minifteriums zu suchen beginnt, ein trügerisches Spiegelbild. I Es bestehen thatsächliche, rechtskräftige Verträge zwischen der Stadt und der englischen Gasgesellschaft, und diese werden durch die Pariser   Rechnereien der Berl. 3tg." doch nicht aus der Welt geschafft. Es muß abgewar.et werden, bis die be ftehenden Verträge abgelaufen find, und dann heißt es nicht Weiterpaktiren mit der englischen Gesellschaft, sondern einfach Uebernahme der Gasfabrikation durch die Stadt. Dann hat Die Kommune den Profit so wie so, und alle Nedereien und Schreibereien haben cin Ende.

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Das Berliner Tageblatt" verlangt eine durchgreifende Schleunige Reform des Strafprozeßrechts, weil der Redakteur des Blattes, Herr Sigismund Berl feit dem 10. b. M. wegen wiederholter Beugnißverweigerung in 3wangshaft fich befindet. Am 29. Dltober d. J. veröffentlichte das Berl. Tgbl." unter seinen Lotalnachrichten die Notiz, daß vom 1. November d. J. ab die Gerichtstoften bei Beträgen bis zu 30 M. nicht mehr bei den Zahlungspflichtigen durch den die Kostenrechnung über bringenden Gerichtsvollzieher abgeholt werden sollen, sondern Daß fortan vielmehr die Behändigung der Kostenrechnung durch te Poft erfolgen werde. Die Nachricht ist Herrn Perl von einem ihm seit Jahren persönlich näher bekannten Beamten übermittelt worden. Obwohl derfelbe zur Kenntniß der be treffenden Verfügung nicht auf amtlichem Wege gelangt sein will, hat er Herrn Perl doch das Ehrenwork abgezwungen, feinen Namen nicht zu nennen, weil er sonst mit seiner Familie rettungslos verloren wäre. In Folge dessen hat Herr Perl seine Aussage vor Gericht verweigert und ist deshalb zu 50 M. verurtheilt worden. Außerdem wurde über ihn die Zwangs haft bis zur Dauer von 6 Monaten verhängt. Die gegen Dieses Urtheil eingereichte Beschwerde ist vom fönigl. Land­gericht auf Grund eines Beschlusses des fönigl. Kammergerichts verworfen worden.

Die tönigl. Ersakkommissionen der Aushebungs­bezirte Berlin   erlaffen folgende Bekanntmachung: In Ge­mäßheit des§ 18 ad 2 der Kontrol Ordnung vom 28. Sep­tember 1875 wird hierdurch bekannt gemacht, daß die verstärkten Erfaz- Kommissionen behufs der Entscheidung über Gesuche um einstweilige Burückstellung bei eintretender Mobilmachung der Armee am 29. März 1886 thre nächste Sigung halten werden. Diejenigen in Berlin   wohnenden Mannschaften der Reserve, Land und Seewehr und Erfagreserve 1. Klaffe, welche auf Burüdstellung für das Jahr 1886 Anspruch machen, werden aufgefordert, ihre Gesuche unter Angabe ihrer Militärverhält niffe und der Nummern, unter denen fie in den Listen der hiesigen fönigl. Landwehrbezirks Kommandos geführt werden, im Laufe des Monats Januar 1886 beim Militärbureau des hiefigen Magistrats einzubringen. Hierbei wird ausdrücklich bemerkt, daß die bereits früher berücksichtigten Mannschaften ihre Anträge auf weitere Zurückstellung im Bedarfsfalle zu er­neuern haben und die nach dem 31. Januar 1. J. eingehenden

Gesuche nicht berücksichtigt werden. Nach Abhaltung des Ter mins am 29. März 1. J. werden die Namen derjenigen Mann­scha ten, deren Gesuche als begründet erachtet worden find, burch das ,, Intelligenz Blatt" öffentlich bekannt gemacht werden."

Zu den gerade nicht sehr erbaulichen Nachtlängen des Weihnachtsfestes gehört in den hiesigen Geschäften der Umtausch gelaufier Waaren; derselbe nimmt bei einigen Ga­lanterie und Kurzwaaren Firmen den Charakter einer wirt lichen Kampagne an, so daß die Verkäufer vor dieser Periode ein leicht erklärliches heimliches Grauen haben. Der alte Sat Ueber den Geschmad läßt sich nicht streiten," erleidet um Diese Beit eine schmähliche Niederlage, denn zwischen den Tauschluftigen und Geschäftsinhabern entbrennen über den Geschmad" heftige Rämpfe, bei denen den ersteren aus Höflichkeitsgründen der Sieg zufällt. Alles, was als passen des Weihnachtsgeschent" eingetauft wurde, erweist sich als das Gegentheil, es paffen nicht Handschuhe, Strümpfe, Hauben, Schürzen, Mäntel, Kleider, Schmudgegenstände, künstliche Blumen sc., aber auch Bijouteriewaaren, Bücher, Lampen, Teppiche, Gardinen, Haus- und Küchengeräthe 2c. werden für verfehlt erklärt. Wie weit diese Umtauschwuth geht, beweist ein Beispiel, das der Nat. 3tg." aus einem hiesigen größeren Geschäft berichtet wird. Eine alte Dame hat von den Thrigen in liebenswürdiger Fürsorge für den Sommer eine prächtige - Hängematte erhalten. Die Beschenkte behauptet nun, daß fie nach angeblicher Anprobe die Matte erst zu groß, dann zu llein, zu leicht, zu schwer, nicht sicher, zu ein farbig u. f. w. gefunden habe. Man hört die auf das miß­rathene Weihnachtsgeschent in unerschöpflicher Fülle gehäuften Vorwürfe ruhig an, legt der Antlägerin das ganze Lager des Artikels vor- worauf fie fich zufällig das viel geschmähte Muster wieder wählt und triumphirend von dannen zieht.- Nicht selten erscheinen naive Personen auf der Bildfläche, die mit großer Berebisamkeit erklären, das von der Firma ftam­mende Weihnachtsgeschent durchaus nicht brauchen zu können, fie bitten fich deshalb das Geld aus, eine Forderung, auf welche natürlich Niemand eingeht. Leider giebt es außer dem fategorischen: Umtausch nicht gestattet" gegen derartige Unbe quemlichten im Geschäftsleben tein Mittel. Mit der Ueber schrift Nicht abgeholt" ließe fich eine Klageepistel schreiben, welche besonders Handwerkerkreise betrifft. Es erscheint un

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ohne daran zu denken, das Bestellte abzuholen. Da werden von unbekannten, nobel aussehenden Personen Möbel, Korb waaren, Lederartitel, Holzwaaren 2c. mit Angabe der Maß verhältnisse in Auftrag gegeben verhältniffe in Auftrag gegeben- Vieles wird nicht abges holt. Ein hiesiger Buchbinder befist eine fleine Bibliothek nicht abgeholter, von ihm eingebundener Bücher, während ein Glaser eine Reihe im Stich gelaffener grüner und filberner Brautkränze auf dem balse hat.

Ueber die Miesmuscheln wird der Dld. 8tg." aus Wilhelmshaven   geschrieben: Die neuerdings durch den Kreis­phyfitus Dr. Schmidtmann angestellten Versuche mit den viel besprochenen Miesmuscheln haben ergeben, daß nicht giftige, im Werftbassin ausgesezte Miesmuscheln innerhalb 14 Tagen giftig geworden sind, während umgelehrt giftige Muscheln, in Der Hafeneinfahrt ausgesetzt, in demselben Zeitraum ihre ge fährliche Eigenschaft volllommen verloren hatten. Hiernach müffen die im Werft affin vorkommenden Muscheln unter allen Umständen als giftig angesehen werden. Die Oberwerft­divifion ersucht daraufhin die Reffortchefs, die ihnen unter stellten Arbeiter 2c. von dem Vorstehenden in geeigneter Weise in Kenntniß zu seßen und dieselben nochmals vor dem Genuß von aus dem Werftbassin entnommenen Miesmuscheln zu

warnen.

Das Alhambra  - Theater ist seit Beginn der Weihnachts Feiertage allabendlich fast ausverkauft. Der Beifall, den das iesige Repertoirftüd Der verkaufte Schlaf" an diesen Tagen davontrug, war sehr lebhaft.

Die Obduktion der Kindesleiche, welche der Hebamme S. am Weihnachtstage in einer Kiste durch die Poft zuges schickt wurde, hat ergeben, daß das Kind todtgeboren war.

Gerichts- Zeitung.

o. k. Ein Hochverraths- Prozeß vor dem Reichs.Ge­richt. Leipzig  , den 30. Dezember. Vor dem Forum des vers einigten zweiten und dritten Stafsenats des kaiserlichen Reichs gerichts hatte sich heute der Konditorgehilfe Johann Seupin wegen vorbereitender Handlungen zum Hochverrath zu verant worten. Seupin wohnte in Verviers   und hatte von dem anarchistischen Bentrallomitee den Auftrag, die in London   er­scheinende Zeitung Der Rebell" in Deutschland   zu verbreiten. Sobald nun eine neue Nummer dieser Beitung herauslam, er­hielt Seupin dieselbe in großen Massen zugesandt. Er padte bie Beitungen in verschiedene Postpatete, reifte mit denselben nach Deutschland  , um fie bier an verschiedene deutsche Adressen zur Poft zu geben. Am 23. Auguft d. J. tam Seupin dieser Angelegenheit wegen nach Euven. Als er nun hier zwei große Badete und einen Brief zur Poft geben wollte, wurde er ver haftet und die Badete sowohl als auch der Brief mit Beschlag belegt. In den Backeten befand sich die Nummer 10 bes

Rebell" und der Brief war an einen Schneider Rüffel, in Marienkirchen im Elsaß   wohnhaft, adressirt. Seupin, der am 24. Dezember 1856 zu Namslau   in Schleften geboren und evangelischer Konfeffion ist, bekennt fich zu den Anarchisten. Vom Jahre 1876 bis Ende 1878 hielt ftch Seupin in Berlin  auf und mar hier Mitglied Des Vereins zur Wahrung der Interessen der werkthätigen Bevölkerung Berlins  ". Der erste Vorsitzende dieses Vereins, der gleich nach Erlaß des Sozialistengefeßes aufgelöst wurde, war der belannte fozialdemokratische Renegat, Simmerer Finn. Im November 1878 wurde Seupin auf Requisition der Namslauer Bolizeibehörde wegen Verdachts des Hochverraths verhaftet. Nach seiner Haftentlassung durchwanderte er Deutschland  , Belgien  , Frankreich  , England u. f. w. In London  , woselbst er 4 Jahre lebte, verkehrte er vielfach mit dem bekannten An­archisten Reinte. Auch war er bei der in Brüffel erscheinenden anarchistischen Beitschrift Ni dieu, ni maitre" thätig und wurde in derselben mehrfach als Genoffe" erwähnt. Der Bruder des erwähnten Hüffel, an den der bei Seupin vorgefundene Brief adreffitt war, ein Schuhmacher, zählt zu den hervorragenden Anarchisten.

Da in dem Rebell" zum Hochverrath aufgefordert wird, so ist gegen Seupin, bei dem außerdem viele anarchistische Flugschriften vorgefunden wurden, die Anklage wegen vorbe reitender Handlungen zum Hochoerrath erhoben worden.

Den Gerichtshof bildeten: Senats. Präsident Drentmann ( Präfident) und die Reichsgerichtsräthe Theralt, Schwarz, Kirch hof, Krüger, Stechow, Petsch, Dr. Mittelstädt, Schaper, von Bezold, und Calame  ( Beifißende). Die Antlagebehörde vertritt: Reichsanwalt von Wolff, die Vertheidigung führt Juftigrath Arndts als Protokollführer fungirt: Kanzlei- Rath Schleiger. Die Berhandlungen finden im Reichsgerichts: Gebäude in einem verhältnißmäßig fleinen, eleganten Sizungssaale statt. Es hat sich ein zahlreiches Zuhörerpublifum eingefunden. Gleich nach Erscheinen des Gerichtshofes wird der Angeklagte vorge führt. Es ist dies ein mittelgroßer, unterſegter Mensch, der den Eindruck eines sehr ehrbaren Arbeiters macht. Nach Auf­ruf der Beugen wird der Anklagebeschluß verlesen. Danach wurde in den vom Angeklagten versandten Beitungs- Exemplaren zur gewaltsamen Aenderung der deutschen   Bundesverfaffung und zur Ermordung des Kaisers aufgefordert.

Der Angeklagte erklärt fich für nichtschuldig. Auf Be

1876 bis dahin 1877 war ich in Berlin   und betheiligte mich dort insofern an der sozialdemokratischen Bewegung, als ich die Sozialdemokratischen Versammlungen besuchte und die Berliner Freie Preffe" las. Im Juni 1877 war ich wiederum einige Lage in Berlin  . Im Auguft 1877 tam ich wieder nach Berlin  und wurde dort Mitglied des Vereins zur Wahrung der Intereffen der wertthätigen Bevölkerung Berlins  ". Im Juni 1878 wurde ich in Berlin   wegen eines Briefes, den ich an meine Mutter in Namslau   gesandt, verhaftet. Bräf.: Der Brief war hochverrätherischen Inhalts? Angell.: Das weiß ich nicht. Der Angeklagte erzählt im Weiteren: Jm Juni 1878 wurde ich wiederum entlassen und begab mich nun auf die Wanderschaft. Im Jahre 1879 tam ich nach London  . Dortselbst hatte ich mehrere Stellungen; zulegt war ich bei Marschall in Stellung.- Präs.: Sie verkehrten dort vielfach mit Anarchisten?- Angefl.: Ob es Anarchisten waren, weiß ich nicht. Präs. Sie waren dort mit einem gewiffen Rohs und einem gewiffen Reinte bekannt?

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Angefl.: Ich hörte erst später, daß der Mann Reinte hieß, er nannte fich mir gegenüber Nausy. Präs.: Sie verkehrten auch mit einem gewiffen Knauerhase? Angell.: Ja. Präs.: Sie wußten, daß all' diese Leute Anarchisten waren? Angell.: Das wußte ich nicht, ich hielt die Leute blos für Revolutionäre. Bräs.: Sie machen alio einen Un terschied zwischen Anarchisten und Revolutionären?- Angell. Ja. Präs.: Nun, Sie bekennen sich selbst als Anarchist, wir werden darauf noch zurücklommen. Als fie nun von London  weggingen, wohin begaben Sie sich da? Angell.: Ich ging nach Deutschland   zurück und zwar zunächst nach Aachen  . Von Dort begab ich mich nach Brüffel, Lüttich   und von dort endlich nach Verviers.  - Präs.: Betheiligten Sie fich in Verviers  auch an der anarchistischen Bewegung?- Angell.: Nein.- Präs. Sie verkehrten aber dort mit einem bekannten Anar chiften Hennes? Angell.: Nein. Präs.: Nun, wieso find Sie zur Auslieferung der Packete in Eupen   gefommen? Angell.: Ich ging eines Sonnabends Nachmittags in Verviers  spazieren. Auf diesem Spaziergange traf ich einen mir unbekannten Mann, der mich mich bat, ihm zwei Padete zur Poft in Deutschland   zu bringen. Ich versprach ihm dies und der Mann sagte zu mir, er werde mir die Badete am folgenden Morgen in einen Garten bringen. Bräs.: Wes­halb wollte der Mann die Pacete nicht selbst und zwar in Verviers   zur Poft geben, das mußte Ihnen doch auffallen?- Angell. Der Mann sagte mir, er wollte die Badete deshalb in Deutschland   befördern laffen, da des Sonntage die Poft in Belgien   gefchloffen sei.- Präs.: Der sogenannte unbefannte Mann ersuchte Sie doch aber bereits am Sonnabend, die Bacete zur Post zu befördern, fiel Ihnen das nicht auf?- Angell.: Nein.

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Der Angeklagte erzählt nun im Weiteren auf Befragen des Präsidenten: der unbekannte Mann habe ihm nun am folgenden Morgen, den 23. Auguft, die 2 Packete nach dem Garten gebracht. und ihn aufgefordert, ein Packet zu adresfiren, damit die Adressen nicht von einer Hand geschrieben seien. Präs.: Kamen Sie denn dieser Aufforderung nich? Angell.: Ja. Präs.: Fiel Ihnen das nicht auf? Angell.: Nein. Präf. Wußten Sie, was in den Badeten enthalten war. -Angell.: Nein. Der Angeklagte erzählt nun weiter, daß er bis Lottheim gefahren und Don dort nach Eupen  gegangen fei. Als er in Eupen   das Postgebäude betreten und gerade im Begriff war, die Packete aufzugeben, wurde er vers haftet. Bräf.: Sie wissen, daß in den Badeten Exemplare der Nummer 10 des Rebell" enthalten waren?- Angell.: Ja. Präs.: Ist Ihnen bekannt, was in der betreffenden Beitungs. Nummer enthalten war? Angell.: Nein.­Präs. Haben Sie die Zeitung nicht gelesen?- Angell.: Nur so oberflächlich.- Präs. Nun, in der Zeitung wurde direkt zur gewaltsamen Aenderung der deutschen   Bundesver faffung aufgefordert. Es wurde dabei bemerkt. daß es noth wendig fet, die deutschen   Bundesfürsten zu tödten und um die gewaltsame Aenderung aller bestehenden Verhältniffe zu be schleunigen, wurden die Arbeiter Deutschlands   zur Revolution aufgefordert, ihnen die Anwendung von Dynamit u. f. w. empfohlen, damit durch Werfung von Dynami bomben Berwir rung unter das Militär gebracht wird. Angeklagter, erklären Sie fich mit dieser Anschauung einverstanden? Angell.: Nein.­Bräs.: Sie haben beim Herrn Staatsanwalt in Eupen   allerdings gesagt, daß Sie fich mit dem Inhalt des Rebell" nicht ein verstanden erklären, sondern fich zu derjenigen sozialdemokratischen Bartet belennen, die auf gefeßlichem Wege eine Aenderung der bestehenden Verhältniffe bezwedt. Bei Ihren späteren Ber­nehmungen haben Sie aber erklärt, daß Sie mit dem Inhalt des Rebell" fich vollständig einverstanden erklären und daß, wenn Sie auch den Inhalt gekannt, Sie nicht Anstand ge nommen hätten, die betr. Beitung zu verbreiten.- Angell.: Bei dem Herrn Staatsanwalt habe ich die Wahrheit gesagt. Die lettere Bekundung habe ich nur gethan, da ich eine solch grobe Anllage belam. Bräs.: Also lediglich, weil Sie Ihrer Meinung nach eine grobe Antlage belamen, bekannten Sie fich vor dem Untersuchungsrichter zu den anarchistischen Grund fäßen?- Angell.: Ja. ( Fortsetzung folgt.)

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glaublich, mit welcher Leichtigkeit das Bublikum Aufträge giebt, fragen des Präsidenten bemerkt der Angellagte: Bom Jahre Vereine und Versammlungen.

Aglaja von Sabor will den enthusiastischen Worts schwall ihres Gaftes unterbrechen, doch die Fremde bittet: Laffen Sie mich alles fagen, was ich seit Jahren in der Seele trage, welche Verehrung für Sie feit Langem in meinem Herzen wohnt. Die eble Charakteristik Ihrer Ges ftalten, bie farbenfatten Schilderungen Ihrer Romane, das Ungewöhnliche Ihres Styls, das auf breit getretenen Wegen niemals erreicht wird, und sich über manche der Menge gezogene enge Schranke hinwegfeßen muß, soll es wahrhaft feffeln, das schmilzt die Eisdecke des fühlsten und nüchternsten Denters, wie ein warmer Sonnenstrahl! Sie find, Madame, befähigt, ein eigenes Blatt in der Ge schichte unserer modernen Literatur einzunehmen, denn das

fonnig flare Auge Ihres Genius liest flar auf dem Grunde der Menschenseelen; Aglaja von Sabor gehört zu jenen Erscheinungen, die frappiren müssen, von denen man lange reben fann, auch ohne sich um die Details ihres Lebens. ganges zu fümmern. Es ist wahr! Sie spielen nicht mit layer Moral, Ihre Bücher sind keine Lektüre für Töchter­schulen, aber sie werden auf teine reife Frau mit füß schmeichelndem Gifte wirken. Sie nennen die Dinge beim rechten Namen; aber bie blißende Lebhaftigkeit Ihres Kon­versationsstyls ist ebenso bewundernswürdig, wie die ernste Auffassung aller Grundgedanken in ihren Romanen, welche fich alle gleich weit vom Materialismus der letzten Jahr zehnte, wie vom Idealismus der Vergangenheit fern halten."

Frau von Sabor erblaßt und erröthet vor innerem

Vergnügen. Eitelkeit der Eitelkeiten! Selbst der schärfste Verstand läßt sich im geeigneten Moment durch ein Duents chen Weihrauch benebeln.

Lob

Mabame, Sie beschämen mich durch Ihr allzureichliches

" ftammelt die Tochter der Musen. Die Frembe erhebt die großen schwarzen Augen zu ihrer Wirthin.

Mit nichten, Madame! Aglaja von Sabor ist wohl tein eigentliches Frauen- Ideal, aber sie ist origineller, als viele ihrer Beitgenoffinnen. Das Lesepublikum ist anspruchs­

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voll geworden; und wenn auch vielleicht nicht der Schimmer der Unsterblichkeit Ihr Haupt einst umleuchtet felbft im weißesten Marmor finden sich dunkle Adern ein Meteor bleiben Sie immer. Und nun zu meiner Mission! Mit dem Ausdruck der höchsten Verehrung sendet mich unser Damenklub, Ihnen, der gefeierten Dichterin, das Diplom Damenklub, Ihnen, der gefeierten Dichterin, das Diplom als Ehrenmitglied zu überreichen, mit der lebhaften Bitte, sich ehebalbigft als Gaft unseres Städtchens zu betrachten, und uns eines Ihrer kleinen Meisterwerke persönlich vorzus tragen. Ich hoffe, Madame, Sie tragen unseren warmen Gefühlen für Sie baldigft Rechnung--"

Die schöne Frembe bringt unter ihrer Atlasmantille ein Futteral hervor, dem sie ein großes zusammengerolltes Pergament entnimmt, das sie nun mit haſtiger Bewegung Frau von Sabor vor die Augen hält, indem sie ganz nahe an sie heran und hinter die Chaiselongue tritt.

Ein süßer Veilchenduft durchfluthet alsbald das 3immer.

Wenige Minuten später rauscht die schwarze Dame durch das Vorzimmer, an Mariette, der 3ofe, vorüber, und flüstert dem Mädchen in's Ohr: Ihre Herrin fühlt sich angegriffen und wünscht ein wenig zu schlummern ich

tomme wieder

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morgen Mariette schaut verwundert auf; indeß die Visite der es ist be Fremden dauerte fast eine Stunde greiflich. Nach einiger Zeit treibt angeborene Neugierde bie

3ofe nachzusehen, ob die nädige in Wahrheit schlafe. findet sie blaß und schwer athmend quer über die Chaiselongue liegen, über Mund und Nase ein feuchtes, Chaiselongue liegen, über Mund und Naſe ein feuchtes, mit scharfriechender Effenz getränktes Tuch. Aus ben Ohren fehlen die kleinen Brillantboutons, bie prachtvollen Ringe von den Fingern, Uhr und Kette aus dem gold­geftickten Pantoffelchen über dem Schreibtisch, und von diesem Nezeffaires.

Eine große öffentliche Versammlung der Mitglieder Der Kranken- und Begräbnißtaffe für Frauen und Mädchen ( E. H. Offenbach  ) fand am Sonntag, den 27. d. M., in Gratweils Bierhallen statt. Auf der Tagesordnung stand: Aufstellung der Kandidaten für den Vorstand. Zunächst verlas der Vorsitzende, Herr Jost, die Antwort des Zentralvorstandes, auf den von der am 13. b. M. stattgehabten Versammlung beschlossenen Antrag: Männern, deren Frauen Mitglieder der Kaffe find, zu allen Versammlungen Butritt und Redefreiheit zu gewähren. Die Antwort lautete ablehnend, und waren sämmtliche Argumente, deren der Bentralvorstand fich bediente, um seinen in dieser Sache gefällten Beschluß zu rechtfertigen, nach Ansicht der Redner sehr seichter Natur, da selbst die im legenheit mit feiner Silbe berühren. Von allen zur Distuffton Briefe angezogenen Paragraphen des Statuts diese Anges sprechenden Damen und Herren wurde die Ablehnung des obigen Antrages als unberechtigter Eingriff in die Rechte der Mitglieder gekennzeichnet und behauptet, daß, solange noch Männer an der Spize der Vorstände wären, ihnen auch ber Butritt zu den Versammlungen und Redefreiheit gewährt wer den müſſe, um den Mitgliedern Gelegenheit zu geben, bet eintretenden Neuwahlen tüchtige Kräfte tennen zu lernen, wie es bis vor kurzem gewesen sei. Man könne leicht, jo wurde behauptet, zu der Auffassung lommen, daß hier ein Gewaltatt vorliege, um für verschiedene Herren eine Lebens stellung zu schaffen, wie es sich in der hiesigen Verwaltungs ftelle bemerkbar mache. Obgleich der jezige Borfipende öffent lich erklärt, fein Amt anzunehmen, so besuche er troydem franke Mitglieder, um für sich zu agitiren, indem er dieselben auf die in nächster Beit stattfindende Neuwahl des Vorstandes auf merksam macht, um nöthigenfalls für ihn einzutreten; auch vers bürge er sich etwaige Unannehmlichkeiten der noch Kran tengelo erhaltenden Mitglieder. Go ungeheuerlich dieſes flingt, müsse es, da es öffentlich gesprochen wurde, glaubwürdig scheinen. Ebenso sei der jezige Kontroleur, Herr Möhring, noch im Amte, obgleich auch gegen diesen Thatsachen vorliegen, welche Aus schluß aus dem Vorstande schon längst bätten herbeiführen müffen. Es wurden noch verschiedene Handlungen des Vorsitzenden scharf fritisirt, auf deren Aufzählung wir jedoch verzichten. Hierauf wurden mehrere Herren als Kandidaten zum Vorfigen

selbst die werthvollsten Stücke des schwer filbernen Schreibs den vorgeschlagen, die aber alle zu Gunsten des Herrn Biele Die kühne Heldin der Feder hält zwischen den frampf Bielefeldt wurde als Kandidat für den Vorfißenden mit allen feldt ablehnten. Derselbe nahm die Kandidatur an. Herr

haft verzogenen Fingern das Ehrendiplom".

gegen eine Stimme gewählt und proflamirt, während here