geführt hat. Miljukow ver fucht, seine Leser zu überzeugen, daß seine gegenwärtige Politik einzig und allein ein Ergebnis seiner geschichtlichen Forschungen sei. In Wirklichkeit ist seine Geschichte" eine Fortsegung seiner Bolitit, ein Att des politischen Kampfes gegen rechts und links. Die Enttäuschungen, die ihm die weiße" Bewegung und die Intervention der Verbündeten brachten, haben Miljukow   ver anlaßt, eine radikale Umwertung aller Werte vorzunehmen. Im Gegensatz zum Kerntrupp des bürgerlichen Liberalismus, der sein Scidial noch immer mit der geschichtlich erledigten Gutsbefizer klasse verknüpft, ist Miljukom bemüht, sich auf den Boden der neuen, von der Revolution geschaffenen Tatsachen zu stellen und das Banner der republikonischen Demokratie hochzuhalten. An Stelle des früheren Bündniffes zwischen städtischer Bourgeoisie und fortschrittlichem Adel strebt er ein Bündnis zwischen der städtischen bürgerlichen Demokratie und der nachrevolutionären, befreiten Bauernschaft an. Die politische Bedeutung dieses Werkes liegt des­halb weniger in der Darstellung und der Kritik der bolschemistischen Phase der Revolution obgleich dieser Frage der größte Teil des Werkes gewidmet ist als in seinem Borstoß gegen die monarchistisch- interventionistische Ideologie der bürgerlichen und junterlichen Areise.

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Die antibolichemistische Bewegung und die interventionistische Politik der Verbündeten werden ganz besonders eingehend be­handelt. Den Mißerfolg der weißgardistischen Bewegung führt Miljukom zum Teil auf die zweideutige Politik der Verbündeten zurück. Die Hauptursache jedoch sieht er in dem Bündnis der weißaardistischen Bewegung mit der geschichtlich zum Untergang geweihten Junkerklasse. Vor die Wahl gestellt. 30g die Bauern schaft, aus Angit vor der monarchistischen und junkerlichen Restau­ration, die Bolschemisten vor trog ihres Hasses gegen den Kom­munismus und den Kommunisten.

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Im Gegensatz zu den meisten anderen Historifern" der russischen Revolution aus bürgerlichem Lager stellt Miljukow   fich die Aufgabe, nicht nur den Bernichtungs-, sondern auch den Auf­bauprozeß im nachrevolutionären Rußland   zu schildern. Indem er die ökonomischen, sozialen und politischen Ursachen der, natio nalen" Märzrevolution von 1917 analysiert, weist er mit großem Nachdruck auf ihre Unvermeidlichkeit hin. Weniger überzeugend und weniger objektiv wirkt seine Analyse der Ursachen, die zum Uebergang der Macht in die Hände der Bolschewisten geführt haben: eine viel zu harte und teilweise ungerechte Kritif der fozialistischen Barteien und zu viel Nachficht.. und Vergeßlich feit gegenüber der eigenen Partei und dem bürgerlichen Liberalismus. Der Ber. faller läßt beispielsweise fein Wort darüber verlauten, welche verhängnisvolle Rolle feine berühmte Note vom April 1917 über die Meerengen und die Kriegsziele gespielt hat, die das erste feindselige Auftreten der Petersburger Arbeiter und Soldaten gegen die provisorische Regierung hervorgerufen hat. Er ist bestrebt, die zweideutige verhängnisvolle Haltung der liberalen Bourgeoisie in der ersten Revolutionsperiode, ihre absichtliche Hinauszögerung der Wahlen für die Konstituierende Versammlung, ihr Zusammengehen mit General Kornilow, ihren instematischen Kampf gegen die Friedenspolitik der sozialistischen   Parteien zu verschleiern und zu rechtfertigen.

Die Schilderung der bolichemistischen Periode der russischen Revolution fügt zu dem, was bereits aus anderen Schriften be= fannt ist, nichts Neues hinzu. Ein besonderes Interesse fann nur der Abschnitt beanspruchen, in dem Miljukow seine leberzeugung ausspricht, daß die Bolschewisten zwar die nationalistische Bewegung zu ihren Zweden ausgenugt, aber das nationale Problem in Rußland   nicht gelöst haben.

Nach Miljukom nahm der spontane Revolutionsprozeß. der im März: 1917 einfeẞte, auch nach der Novemberumwälzung feinen Fortgana. Die grundlegende Folge dieses Prozesses war die end­gültige Liquidation der Ueberreste des Feudalismus und der Leib­eigenschaft und das Erscheinen der Bauernschaft auf der Arena des politischen Lebens. Während der Periode der bolichemistischen Herrschaft und der kommunistischen   Versuchspolitik sei es nur der Bauernschaft gelungen, die Sowjetregierung zu zwingen, ihren Wünschen und Forderungen Rechnung zu tragen und ihr reale Zu geständnisse zu machen. Auch bei der Liquidation der bolsche­mistischen Dittatur werde die Bauernschaft eine entscheidende Rolle spielen und bei der Bildung der neuen Staatsform ein entscheidendes Wort mitsprechen. Das Proletariat und die Bourgeoisie würden im zukünftigen Rußland   nur eine untergeordnete Rolle spielen. Das ist eine zurzeit sehr verbreitete Auffassung, die nach unserer Meinung einseitig ist. Die russische Revoluton war geschichtlich berufen, nicht nur die Bauernschaft zu befreien, sondern auch der freien Entwicklung der Produktivkräfte in Rußland   die Bahn zu ebrien. Die bevorsteherde stürmische Entwicklung des Kapitalismus in Rußland   wird deshalb zur Festigung der sozialen und politischen Rolle der Bourgeoisie sowie ihres Antagonisten und Totengräbers, des Proletariats führen.

Trotz der Klarheit und Anschaulichkeit der Darstellung, steht dieses Buch Prof. Miljukoms hinter seinen früheren geschichts­foziologischen Schriften zurück. Das Tatsachenmaterial trägt mit unter einen zufälligen und einseitigen Charakter und kann der geschichtlichen Kritik nicht immer standhalten. Das ganze Wert ist fein vollendetes Gebäude, sondern nur ein eilig errichtetes Gerüft. Aber auch in dieser Form entbehrt das Buch nicht eines gewissen Wertes für den Leser, der die mitneteilten Tatsachen und die Berallgemeinerungen des Verfassers fritisch zu merten vermag. Beter Garwŋ.

Selbstbiographien.

Heinrich Holet: Unterwegs. Berlag: Bugra- Wien. 298 Seiten. Leinenband 3 m.

Unter den Arbeiterbiographien, die durch Paul Goehres Ber­mittlung vor Jahren erschienen sind, war Franz Holets Lebens­gang eines deutsch  - tschechischen Handarbeiters" gewiß eine der inter  effantesten. Und nun hat sein Sohn Heinrich seine ersten dreißig Lebensjahre beschrieben. Es ist wieder ein ergreifendes, auch auf regendes, dann wieder zum Nachdenken anregendes Buch. Der Bater mar nach einem furchtbar harten Arbeiterleben endlich von feinen Klaffengenoffen zur Führung ihres Rampfes freigestellt", zum Redakteur in Auffig an der Elbe   gemacht worden da ging Bas Blättchen ein und nach einiger Zeit, wo er Lagerhalter eines Ronfumvereins war, stürzte Franz Holet wieder in das Wander

leben des ungelernten Hilfsarbeiters hinab, als Auflader, als Ziegler, als Glashüttenhelfer.

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Das alles hat Holet miterleben müssen, und schon als Schul­junge mußte er schwer mitarbeiten, wurde immer wieder aus der Schule herausgeriffen, flog von der städtischen Bürgerschule zurück in eine zweiklassige Dorfschule und war vom 14. Jahr an Schwer­arbeiter dabei mit dem lebhaftesten geistigen Interesse, mit frühe­stem Anschluß an die sozialistische Bewegung und mit einem starken Schuß Dichtergeist. Endlich verhalf ihm ein Aufsiger Handelsschul­lehrer, der ihn in der proletarischen Jugendorganisation fennen­gelernt hatte, wenigstens aus der mörderischen Glashüttenarbeit in den Pferdestall des Dr. Lierzschen Landerziehungsheims Haubinda in Thüringen  , wo Holef Förderung erfährt und zu Besuch kommen­den Schülereltern wie Lily Braun  , Troelstra   u. a. m. auffällt. Er geht dann als Hausdiener zu Geheeb   und Wyneken nach Widers dorf, flieht dann in neues Wanderelend, disputiert als Bauernknecht in Oldenburg   mit dem Pfarrer und Kaplan, die ihn befehren wollen und schließlich Haeckels Berke in seinem Koffer finden, die er von Haeckel felbst auf seine Bitte erhalten hatte. Dann tippelt er nach Dresden   zurüd, wieder Glashütte und hier endlich bringt das sozial­demokratische Bildungsinstitut System in sein rastloses Bildungs­streben.

Franz Diederich ertennt das Talent; Mitarbeit am Dresdener   Parteiblatt, Möbelpader in Hellerau  , zwischendurch für den Vorwärts" Beobachter des Sachsengängerlebens in Dstelbien und dann direkt vom Möbelpader weg endlich Redakteur des Bolks: recht" in Aussig  , das wegen einer Würdigung Franz Josephs nach seinem Tode auf Kriegsdauer unterdrückt wird, während t. t. Gen­barmen Holet ins Kreisgericht nach Leitmeriz abführen. Aber seit 1917 ist er bei unserer Wiener Arbeiter- Zeitung" und sein Buch schließt er mit der Mahnung an seine Kinder, dem Großvater und dem Vater folgend, tätige Sozialisten zu sein. Neben all diesen Geschehnissen immer das innere Leben dieses Arbeiterjungen und feiner Umwelt ein beweisträftiges Stüd proletarischer Zeit­ein beweiskräftiges Stüd proletarischer Zeit geschichte! Richard Bernstein.

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Kunstgeschichte.

Paul Brandt  : Schaffende Arbeit und bildende Kunst. Erster Band. Berlag Alfred Körner  , Leipzig  . Preis 18 M. Der verdienstvolle Verfasser des wohlbekannten Buches Sehen und Erfennen" stellt sich in seinem neuerschienenen Werk die Auf­gabe, der Darstellung des heute in der bildenden Kunst so überaus aftuellen Arbeitsthemas einmal in vergangenen Epochen der Kunstgeschichte nachzuspüren, und zwar umfaßt der bisher vorliegende erste Teil die Arbeitsdarstellungen im Altertum und Mittelalter, während ein zweiter, die neuere Kunstgeschichte vom Standpunkt des Arbeitsbildes behandelnder Band in Aussicht steht. Schon in dem ersten Teil des großzügig angelegten Werkes ist die Ausbeute über raschend reich. Zwar war in jenen fernen Zeiträumen die große, offi­zielle Kunst, wie bekannt, vorherrschend der Götter- und Helden­verehrung geweiht. Paul Brandt   aber führt uns einmal in die Ecken und Winkel, in die unbekannteren Bereiche der großen Kunst und stellt hier mit imponierender Gründlichkeit alles zusaminen, was der Idee der Arbeitsdarstellung dient.

Beilage

des Vorwärts

einer Lebenswahren Seelenanalyse des Kriegs- und Revolutions­findes" in der Industrie, und das erhebt sein Buch an Anschauungs­mert meit über alle die von bürgerlicher Seite herrührenden jugend­kundlichen Schriften, die doch überwiegend von dem bürgerlichen Jugendlichen als dem Normaltypus ausgehen und daher der prole­tarischen Jugend niemals gerecht zu werden vermögen. So ist das Buch trefflich gelungen in der Analyse, wenn auch der Platz, den es den von der Arbeiterbewegung ausgehenden Erziehungseinflüssen anweist, indem es diesen nur zersetzende, zerstörende Wirkung zu­erfennt, verfehlt ist. Prachtvoll dem Leben entnommen sind die Schüler- und Familienbilder, die Kauz in den Mittelpunkt seiner Darstellung stellt, und die von feiner Fähigkeit zeugen, sich in fremdes,

Leben einzufühlen.

Bie aber ist es möglich, daß der so flar sehende Berfasser für die als notwendig erkannte Abhilfe Methoden empfiehlt, die dem ärgften firchlichen Dogmatismus entsprungen find? Steht es nicht in schroffem Widerspruch zu seiner Erfenntnis der Gegenwartslage, wenn er die Erfüllung des Industriekosmos durch die Gottesidee, Rückführung der irregeleiteten Massen in die Arme des Christentums" als Endziel aller Volkstumspflege in der Industrie" hinstellt und daneben die Pflege einer neuen Heimat- und Volkskultur" propa­giert, die in die Hände einer sozial wirkenden Lehrerschaft gelegt sein soll? Nein: die Zeit ist vorüber, wo es möglich war, durch solche sozialen Quackfalbereien den Eiseshauch der materialiſtiſchen Gesinnung" zu befämpfen, der uns nicht minder zuwider ist als Kauz, den wir aber, im Gegenfag zu ihm, als notwendiges Er­zeugnis der gesellschaftlichen Triebfräfte zu verstehen in der Lage find. Wenn des Verfassers Wunsch Wirklichkeit werden soll, daß recht bald ein glückliches Ofterleuchten die furchtbaren Dunkelheiten des Schlotenlandes zerteilen" möge, dann wird dies nur durch die Erkenntnis der ökonomischen und politischen Triebfräfte geschehen, die zu dieser Lage geführt haben, und durch die Erweckung der fämpferischen und aufbaufähigen Kräfte nicht aber mit Hilfe der überholten in dieser Industriemenschheit, Werte, die die Ideologie des Verfassers vergeblich zu neuem Leben zu rufen sucht. Rudolf Abraham.

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Naturkunde.

Prof. Dr. M. H. Baege: Wie erkennen wir die Welt?" Welt?" Urania- Berlagsgesellschaft m. b. H., Jena  . 96 Seiten. Preis 1,50 m.

,, Sobald das Leben eine gegebene Entwicklungsperiode überlebt hat, aus einem gegebenen Stadium in ein anderes übertritt, be­ginnt es auch, durch andere Gesetze gelentt zu werden. Mit einem Wort, bas ökonomische Leben bietet uns eine der Entwicklungs­geschichte auf anderen Gebieten der Biologie analoge Er­scheinung.

Die alten Defonomen verkannten die Natur öfo­nomischer Gesetze, als sie diefelben mit den Gesetzen von Physik und Chemie verglichen."

Dieses Zitat aus dem Vorwort zu Marr Kapital" fönnte man den ausgezeichneten Aufklärungsschriften der Urania- Verlagsgesell­schaft vorausschicken, welche gleichsam in fonzentrischem Angriff, die Aufmerksamkeit der bewußten Sozialisten auf dieses Grundprinzip des Marrismus hinlenken wollen, das von vielen Marristen über­sehen wurde.

In der Deutschen Ideologie  ", in der heiligen Familie", in den so wenig bisher gewürdigten Borworten zum Kapital", im Anti- Dühring  ", in sämtlichen methodologischen Aeußerungen zur materialistischen. Geschichtsauffassung haben Marg und Engels  in einer für jeden Eingeweihten geradezu prophetisch- photographischen Treue jene wissenschaftliche Entwicklung proflamiert, die wir heute als den Weg über den Empiriofritizismus zum Biologismus in allen der heutigen Reife angemessenen Einzelforschungen zum fieg­haften Durchbruch gelangen sehen. Die Zeit scheint nicht mehr ferne, da Martens Prophezeiung in Erfüllung geht: Die Philo­sophie der Zukunft geht zur Erkenntnis der Wirklichkeit über."

In diese Bahn lenit Ba ege mit seiner flar und übersichtlich

Die an sich bekannten Arbeitsszenen der ägyptischen Grab­reliefs und Malereien mit ihrem magischen, die Grenze zwischen Leben und Totenreich auslöschenden Sinn sind noch niemals vorher in so fachlich anschaulicher Weise ausgebreitet und beschrieben worden mie hier. Wir sehen, wie es den Künstlern Aegyptens   gegeben war, in ihrer eindringlichen Geftensprache nicht nur fultische Hand­lungen und Opfergebräuche überzeugend darzustellen, sondern auch das reale Leben da zu paden, wo es interessant ist, bet der schaffen den, dienenden Arbeit. Wir sehen die Gestalt der am Boden inienden Kornreiberin, die Feuerschürerin, die Bierbrauer, den Ge­fäßbohrer bei der Arbeit, Feldbestellung und Fischerei, Holz- und Metallarbeiter, Maurer   beim Bauen eines Tempels, Ruderer, Boots­bauer. Beigen sich die Aegypter als ein Bolt, bei dem die Arbeitstätigkeit in hohen Ehren stand, die sich auch das Jenseits nicht ohne die Mühen der täglichen Arbeit vorzustellen vermochten, so fönnen wir bei den Griechen, die das Arbeitsbild nur ge­legentlich in ihre überreiche Kunst aufnehmen, eine deutliche Verstellung der allgemeinen Beziehungen zu Physik und den mensch­achtung des Handwerks, überhaupt der Hände Arbeit" feststellen, die eines freien Mannes unwürdig" schien. So sehen wir gerade zur Zeit der Blüte griechischen Kunstschaffens Arbeitsszenen taum um ihrer selbst willen dargestellt, sondern nur in den Einkleidun gen des Mytyos: in der Schmiede des Vulkan, der den Lebensfaden spinnenden Barze, der Qual des Sisyphus, der einen Stein immer mieder einen Berg heraufrollen muß, usw. Erst die Spätzeit hier veranschaulicht durch die graziösen Frieje pompejanischer Wand­bilder mit ihren eifrig bei Delpresse, Salbenbereitung und Wein­felter beschäftigten Eroten gibt dem Arbeitsbilde wieder mehr

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Raum, und das prosaische" Bolk der Römer stellt gleich den Aegyp

tern das Arbeitsbild wieder besonders hoch.

mit allen Ergebnissen heutiger verantwortungsvoller Forschung aus­gestatteten Schrift über Entstehung und Entwicklung der sogenannten seelischen Zentralfunktionen" zielbewußt ein. Es geht eine Dar­lichen Erkenntnissen voraus, es folgt das Programm der Soziologie. Der Marrismus wird nicht einmal wohl eine treff­liche publizistische Absicht des Verfassers dem Namen nach zitiert. Mit der klassischen Klarheit, welche die Sicherheit der positivistischen Erfenntnis heute jedem gestattet, der sie beherrscht, wird eine für jeden Gebildeten und jeden Laien" unentbehrliche und gleich­geitig einleuchtende Einführung in den Geist des flaffifchen Marris­mus gegeben. Otto Kau s.

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Sozialpolitif.

Prof. Dr. Fritz Stier- Somlo  : Sozialversicherung. Verlag von H. Meyers Buchdruckerei, Halberstadt  . 305 S. Preis 4,80 M. Die vorliegende Ausgabe weicht von den üblichen Darstellungen und Kommentaren über Gebiete der Sozialversicherung erheblich ab. In Form von Stichworten wird der Rechtsstoff aus dem Gebiete der Krankenversicherung  , Unfallversicherung, Invalidenversicherung und Angestelltenversicherung übersichtlich geordnet. Die Darstellung ist furz und doch erschöpfend, so daß die Möglichkeit einer aus­reichenden Drientierung in allen wichtigen Fragen gegeben ist. Mit dem vorliegenden handlichen Buch hat ein hervorragender Sachfenner wirklich etwas Neues geschaffen: ein Wörterbuch der deutschen   Sozialversicherung.

Im Mittelalter sind es vor allem die zahlreichen Monats. darstellungen( in Verbindung mit Versen), in denen sich das Arbeitsbild organisch weiterbildet, in den Kalendern, Psaltern, der juwelenhaft feinen Miniaturmalerei, in Glasfenstern französischer Kathedralen, in monumentalen Mosaiken.. Es ist dabei der interessante Prozeß zu verfolgen, wie aus rein repräsentativer Allegorie durch allmähliches Hinzutreten genrehaster Züge das aftive weltliche Arbeitsbild entsteht. Aber auch die Kathedralplastik bietet eine Fülle von Beispielen interessanter Arbeitsbilder. In den Bogenfeldern, den Friesen und Säulenkapitellen der großen Dome, an denen man meistens nur die heilige Legende zu beachten pflegt, ist gleichfalls den Landarbeiten der verschiedenen Monate in liebevollster realistischer Ausführung bedeutender Raum gewährt. Vor allem aber lieferte die naive Art, in der der mittelalterliche Künstler die Bibel inter pretierte, reichlich Stoff, dem Arbeitsthema zu huldigen: so nimmt Der bekannte sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete gibt 3. B. der Illustrator bei der Klage Davids, daß seine Feinde ihre hier in übersichtlicher Form einen Ueberblick über das weite Gebiet Zunge schärfen wie ein Schwert, sogleich die Gelegenheit wahr, der Sozialversicherung und sozialen Fürsorge. Den Hilfesuchenden die Arbeit des Schleifens in drei Etappen zu schildern, und das soll Rat gegeben werden, welche Leistungen ihnen für die Wechsel­Thema der Arche Noah und des Turmbaus zu Babel läßt die verfälle des Lebens zustehen und an wen sie sich wenden müssen. Das schiedensten Zünfte der Handwerker aufmarschieren, während die Geschichten von Adam und Eva alle erdenklichen Tätigkeiten des

Landarbeiters, die in der Bibel nur entfernt angedeutet sind, in

breitester Schilderung verbildlichen. So sehen wir allenthalben trotz der engen Fesseln, die die mittelalterliche Kirche dem Künstler an­legte, den Geist, der die Arbeit preist und verherrlicht, sich empor­ringen. Zur freien, selbstbewußten Kunstgattung fonnte sich das Arbetsbild freilich erst nach einer grundlegenden gesell. schaftlichen Umschichtung ausbilden. Dem zweiten Teil des Werkes, der diesen fortgeschrittenen Stand des Arbeitsbildes schildern will, fann man nach dem vorliegenden verheißungsvollen Anfang mit viel Erwartung entgegensehen. Dr. Margot Rieß.

Jugendkunde.

Heinrich Kauh: 3m Schatten der Schlote. Berjuche zur Seelenfunde der Industriejugend. Verlagsanstalt Benziger u. Co., Einsiedeln   1926. 295 S. Preis 6 M.

Was für uns wertvoll ist an diesem Buch, das die soziale, psychische und pädagogische Lage der Jugend des rheinisch- west fälischen Industriereviers behandelt, ist die Wirklichkeitsnähe, mit der es in das äußere und innere Leben und Erleben diefer Jugend hineinleuchtet und dabei sowohl die Einwirkungen der legitimen" Menschheitserzieher( Familie, Schule, Kirche), der verborgenen Miterzieher"( Heimat, Natur, Gesellschaft) wie auch der allgemeinen Zeitlage( Krieg, Revolution) würdigt. So gelangt der Verfasser zu

August Karsten  : Sozialer Ratgeber. Verlag: Zentralverband der Arbeitsinvaliden, Berlin   W. 35, Preis 1,60 m.

ständnisvoll erläutert.

einzuschlagende Verfahren wird durch Abdruck von Beispielen ver­Die vorliegende britte Ausgabe zeigt, daß die Schrift hält, was ihr Titel verspricht; der niedrige Preis ermöglicht weitgehende Ver­Friz Schröder.

breitung.

Erzählende Literatur.

Spiel.

Joseph Conrad  : Der Geheimagent( Roman). des Zufalls( Roman  ). Die Schattenlinie( Novelle). Jugend( Novellen).( Vier Bände). Verlag S. Fischer, Berlin  . Die amerikanische   und westeuropäische Welt fannte Conrad bereits seit langer Zeit, als man in Deutschland   auf ihn aufmerksam wurde. Conrad, ein gebürtiger Bole, ging in seiner Jugend nach England, um Seemann   zu werden. Erst in späten Jahren begann er zu schreiben. Man fommt überhaupt nicht auf den Gedanken, daß England feine Wahlheimat war, man glaubt, ein geborener Engländer, ein Nachfahre von Didens oder Marryat spricht hier. Ein manchmal grotester Humor, eine unbeirrbare Sachlichkeit der Schilderung, eine fühle lleberlegenheit lassen nicht den Osteuropäer in ihm vermuten, es fehlt jede Gelöstheit, jeder Ueberschwang des Gefühls, überhaupt jede Sentimentalität. Seegeschichten und aben­teuerliche Kriminalfälle füllen die Bücher. Ostasien  , der indische Ozean, das Meer um die Archipele und London   in feinen vergessensten und verrufensten Bierteln bilden die Folie für das Geschehen. Zuerst denkt man an Marryat oder Stevenson, dann taucht Poes Gordon