pobbler

Beilage zum Berliner Volksblatt.

Nr. 264.

Bum Kampf der eingefchriebenen Biffskaffen mit den Ortskrankenkaffen.

IT.

Entscheidungsgründe:

Die Hauptangriffe der Revision beruhen auf der Aus­führung:

1. Nach der Novelle zum Hilfskaffengefeße vom 1. Auguſt 1884 sei die von der oberen Verwaltungsbehörde ertheilte Be­scheinigung, daß die Statuten der zugelassenen Hilfskaffe den Borschriften des§ 75 des Krankenversicherungsgefeges genügen, für sämmtliche Gemeinde- und Verwaltungsbehörden des Deutschen Reiches maßgebend und bindend, daher auch einer Nachprüfung im Wege des§ 52 des Krankenversicherungsgesetzes entzogen.

2. Diefer§ 58 enthalte überhaupt gar keine Vorschrift des Inhabers, daß der Aufsichtsbehörde, eventuell den Gerichten über die Vorfrage der Versicherungspflicht die Entscheidung zu­ftebe;§ 58 sete vielmehr Streitigkeiten zwischen den nach dem Krankenversicherungsgefeße versicherungspflichtigen Personen und der Gemeindekrankenversicherung oder der Ortskrankenkaffe voraus. Wer über jene Vorfrage zu entscheiden habe, darüber stehe nichts in diesem Gesetze; dadurch aber erhalte die Trag weite des späteren Gesetzes vom 1. Juni 1884 ihre richtige Be­leuchtung.

In beiden Richtungen gehen diese Angriffe fehl.

Was vor allem den§ 58 des Krankenversicherungsgefeßes anlangt, so fann es feinen Augenblick zweifelhaft sein, daß gerade auch die Frage der Versicherungspflicht der Entscheidung zunächst der Aufsichtsbehörde, und in zweiter Linie der Gerichte, unterworfen werden wollte. Dieser§ 58 lautet in Absatz 1:

Streitigkeiten, welche zwischen den auf Grund dieses Geseges zu versichernden Personen oder ihren Arbeit­gebern einerseits und der Gemeindekrankenversicherung oder der Ortsarment asse andererseits über die Ver­pflichtung zur Leistung oder Einzahlung von Beiträgen oder über Unterstüßungsansprüche entstehen, werden von der Aufsichtsbehörde entschieden. Gegen die Entscheidung findet die Berufung auf den Rechtsweg mittels Er­hebung der Klage statt. Die Entscheidung ist vorläufig vollstreckbar, soweit es sich um Streitigkeiten handelt, welche Unterſtüßungsansprüche betreffen.

Nach allen Auslegungsregeln kann den Worten: über die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen" ein anderer Sinn nicht beigelegt werden, als der, daß die Aufsichtsbehörde, eventuell die Gerichte, auch über die Frage der Versicherungs­pflicht zu entscheiden berufen sind. Abgesehen davon, darf auch dem Gesetzgeber nicht imputirt werden, daß er hinsichtlich der Kompetenz zur Entscheidung gerade der wichtigsten Frage Be­Stimmung zu treffen versäumt habe. Aus den Worten: den auf Grund dieses Gesetzes zu versichernden Personen" läßt sich für die Ansicht der Revisionskläger keine Folgerung ableiten. Allerdings hat das Gesetz selbst in den§§ 1 bis 4 Diejenigen Kreise und Arten von Arbeitern bezeichnet, welche dem Versicherungszwange unterworfen worden; und zweifellos find in§ 58 unter den auf Grund des Gesetzes zu versichern­den Bersonen" die den in den§§ 1 bis 4 aufgeführten Arbeiter­

taffen einer und einzelnen im Allgemeinen versicherungspflichti ausgeschlossen, daß zwischen den Gemeinde- oder Ortskranken­gen Personen andererseits nicht nur über die Frage, ob lettere überhaupt dem Versicherungszwange unterliegen, sondern ins­besondere darüber, ob dieselben zur Gemeinde- Versicherung oder u einer

Ortskrankenkasse Beiträge zu leiſten verpflichten seien, Streitigkeiten entstehen können. Die Kompetenz zur Entschei­dung über diese Streitigkeiten, betreffend die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen im weitesten Sinne, ist eben im§ 58 des Krankenversicherungs- Gefeßes geregelt.

M

Donnerstag, den 11. November 1886.

der Wenn nun im§ 75 dieses Gesetzes einerseits zu Gunsten nach dem Gesetz vom 7. April 1876 bestehenden ein­geschriebenen Hilfskaffen und deren Mitglieder, andererseits im Interesse derjenigen Gemeinden, deren Armenpflege solche Mit­glieder möglicherweise zur Last fallen, die Bestimmung getroffen st, daß für Mitglieder eingeschriebener Hilfskaffen weder die Gemeinde Krankenversicherung   noch die Verpflichtung, einer Ortsfrankenkasse beizutreten, eintrete, wenn die Hilfskaffe, welcher jene angehören, ihren Mitgliedern wenigstens diejenigen Leistungen gewähre, welche in der Gemeinde, in deren Bezirk die Kaffe ihren Sit hat, nach Maßgabe des§ 5 von der Ges meindefrankenversicherung zu gewähren feien, so erstreckt sich die allgemeine Kompetenz- Bestimmung des§ 58 selbstverständlich auch auf Streitigkeiten, welche zwischen solchen Mitgliedern freier Hilfskaffen, welche ihrem Berufe nach unter die§§ 1-4 des Krankenversicherungsgesezes fallen, einer- und den Ortskranken­faffen 2c. andererseits darüber entstehen, ob jene zu den Orts­hiernach vorkommenden Falles auch die Frage, ob die Voraus Segungen des§ 75 gegeben seien, der Entscheidung der nach Gesetzes vom 15. Juni 1883 sei, fann demzufolge mit Grund nicht bezweifelt werden, und findet damit der unter Ziffer 2 oben bezeichnete Revisionsangriff seine Erledigung.

Es fragt fich nun, ob die Kompetenzbestimmungen des 858 eine Aenderung im Sinne der Revisionsausführung er­litten 1. Juni 1884, welche allerdings noch vor dem vollen Insleben­fifel 3, zufäßlich zu§ 4 des Hülfstaſſengeſeges, unter Anderem

verordnet:

des Hilfskaffengesetes ertheilten Bescheinigung, in einem ein­zelnen Falle nicht gleichwohl eine Aufsichtsbehörde anderer An­ficht sein und gerichtliche Entscheidung sollte veranlassen können. Die Streitigkeiten nach§ 58 des Krankenversicherungsgefeßes aber betreffen nur Einzelfälle und schaffen für das Verhältniß der betreffenden Hilfskaffe zur Gemeindeversicherung oder zu den verschieden Ortskrankenkassen im allgemeinen kein Präjudiz. Wenn Revisionskläger auf das Mißliche hinweisen, was sich er­gäbe, wenn die Ansicht einer oberen Verwaltungsbehörde von einer unteren Behörde beanstandet werden dürfte, so kann eine solche Erwägung gegenüber dem Geseze selbst keinen Ausschlag geben. Vor allem ist im Auge zu behalten, daߧ 58 in zweiter Linie die Entscheidung jener Streitigkeiten den Ge­richten zuweist und damit die Einzelstreitigkeiten als Zivil­prozeßfachen erklärt. Eine diese Zuständigkeit der Gerichte modifizirende Wirkung kann jener Bestimmung der Novelle vom 1. Juni 1884 nicht und um so weniger beigemessen werden, als der Wortlaut derselben auch nicht entfernt eine Andeutung enthält, daß die Gerichte an die Ansicht der oberen Ver­waltungsbehörde" gebunden seien. Vielmehr spricht gerade der Wortlaut gegen solche Tragweite der Novelle; denn nur eine Bescheinigung ist es, welche die obere Verwaltungsbehörde zu ertheilen hat und selbst diese Bescheinigung ist nur auf Antrag zu ertheilen. Es besteht kein Anlaß, den Ausdruck Be scheinigung" hier anders zu verstehen, als im Sinne eines vor­läufigen Beweismittels, einer Glaubhaftmachung( vergl.§ 266 der Zivilprozeßordnung).

Auf den Antrag der Kaffe hat die höhere Verwaltungs­behörde bei der Bulaffung zugleich zu bescheinigen, daß das Statut den Vorschriften des§ 75 des Gesetzes, be­treffend die Krankenversicherung der Arbeiter vom 15. Juni 1883, genügt. Wird die Bescheinigung ver sagt, so find die Gründe mitzutheilen. Gegen die Ver fagung steht der Rekurs gemäß Absatz 2 zu." Obige Frage war mit dem zweiten Richter zu verneinen. Bunächst wäre es bedenklich, einer Bestimmung, welche in einem, eine andere Materie be

-

wenn auch verwandte

treffenden Gesetze Aufnahme gefunden, eine derartige Trag­weite einzuräumen. Dies ist in der Regel nur zulässig, wenn

bas

-

neuere

Gesez

Gesetz oder einzelne Bestimmungen eines solchen durch jenes

ausdrücklich erklärt, daß ein anderes

aufgehoben, abgeändert

Eine solche Erklärung

oder modifizirt werden sollen. findet

fich

Lokales.

jedem Nachmittage auf das Erscheinen des Intelligenzblattes" Die Ansammlungen arbeitsloser Personen, die an warten, haben in diesen Tagen wieder einen auffallend großen Umfang erreicht und lieferten den deutlichsten Beweis dafür, daß das Angebot von Arbeitskräften, und zwar der männlichen sowohl wie der weiblichen, gegenwärtig besonders groß ist, während zugleich die durch die Jahreszeit gesteigerten noth wendigsten Lebensbedürfnisse auch bei den bescheidensten An­sprüchen die Aufwendung größerer Ausgaben unvermeidlich machen. Die Gefahren, denen jüngere Frauenspersonen beim Erwarten des Arbeitsnachweises an der Jerufalemer Kirche, in der Zimmerstraße und auf dem Oranienplaß durch die unter der Maske der Menschenfreundlichkeit dort hantirenden Kupplerinnen ausgesetzt sind, haben bereits mehrfach in der Presse Erörterung gefunden. Es möchte fich auch empfehlen, wenn die straßenpolizeilichen Vorschriften den sich ansammelnden Arbeitssuchenden gegenüber etwas weniger streng gehandhabt würden. Daß zwei, drei und mehr Personen zu­gleich beim Scheine der nächsten Gaslaterne um ein Exemplar bes Blattes sich gruppiren und den Inhalt zu erforschen suchen, ist ist nun doch einmal nicht zu ändern hindert ja schließlich auch kaum den Verkehr. Aber unbarmherzig schreitet der Schußmann ein und streut jede dieser Ansammlungen". Mädchen und Frauen flüchten dann wohl in den nächsten erleuchteten Hausflur, wo fich auch für die Kupplerinnen die Gelegenheit bequemer bietet, ihrem Geschäft nachzugehen, während männliche Personen, vom Hausflur fortgewiesen, ihre Zuflucht zur nächsten Destillation nehmen mußten. Um diese ebenso schädlichen wie unvermeid­

und

zer=

lichen Folgen des polizeilichen Einschreitens zu verhindern, wäre eine mildere Praris dringend zu empfehlen. An der Jerusa­lemer Kirche wie auf dem Dranienplas fehlt es nicht an Raum für diese täglich etwa eine halbe Stunde dauernden Ansamm­lungen, und wenn diese stattfinden, beim Beginn der Dunkel­heit pflegt ja auch der Verkehr kein so lebhafter zu sein, daß er dadurch besondere Störungen erleiden würde. Schließlich ver­dient doch ein Mensch, der sich um Arbeit bemüht, mehr Be­rücksichtigung, als solche Leute, die sich zu ihrem schnelleren augenblicklichen Fortkommen einer Droschke oder gar einer Equi­page bedienen können. Was thut's denn groß, wenn alle Fuhr­werke was nicht einmal nöthig ist an den drei genannten Orten vielleicht hundert Schreit weit etwas langsamer fahren, was sie am Sonntag bei jeder Kirche thun müſſen!

-

Die Hansa" hat ausgelitten, ohne Sang und Klang wird dieselbe zu Grabe getragen werden. Herr Reinhold Kühn fonnte jedoch von seinem wadligen Unternehmen nicht Abschied nehmen, ohne noch gegen feinen bisherigen Direktor eine bis jest wenigstens noch nicht erwiesene Beschuldigung in die Welt zu setzen. Alle Berliner   Zeitungen, denen die Erklärung des Herrn Reinhold Kühn zuging, veröffentlichten dieselbe ohne weitere Prüfung, nur die Boff. 3tg." fertigte den Herrn in folgender, treffenden Weise ab: Herr Reinhold Kühn macht uns ferner Mittheilungen über die Entlassung des bisherigen Direktors Achilles   und ihrer Gründe. Wir müssen aber die Uebernahme der Verantwortung für die Veröffentlichung solcher Beschuldigungen ablehnen. Derartige Beschuldigungen gehören zur Feststellung an die Staatsanwaltschaft, aber nicht an die Beitungen, welchen in billiger und bequemer Weise ohne eigenes Risiko die Verantwortung dafür zugeschoben werden soll."

Daß Herr Reinhold Kühn, nachdem sein Unternehmen verkracht ist, die Schuld einem seiner Angestellten in die Schuhe schieben will, fieht ihm nach den Mittheilungen, die uns noch nachträg lich über diesen Herrn gemacht werden, außerordentlich ähnlich. Es ist schon eine Reihe von Jahren her, so erzählt man uns, als Herr Reinhold Kühn seine filberne Hochzeit feierte. Wenn ein großer Arbeitgeber eine derartige Festlichkeit begeht, ist es von Alters her Sitte, daß er dann auch seine Arbeiterfreund­lichkeit, sein gutes Einvernehmen mit seinen Arbeitern in das hellste Licht stellt. Es macht einen so angenehmen und wohl thuenden Eindruck, wenn auch der Arbeiter an den Familien­

feſtlichkeiten feines Brotherrn" Theil nimmt, und so

3. Jahrg.

verkündet dieser edle Arbeitgeber, daß die noch im Besitz des Publikums befindlichen Marken und Karten bis zum 27. b. M. verwendet werden können, bis zu welchem Tage Sendungen in Berlin   bestellt werden." Und dann? Herr Kühn wird doch hoffentlich so anständig sein, die bis dahin nicht verwendeten Werthzeichen einzulösen. Von mehreren Berichterstattern wird uns übrigens mitgetheilt, daß verschiedene Neugründungen in Sicht sind. Wenn diese in ähnlicher Weise gegen ihre Leute verfahren, wie die selige Dansa", so wünschen wir ihnen ein gleiches, schmerzloses, aber recht schnelles Ende.

-

Von der deutschen Privat- Post Lloyd" erhalten wir folgende Zuschrift: In Nr. 258 Ihres Blattes finden wir einen Artikel über die Sansa", in welchem auch wir mit einigen Bemerkungen bedacht sind, die wir richtig zu stellen höflichst ersuchen müssen: 1. find wir nicht ,, verfracht" und 2. auch nicht dahingeschieden", sondern bestehen nach wie vor, nur mit dem Unterschied, daß wir den Briefverkehr eingeschränkt und uns vorwiegend mit Massensendungen und Inkassi beschäftigen.

Das königliche Polizeipräsidium bringt zur öffent­lichen Kenntniß, daß die Liquidation des vorbotenen Ar­beiter- Bezirksvereins des werkthätigen Volkes der Schönhauser Vorstadt" beendet ist.

Das Laub hält sich in diesem Herbste außerordentlich lange an den Bäumen, von denen viele mit ihrem gelben und dichten Blätterschmuck im Sonnenschein einen prächtigen Ein­druck machen, dessen sich unsere ältesten und enragirtesten Grunewaldläufer nicht erinnern können, die vielmehr gewohnt find, mit dem Beginn des November alle Laubhölzer fahl zu sehen. Bisher haben die üblichen Herbstwinde gefehlt, die sonst das Geschäft des Entlaubens der Bäume besorgen; sobald sich unruhiges Wetter einstellt, wirds wohl mit der gelben Herrlich keit vorbei sein. Daß die gelbbelaubten Bäume die Ankündiger eines harten Winters seien, ist jedenfalls ein Kalkül, den man auf Grund der stetig beobachteten jährlichen Durchschnittstem­peratur und aus dem bisher andauernden milden Wetter zieht.

D, diese Reporter! In welch komischer Weise mitunter, entweder durch tendenziös behandelte oder zumeist mangel­hafte Informationen, fich schlecht gebildeter Reporterdienst ge staltet, beweist die vor 3 Tagen in einzelnen Berliner   Blättern erschienene Darstellung der Brandursache im Hause Kronen­straße 34. Es wird da erzählt, daß ein Dienstmädchen, welches auf einem sogenannten Hängeboden schläft, erfranft sei und der Herr Doktor" sie noch in später Nacht besucheu mußte. Wahr­scheinlich hatte sich der Herr Doftor" dann eine Zigarre ange­zündet, das Streichholz leichtfertig weggeworfen und so war der Brand entstanden. Bis dahin schön erfunden, allein die nackte Thatsache redet eine etwas deutlichere Sprache. Der Herr Doftor" ist ein junger Dr. philosophiae, welcher bei der Herrschaft des erwähnten Dienstmädches ein Chambre garni inne hat. Nicht krank war das Dienstmädchen seiner Vermieths­herrschaft, sondern so gesund und frisch, daß der Herr Doktor" feit Langem ein unnennbares Sehnen nach diesem fremden Kind des Hauses fühlte, und da die Sonne, die Alles bescheint, ihm unbequem war, so wählte er eine späte Nachtstunde, schlich heimlich die Stiege nach dem Hängeboden, rieb ein Streichholz an, um sich nicht zu verirren, und o Himmel man merft Verrath, es wurde lebendig oben der Herr Doftor" mußte schleunigst sein Streichholz fortwerfen und flüchtig werden. Das Mädchen in ihrer Todesangst aber immer noch gesund, weckte ihre Herrschaft und bat um ein anderes Nachtquartier, was ihr auch gewährt wurde. Mittlerweile brannte als ,, Sonne, die Alles an den Tag bringt", der Hängeboden sc. ab. Da flog am nächsten Morgen der Herr Doktor" an die Luft und wird nun wohl recht bald seinen nächtlichen Krankenbesuch" auf dem Hängeboden an anderer Stelle erzählen müssen. Jedenfalls wird man ihm an den Puls fühlen.

-

Durch die verspätete Zusendung von Vorladungen zu polizeilichen Vernehmungen fönnen den Betheiligten häufig recht große Unannehmlichkeiten entstehen. So liegt uns eine Vorladung zu einer Vernehmung vor, die am 10., also gestern um 12 Uhr auf dem Moltenmarkt stattfinden sollte. Der Brief ist nach dem Poststempel am 9., also vorgestern zwischen 3 und 4 Uhr Nachmittags zur Post gegeben worden. Der Brief wurde mit der ersten Morgenausgabe befördert, fam also erst zwischen 8 und 9 Uhr in die Wohnung des Adressaten­Dieser verläßt für gewöhnlich schon um 7 Uhr Morgens seine Behausung, um sich zu seiner Arbeitsstätte zu begeben. Es ist hier nur einem glücklichen Zufall zu danken, daß der Bitirte fich noch rechtzeitig zum Termin begeben fonnte, weil die Mutter deffelben, die den Brief angenommen hatte, diesen nach der Werkstatt ihres Sohnes brachte. Wäre der Brief auf diese, doch in keiner Weise als amtlich zu bezeichnende Art nicht in die Hände des Adreffaten gelangt, so wäre wohl ohne Zweifel die Sistirung des legteren erfolgt, vielleicht wäre der Adressat auch noch wegen nicht Wahrnehmung eines Termins in eine Ordnungsstrafe genommen.

Wieviel Gasflammen befinden sich in Berlin  ? Diese Frage beantwortet der neueste Bericht über die Verwaltung der städtischen Gasanstalten in Folgendem: Die Gesammtzahl der am Schlusse des Betriebsjahres 1885 86 vorhanden gewesenen Flammen betrug 14 947 öffentliche und 704 159 Privatflammen, zusammen 719 106, während ult. März 1885 die Bahl der von den städtischen Gasanstalten versorgten öffentlichen Flammen 14 530 und die Zahl der Privatflammen 582 697, zusammen 697 227 betragen hat. Es ist daher im Laufe des Jahres 1885 86 eine Vermehrung der öffentlichen Flammen um 417 oder um 2,87 pCt. und bei den Privatflammen eine Vermehrung um 21 462 oder um 3,14 pet. eingetreten. Das im Betriebsjahr 1885 86 aus den städtischen Gasanstalten abgegebene Gas hat in folgender Weise Verwendung gefunden: für die öffentliche Beleuchtung 10 243 Rubikmeter, für den Bedarf der Gasanstalten und Bureaur 629,907 Rubifmeter, für die Privatbeleuchtung 61 551,245 Rubikmeter. Der Verlust in dem Röhrensystem

77 826 000 Rubikmeter verbraucht sind, nicht weniger als 5 401 710 Rubikmeter. An Gaskraftmaschinen, welche aus den städtischen Gasanstalten versorgt wurden, waren 448 mit 1266 Pferdekräften vorhanden;( 412 Maschinen mit 937 Pferde­fräften ult. März 1883 und 444 Maschinen mit 1119% Pferde­fräften ult. März 1884).

dachte denn auch Herr Reinhold Kühn. Er lud die beiden Faktore feiner Druckerei zu seiner filbernen Hochzeitsfeier ein, wodurch fich die beiden Herren wahrscheinlich durch Kondensation, Ausströmung c. beträgt, da im Ganzen zwar sehr geehrt fühlten, zugleich aber auch in nicht geringe Berlegenheit geriethen, da ihnen, was übrigens nicht schlimm ist, das hochzeitliche Kleid, in diesem Falle der Frad fehlte, um würdig vor ihrem Herrn und Meister erscheinen zu können. Herr Kühn hörte von diesem Umstande, und nobel, wie er nun einmal ist, gab er seinen Untergebenen die Summe zur Ans schaffung des nothwendigen Kleidungsstückes. Nun schien Alles in Ordnung, das Fest nahm einen schönen Verlauf, Wirth und Gäfte blieben bis zur frühen Morgenstunde beisammen. Aller­dings erschienen die beiden Faktore am nächsten Tage erst des Mittags in der Druckerei, was nach einer Festlichlichkeit des Arbeitgebers, die bis des Morgens um 5 Uhr die Gäste in Anspruch nimmt, wohl ganz erklärlich und selbstverständlich er­Am Scheint. darauf Sonnabend wurde den beiden halber Tag Gehalt und ihrem

nicht. Nun kann allerdings eine gefeßliche Bestimmung durch Faktoren ein eines neueres Gefeß auch dann aufgehoben oder abgeändert großen Erstaunen von jezt ab wöchentlich werden, wenn erstere neben dem legteren finngemäß nicht mehr ausfegung trifft hier nicht zu. Es ist nicht erfindlich, warum, gegenüber einer von der höheren Verwaltungsbehörde aus§4

einige Mart als Abzahlungsquote für den Frack in Abzug gebracht. So fleidete und entlohnte schon Herr Kühn seine Leute, als er fämmtliche Gerichtsformulare für das Deutsche Reich allein lieferte und dabei Hunderttausende verdiente. Im Uebrigen

Ein Vorfall, der zu dem bekannten herzlichen Ein­vernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und zu der vielgerühmten Humanität der ersteren eine recht drastische Illustration bietet, hat sich vor einigen Tagen in der Chromo­lithographischen Kunstanstalt von J. Miesler, Schmidstr. 8a, ab gespielt. Einer der dort beschäftigten Arbeiter, der Lithograph B. war vor einiger Zeit in der Generalversammlung des Fach­vereins der Steindrucker und Lithographen zum 2. Vorfizenden gewählt worden. Am legten Sonnabend wurde ihm eröffnet, daß er sich nach einer andern Stelle umsehen möge, pa er Ten­denzen verfolge, die dem Prinzipal nicht angenehm seien. Der Gemaßregelte, der seit 3 Jahren in dem Geschäft zur vollen Bnfriedenheit seines Prinzipals thätig war, hat stets mit großer Gewissenhaftigkeit seine Pflichten erfüllt, und hat, wie uns von

da

6127