mottet. Allemane ist ein gewandter und beliebter Redner, der allerdings gewöhnlich mehr schwungvolle Deklamationen als belehrenden Stoff bietet. Angesichts seiner Energie und seines guten Willens ist es doppelt zu beklagen, daß er sich nicht zur Klarheit der theoretischen Erkenmniß durch gearbeitet hat, und daß auch seinem Wirken gegenüber die Reserve am Platze ist, welche der Thätigkeit der Possi- bilisten überhaupt entgegen gebracht werden muß. Der Possibilismus zählt in seinem Lager noch Leute, wie Brousse, Marouck, Labusquiöre, welche den vor- geführten Vertretern der Fraktion an Kenntnissen und Wissen überlegen sind, deren Stellungnahme und Haltung dem Parteiprogramm und den Bruderfraktionen gegenüber deshalb nicht auf unklare Erkenntniß zurückgeführt werden kann, sondern in rein persönlichen Motiven zu suchen ist. Sie sind dafür verantwortlich, ihre Schuld ist es, wenn sich ein großer Theil der sozialistischen   Kräfte, darunter so schätzenswerthe Vorkämpfer der Sache wie Dumap, Allemane, Chabert k. ihre Bemühungen aus Fragen ver- geuden, die mehr und mehr zu einer seichten und farblosen Verwässerung des wissenschaftlichen Sozialismus führen, wenn die Klärung des Klassenbewußtseins nur langsame Fortschritte macht und die Vereinigung mit den klaren und festen Kollektivisten noch immer auf sich warten läßt, obgleich diese Vereinigung die Vorstufe der weiteren Ent- Wickelung und eines imposanten Vormarsches gegen den Kapitalismus ist.
Wie man in Gesterreich Arbeiterblätter umbringt, darüber äußerte sich der Abg. Kronawetter im öfter- reichischen Abgeordnetenhause: Da habe ich eine Arbeiterzeitung,Arbeit" genannt; diese ist zuerst in Graz, dann in Villach  , in Linz  , endlich in Wien   herausgegeben, aber überall gemaßregelt worden. Auch wie sie in Wien   herausgegeben wurde, wurde sie in jeder Nummer konfiszirt; Nummer 1, Nummer 2 und Nummer 3 wurden konfiszirt. Die Konfiskalion der Nummer 3 durch die Sicherheitsbehörde am 24. November 1887 erfolgte in gesetzwidriger Weise, ehe noch die Pflichtexemplare an Ort und Stelle waren. Der Heraus- gebet wurde nämlich bei Abholung der Auflage aus der Druckerei und bei der gleichzeitigen Absendung der Pflicht- exemplare verhaftet und die Auslage nach§ 17 des Preß­gesetzes konfiszirt. Nun, meine Herren, wie kann denn die Behörde, bevor sie das Pflichtexemplar in der Hand hat, wissen, was darin steht? Als nun der betreffende arretirte Herausgeber mit dem Pack Schriften auf die Polizei kam, hat man ihn dort lächelnd empfangen und gesagt, man wisse schon was darin steht; wir wissen es schon, anläßlich der Hinrichtung der Anarchisten in Chicago   ist heute das Blatt mit einem schwarzen Rand gedruckt und dies wurde als Gutheißung verbotener Handlungen angesehen. Es hatte aber wieder einmal ein Spitzel die Polizei aufsitzen lassen. Wie der Polizeibeamte das Blatt ent- faltete, war keine Spur von einem schwarzen Rand daraus. Nun hat der Herausgeber geglaubt, er dürfe seine Arbeit", das Blatt, wieder mitnehmen. Aber weit gefehlt; konfiszirt ist konfiszirt, wurde ihm gesagt. Da war zufällig am Pulte des Beamten das Strafgesetzbuch, und zwar§ 305, ausgeschlagen, der handelt von Herabwürdigung der Einrichtungen der Ehe, der Familie, des Eigenthums, Aufforderung zu unsittlicheu und strafbaren durch die Gesetze verbotenen Handlungen. Der betreffende amtirende Kommissär sagte freudig: Paßt schon. Also passen hat der§ 305 sofort auf das konfis- zirte Blatt müssen. Wer unser Strafgesetzbuch und diese vieldeutigen Ausdrücke kennt und weiß, daß sie immer in dem Sinne desjenigen ausgelegt werden können, welcher konfiszirt, der wird diesen Fall zu beurtheilen wissen.... Auf diese Weise werden die Blätter umgebracht. Jeder der Herren, welcher in der Journalistik nur ein bischen bewandert ist, weiß, daß ein Blatt, von dem jede Nummer konfiszirt wird und das ist sehr leicht mög- lich, denn die Paragraphen des Strafgesetzbuches passen immer auf alle Meinungsäußerungen nicht mehr er­scheinen kann. Schließlich wurde aber dieArbeit" ver- boten, und zwar aus administrativem Wege durch die Polizeibehörde unter Berufung auf die Ausnah ms- Verordnung. Sie ist nicht auf gerichtlichem Wege verboten morden, sondern auf Grund des Ausnahmegesetzes, und gegen eine solche administrative Verfügung giebt es gar keinen Schutz. Wenn die einzelne Nummer vom Staats- anwalt konfiszirt und vom Gerichte ein Erkenntniß gefüllt wird, so hat man gegen ein solches Erkenntniß das Ein- spruchsrecht, es kann dieses Einspruchsrecht, wenn es auch in der Regel nicht viel hilft, geltend gemacht werden. Auch trifft eine gerichtliche Maßregel immer nur eine ein­zelne Nummer. Gegen die Verfügungen im administrativem Wege auf Grund der Ausnahmegesetze giebt es aber keine Rettung, da ist einfach die Angelegenheit damit erledigt."
Ueber das Koalitions- und Streikrecht in Oesterreich  äußerte derselbe Abgeordnete im Laufe der erwähnten Rede: Das Streikrecht der Arbeiter ist nichts Anderes als das Recht des Arbeiters, seine einzige Waare, die er zu verkaufen hat, nämlich seine Arbeitskraft, so hoch als möglich zu verwerthen, und zwar auf dem Wege, daß
er mit anderen, die die gleiche Waare zu verkaufen haben, sich koalirt. Unsere großen Fabrikanten üben dieses Recht ganz unbehindert vor jederBehörde aus. Da mischt sich kein Polizeikommissar, kein Bezirks- Hauptmann, Statthalter oderMinister in derlei Verabredungen der Unternehmer ein. Tie Herren werden sich noch erinnern: als wir die Debatte über das Zuckersteuergesetz führten, habe ich gesagt, mit den fünf Millionen per Jahr, die das Volk aus dem Staatssäckel au die Zuckersabrikanten zahle, ist es nicht genug, sofort wird ein Kartell der Zuckersabrikanten da sein, und zu diesen fünf Millionen wird das Volk mit neuen fünf Millionen infolge des Kartells belastet werden. Und geschehen ist's. Durch ein Kartell der nickt ganz 200 Zuckersabrikanten ist der Meter-Zentner Zucker um 2 fl. theurer geworden. Wenn eine Eisenbahn eine Lieferung von Schienen ausschreibt, treten die Eisenindustrielleu deren Pro­dukt durch hohe Zölle geschützt ist zusammen, machen ein Kartell und verkaufen ihre Waare an die Eisenbahn, so hoch sie nur können. Was aber bei Allen Recht ist, ist beim Arbeiter allein Unrecht, der hat auch das ganze Koalitions- und Streikrecht, aber nur aus dem Papier. Da ergreifen sofort, wenn so etwas Aehnliches nur in fernster Aussicht steht, die Behörden thatkräftig die Partei der Arbeitgeber, treten für sie ein und maßregeln in ge- radezu unglaublicher Weise die Arbeiter, welche streiken wollen." Redner schildert nun die Vorgänge beim Streik in Neusattl  . Im vorliegenden Falle haben dieStreikenden Niemanden eingeschüchtert oder es nur zu thun versucht, Niemand wurde auch an der Wiederaufnahme der Arbeit gehindert und trotzdem sind die sogenanntenVeranstalter" des Streiks gebunden nach Elbogen   hinaufgeführt worden. Auch zwei Porzellanarbeiter in Alt-Rohlau, welche gar nicht die Möglichkeit hatten, sich in den Grubenftreik ein- zumischen, wurden deswegen verhaftet. Die arretirten Anstifter mußlen aber bald wieder zum größten Theile entlassen werden. Tie Behörden haben aber den Glas- und Porzellanarbeitern verboten, Sammlungen für die Streikenden einzuleiten. Meine Herren! Sammlungen für den Peterspfennig dürfen überall eingeleitet werden (Sehr gut, links), aber bei Sammlungen für streikende Arbeiter, das ist etwas Anderes, da mischt sich die hohe Behörde gleich ein. Ich frage: Der österreichische Staats- bürger ist wohl berechtigt, Peterspsennige zu schenken, aber er ist nicht einmal berechtigt, der Familie eines armen Teufels, der streikt, einen Sechser zu geben? Das wird sogar schon verboten und nicht bloß einfach verboten, sogar bestraft. In den Fabriken von Alt-Rohlau wurden von den Porzellandrehern 20 fl. für die streikenden Kohlenarbeiter gesammelt und die Männer, welche die Sammlung ein- geleitet hatten, wurden mit Verhaftung bedroht. Ein Glasarbeiter der Firma Siemens in Neusattl   sammelte für die Streikenden unter seinen Kollegen. Nach kaum 24 Stunden holten ihn wegen dieser Sammlung zwei Gensdarmen um Mitternacht aus dem Bette und führten ihn in Ketten nach Elbogen  . Der Staat greift also durch seine Organe auf solche Weise in einen Streik ein und stellt sich mit seiner ganzen Macht auf Seite der Unter- nehmer." Herr Dr. Kronawetter bringt unermüdlich jedes Jahr seine Anklagen gegen die Polizeileitung vor, natürlich geht die Wirthsciiaft ruhig in der alten Weise weiter, weil die österreichische Arbeiterbewegung noch nicht stark genug ist, um ein anständigeres Vorgehen zu erzwingen. Sehr richtig bemerkt dieD. Z": Dr. Kronawetter erhebt all- jährlich fast die nämlichen Anklagen, der Polizeipräsident antwortet ihm stets, theils, daß ihm die von Kronawetter zur Sprache gebrachten Fällenicht bekannt" seien, theils entschuldigt er von den Beamten im Diensteifer begangene liebergriffe", theils erklärt er die von Kronawetter vor- gebrachten Thatsachen fiirunbegründet" oder fürun­richtig aufgefaßt." Der Polizeipräsident spricht, Alles bleibt stets beim Alten und ein Jahr darauf nimmt wieder Dr. Kronawetter das Wort.   Was die Stimme des einsamen Rufers in der Wüste nickt erreicht, wird hoffent- tick aber bald den Tausenden von Stimmen zielbewußter Sozialdemokraten gelingen. Wichtigere Tage ans der verfiossenen Woche. Am 1. Mai 1886 begann die große Achtstunden- bewegung in den Vereinigten Staaten  , die leider besonders infolge des blinden Schreckens nach dem Platzen der Chikagoer Bombe nicht zum Ziele gelaugte, aber dac- Klassengesühl des amerikanischen   Proletariates doch gewaltig steigerte. Am 2. Mai 1818 ist Karl Marx  , von allen genialen Sozialisten der wissenschaftlichste und konsequenteste, geboren. Am 2. Mai 1842 überreichte Thomas Slingsby DuncombeimenglischenParlamentdie von 3 300000 Bürgern unterzeichnete Chartisten   Petition. Dieselbe bildete die rste große Manifestation des englischen Proletariates. Die englischen Chartisten forderten bekanntlich: 1) Allgemeines Stimmrecht für jeden mündige» Alan», der bei gesundem Verstände und keines Vergehen» überführt ist; 2) jährlich zu erneuernde Parlamente; U) Diäten für die Parlamentsmitglieder, damit auch llubemittelte eine Wahl annehmen können; 4) Wahlen durch Ballolage, um Bestechung und Ein- schüchtcrung durch die Bourgeoisie zu vermeiden: i) gleiche Wahldistrikte, um billige Repräsentation zu sichern: und
6) Abschaffung der ausschließlichen Wählbarkeit Der- jenigen, die 300 Pfd. Sterl. im Grundbesitz haben, so daß jeder Wähler auch wählbar ist. Am 3. Mai 1748 ist der Abbö Sieyes geboren, der Verfasser des berühmten: Was ist der dritte Stand? Sieyes antwortete auf diese Frage bekanntlich: Nichts! Was soll er aber sein? Alles. Damals befand sich das Bürgerthum, der dritte Stand, ganz in derselben Lage wie heute das Proletariat, das auch so gut wie nichts ist und doch alles noch werden wird. Am 3. Mai 1845 starb Thomas Hood  , der im Mai 1799 zu London   geborene Dichter des unsterblichenLiedes vom Hemde". Das Lied lebt heute noch im Herzen aller Ausgebeuteten und schmückt auch das Denkmal des Verfassers. Am 4. Mai 1848 begann der Aufstand in München  . Am 4. Mai 1886 fand das Haymarket-Meeting in Chikago statt.
Die Arbeiterbewegung im Lichte der materialistischen Geschichtsauffastung. v. y. AuS dem Widerspruch zwischen gesellschast- licher Produktion und kapitalistischer Aneig nung folgt mit Naturnothwendigkeit nicht nur der bereits er­wähnte Gegensatz zwischen den am Produktionsprozeß Be- theiligten, zwischen der Bourgeoisie und dem Proletariat; aus ihm folgt auch der Gegensatz, welcher in der Pro- duktionsweise in Erscheinung tritt, der Gegensatz zwischen der Organisation in der Fabrik und der Produktionsanarchie in der Gesellschaft. Diese gesellschaftlichen Konflikte sind von Marx   in seinem Kapital" aufgedeckt und von Engels in seiner Streitschrift gegen Dühring ausführlich und zusammenhängend geschildert worden. Als die Arbeitsinstrumente im Mittelalter noch Träger individueller Arbeit waren, als die Maschinen noch nicht Motore für Uebertragung von Naturkräften auf das Rohmaterial, sondern auch für Uebertragung der mensch­lichen Arbeitskrast auf den zu bearbeitenden Gegenstand waren, da waren der Produktion als solcher bereits enge Grenzen gesetzt. Die menschliche Arbeitskrast kann nickt auf Wunsch oder nach Bedürfniß ins Millionenfache erhöht werden, wie die Arbeitskraft, welche der unerschöpflichen Natur entrissen und in den Dienst der menschlichen Pro­duktion gezwängt wird. Schon in Folge dieses beschränkten Entwickelungsstadiums der Produktion war die Menge der Produkte beschränkt und mit nur geringem Ausdehnungs- bedürfniß versehen. In der Produktenmenge repräsenlirte sich noch die Menge der daran betheiligten menschlichen Arbeitskraft, und so kam es, daß von einem Zwiespalt zwischen Produktion und Konsumtion damals nicht die Rede sein konnte. Diese einfache Art des Produzirens brachte es natur­gemäß mit sich, daß der größte Theil der menschlichen Arbeit im Mittelalter zur Befriedigung der eigenen Be- dürfnisse verwandt wurde. Die Naturalwirthschaft des Mittelalters machte eine ausgedehnte Waarensammlung, große Märkte, eine Alles umfassende Austauschs-, eine revolutionäre Produktionsweise unmöglich. Wir gewahren daher Stabilität, Harmonie, Festigkeit, aber zugleich Be- schränktheit, Abschluß, Unterordnung. Entsprechend dem stabilen und beschränkten Charakter der Produktion finden wir überall Schranken, welche sich ursprünglich aus der Produktiou herausgebildet und sich endlich gesellschaftlich krystallisirt hatten. Ans dem Lande die Markverfassnng, im Handwerkerstand die Zunft- und Jnnungsordnung, in der gesellschaftlichen Zusammensetzung, Ständeordnung und allgemeine persönliche Abhängigkeit! Nicht ein einziges Element der Produktion, nicht ein Atom deS gesellschaft­lichen Körpers konnte, ohne in Konflikte zu gerathen, die Lage verlassen, in welche eS vermöge des die ganze Ge- sellschaft beherrschenden Gesetzes der Unterordnung gebannt war. Alle diese dem Elementarzustand der Produktion und de» gesellschaftlichen Zusammenhängen entspringenden Umstände gestalteten den Produktionsprozeß zu einem von Gesellschafts- und Staatsgesetzen geordneten, symmetrisch und harmonisch ausgebauten Ganzen. Seitdem jedoch diese elementaren Arbeitsbedingungen vom Produktionsmarkte verschwunden, seitdem an Selle der zusammengesetzten Einzelarbeit die durch Theilung gesellschaftlich organisirte Arbeit ge- treten, seitdem an Stelle ausschließlich menschlicher Arbeitskraft die Verbindung der Maschinen- mit Menschenkraft, an Stelle der Werkstatt die Fabrik getreten ist, entwickelten die der Waarenproduktion imma­nenten Gesetze eine ungeheure Macht, sprengten sie alle Fesseln, in welche in früherer Zeit die Produktion ge­schmiedet war, und warfen alle Traditionen, alles Alt- Ehrwürdige über den Haufen. Mit der idyllischen Ruhe auf dem Produltions- markte war es nun vorbei; dort tobt ein gewaltiger Kampf Aller gegen Alle, der Kampf der Kapitalisten gegen die Proletarier, der Kampf der Kapitalisten unter einander, der Kamps der jungen Produktionsriesen mit den alten Pro- dukiionszwergen, der Kamps der Maschinenprodukte mit den Handwerksprodukten. Die Gesetze der Waarenproduktion konnten naturgemäß ihre gigantische Wirksamkeit erst in einer Zeit entfalten, da die Waarenproduktion selbst zu eiueni� den ganzen Arbeitsprozeß der Menschheit beherrschen­den Faktor sich entwickelt hat. So äußert sich auck das Gesetz der Expansion des Dampfes bei einem Topfe sieden- den Wassers nur sehr unscheinbar, fast unbemerkt, dagegen wird es bei dem Dampfkessel der Lokomotive zur Ursache