theologischen Ueberbau der Europäer des 20. Jahrhunderts staunend| erlebt. Mag manchmal eine gewisse romantische Liebe zum Land ohne Hunger und ohne Zeit das Urteil des Verfaffers beeinflussen, so ist doch seine Schilderung durchaus realistisch und nicht blind| gegen die Mängel dieser Kultur. Vor allem aber sieht dieser an geblich unpolitische Antiimperialist außerordentlich gut die Trieb­fräfte der Politik der Mächte des Abendlandes und die besonderen geographischen Faktoren, denen nicht zuletzt Abessinien seine Selb­ständigkeit verdankt. Es ist die Eifersucht der europäischen   Geier. So wird das Buch ungewollt nicht nur zu einer Horizont. erweiterung in geographischer und kultureller Beziehung, sondern es feuchtet hinein in eine wenig bekannte Sphäre des heutigen Imperialismus, die eines Tages bei kriegerischen Berwicklungen große Bedeutung erlangen kann.

Noch eins: Dieses Buch ist ein Beitrag zu der Frage, ob eine langfame, gehemmte fapitalistische Erschließung eines politisch selb= ftändigen Eingeborenenftaates einer überſtürzten finanzkapitalisti schen und kolonialen Umwälzung vorzuziehen ist. Schrenzels Schilderung bejaht das erstere und ist eine Rechtfertigung der Haltung zur Kolonialpolitit, wie sie auf dem Stuttgarter   Kongreß von 1907 die Mehrheit der 2. Internationale einnahm. Schrenzel fieht übrigens die Bedingungen der Einwanderung von Europäern jehr flar. Hätten jene Utopisten, die von Wien   zu Fuß aus unlängst die Wanderung nach Abessinien antraten, sein Schlußtapitel be herzigt, so wäre jener Nachhall eines Kreuzzuges nicht erfolgt.

Uns zeigt Abessinien, daß wir die Pflicht haben, jenen legten Hort der Eingeborenenkultur zu schüßen und Mussolini   und den Briten   auf die Finger zu sehen, damit wenigstens dies afrikanische Alpenland vom Kolonialschicksal verschont bleibt. So erfüllt dieses Reisebuch auch eine politische Mission, wofür man der Büchergilde Gutenberg Dank zollen muß. Otto Jenssen  .

Erzählende Literatur.

Karl Schröder  : Der Sprung über den Schatten. Ver­lag ,, Der Bücherfreis", Berlin   1928. 188 S. Preis( nur für Mit­glieder) Ganzleinen 3 Mt.

Es mag vielleicht überraschen, daß wir auf ein Buch zurück­kommen, das im ,, Abend" bereits abgedruckt war. Aber wie der Wanderer gerne eine Wegstrecke überschaut, die er zurückgelegt hat, so wird es auch nüßlich sein, ein Urteil zu bilden über ein Buch, das uns besonders gefesselt hat.

das

Daß es sich hier nicht um einen alltäglichen Zeitungsroman handelt, sondern um ein ganz ungewöhnliches Befenntnis, wird jeder empfunden haben, der es gelesen hat. In großen Beit­abständen werden solche Bekenntnisbücher geschrieben. Sie bezeichnen Wendepunkte in der Geschichte der Gesellschaft. Das bekannteste Beispiel ist Wilhelm Meister  ". Der junge Goethe will sein Ver­hältnis zu der bürgerlichen Umwelt ins Reine bringen und schreibt die Geschichte eines Menschen, deffen höchstes Ziel es ist, seine Ber­sönlichkeit auszubilden. Man spricht seither von dieser Gattung von

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Büchern als von Bildungsromanen". Im 19. Jahrhundert gehört Gottfried Kellers  , Grüner Heinrich  " dazu. Auch der schildert die Loslösung eines Einzelwesens, schmerzhaft und mühsam, aus der fleinbürgerlichen Umgebung.

Aber Karl Schröder   als das Kind unserer Zeit geht den um­gekehrten Weg. Er glaubt nicht mehr an den bürgerlichen Glau­benssatz: Höchstes Glück der Erdenkinder

Ist nur die Persönlichkeit."

Er weiß es besser: die Vereinzelung des Menschen ist sein Unglüd. Die Unfruchtbarkeit des modernen Intellektuellen rührt eben daher, daß er, geistig und materiell ohmmächtig, ein bequemes Ausbeutungs­objekt wird für das organisierte Kapital. Es gibt nichts Hilfloseres als den Wissenschaftler oder Künstler, der noch immer von der Herr­schaft der großen Persönlichkeit" träumt.

In seinem neuen Buche äußert Schmidtbonn besonders heftig seine Ablehnung der alten, bürgerlichen Gesellschaft, die sich von Ronventionen in allem Tun soweit einschränken läßt, daß fie schon jetzt neben den einfachen Volksmenschen mit ihrer feelischen Gesund heit wie leblos wirkt. Esther Wangenheim.

Neue Bücher.

( Besprechung der eingegangenen Bücher bleibt vorbehalten.) G. Beyer. Weimar  . Deutsche Verlagsgesellschaft für Politik und Geschichte m. b. H., Berlin  . Zu Haus- Auf der Straße. S. Fischer, Berlin  . A. Döblin  . Im Buch M. Georg. Aufruhr im Warenhaus. Weltbücher- Verlag, Berlin- Friedenau. M. Gleisuer. Tanz für Ale. Hesse u. Beder, Leipzig  .

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H. Syan. Feuer.( Roman.) allstein, Berlin  .

Mit einem Kriegserlebnis fängt Karl Schröder   seine Lebens- R. Häpfe. Wirtschaftsgeschichte. I. Teil: Mittelalter und Merkantilismus. G. A. Gloedner, Leipzig  . beichte an: Krieg und Revolution haben ihm die Augen geöffnet. Dann folgt die Geschichte eines Lehrersohnes vom Lande, der in die H. Herzfeld. Die deutsche Sozialdemokratie und die Auflösung der natio nalen Einheitsfront im Striege. Quelle u. Meyer, Leipzig  Reichshauptstadt verschlagen wird und als Hauslehrer und Auffah. Heyde. Abriz der Sozialpolitit. Quelle u. Meyer, Leipzig  . fabrikant ein jämmerliches Dasein führt. Nur, weil er an deale glaubt und daran, daß man sich aus eigener Kraft emporarbeiten. Niebuhr. Deffentliche Unternehmungen und Privatwirtschaft. G.. fönne. Die Rettung durch eine bürgerliche Ehe, der er seine besten Ueberzeugungen hätte opfern müssen, verschmäht er. Er ist ein nichts, ein Halm im Winde. Er wird verdorren, wenn er nicht im Erdreich einer Klasse wurzelt. Und er findet diesen Boden bei der proletarischen Klasse.

Es sind nicht allein die materiellen Schwierigkeiten, die sich ihm entgegenstemmen: es sind Widerstände geistiger Natur, die er, der Kleinbürger, niederzuringen hat, um in der neuen Gemeinschaft aufgehen zu können. Und dieser innere Läuterungsprozeß vom Einzelmenschen, vom Individualisten, zum Genoffen" im besten Sinn des Wortes, macht den besonderen Wert des Buches aus das Hinauswachsen über sich selbst, der ,, Sprung über den Schatten". Hermann Hieber.

Wilhelm Schmidtbonn  : Mein Freund Dei. Deutsche  Berlagsanstalt, Stuttgart  . Preis geb. 6 m. Wilhelm Schmidtbonn   läßt einen jungen Schriftsteller in der herben Seelandschaft Rotterdams Menschen erleben, die ebensosehr Kameraden in der Freude, wie Freunde in der Not sind. Ber. schwenderisch geben sie sich in dem Reichtum ihrer unverfrüppelten Gefühle immer ganz an das hin, das sie bewegt. Und so ist Freund Dei, der junge Lastträger, dem dieses wundersam schöne Buch ein Denkmal der Freundschaft sein soll, so ist 3is, die fleine zierliche, leidenschaftliche Näherin, so ist der franke Maler Sintram; und so find durchaus nicht jene anderen Menschen, deren allzu gepflegten oder Gedankenlosigkeit Wohnungen, Gefühle, Gedanken Schriftsteller zu den Arbeitern trieben. Hier fand der junge Intellektuelle Menschen mit klaren Augen und vornehmen Zielen; hier fand er bei denen, die um das tägliche Brot sich schwer und notvoll mühen müssen, schönen Glauben an die Zukunft. Ihr steuern sie mit festen Schritten und Herzen zu.

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S. Baffarge. Die Gravitation, Wesen und Ursprung. Sillmann, Leipzig­  . Pfordten. Franz Schubert   und das deutsche Lied. Quelle u. Meyer, Berlin  .

O. Bollat. Das ABC der Internationale. Wiener Voltsbuchhandlung, Wien  . Th. Tichauer. Wahre dein Recht. Juristischer Wegweiser für jedermann. D. Balzel. Vom Wesen der Dichtung. Quelle u. Meyer, Leipzig  . J. H. W. Dies, Berlin  . E. Weitsch. 11. August. Behn Reden zur Verfassungsfeier in Schulen. E. Morgenstern, Verlagsbuchhandlung, Breslau  .

Elga Kern  . Wie sie dazu kamen. E. Reinhardt, München  . R. Rißhauer. Der Sternenhimmel im Feldglas. Hesse u. Beder, Leipzig  . F. Laffalle. Arbeiterprogramm. J. H. W. Diez, Berlin  .

6. Lehmann. Jahrbuch der Krankenversicherung   1927. Verlags- Gesellschaft deutscher   Krankenkassen m. b. S., Berlin- Charlottenburg. K. Mart. Die Inauguraladresse. J. H. W. Dietz, Berlin  .

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2. Maenner. Deutschlands   Wirtschaft und Liberalismus in der Krise von 1879. Deutsche   Verlagsgesellschaft für Politik und Geschichte, Berlin  . Th. Mayer. Deutsche   Wirtschaftsgeschichte der Neuzeit. Quelle u. Meyer, Leipzig  . Angestelltengewerkschaft und Breffe. Das Schrifttum des Zentralverbandes der Angestellten. Dargestellt von J. Aman und P. Lange. Verlag Zen­tralverband der Angestellten, Berlin  . Die Geschichtswissenschaft in Sowjetrußland 1917-1927. Oft- Europa  - Ver­Tag, Berlin  .

Die Lebenswelt der Jugend in der Gegenwart. Verlag: Reichsausschuß der deutschen   Jugendverbände. Wirtschaftsstatistisches Jahrbuch 1927. Verlag der Kammer für Arbeiter und Angestellte, Wien  .

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