entscheiden haben wird. Der Magistrat hat, der„Nat.>Ztg.jufolge, beschloffen, dah die Reklamation die Einführung deSEtad'vcroldnettn Vortmann nicht dehindern kann.«U Kandidat für den 27. Kommunalwahlbezirk istvorgestern Abend unter Leitung des Stadtverordneten Dr. Innerim Rüth'schen Lokale, Große Frankfurter straße, von einer Ver-sammlung konservativer Wühler Dr. Evers vorläufig aufgestelltworden. In einer demnächst zu berufenden Wählerversamm-lung soll die endgiltige Entscheidung getroffen werden.Rokale».Bündel-Villet«. Die mit Ablauf des Jahres IW un-giltig gewordenen, unbenutzt in den Händen des Publikumsverbliebenen Bündel- Billets für den Berliner Stadt- undStadt- Ringbahn-Verkehr können bis einschließlich den 31. Marz1886 an den Schaltern derjenigen Stationen, an welchen sief- Z. gelöst worden find, gegen gleichartige, für das laufendeJahr giltige Billets umgerauscht werden._._ �r i. Titel- und Ordens- Jäger. Eme interessante Ent.hülluna über den in Deutschland angeblich dlüh-nden Ordens-und Titelschwindel bringt der genuefische„Caffaro". Da»Blatt schreibt:„In Deutschland ist die Ordenssucht mehr alsanderSwo in eine öffentliche Krankheit ausgeartet. ES giebtdort viele, sehr viele sonst anständige Spekulanten, welche auSdem Zusammentragen unverdienter Kreuze und Diplome ge-radezu ein Gewerbe machen. Dieselben bombardiren Jahraus. Jahr ein bei jeder günstigen Gelegenheit, besonders beimNeujahrsfest, bei Geburtstagen, Taufen ,c. ausländische Sou«veräne und deren Familien mit schwungvoll stilistrten Gratu-lationsschreiben, prachtvoll kalligraphirten Poefien. oft auch mitduftigen BouquctS, mit ganzen Kisten von Wein, Früchten«.,mit der ausgesprochenen Abficht, dafür nicht nur ehrenvolleDankschreiben, sondern auch Orden oder Hoflieferanten-Diplomezu erzielen. Zu den Fürsten, die am meisten vrn ihnen be-rückstchtigt werden, gehört neben dem König der Hellenenund dem König von Rumänien auch der König vonItalien, der in diesem Jahre wieder reicher alsje von ihnen bedacht worden ist. Solche unver-langten Spenden werden besonders an den kleineren Höfen,wo an Geld kein Uederfluß herrscht, keineswegs ungern ge-sehen, sondern stets mit Dank akzeptirt und nachher durch daSHofmarschallamt auf entsprechende Weise belohnt. ES ist un«glaublich, wie viele Orden, Lieferantindiplome rc. auf diesemnicht mehr ungewöhnlichen Wege nach Deutschland imvortirtwerden. Es ist die billigste und oft auch probateste Manier,um eS zu einem wohlklingenden Titel und ähnlichen An«bängseln zu dringen. Kommt so ein ausländischer Fürst zu«fällig nach Berlin, so wird er von solchen„freigebigen" Be«wunderern, die stet» in Demuth vor ihm ersterben, in seinemHotel förmlich belagert. Manche„Könige" fühlen fich durcheine solche Ovation sehr geehrt und fie vergessen nie, ihrenHosmarschall von den Namen dieser Leute genau Notiz nehmenzu lassen. So wird's gemacht."b. DaS gerichtliche Taxatorenwesen, welche» bei derGröße Berlin's von einschneidender Bedeutung ist, bewegt fichnoch in althergebrachten, patriarchalischen Formen. So fungirenbeim Amtsgerrckt I für das riefige Gebiet der Nachlässe 5 Gerichtsboten im Nebenamt« und zwei alte Frauen, von denen dieeine bereits 75 Jahre zählt. Einers« it» kann die Sachkenntnißeines Gerichtsboten von Hausgeräth, Möbeln, Betten, Wäsche,Kleidungsstücken ,c. nur eine sehr oberflächliche sein, anderer-seit« fehlt e» ihnen bei einem täglichen Dienst von 8 bis4 Uhr und länger an Zeit zur Vornahme einer gründlichenTaxe. Da» Verzeichniß der vereidigten Taratormweift genug Kaufleute und Handwerksmeister auf, aber fiekommen nicht heran, weil das Gericht selbs<die Boten empfiehlt.Sehr wichtig für Kridar wie Gläubiger ist die Abschätzungvon Konkursmassen. Auch hier hält man fich nicht an Fach«leute. Da kommt eS vor, daß ein Torator für Delikatessenund Landesprodukte einen Bazar von Mänteln und Stoffenabschätzt und daß ein Taxator für Manufakturwaaren Kohlen,Holz, ja selbst Materialwaaren taxirt. So kam es vor, daßein Taxator daS Lager eines Holz- und KohlenaeschäftS, wel»ch«S 80 000 M. repräsentirte, auf nur 40 000 M. abschätzte.ES giebt nämlich einige„Taxatoren für Alles", welcheweiter nichts thun, als taxiren. Diese halten fich in einemLokal in der Nähe des Gerichte« beständig auf. Kommt nuneine schleunige Siegelung vor, so holt der damit beauftragteSekretär oder Aktuar fich den ersten besten Taxator vom Bier«tisch und eilt mit ihm anS Werk. Denn häufig bandelt es sichdarum, dem Gerichtsvollzieher zuvorzukommen. Leider wartennämlich die Geschäftsleute mit der Anmeldung ihreS Kon«kurses zu ihrem und ihrer Gläubiger Nachthcil biSzum letzten Augenblick. Kommt der Gerichtsvollzieherzuvor, dann ist eS mit einem die kaufmännische Ehrewahrenden gerichtlichen Arrangement vorbei. Und kann derTaxator der Branche ordnungsmäßig vom Gericht geladenwerden, so kommt eine ganz andere Taxe heraus, welche Schuld«ner wie Gläubiger zum Vortheil gereicht. Bei Anstellung derTaxaioren aber darf lediglich Rücksicht auf die Tüchtigkeit deSMannes genommen werden, nicht darauf, od der Betreffendevon einem Kommcrzienrath empfohlen oder ob er der Ver-wandte eines Land« oder AmtsgerichtsrathS ist. Wie heutdie Dinge liegen, gingen am besten die Vorschläge zu ihrerErnennung von den Aeltesten der Kaufmannschaft resp. vomJnnungS-ÄuSschuß auS. Unter der jetzigen Praxis gehen Jahrein, Jahr aus große Summen verloren.Im Rummelsburger See ist durch eincnZtragischm Zu«fall ein Knabe ertrunken, der fich leichtsinnig jetzt noch auf da»morsche EiS gewagt hatte. Am Dienstag kalten fich die beiden11 und 10 Jahre alten Söhne deS Gefangenen-AufseherSHackbarth dicht hinter der Anstalt heimlich auf daS Ei» be-geben, um Schlittschuh zu laufen. Etwa 100 Schritt hinterder Anstatt brach der ältere Bruder durch daS Eis. Derjüngere erfaßte den Verunglückten bei dem einen Fuß, war«r» �n,a�' um ihn aus dem Waffer zu ziehen. VomAnstallsho aus bemerkte man den Knaben auf dem Eise, ohnezu enennen. was er dort beginne, und rief ihn an. Als dieserdre Echettworte hörte, ließ er den Bruder los, der nun sofortin den Wellen verschwand. Die Leiche ist noch nicht gefunden,obwohl der Vater bereits die ganze Fläche aufgeetst hat. Fürdie bevorstehenden Festtage wird der See wieder polizeilich ab-gesperrt werden.Sterblichkeit«,««d Äesundheitt-Berhältnisse. Gemäßden Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits-Amts findin der Woche vom 13. Dezember bis 19. Dezember er. von je1000 Bewohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, alsgestorben gemeldet: in Berlin 22,3, in Breslau 28,0, in Königsberg 44,9, in Köln 27,4, in Frankfurt am Main 15,8, in Hannover 18,1, in Kassel 14,8, in Magdeburg 23,4, in Stettin 20,9,in Hamburg 29,1, in Altona 34,3. in Metz 20.3, in Straß-bürg 18,4, m München 26,2, in Nürnberg 21,4, in Augsburg27,5, in Stuttgart 16,9, in Dresden 23,9, in Leipzig 20,3,in Braunschweig 21,8, in Karlsruhe 14,4, in Wien 24,9, inBudapest 27,6, in Prag 27,4, in Basel 17,4, in Brüssel 21,0,in Krakau 41,2, in Paris 23,5, in London 22,0, in Glasgow25,9. in Liverpool 26,8, in Dublin 34,4, in Edinburgh 19,1,in Kopenhagen 24,1, in Stockholm 20,3, in Christiama 21,1,in St. Petersburg 27,4. in Warschau 24,0, in Odessa 33,2, inRom 24,7, in Turin 21,1.— Ferner in der Zeit vom 22. bis28. November cr.: in New-Uork 21,4, in Philadelphia 17,9, inBaltimore 15 5 in San Franziska 18,3, m Kalkutta 25,6, inBombay 26,9. Tie StelblichkeitSveihaltntssedermeisten GroßstädteUropas blieben in der Bei ichtswoche günstige, obwohl auS einerKwßeren Zahl westlich und nordwestnch gelegener Städte, wieParis, London, Köln. Düsseldorf, Altona, sowie au» auS BreS«lau, Königsberg, Prag, St. Petersburg wesentlich HöhereSterblichkeitsziffern als in der Vorwoche mitgetheilt wurden.'Die während der Berichtswoche überwiegend herrsch.-nden west-lichen Winde übten im Allgemeinen einen günstigeren Einflußauf die Abnahme von akuten Entzündurmen der AthmuvgS«mgane auS, so daß sowohl die Zahl der Sterbe'älle als die derneuen Erkrankungen an diesen KrankbeitSformen im Allge«meinen geringer, wenn auch in einigen Orten, wie in Düffel«dorf, Erfurt, Hamburg, Leipzig eine größere Zahl von Sterbe«fällt n daran gemeldet wurde. Dagegen führten Darmkatarrh«und Brechdurchfälle der Kinder häufiger zum Tode und warauch der Antheil deS Säuglingsalters an der Gesammtsterb«lichkeit ein größerer(in Berlin jedoch ein etwa? kleinerer).Von 10000 Lebenden starben, aufS Jahr berechnet, in Berlin65, in München 81 Kinder unter 1 Jahr. Unter den TodeS«Ursachen haben von den Infektionskrankheiten Masern,Diphtherie, Pocken und Kindbettfieber abgenommen, Keuchhustenmehr, Scharlach und typhöse Fieber fast die gleiche Zahl vonTodesfällen(in deutschen Städten) wie in der vorhergeganaenmWoche hervorgerufen.— Die Masern-Epidemien in BerlinDanzig, Breslau, Dresden, Duisburg, Königsberg, ParisLiverpool zeigen einen Nachlaß, in Straßburg dagegen,in London und besonders in Budapest e ne Zu«nähme der Sterbefälle. Auch in den RegierungsbezirkenHildeSheim, Marienwerder, Skalsund herrschen Masern.—Scharlach forderte in Halle, Hamburg, Prag, GlaSgow, Turinmehr, in Berlin, London, Sr. Petersburg weniger Opfer; ausden Regierungsbezirken Schleswig, sowie aus Wien, Evinburgh,Christiania werden gleichfalls zahlreiche Erkrankungen mitge«theilt.— Die Sterblichkeit an Diphtherie und Kroup war inAltona, Berlin, Breslau, Duisburg, Frankfurt a. O., Hamburg,Pest, London, Paris, Christiania eine bedeutende; auch inFrankfurt a. M. und Braunschweig stieg, in Danzig, Dresden,Königsberg, Leipzig, München, Nürnberg, Stettin, Stuttgart,Wien, Budapest, St. Petersburg, Warschau sank die Zahl derSterbefälle.— Der Keuchhusten hat in Berlin, Hamburg,Kopenhagen, London, Dublin, Liverpool viele Erkrankungenhervorgerufen. DaS Vorkommen typhöser Fieber war indeutschen Städten ein settenere», nur in Hamburg hat dieZahl der Sterbefälle nicht abgenommen. Auch in Pariswurde die Zahl der letzteren kleiner, während fie inLondon, Birmingham, Manchester, Dublin, Turin und St.Petersburg zunahm. An Flecktyphus kamen aus Aachen undSt. Petersburg je 1 Todesfall, aus Straßdurg 1, auS Edinburgh 2, aus dem Regierungsbezirk Aachen 11 EckrankungS-fälle zur Meldung. AuS Prag werden 2 Sterbefälle an epi-demiscker Genickstarre berichte».— Pocken forderten in Pragund Zürich je 1. in Paris 2, in Odessa 3, in Warschau 4, inWien 11, in Budapest 13, in Venedig 14 Opfer. Aus demRegierungsbezirk Marienwerder werden 1, aus Breslau undSt. Petersburg je 2, aus Berlin 4, aus Wien, Budapest zahl-reiche Erkrankungen gemeldet.— In mehreren Gemeinden derProvinzen Sovigo, Treviso und Venedig find seit AnfangDezember wieder mehrere Cholerafälle vorgekommen; vom19. Dezember wird aus Venedig gemeldet, daß daselbst1 Cholerafall in der Stadt und 1 auf dem Lande vorge«kommen sei.„Die schönen Weiber von Georgien" haben ihren Er«oberungSzug mit großem Erfolge angetreten; ausgestattet mitallen Reizen, ist eS ihnen nicht schwer gefallen, den vollenSieg an ihre Fahnen zu knüpfen. AIS Kriegskontribution erhielten fie von dem das Friedrich-Wilhelmstädtische Theater voll-ständig füllenden Publikum frenetischen Beifall, welcher dieschneidige Amazonenschaar zu neuen„Heldenleistungen" an«spomte. Mit der Exaktheit einer„großen Parade" vollführtdie schöne Weidergalerie deS georgischen AmazonenkorpS diekriegerischen Evolutionen und beim Blitzen der Helme, beimGlänze der Schilder, beim Kliiren der Schwerter und denschmetternden Fanfaren des Orchesters scheint militärischer Geistdie schönen Mädchengestalten zu beleben. An Elise Schmidt hatdie weibliche Armee einen Kriegsminister von unverwüstlicher„Forschigkeit", an Zerlinc Drucker einen in Schönheit, Jugendund mit üppigsten Stimmmitteln skahlenden General eurbef, um welchen fich daS ganze Elitekorps deS Friedlich«Wilhelmstädtischen Theaters gruppirt. Der groteSke Zigeu-nerinnentanz mit Wellhof und Binder als Keime ballerineund Steiner, Weidmann, Broda und Rosen als Balletkoryphäenentseffelt einen Swrm von Heiterkeit. Da der Zyklus baldbeendet sein muß, finden nur wenige Vorstellungen von„Die schönen Weiber von Georgien" statt.Gerichts-Ieiwng.Magdeburg, den 29. Dezember. Vor der Strafkammerdes Landgerichts erscheint aus der Untersuchungshast vorg-führtder Elementarlehrer August P., geboren im Jahre 1835, ver-heirathet, angeklagt der Vorspiegelung falscher Thatsachen.P. sollte am 1. März 1879 in Raspenau bei Friedland inSchlesien eine Stelle als Lehrer antreten, da er aber noch kleineVerbindlichkeiten zu decken hatte, erließ er in der Lehrerzeitungeinen Aufruf um ein Darlehen von 100 Mark. Es meldetefich daraufhin der damals im Kreise Düsseldorf, jetzt in Goldaprn Schlesien wohnhafte Rektor V., welcher zugleich Agent derBerlinischen Lebensvcrsicherungs-Gesellschaft war und erbot fich,dem P. unter gewissen Bedingungen die 100 Mark zu verschaffen. V. machte, nebenbei bemerkt, dem Lehrer P. Vorschläge, bei deren Verlesung die Richter bedenklich den Kopfschüttelten. Schließlich gab V., ohne daß die Vorschläge er-füllt wurden, auf einen im Mai 1879 fälligen Wechsel, welchendie Frau P. mit unterschreiben mußte, dem P. die 100 Mark.P. hat dann am 1. März die Stelle in Raspenau als Lehrerangetreten, dieselbe jedoch bereits Ende März wieder verlassen.P. ging zunächst nach Berlin, von da nach Schwerin an derWarthe, dann hielt er sich in der Nähe von Hannover auf undzuletzt befand er fich im Regierungsbezirk Magdeburg, wo esihm schließlich gelang, bei der Regierung zu Magdeburg eineuntergeordnete Stellung zu finden. Doch hier ereilte ihn dasVerhängniß; er wurde auf Grund eines schon im Jahre 1879gegen ihn erlassenen Steckbriefes verhaftet und unter Anklagegestellt. Er hatte nämlich dem Rektor und Verstcherungs-Agenten V. die 100 Mark nicht zurückerstattet. Der bekeffendeWechsel wurde seiner Zeit protestirt und gegen P. Anzeigeerstattet. Wunderbar bleibt es, daß, obgleich schon 1879 emSteckbrief gegen V. erlassen wurde, derselbe dennoch nicht ge-funden werden konnte, trotzdem er im Laufe der Zeit doch alsangestellter Lehrer fungirte. Die Anklage behauptet nun, derP. habe sich der Vorspiegelung falscher Thatsachen schuldiggemacht, weil er gewußt habe, daß seine damalige Anstellungin Raspenau keine definitive gewesen sei. Der Herr Rektor,alias Verficherungsagent V., habe ihm aber nur auf die Ver-stcherung hin, daß er eine feste Anstellung erhalle, das Geldgeliehen. Durch die Beweisaufnahme gelangt jedoch der Ge-richtshof zu der Ucberzeugung von der Nichtschuld des Ange-klagten und spricht denselben von Strafe und Kosten frei,ordnet auch dessen sofortige Entlassung an.Soziales und Arbeiterbewegung.Warme« Frühstück für Echulkinder. In den beidenschlefischen Städten Ltegnitz und Gleiwitz erhalten auf Kostender Stadtverwaltung die Kinder der Armen vor Beginn de»Unterrichts in den Volksschulen ein warmes Frühstück.Richtiger wäre es allerdings, wenn sämmtliche Kinder an derTheilnahme verpflichtet würden, um dadurch daS drückendeGefühl den armen Kindern zu benehmen— jedoch als ver«ständnißvolle Mildthätigkeit ist auch die jetzige Einrichtungschon mtt Wohlwollen zu begrüßen.Daß e« in unserem industriellen Leben recht trübeaussehen muß, geht auch darau« hervor, daß man in verschie«denen Handelsblättern den Vorwurf vernimmt, die Auffichts-räthe der Alliengesellschaften geben fich alle Mühe, die Tan»tiemen zu erhöhen. Das wurde früher alS selbstverständlichangesehen. ES galt sogar für nobel, für geringe LeistungenHoden Erwerb zu erzielen, dem allen Bourgeoissprüchwort ge-mäß:„Schwere Arbeit ist für Pferde und dumme Leute".—Doch bei„schlechten Zellen" gehen auch die schönsten Prinzipienin die Brüche. So rechnet man jetzt den Herren Auffichtsräthenvor, daß ihre ganze Arbeit im Abhalten einiger wenigerSitzungen im ganzen Jahre bestände. Rur der Vorsitzendehabe noch einige Nebenarbeiten. In den Sitzungen würdendie von der Direktion sorgfältig vorgearbeiteten Gegenstände„erledigt",— daS sei die ganze Arbeit— und dafür so HoheTantiemen.— Die Blätter haben recht— eS ist nun einmalso, die Leute, die am wenigsten arbeiten, erhallen die Sahneund die fleißigen Arbeiter die wässerige Milch.— UebrigenSist eS immerhin gar nicht übel, wenn den Herren AuffichtS-räthen von befreundeter Seite auf die Finger geklopft wird.Die Ohfer der Industrie. Nach den amtlichen Er«Mittelungen beläuft fich die Verlustziffer, welche die deutscheArdell während deS abgelaufenen Berichtsjahres im Gefolgehatte, auf 9931 leicht und schwer Verwundete, halb oder ganzinvalid Gewordene und auf 485 Todte. Fürwahr eine rechtbeträchtliche Verlustliste von Männern, Frauen und jugendlichen Ardeitern liegt hier vor, die im Kampfe um'S Daseinihr Leben lassen mußten und fie ist ganz gewiß noch nicht voll«ständig, well die Unfallsanmeldungen nicht überall mit derwünschenSwerthen Genauigkell gemacht werden. Wie aber jedestatistische Ermitrelung erst dann ihre« wirklichen Werth er»hält, sobald fie auf dre Natur der fie zusammensetzenden Ein»zelbestandtheile geprüft ist, so geht eS auch mit dieser indu«striellen Verlustliste. Zunächst fällt bei der Betrachtung derin den einzelnen Beobachtungsbezirken ermittelten Unfälle dieungeheuere Verschiedenheit auf. welche zwischen den Verwun-düngen und Todesfällen herrscht. Während beispielsweise indem industriell wenig entwickellen Ost- und Westpreußen daSVerhältniß fich wie 1: 4 stellt, also ein sehr ungünstiges ist,zeigt Berlin- Charlottenbmg bei seinem ungleich entwickel«leren Industriebetriebe ein Verhättniß wie 1: 40. Dasbeißt, der Industriearbeiter in dem Berlin CharlottenburgerBezirke ist zehnmal weniger der Todesgefahr in seinem Berufausgesetzt, als sein ostpreußischer Milbruver. Noch besser stellenfich die diesbezüglichen Veihättnißzahlen in der Pfalz, fernerin allen sächsischen Jndustriebezirken. Hier schwanken die Ver-hältnißziffem von 0,1 pCt. biS 2,5 pCt. Am aller glücklichstenliegen auch in diesem Betrachte die Verhältnisse in dem Hohen«zolleM'Land. Bei einer Arbeiterziffer von 3549, worunter 334jugendliche Ardeiter, weist die Verlustliste nur einige unhedeu«tende Verwundungen und keinen Todesfall nach! Allerdingsist wohl hier und da die Gefährlichkeit der Betriebe eine sehrverschiedene, so daß hieraus sich die Ungleichheit in der Ver-theilung der Unfälle, wie der Todesfälle erklärt. Allein wennman einzelne gleichartige Betriebe zusammenfaßt und hierdurchgewissermaßen die Unterschiede und die etwaigen Fehlerquellenebenfalls veningert, so ergiebt fich noch immer eine sehr auf-fallende Ungleichheit in den dekeffenden Verhältnißzahlen, undzwar steigt das günstige Verhältniß, je mehr wir unS vonNordosten nach Südwesten hinbewegen. Je weiter nach Westen,je verbreiteter die allgemeine Kultur, um so vorsichtiger wer-den die Schutzmaßregeln eingehalten und um so sorgfältigergehen die Arbeiter in den Fabriken den ihnen jdrohenden Ge«fahren aus dem Wege.an,% Einführung eine« Minimallohn«. fie nennen'SMindestlohn, wrrd von dm Besitzern der Schiffchenmaschinenim sachfischen Voigtlande angestrebt. In der Schweiz hat manschon einen derartigm„Normallohn" eingeführt; in welch'vortheilhafter Weise derselbe gewirkt hat, davon giebt der„Voigtl. Anz." folgenden Beleg:„In voriger Woche kam zueinem hiestgen Stickereifabrikantm ein Geschäftsfreund vomAuslande, welcher seinen Bedarf in Stickereien auf dem St.Gallener Marke gedeckt hatte und nur noch einiges Wenigevon seinem hiefigen Freunde taufte. Befragt, weshalb er jetztregelmäßig in St. Gallen seine Einkäufe mache, bezeichnetederselbe als Grund die Einführung des Normallohns in derSchweiz, durch welchen man dort nicht so große Preisschwan-kungen zu befürchten habe wie hier, wo man nach erfolgtenKaufSabschlüffen und noch ehe man mitunter im Befitze derWaare sei, viel billigere Prersnotirungen erhalte. ES sei deS«halb unmüglich, ein halbwegs fichere« Geschäft machen zu kön»nen, denn jede Berechnung werde über dm Haufm geworfen.„Uns," fügte der Geschäftsfreund hinzu,„ist eS ziemlich gleich,wie viel wir für dieWaareibczahlen, nur muß man wissen, wennman gekauft hat, daß nicht ein Konkurrent billiger, vielleichtsogar um 25 pCt. billiger gekaust hat."— Auch ver Vereinder Stickmaschtnenbesttzer deS Votgtlandes und Erz-aebirgeS will gleichfalls einen Min.mallohn einführm.Diesm Bestrebungen zollen sogar Blätter im Königreich Sach-sen Beifall. die sonst nur in dem freien Konkurrenzspiel daSHeil der Welt erblicken.Vereine und Versammlungen.bk«. Der Verein zur Wahrung der Interessen derBerliner Maurer hielt am 29. d. M. eine gut besuchte Mit-gltederversammlung ab, in welcher zunächst Regierungsdau-meister Keßler einen sehr beifällig aufgenommenen Vortragüber:„Harmonie zwischen Kapital und Arbeit" hielt, worin erden in der heutigen Produktionsweise liegenden Widerstreit derInteressen der Untemehmer einerseits und der Lohnarbeiterandererseits eingehend erörtette, um schließlich auf die einzigmögliche Lösung deS Konflikts, die Aufhebung der zwischenKapital und Arbeit bestehenden Trennung, die Besettigung derKlassengegensätze hinzuweisen. Hierauf referirte Herr Behrendüber die Vereinsbewegung im abgelaufenen Jahre und kon«statirte, daß die Mitzliederzahl von 1552 im Jahre 1884 auf2600 im Jahre 1885 gestiegen ist. Bei entsprechender Rührig«leit der Vereinsmitglieder werde fich die Zahl derselben biszum Ende dieses Jahr.-S leicht verdoppeln lassen. DafürSorge zu tragen, möge sich daher uder Einzelne möglichst angelegen sein lassen. AuS der animirten Diskussion heben wir dievon einem Redner gemachte Mistheilung hervor, daß auf einemBau in der Markutstraße, die dort geschachtete Erde imMörtel verarbeitet und tm Hintergebäude jenes Grundstücksder Sand tiefer ausgeschachtet worden sei, als daS Fundamentreicht. ES könne dadurch leicht ein Unglück, wie vor einigenWochen in Hamburg, entstehen. Uebereinstimmend wurde all»feitiz betont, daß jeder Maurer eventuell verpflichtet fei, der«gleichen Fälle der Baupolizeibehörde schleunigst anzuzeigen.D.r BeztrkSveretn de« werkthätigen Volte« derSchönhauser Vorstadt beschäftigte fich in der letzten, inThormann'» Kasino, Belforterstr. 15, abgehaltenen General.Versammlung mit der Neuwahl des Vorstandes. Gewähltwurden die Herren Schmidt und Schindler zu Vorsitzenden,Bensch und Baum zu Kasfirern, Bremer und Rackwitz zuSchriftführern, zum Beisitzer Herr Rose und an Stelle einesausscheidenden Revisors Herr Wernau. Nach Erledigung derWahl hielt Herr Schriftsteller Christensen einen Vortrag über„Unsere gegenwärtige wirthschaftliche Lage". Eine Diskusstonfand nicht statt. Im Weiteren wurde ein Antrag dahingehendangenommen, am Sonntag, den 10. Januar, eine Herrenpartienach Marienfelde zur Besichtigung der VersuchSstatton de»Herrn Dr. Petrt zu veranstatten. Die nächste Vereinsoerfamm-lung findet wieder in demselben Lokale statt. Näherei darüberim„Berliner VolkSblatt".Arbeiter. Bezirktverei« im Westen. Die Mitgliederfinden fich am Sonntag, den 3. Januar, früh 9 Uhr, zu einemFrühschoppen rm Lokale des Herrn Schmarl ein. Dieselbenwerden ersucht, recht zahlreich zu erscheinen.