Feuilletonbeilage der ,, Deutschen Freiheit"*
Sie schweigen alle, alle!
Hochschulautonomie im Dritten Reich
Einst verteidigten die Hochschulen die Freiheit der Wissenschaft gegen die Allgewalt des Staates. Sie schufen sich die Autonomie, um dem Gesinnungszwang fürstlicher Herrschaft zu entgehen. Als der Volksstaat kam, hatte in Wahrheit diese Autonomie jeden Sinn verloren, denn wo der Staat die freie Meinungsäußerung verbürgt, braucht die Hochschule feine Unabhängigkeit, um sie zu schützen. So wurde die Autonomie der Hochschulen im Gegensatz zu ihrer früheren Bestimmung zu einem Privileg, um mit veralteten Rechten veraltete Meinungen und Standesdünkel übelster Art zu schützen.
Als die Herrlichkeit des Dritten Reiches anbrach. mochte man glauben, daß nichts leichter sei, als diese Hochschulen, aus denen nicht, wie Anno 48, die Freiheitskämpfer, sondern die Schildknappen der braunen Reaktion in den lezten Jahren massenweise hervorgegangen waren, völlig » gleichzustellen". Und in der Tat: Hunderte von Hochschullehrern werden vertrieben. Sein Protest! Tausende von Studenten werden am weiteren Besuch der Hochschule mit Gewalt gehindert. Kein Protest! Ein mittelalterliches Autodase wissenschaftlicher und fünstlerischer Werte findet søgar unter führender Mitwirkung von Studenten statt. Kein Protest!
Schmerzlicher als die Untaten der Hitlerhorden war dieses feige Schweigen der Kunst und der Wissen: Ichaft. Als es sich darum handelte, Freiheit des Geistes au verteidigen, erinnerte sich niemand der Autonomie der Wissenschaft und ihrer Lehre.
Dann kam das neue Studentenrecht. Nicht nur der Arierparagraph wurde zum Gesetz erhoben und so der modernsten Form des Aberglaubens, dem Blutsmythos, die rechtliche Anerkennung gewährt, man schuf auch an Stelle einer wirklichen studentischen Selbstverwaltung, um die die deutsche Studentenschaft seit anderthalb Jahrzehnten zu fämpfen vorgab, ein Studentenrecht, das den Nationalsozialisten die alleinige Führung einräumte und alles andere zur besinnungslosen Gefolgschaft verurteilte.
Jetzt auf einmal begann sich der Widerstand zu regen. An verschiedenen Universitäten in Westdeutschland und auch in
gegen
olche Absichten zu erregtem Widerspruch. Als jezt diese Pläne verwirklicht wurden, äußerte sich der Protest erneut, aber es war zu spät. Was in der großen Politik den Deutschnationalen und ihren politischen Freunden blühte, das widerfuhr im fleineren Bereich der Hochschulpolitik den Korps, Burschenschaften und Verbindungen. Ihre Führung
wurde zwangsweise gleichgeschaltet und ihr Einfluß an den Hochschulen ausgeschaltet. Ja, sogar die Existenz alter studentenschaftlicher Organisationen wurde bedroht. Die " Deutsche Freischar", eine an den Hochschulen viel verbreitete, bündische Jugendorganisation, und eine Reihe anderer bündischer und nationaler Verbände, die auch an den Universitäten Fuß gefaßt hatten, wurden aufgelöst. Den katholischen Verbindungen droht jetzt ein ähnliches Schicksal, ganz zu schweigen von allen irgendwie nach links orientierten Organisationen, für die seit Anbeginn des Dritten Reiches fein Play mehr ist.
Erste Anzeichen der Enttäuschung beginnen sich bemerkbar zu machen. So hatte man sich die Sache nicht gedacht.„ Gegen die Demokratie?" Jawohl!" Einzig und allein für Hitler?"" Nein!" Der neue Obrigkeitsstaat ist da, die Forderung nach einer Autonomie der Hochschule könnte ihren
Sinn wiedererhalten. Aber der totale Staat läßt nicht einmal für sie Raum. Denn er duldet keine Macht außer der seinen, Kompromisse sind aussichtslos. Gegen den totalen Staat gibt es nur totale Revolution
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fie wird keine Autonomie der Hochschulen schaffen, dafür hoffentlich in nicht zu ferner Zeit die Autonomie des Volkes.
Fachschaft„ Lehrer an Hochschulen" Stramme Haltung, deutsche Professoren!
Der Reichsleiter des Nationalsozialistischen Lehrerbundes , Staatsminister Schemm, hat zum Leiter der Reichs fachschaft, ebrer an Hochschulen" den Ministerialrat Dr. Seidl Berlin ernannt. 3um ständigen Stellvertreter des Leiters der Reichshochschulfachschaft ist Professor Dr. med Herwart Fischer Würzburg bestellt worden. Als Mitarbeiterstab stehen dem Fachschaftsleiter für organisatorische und Arbeiteraufgaben zur Seite je ein hoch schulobmann für jede Hochschule und ein Reichsfach obmann für jedes Fachgebiet. Diese Obleute und Mitarbeiter bilden zusammen mit dem Leiter
und stellvertretenden Leiter den Führerstab. Die Hochschulobleute der RHF. sollen mit Rektor und Sendt, der Studentenschaft und Parteiorganisationen innerhalb des Hochschulkörpers zusammenarbeiten.
Der Reichsleiter ernannte außerdem zum Leiter der
Reichsfachschaft„ Lehrer an höheren Schulen" Willi
Gebräunter Penklub
Ereignisse und Geschichten
Lied der Arbeitsdienstler
Sprung auf, Ihr Dienstfreiwilligen! Fenern! Der Geist verreckt. Wir können es nicht billigen, daß uns Kultur beleckt.
Der Mensch wird neu gestaltet- behelmt behuft
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gehörnt
Und gleichgeschaltet
und gleichgeschaltet.
Bir Dienstfreiwilligen marschieren auf allen Bieren
der Urwald rust.
Wir messen den Proletarier vom Wirbel bis zum Schweif. ob auch das Schwein ein Arier und zur Er- Nordung reif.
Das Zeugen ist veraltet. die Paarung wird gestuft und gleichgeschaltet und gleichgeschaltet. Wir Dienstfreiwilligen hegen den Kindersegen
das Chaos ruft.
Wir wandern mit feftem Stiebel zum raffereinen Schlamm im Anfang, vor der Bibel, war das Parteiprogramm.
Die Allmacht, die ba waltet, und alles, was ihr schuft, wird gleichgeschaltet wird gleichgeschaltet. Wir lallen Erwache- Chöre. Herr Gott , erhöre! Dein Führer ruft!
Walter Mehring . ( Aus dem kleinen Tagebuch")
Ministerin Magdas Rücktritt Sie legt das Modeamt nieder
Das deutsche Modeamt teilt mit: Frau Magda Göbe bel&, Ehrenvorsißende des Deutschen Modeamtes, und die beiden Vorsitzenden, Dr. Delenbeina( Mannheim ) und Prof. S. V. Weech( Berlin ), bitten davon Kenntnis zu nehmen, daß sie ihre Aemter im Deutschen Modeamt gemeinschaftlich niedergelegt haben."
Was mag da vorgegangen sein? Waren die Mobegewal tigen noch stärker als die gewaltige Frau Propagandas minister? Wir wittern Chiffon- und Voile- Konflikte.
Moses Loewenstein
Der Nürnberger Stürmer", das Organ Strel chers, des Organisators des Judenboykotts, hat festgestellt", daß die Kaiserfamilie berer von Habsburg . jüdischen Ursprungs sei. Beispielsweise hätte Rudolf Habsburg sichtlich fremdes Blut in seinen Adern gehabt, was übrigens seine fable Gefichtsfarbe und seine gebogene Nase beweisen. Und seine Habsucht sei ein untrügliches Merkmal der jüdischen Rasse.( Erinnern wir nebenher daran, daß gelebt hat!) Und Ferdinand II. ( der Katholische) ist nach dem Stürmer" ein schrecklicher jüdischer Bolschewit" gewesen. Die ganze Familie sei nicht im geringsten arisch, sondern stamme vielmehr, so wie etliche Päpste, vom jüdischen Banquier Petrus Leonis ab, der tat sächlich Peter Loewenstein geheißen und im elften Jahrhundert in Rom gelebt hat.
Konzentrationslager und Prügel- eines Trotestes unserer Dichter nicht weet Rudolf von Habsburg im dreizehnten Jahrhundert
Gustav Meyrink unmittelbar hinter dem grandiosen Schöpfer der Alraune". H. H. Ewers finden. Strobl hat sich etwa in seinem Gesellschaftsroman„ Der brennende Berg" mit jener Produzentenklasse intensiv beschäftigt, denen jeßt die praftische Durchführung der Brechung der Zinsknechtschaft sehr zustatten tommt; soviel bis jest verlautbar wurde, hat Strobl gegen den Verschleiß seiner Werke durch und an Juden nichts einzuwenden. Emil Ertl wird wohl jetzt über seinem„ Neuhäuselhof" das Hakenkreus anbringen müssen.
Im Penklub, der internationalen Organisation der in der Rubrik" Phantasten" zwischen Paul Scherbart und Dichter und Schriftsteller zwecks Verbindung und Verständigung untereinander, hat es schon öfters gegoren; nach der stürmischen Tagung in Ragusa ist es auch in Wien zum Konflikt gekommen, als eine Rundgebung für die in den Konzentrationslagern zurückgehaltenen freiheitlichen Dichter und Schriftsteller vorgeschlagen wurde. Nach stürmischer Debatte über die Rechte jener Männer deutscher Feder, deren Mentalität noch nicht von der aufgestiegenen Nazisonne an gebräunt wurde, sind die einschlägigen Helden und Frauen deutscher Federfuchserei ausgetreten und haben an das Präsidium des Wiener Penklubs folgendes Schreiben gerichtet:
" Die Zumutung, daß wir in Kerfern Schmachtende", nicht Dichter, sondern politische Agitatoren wie Ossietzky, Mühsam usw., die ständig zum Bürgerkrieg aufgefordert haben und die sich zu uns weltanschaulich wie menschlich in schroffem Gegensatz befinden, grüßen, ja ihnen unsere Sympathie ausdrücken sollen, betrachten wir als politische Aktion, gegen die wir uns gerade aus Gründen des jede Politit ausschließenden Penklubgedankens entschieden wenden müssen." Gezeichnet: Bruno Brehm , Graf Egon Corti, Dr. Emil Ertl, Hans Freiherr v. Hammerstein, Enrica Freiin v. Handel- Manzetti, Baron Wladimir Hartlieb, Robert Hohlbaum , Dr. Mirko Jelufich, Franz Nahl, Erifa Spann- Reinsch, Dr. F. Spunda, Dora Stockert- Meynert ( Präsidentin des Vereines der Schriftstellerinnen), Dr. Karl Hans Strobl, Grete v. Urbanizky, ( Gründerin des Wiener Penklubs und Präsidialmitglied). Aus dem Freundeskreise des Wiener Penklubs; Rechtsanwalt Dr. Karl Peter Novotny.
Daß es un politisch sei, geistige Gegner grausam zu quälen, der Freiheit zu berauben, ihre Existenz zu vernichten, dagegen politisch sich dafür einzusetzen, daß man Männer wie Rußbüldt, Offießky oder Tschuppik menschlich behandle, dieser Schluß ist den Vertretern deutscher Kultur vorbehalten geblieben. Uns interessiert von den Unterzeich neten vor allem der italienische Adelige" Graf Egon Corti, den wir als Autor der Rothschildbiografie gerade unter jene Bolfsgenossen einreihen, deren oberste Repräsentanz eben der non Corti verherrlichte Rothschild - Urvater ist. Es ist gar kein besonderes Geheimnis, daß„ Conte Egon Corti " ungefähr ebenso nahe zum Teutoburgerwald und der dort lebenden arischen Großmutter hat, wie etwa der Magier des en Reiches Hanussen- Steinschneider, der titers weile schon nach gut deutscher Sitte um dieEcke in den Grunewald gebracht wurde.
Sehr fein nimmt sich auch der Iglauer Karl Hans Strobl in der Liste aus, ben wir in den Literaturgeschichten
Der Tod Schilling's
Also das hätten sich nicht einmal die Weisen von Ziondie allerdings im Mittelalter noch nicht erfunden waren träumen laffen, daß Rudolf von Habsburg in Wirklichkeit Moses Loewenstein hieß...
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Ley trinkt nicht mehr?
„ Nach einer Begrüßungsansprache des Bezirkslei'ers Plattner- Karlsruhe sprach der Führer der Deutschen Arbeitsfront Dr. Ley. Mit großer Gindringlichkeit vertret er den Gedanken der Erstehung eines neuen deuf'chen Menschen. Jeder einzelne müsse eine innere Want lung durchmachen
Professor Mar von Schillings, der Intendant der Berliner städtischen Oper, ist im Alter von 68 Jahren plößlich in den Folgen einer Embolie gestorben. Mit ihm scheidet eine Persönlichkeit aus dem musikalischen Leben, die als Komponist wie als Verwaltungsmann in den vergangenen Jahren große Bedeutung hatte. Schillings, 1868 geboren, stammte aus dem Rheinland. Von Jugend auf war er eng mit der geliebten Musik verbunden. 1894 wurde seine erste Oper ngreld" aufgeführt. Am bekanntesten sind„ Der Pfeifertanz" und" Mona Lisa "( 1915) geworden. Sein musikalisches Schaffen zeigt starke Begabung im Formalen, ohne neue Wege zu weisen. Als Opernkomponist trat er später zurüd, um dann als Generalmusikdirektor Opfer einer Verwechslung und Intendant von Stuttgart seinen Aufstieg zu nehmen. 1919 wurde er nach Berlin zur Leitung der Staatsoper berufen. Hier wirfte er bis 1925; unter beftigen Konflikten mußte er seinen Rücktritt nehmen. Seit 1929 dirigierte er wieder an der Staatsoper.
( Aus einem Bericht über eine Versammlung der „ Deutschen Arbeitsfront " in Stuttgart .)
Zein muſikaliſches Schaffen zeigt starke Begabung im for- Was man sich zuflüstert
Etwas bunkel geblieben ist Schillings Rolle im Verlauf bernationalen Revolution". Man hat nichts davon
gehört, daß er, der mit vielen Ehrenämtern Gesegnete, an irgend einer Stelle ein Wort des Protestes sprach wider die unkünstlerische Austreibung nichtarischer Dirigenten, die an Bedeutung hoch über ihm standen. Ob er„ Pg." geworden ist, wissen wir nicht, aber am 24. März wurde ihm die Leitung der Städtischen Oper neu übertragen, als man den viel begabteren Karl Ebert davongejagt hatte.
Meine Ueberzeugung ist, daß man ohne eine direkte, aufrichtige und herzliche Verständigung zwischen Frankreich und Deutschland nie in Europa zum wirklichen Frieden kommen wird.
Nitti.
In einer schlesischen Stadt wurde fürzlich die berühmte Novelle Mörikes Mozarts Reise nach Prag" zum Feuertod verurteilt. Der betroffene Buchhändler legte Revision ein, diesmal überraschenderweise mit Erfolg. Es stellte sich näm lich heraus, daß man Mörike mit Mebrina verwechselt hatte.
Der Zaungast
Die Säuberung in der Filmindustrie ist so gut gelungen, daß es nun fast gar keine Filme mehr gibt. Die Produktionsleiter, so weit noch vorhanden, raufen sich die Haare: nicht einmal halbwegs brauchbare Filmmanuskripte sind da. Von Herrn Corell, dem Chef der Ufa , erzählt man, daß er fürzlich in seinem Achtzylinder nachts nach Oranienburg gefahren ist. Am Konzentrationslager machte er salt. Und rief über den Zaun: He da, meine Herren, haben Ste nicht vielleicht ein paar Filmmanuskripte für mich...?" Der schlimmste Fluch
Ich wünsche Dir eine jüdische Großmutter!