Nr. 149.

Dienstag, den 1. Juli 1890.

7. Jahrg.

Berliner Volksblatt.

Organ für die Interessen der Arbeiter.

Das Berliner Volksblatt"

"

erscheint täglich Morgens außer nach Sonn- und Festtagen. Abonnementspreis für Berlin   frei in's Haus vierteljährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 Mart, wöchentlich 28 Pf. Einzelne Nummer 5 Pf. Sonntags- Nummer mit dem Sonntags- Blatt" 10 Pf. Postabonnement 3,30 Mart pro Quartal. ( Eingetragen in der Postzeitungspreisliste für 1890 unter Nr. 892, V. Nachtrag.) Unter Kreuzband, täglich durch die Expedition, für Deutschland   und Desterreich- Ungarn 2 Mark, für das übrige Ausland 3 Mark pro Monat.

Redaktion: Beuthstraße 2.

Abonnements- Einladung.

auf das

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Insertionsgebühr

beträgt für die 5 gespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pf., für Vereins- und Versammlungs­Anzeigen 20 Pf. Inserate werden bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition, Berlin   SW., Beuthstraße 3, sowie von allen Annoncen- Bureaur, ohne Erhöhung des Preises, angenommen. Die Expedition ist an Wochentagen bis 1 Uhr Mittags und von 3-7 Uhr Nachmittags, an Sonn- und Festtagen bis 9 Uhr Vormittags geöffnet. Fernsprecher: Amt VI. Nr. 4106.

Expedition: Beuthstraße 3.

Diese Angaben allein erbringen den vollgiltigen Be- blindesten Gegner der Sozialdemokratie, müßten soweit sie weis, daß die Inspektionsthätigkeit eine absolut un fein persönliches Interesse an der Degenerirnng unserer genügende ist, daß die Fabrikanten ziemlich sorglos beranwachsenden Jugend haben, mit aller Entschiedenheit Für das III. Quartal eröffnen wir ein neues Abonnement das Gesetz übertreten können, da die Wahrscheinlich die Forderungen unserer Partei in Rücksicht auf den Kinder­,, Berliner   Volksblatt"

nebst dem wöchentlich erscheinenden Sonntagsblatt.

genommen.

keit, von Aufsichtsbeamten dabei betreten zu werden, eine schutz unterstützen. Aber dazu fehlt ihnen, abgesehen von sehr geringe ist. Dazu kommt noch, daß gerade zu jener der mangelnden Kenntniß der thatsächlichen Verhältnisse, Zeit, wo die Inspektion am dringendsten nöthig wäre, zur jede Spur guten Willens. Der Abonnementspreis beträgt frei ins Haus für das Nachtzeit und Sonntags, Inspektionen fast gar nicht vor­ganze Bierteljahr 3 Mark 30 Pf., monatlich 1 Mark 10 Pf, fommen. Welche Bedeutung können da z. B. die Angaben tretungen in Bezug auf die Arbeitszeit jugendlicher Arbeiter Nur aus Aachen  , Trier   und Sigmaringen   werden Ueber wöchentlich 28 Pf. Bestellungen werden von sämmtlichen Zeitungsspediteuren, der Inspektoren über die Zahl der Uebertretungen des Ver- nachgewiesen. Leider steht uns kein Material zu Gebote, sowie von der Expedition unseres Blattes, Beuthstr. 3, entgegen bots der Nachtarbeit jugendlicher Hilfsarbeiter haben, da nachzuweisen, daß solche Uebertretungen anderwärts nicht Wir müssen nachdrücklich darauf verweisen, daß es endlich ia zu dem Mangel jeder Thätigkeit der Inspektoren zur vorkommen, doch brauchen wir keinen Moment Zweifel zu an der Zeit ist, daß die Arbeiter Berlins   sich von der gegnerischen Nachtzeit das männiglich bekannte Ungenügen der ortspoli- hegen, daß die Gewerberäthe von häufigem Vorkommen durch Presse emanzipiren. Zu den Gegnern gehören auch die sogen. zeilichen Aufsicht hinzukommt! Zur Kontrole der Arbeits  - das Gesetz verbotener Kinderarbeit überzeugt sind, und daß unparteiischen oder politisch- farblosen Blätter. Sie gerade gehen bücher und Arbeitskarten mögen ja die Ortspolizei- Behörden sie selbst in der geringen Zahl ihrer Revisionen besonders nur darauf aus, die große Masse in der Unwissenheit zu erhalten, genügen, was freilich auch bestritten wird, aber für diese zur Nachtzeit und in den sattsam bekannten Praktiken der um sie desto ungestörter außnüßen zu können. Thätigkeit haben ihnen wahrlich die Arbeiter feinen Dank Fabrikanten in Bezug auf das Verbergen der Kinder vor zu wissen; die Ortspolizei- Behörden hätten Nüßlicheres zu den Inspektoren die Ursachen der nicht konstatirten, zahlreichen thun, dafür tangen sie aber nicht, noch haben sie das nöthige Uebertretungen sehen. Interesse für diese Aufgaben, noch sind sie endlich geeignet

30 Pf. an.

Ein aufgeklärter Arbeiter liest nur die Arbeiterpresse! Für außerhalb nehmen sämmtliche Postanstalten Be stellungen für das Bierteljahr gegen Zahlung von 3 Mark Redaktion und Expedition des Berliner Volksblatt".

Die Fabrikinspektion in Preuken.

I.

Die englischen Inspektoren haben eine Menge solcher den besonders in kleineren Orten tonangebenden Fabrikanten Schliche und Kniffe der Unternehmer aufgedeckt; so gegenüber den entsprechend energischen Ton mit Nachdruck glückte es einem Inspektor, stets eine Menge Kinder anzu­anzuschlagen. treffen, indem er bei Besuch der Fabriken zuerst die Ab­Die wesentlichsten die Arbeiter interessirenden Bestim tritte aufsuchte, wo er wie in einem Häringfaß die Fische, mungen der bisher geltenden deutschen   Gewerbeordnung sind die Kinder dicht gedrängt eingesperrt antraf. Der englische das Verbot der Arbeit von Kindern unter 12 Jahren, das Delegirte Smith am hygienisch- demographischen Kongresse Verbot der Frauenarbeit unter Tage und daß des Trucks. in Wien   erzählte, daß in London   die in Bäckereien beschäf Uber die der Jnspektion im engeren Sinne gewidmete Die Durchführung dieser Bestimmungen, soweit sie sich tigten Kinder oft in Mehlfässern verborgen würden, sobald Thäti keit belehrt uns die Zahl der Reisetage der Gewerbe- aus den Fabrikinspektoren- Berichten ergiebt, wollen wir im das Kommen des Inspektors gemeldet war. rähe, dieselbe ist auffallend gering und beweist, in wie folgenden beleuchten. Wenn die Fabrikinspektoren- Berichte die einzige Quelle hohen Maße die Fabrikaufsichtsbeamten mit anderweitigen Ueber das Abnehmen bezw. Wachsen der Zahl der für unsere Kenntniß der deutschen   Arbeiterverhältnisse wären, Arbeiten bedauerlicherweise überlastet sind. Einige Beispiele Kinder und jugendlichen Arbeiter werden wir leider hier un- müßte man wahrlich annehmen, daß die gesetzlichen Be­seien hier angeführt. genügend informirt. Nur in 13 der 18 Berichte fanden wir stimmungen über, die Kinderarbeit musterhaft auss Der Fabrikinspektor für Ost- und Westpreußen   registrirt Einzelangaben hierüber, und diese sind keineswegs erfreulich. geführt werden, denn nur ganz vereinzelte Fälle 160 Reisetage, der für Breslau   und Lieguiß 90, im Ganzen Nur in einem dieser 13 Bezirke ist die Zahl der 12 bis von Beschäftigung von Kindern unter zwölf Jahren, nahm er nur 2 Revisionen zur Nachtzeit und 14 anSonntagen vor, 16jährigen Fabrikarbeiter um 153 Personen zurück ge- von mehr als 6stündiger Beschäftigung der 12-14jährigen der Juspeitor für den Bezirk Frankfurt   a. D. und Potsdam   gangen, diesem Rückgange steht entgegen ein Wachsen Kinder, von der Thätigkeit solcher Kinder in Zündhölzchen­registrirt 146 Reisetage und 8 Revisionen zur Nachtzeit und dieser Zahl in 12 Bezirken um 10 645 Personen, demnach fabriken finden sich in den Inspektorenberichten registrirt. 11 an Sonntagen, der Inspektor für Hannover   weist war das Wachsen dieser Zahl in den 13 Bezirken 10 492 Da aber alle Veranlassung vorliegt, anzunehmen, daß solche 130 Reisetage nach und hat 12 Betriebe zur Nachtzeit Personen. Wahrlich, wir sind in der zwölften Stunde in Fälle weit häufiger vorkommen, so sehen wir in der geringen inspizirt, der Magdeburger   Inspektor hat vom 15. April Bezug auf die Nöthigung mit aller Entschiedenheit der Zahl der diesbezüglich gemeldeten Uebertretungen nicht nur bis 31. Dezember v. J. 82 Tage auf der Reise verbracht, von Jahr zu Jahr steigenden Ausbeutung jugendlicher kein erfreuliches Zeichen, sonden im Gegentheile einen 6 Betriebe an Sonntagen und 6 zur Nachtzeit besucht, der und kindlicher Arbeitskraft einen Riegel vorzuschieben. Wie neuerlichen Beweis für das Ungenügen der Inspektion in Inspektor für Aachen   und Trier   hat gar nur 75 Reisetage schwächlich sind aber dagegen die in der Novelle zur Ge- Preußen. und der für die Regierungsbezirke Köln   und Koblenz   ab werbeordnung zum Ausdruck kommenden Bemühungen der Zu dem gleichen Resultate gelangen wir, wenn wir 16. Mai v. J. nur 32 Reisetage aufzuweisen. Regierung in dieser Hinsicht! Selbst die schärfsten und sagen, daß kein Fall von Truck, fast kein Fall von unge­

Feuillefont.

Nachdruck verboten.]

Zum Glüde der Damen."

[ 71

Roman von Emile Zola  . Autorisirte Uebersehung von Armin Schwarz. Das arme Kind ist traurig genug, daß er in Paris  eingesperrt bleiben muß, während wir eine Spazierfahrt machen werden.

Studien nicht unterbrechen. In den Ferien will ich Dich mitnehmen; willst Du etivas, soll ich Dir etwas Taschengeld geben?

Dann zum Andern gewendet:

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Du machst ihm den Kopf verrückt, indem Du ihm crzählst, daß wir fahren. Sei doch vernünftiger.

Sie hatte dem älteren Bruder 4000 Franks, die Hälfte ihrer Ersparnisse, gegeben, damit er seine Haushaltung ein­richten könne. Der Jüngere kostete sie viel Geld im Kolle­gium. Sie verwendete ihren ganzen Verdienst auf die Brüder, ganz wie ehemals.

-Da ist vor Allem in diesem Packet der havanna farbige Baletot, welchen Therese.

Bei diesen langsam gesprochenen Worten zitterte seine Stimme. Sie bückte sich verwirrt, unter dem Vorwande, den Gürtel Pepes in Ordnung zu bringen. Die beiden Brüder errötheten und lächelten dem Patron ihrer Schwester 31. weiter.

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Sie sehen Ihnen sehr ähnlich, bemerkte Mouret D, rief Denise, sie sind viel schöner, als ich. Er schien einen Augenblick die Gesichter vergleichen zu wollen. Doch er war mit seiner Kraft jetzt zu Ende. Wie sehr liebte sie die Kinder, sagte er sich. Er machte einige Schritte, dann kehrte er wieder zurück und flüsterte ihr in's Ohr:

- Kommen Sie nach dem Verkaufe in mein Rabinet hinauf. Ich habe mit Ihnen zu sprechen, bevor Sie ab­

reisen.

Denise lächelte, trotzdem die Geschäfte ihr schier über den Kopf wuchsen. Sie überließ Madame Bourdelais eine Doch er unterbrach sich und als Denise sich umwandte, ihrer Verkäuferinnen und begab sich mit ihren Brüdern in um zu sehen was Jean so eingeschüchtert hatte, bemerkte sie einen Winkel der Abtheilung, wo das Gedränge weniger Mouret hinter ihnen stehen. start war. Die Kleinen, wie sie sie noch immer nannte, waren Er betrachtete schon seit einer Weile das Schauspiel, wie Nun entfernte er sich und nahm seinen Rundgang wie­recht große Jungen geworden, Pepe, zwölf Jahre alt, war sie mit den beiden Jungen Kleinmütterchen spielte, sie bald der auf. Der innere Kampf brach in ihm von Neuem wie­schon größer, als sie selbst, ein recht sanfter Senabe in seinem ausscheltend, bald kissend. Bourdoncle war bei Seite stehen der los. Das Rendezvous, welches er ihr gegeben, reizte ihn Schülerkleide, während Jean hoch und kräftig, sie um einen geblieben, anscheinend ganz dem Verkaufe gewidmet, in Wirk- jetzt. Welcher Regung hatte er nachgegeben? fragte er sich. ganzen Kopf überragte; er hatte seine ganze weibliche lichkeit aber kein Auge von dieser Szene lassend. Es ist doch thöricht, daß er feinen eigenen Willen mehr Schönheit bewahrt mit seinen blonden Haaren, die er nach

- Das sind Ihre Brüder, nicht wahr? fragte Mouret hat. Aber wenigstens wird er mit einem Abschiedswort sich

Art der funstgewerblichen Arbeiter bis auf die Schultern nach kurzem Stillschweigen. herabfallend trug. Sie aber noch immer klein und schmäch­

Mit der nämlichen Kühle, mit welcher er gesprochen, tig, bewahrte ihnen gegenüber ihre mütterliche Autorität erwiderte Denise: und behandelte sie noch imme: als große Jungen, die man Ja, mein Herr. Den älteren habe ich verheirathet pflegen muß. Sie schalt Jean aus, daß er den Ueberrock und nun sendet ihn seine Frau verschiedener Einkäufe halber. nicht gut zugeknöpft habe und überzeugte sich, ob Pepe auch Mouret fuhr fort, die Drei zu betrachten, dann sagte er: ein reines Sacktuch habe. Als sie sah, daß Pepe geweint- Der jüngere ist ordentlich in die Höhe geschossen. hatte, schalt sie ihn in sanften Worten aus. Jch erinnere mich, ihn eines Abends in Ihrer Gesellschaft Sei doch gescheidt, mein Kleiner, man darf seine im Tuilleriengarten gesehen zu haben.

erleichtern. Bourdoncle, der ihm auf dem Fuße folgte, schien weniger beunruhigt zu sein. Denise hatte sich mittlerweile wieder zu Madame Bour­belais begeben. Baßt dieser Mantel? fragte sie.

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Oh ja, sehr gut. Für heute hätte ich auch genug. Diese Kinder ruiniren uns ja vollkommen. Denise konnte nunmehr ihren Bruder Jean anhören und begleitete ihn dann in die verschiedenen Abtheilungen,