Ein Arbeitsloser schüttet sein Herz aus...

Bildchen von drüben- ganz vorsichtig ausgedrücktens mus das wahrrad noch nachgefeben werden,

Die Wochen vergehen...

Die Wochen vergehen, nur der Weg zum Stempel. amt bleibt immer der gleiche. Eines Tages steht meine Nummer draußen angeschlagen. Meldung und der Be­scheid: Sie sollen am Montag anfangen. Flußregulierungs­arbeiten im Rahmen des Arbeitsbeschaffungsprogramms. Ste erfahren alles Nähere an der Baustelle." Also Erdarbei­ter, auch eine schöne Entwicklung, vom staatlich geprüften Werkmeister zur Kipplore, von der Technik zurück zur Na­tur. Es macht nichts, das Buddeln ist heute standesgemäß, man macht mit.

Aber so einfach ist das doch nicht. Erforderlich find lange Stiefel, fie fosten rund 25 Mart. Dazu noch ein Spaten und Arbeitszeug. Der Spaten wird geliehen, wegen der Stiefel zur Wohlfahrt. Gewiß, Stiefel tönnen Sie befom­

eine Reparatur dringend notwendig ist. Pah, was geht es mich an, ich bin nur Erdarbeiter, und der Unternehmer will nur volle Loren, feine unerbetenen technischen Ratschläge. Für die paar Groschen gebe ich auch meine Kenntnisse nicht her, hoffentlich bleibt die alte Kaffeemühle bald einmal ſte= hen. Dann fönnen wir uns einmal ausruhen. Ach, bloß ein­mal wieder in einer Werkstatt stehen, wo Transmissionen laufen, wo der Stahl in das Eisen schneidet, wo einem das Herr" bei der Anrede nicht unterschlagen wird. Hallo, es kommen schon Komplere, Minderwertigkeitsgefühle. Brems' ab! Es ist doch eigentlich eine lächerliche Sache, der Stolz auf das Handwerk. Aber er bringt Hemmungen, vielleicht ist das Proletariergefühl eine Notwendigkeit, etwas Zwangsläu­figes, wenn man immer nur schaufeln muß!

man hat kein Intereffe am Lesen. Immer zerschlagen und so müde, vielleicht auch ein wenig hungrig. Ich muß mich ge­waltsam zusammennehmen, um noch einmal einen Blick in die bewußte Zeitung zu werfen. Die Worte sind zu schön... es muß erst ein Wandel der Gesinnung herbeigeführt wer­zu folgen mir das muß der Schlauch müßte eigentlich erneuert werden. Immer dasselbe Lied: Ich hab' fein Geld, er hat kein Geld, du hast tein Geld und so fort!" Das Rauchen im Seitengang ist ver­boten, steht in den D- Zügen. Mich könnt Ihr nicht meinen damit, mir könnt Ihr nichts verbieten, ich rauche nicht mehr. Ein Paket Tabak bedeutet ein Dreipfundbrot pro Woche. Fort mit dem Lurus!

Immer nur schaufeln. Man gewöhnt sich daran. Aber nun fommen Regentage. Den ersten Tag arbeiten wir weiter. sonst fehlt am Freitag das Geld. Dann kann ich nicht mehr. Mit 40 Jahren, davon ein Zehntel im Felde, geht es nicht mehr so gut. Und die Kinder sind noch klein. Krankspielen gibt es nicht. Man muß sofort ausscheiden. Andere kommen

ran.

men. Wir liefern fie Ihnen, dafür wird pro Woche eine Mir könnt Ihr nichts verbieten" lichen Rundschau". Wir schwächen diese Darstellung, die mehr

Mart in Worten eine Mark"- abgezogen. Bitte, unter­schreiben Sie diesen Schein." Zögern, wenn die Arbeit nun aber keine 25 Wochen dauert, wenn etwas dazwischenkommt, was dann? Darf ich ein Abzahlungsgeschäft eingehen, wenn ich nicht von vornherein weiß, daß ich den Vertrag auch er­füllen kann, ist das nicht Betrug? Unterschreiben Sie nur, die andern haben auch unterschrieben. In vielen Fällen haben wir die Restsumme niedergeschlagen."

,, Das Leben ist doch schön"

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Am andern Morgen um 4 Uhr auf der Baustelle. Es ist schön dort in den Wiesen, ein leichter Dunst liegt über dem Fluß. Lerchen steigen über dem nahen Acer   in die Morgenluft, auf der Weide liegen buntgefleckte Kühe. Das Leben ist doch schön, troß alledem! Geben Sie Ihre Papiere her. So eine Karte zur Angestelltenversicherung haben Sie, fann ich nicht gebrauchen. Sie müssen sich eine Invalidenkarte besorgen. Also die Arbeitszeit beträgt 40 Stunden pro Woche, Stundenlohn ist 56 Pfennige. Sie kommen in die Frühschicht. Aber Pünktlichkeit und Fleiß bitte ich mir aus." Man fann sagen, was man will, die Angestelltenkarte gab einem doch immer noch einen kleinen Rückhalt, einen Wert in sich. Man war doch noch nicht ganz unten, weg damit, die Schaufel wird zum Feldzeichen. Und nun ran an die Arbeit. Alle 10 Minuten mußte eine Lore vollgeworfen werden, sonst nahm der Zug sie halbvoll mit, und es fehle böse Redensarten von wegen Faulheit usw. Also auch hier so gewissermaßen laufendes Band und alles für 56 Pfennige die Stunde, nicht einmal einen Pfennig pro Minute. Was macht das pro Woche? Die Kollegen geben Auskunft. Also, wenn feine Regentage oder Festtage dabei sind, brutto 22,40 Reichsmark. Wenn alles abgezogen ist, die Stiefel nicht ver­gessen. bleibt die fürstliche Summe von 18 RM., in Worten acht deutsche Reichsmark! Dies ergibt gegenüber der Wo ahrt ein Mehr von 3 RM, Ein Kollege sagt: Mit diesen drei Martfurbelich die Wirtschaft an." Ein anderer mit vier Kindern hat bei seiner Arbeit ein Mi­

nus von 4 RM. pro Woche, den fehlenden Betrag bolt er fich von der Wohlfahrt zu. Das sind ja nette Aussichten! Aber nicht soviel nachdenken, dabei wird die Lore nicht voll, und der Schachtmeister guckt schon dauernd her.

Auf die Freizeit am Nachmittag habe ich mich immer ge­freut, aber es ist nichts damit. Man ist immer nur müde,

Wir entnehmen dieses Stimmungsbildchen, Ergebnisse des eigenen Lebens, der unter Hitler  - Zensur stehenden Tägs sagt als die faschistische Schönfärberei, durch einen Kommens tar nicht ab.

Hitlers Rothermere

Feind Deutschlands   ist entzückt von dem Führer"

Der Jude Rothermere, einst mit Northcliff einer der stärksten Hezer gegen Deutschland  , war schon frü­her, als Hitler noch in Opposition zur damaligen Reichs­regierung stand, einer der Fürsprecher der Nazibewegung, in deren braunen SA.  - und SS.  - Truppen er die kommen­den Kolonialsoldaten Englands gegen Sow­fetrußland sah, was er wiederholt ziemlich unverblümt ausgesprochen hat.

Dieser Rothermere, dessen Zeitungskonzern ebenso wie der des Lord Beaverbrook   einer der am wenigsten ernst genommenen in England ist und gegen den sich vor allem der englische   Konservative Baldwin mit aller Deutlichkeit und Schärfe zur Wehr gesetzt hat, veröffent­licht nun in einem seiner Blätter, der" Daily Mail", eine Kampagne für das Hitlersystem in Deutschland  . Er steht dabei in schärfstem Gegensatz zur gesamten ernsthaf­ten Preise Englands von Weltbedeutung, gegen Times", News Chronicle"," Daily Herald"," Manchest Guardian" usw., aber auch er hütet sich wohl, den Faschismus Hitlers  für sein eigenes Land zu empfehlen. Er fühlt sich persön lich in der englischen Demokratie doch weit besser auf­gehoben, als unter der Diktatur von Barbaren und Ver­brechern.

Thälmann und Torgler  Ohne Verteidiger

Von seiten der KPD. wird mitgeteilt:

Dann und wann ein Stück Fleisch wie aus dem Ausland kommen, antworten wir: Es ist Tat­

Ungewohnt und schwer ist, die Arbeit, der Rücken schmerzt, die Hände brennen. Man muß oft hineinspucken, damit die Haut geschmeidig bleibt. Mittags, ein Bärenhunger! Das ist das Schlimmste", sagt ein Kollege, ein ehemaliger Zim mermann, bei dieser Arbeit muß man viel essen, damit man nicht von den Füßen kommt. Man ist bei der Frühschicht doppelt soviel als früher. Aber was soll man essen? Butter? Daß ich nicht lache, Margarine? Sie ist zu teuer geworden, vordem ging es. Die Schlachter verkaufen billiges Braten­fett, das läßt sich essen. Ich habe eine Kaninchenzucht, davon habe ich dann und wann ein Stück Fleisch. Man kommt sonst auf den Hund. Die Frau schimpft dauernd über die großen Rationen, die sie mir mitgeben muß. Nach drei Tagen ist immer das Geld alle. Und dann für die paar Groschen schus­ten, das geht auf die Dauer nicht gut." Die andern Kollegen sangen ähnliche Verse, ich kannte nach der ersten Woche das ganze Lied answendig. 18 RM. gab ich meiner Frau. Sie fagte nichts dazu. Ich sagte: Wart' man, es gibt wohl mal wieder bessere Zeiten."

Briefe kommen...

Am Sonntag las ich die ganze Post, die in der Woche ein­gegangen war. Einige Ueberraschungen. Ein amt­liches Schreiben. Was ist denn das? Der Magistrat schreibt: " Da sich in letzter Zeit Ihre Einkommensverhältnisse we­fentlich gebessert haben und Sie in Arbeit stehen, kommt die Stundung der Hauszinssteuer nicht mehr in Frage." Da 3 muß man im Munde zerfauen, es schmeckt zu schön, wesentliche Verbesserung der Einkommensverhält­niffe. Damit sind die drei Mark gemeint. Gleichzeitig werden die Fettscheine zurückgefordert, da sie nur für Arbeitslose gelten. Die Post ist inzwischen dagewesen und hat 2 RM. Rundfunkgebühr abholen wollen. Die Gebührenfreiheit ist weggefallen. Schmeiß doch den Kasten in den Fluß! Solch einen Lurus kann sich nur ein Arbeitsloser erlauben! Bei­nahe zehn Jahre habe ich Radio gehört, viel Freude gehabt, weg damit! Aber halt, das geht nicht so einfach, da gibt es eine Kündigungsfrist. Nun fehlt nur noch, daß das Kirchen­rechnungsbüro die seit zwei Jahren gestundeten Kirchen­steuern einzieht, auch wegen der wesentlich gebesserten Einkommensverhältnisse dann ist es so weit, her mit dem Strick! Und morgen, am Montag, wieder los mit der Schau­fel. Der Unternehmer heimst dabei ein! Wir kennen die Nor­malsäße und wissen, daß wir viel mehr leisten müssen. Der Schachtmeister treibt. Verflucht! Aber er kann nichts dafür, er fliegt auf die Straße, wenn er das Soll" nicht erreichen fann. Draußen stehen hunderte, die seine Stelle einnehmen würden. Die Menschen müssen alle Radfahrer sein, nach unten treten und nach oben einen frummen Buckel! Immer weiter schippen, diese Woche wird schlecht, es kommt ein firchlicher Feiertag dazwischen. Ko­misch, daß die Arbeiter für diesen Tag eine besondere Ge­bühr zahlen müssen. Das bedeutet, am nächsten Sonntag kein Fleisch!)

Wir schaufeln und schaufeln

Und wir schaufeln und schaufeln, tragen alle gleiches Leid, das versöhnt einigermaßen. Ich merke es wohl, daß die Kollegen mir immer ein wenig helfen, das heißt, wenn der Schachtmeister es nicht sieht. Es ist doch eine wunderbare Sache, die Solidarität. Wenn nur das Kreuz nicht so schmer­zen würde. Damals, der strenge Winter Anno 17 draußen, der wirkt immer noch nach.

" Tüt", sagt die fleine Lokomotive, die geschäftig die vollen Loren wegholt. Sie flappert mächtig, die Kolben scheinen ausgelaufen zu sein. Ich kenne dies Geräusch von früher. Man müßte dem Führer das eigentlich einmal sagen, daß

Auf die zahlreichen Anfragen, die sowohl aus Deutschland  fache, daß bis jetzt für Ernst Thälmann  , den Führer der KPD., und für Erust Torgler, den Führer der Kommuni­stischen Reichstagsfraktion, keine Verteidiger gefunden wer ben konnten. Es ist Tatsache, daß sowohl Thälmann   wie Torgler   nicht einmal das primitivfte Recht genießen, das jedem kriminellen Verbrecher eingeräumt wird, inristische Beratung und Verteidigung. Deutsche   Anwältesezen ihren Beruf, ihre Existenz, ihre Freiheit und ihr Leben auf das Spiel, wenn sie die Ver= teidigung der inhaftierten Kommunisten führer übernehmen. Wir haben gehört, daß sich zahl­reiche berühmte Juristen des Auslandes bereiterklärten, die Verteidigung Torglers im Reichstagsbrandprozeß zu über= nehmen. Die Regierung Hitler   will das unter allen Um­ständen verhindern, damit nicht das Verbrechertum der wahren Reichstagsbrandstifter an das Licht gebracht wird.

Dic..neue Gerechtigkeit"

Herrenrecht!

Freitag hatte der Bund nationalsozialistischer deutscher  Juristen, der Träger der neuen Rechtsfront, zu einer großen Kundgebung in den Saal der Philharmonie geladen, bei der der Reichsjustizkommissar und Staatsminister Dr. Frank II über das Thema Das Recht der Revolution" sprach. Der erste und eherne Grundstein der Revolution sei der, daß die Revolution den Nationalsozialisten das Recht gebe, dem deutschen   Volk den Weg ins kommende Jahrtau­send zu weisen. In den wenigen Jahrzehnten, die uns ver­bleiben, müßten wir alle arbeiten, um den kommenden Ge­schlechtern Impulse für Jahrhunderte zu geben. Das Tempo der Revolution bestimme nach wie vor der Führer.

Die Juristen ständen bei dieser Revolution auf einem besonders wichtigen Kampfabschnitt. Sie hätten das deutsche Recht raffen und artgemäß unserem Volt wiederzugeben.

Rothermeres geschäftstüchtiges und immer von Profitin­teressen diftiertes Außenseitertum interessiert nicht weiter

aber um so interessanter ist die Aufnahme, die hier die Stellungnahme eines Zeitungsjuden für den Judenfresser Hitler   in der gleichgeschalteten Presse Nazideutschlands gefunden hat. Sie ist nach dem be­fannten Sprichwort, daß ein blindes Hühnchen zuweilen auch ein Körnchen findet, aufgemacht und man merkt ordent­lich das Aufatmen der Nazi- Propaganda, daß sie nun end­lich einmal von einem Ausländer aus einem demokratischen Lande wie England etwas" Günstiges" über das Hitlersy­stem berichten fann und stamme dieses Günstige auch von einem Juden!

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Wir haben dazu nur eins festzustellen: So wie die Eng­länder dem Adolf Hitler   ihren" Rothermere gönnen werden, so gönnen wir Rothermere unser en" Adolf Hit­ ler  !( Es ist übrigens bezeichnend, daß dieser Rothermere­Artikel zur gleichen Zeit bereits in ganz Deutschland   ver­breitet wurde, als er in der Daily Mail" erst erschien: Das gestattet den Rückschluß, daß es sich um ein abgekarte­tes Spiel zwischen Hitler   und Rothermere handelt).

m. b.

Wir brauchen, da wir ein Herrenvolk seinen, ein Herrens recht und kein Recht für Knechte. Der Jurist werde im neuen Staat eine andere Stellung als bisher einnehmen. Er werde in erster Linie Interpret des Volks­willens sein. Das Recht sei nicht mehr eine Angelegenheit der täglichen Sachlichkeit, sondern eine Sache des Glaubens und des völkischen Schicksals. Es gebe von jetzt an eine neue Gerechtigkeit, Gerecht sei die Aufrechterhal tung der deutschen Interessen gegenüber allen Schädlingen des deutschen   Voltes. Jede Handlung eines deutschen   Dieners am Recht muß von die­sem Gedanken durchbrungen sein.

Ein von Bamberg   tommender Personenautobus stieß auf der Staatsstraße Bamberg- Lichtenfels in der Nähe von Breitengüßbach   mit einem Arbeitszuge, der die Staatsstraße treuzte, zusammen, Sieben Insassen des Autos bus wurden verlegt.

Verantwortlich: für die Redaktion Joh. Piz: Inserate Hubert Jüttner, beide in Saarbrücken  . Druck und Verlag: Volksstimme" G., m. b. H., Saarbrücken  , Schüßenstraße 5.

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