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Wird Deutschland Kaiserreich?
Ergebnisse einer privaten Untersuchung der gegenwärtigen Lage Kriegsgeist- Keine Hofinung für Juden- Reichswehr und Monarchie
( Der folgende private Bericht über die Lage in Deutsch land ist dem„ Manchester Guardian" von einem Korrespondenten, der sich durch Autorität und Unabhängigkeit auszeichnet, gesandt worden. Dieser hat das Land erst neulich besucht.)
Es scheint klar zu sein, daß im Augenblick die Hitlerbewegung die Masse des deutschen Volkes hinter sich hat. Es gibt verschiedene Ansichten über das, was sich in der näheren oder ferneren Zukunft ereignen wird. Aber gegenwär tig sien die Nazis fest im Sattel. Selbst ihre Gegner finden gute Seiten an ihrer Politik: die Einigung Deutschlands durch Zerstörung der alten Einzelverwaltungen(? Die Red.) zum Beispiel in Preußen, Bayern , Baden usw., die Frauen werden an ihren Platz verwiesen d. h. ins Haus und dadurch werden manche Stellungen für Männer freigemacht; Ermutigung zur Heirat( zum Zwecke der Erzeugung von einer Menge Kanonenfutter) durch langfristige Anleihen auf Möbel und dergleichen. Ich hörte einen Zugführer zu einem anderen sagen, wenn alles Versprochene ausgeführt wird, ist keine Regierung jemals so tonsequent gewesen wie diese- d. h. so fest und unerbittlich in der Durchführung ihres Programms. Dieses wurde mit der deutschen Bewunderung für etwas Logisches gesagt. Sie finden auch viele bekannte Akademiker und Männer der Wirtschaft, welche offen die neue Regierung unter: stüßen. Gewiß, sie sagen, daß viele unschuldige Leute lei: den, aber die Verhältnisse wären so faul gewesen, daß etwas geschehen mußte.
Das, was geschehe, sei eine reinigende Revolution mit vieIen Revolutionsauswüchsen. Täglich werden Klagen wegen Korruption gegen leitende Beamte der früheren Regierung eingeleitet. Man kann nicht wissen, was davon wahr und wieviel nur reiner Schwindel ist. In Hamburg wurde mir von einem Industrieführer erzählt, er habe zu einigen Freunden gesagt:„ Die Nazipartei hat sich lange eifrig bemüht, mich zu bekommen. Ich habe mich jetzt angeschlossen, aber mit Vorbehalten zu der Rassenfrage." So ifts, sie haben den Anschluß gefunden, der eine mit einem Vorbehalt zur Rassenfrage, der andere mit Vorbehalten zur Wirtschaftspolitik, der Dritte mit Vorbehalten zur auswärtigen Politit. Aber sie haben den Anschluß gefunden. Bekehrungen zum Hitlerismus
Natürlich ist die Frage, wo sind alle die Millionen und Millionen, die vor nicht mehr als sechs Monaten gegen Hit ler gestimmt haben?
Man möchte sagen, die Bevölkerung sei verängstigt und terrorisiert, wie es wirklich der Fall ist, und daß deshalb die Dinge nicht so find wie sie scheinen. Es herrscht ein furchtbarer Terror in Bezug auf Juden, Pazifisten, Marristen, Freimaurer und andere. Aber ich bin sicher, daß viele Millionen der früheren Gegner gegenwärtig Bewunderer des Erfolgs der Hitlerpolitik sind. Es herricht kein Zweifel, daß zum Beispiel die Hitlerregierung bei ihrem Entschluß zur
Wiederbewaffnung dem innersten Gefühl großer Teile des deutschen Volkes entspricht- und sogar der Neigung vieler ihrer politischen Gegner.
Der Vorbehalt, der auf mich den größten Eindruck machte und dem ich bei verschiedenen Menschen begegnete( mit wichtigen Unterschieden, was einzelne Punkte angeht) ist ungefähr der folgende:
Am Ende dieses Jahres wird Deutschlands Exportbilanz durchaus ungünstig ausfallen. Deutschland kann von kei= ner Stelle weitere Kredite bekommen.
Bis jetzt wurden diese verwendet, um Waren herzustellen und auf diese Weise Arbeit zu schaffen. Die Kredite wurden mit den Waren bezahlt. Aber mit dem Versiegen der Geldquellen muß unbedingt die Arbeitslosigkeit zunehmen. Die vielen„ Hurraberichte" über die Abnahme der Arbeitslosig= feit, über den„ Sieg in der Arbeitsschlacht an der ostpreußischen Front," wie die Zeitungen es ausdrücken( für alles gibt es militärische Ausdrücke), sind vermutlich sämtlich reiner Blödsinn. Die Ernte dort wurde bisher von Saisonarbeitern aus Polen eingebracht. In diesem Jahr hat man feinen von ihnen nach Deutschland hereingelassen. Außerdem wird behauptet, daß die Statistiken unzuverlässig find, weil die Regierung Frauen nicht länger unter die Arbeitslosen zählt, ebensowenig offene politische Gegner. Wenn jemand Hungers sterben so II, so sind es diese. Die Naziregierung hat verinrochen, daß kein Deutscher ( Arier) in diesem Winter hungern oder frieren wird. Mit zunehmender Arbeitslosigkeit kann dieses Versprechen dennoch nicht eingehalten werden. An dieser Stelle beginnt der Streit, welcher sogar jetzt droht, die Nazipartei in zwei Teile zu spalten.
Wie kann man die Massen vor Enttäuschung bewahren? Wie bleibt man unter allen Umständen an der Macht?
Hitler und seine Umgebung haben sich endgültig für eine fonservative maßvolle Politit in Wirtschafts- und auslän dischen Angelegenheiten erklärt.
Hitler hat angekündigt, daß die Revolution beendet sei. Da ist noch immer der sozialistische linke Flügel der Partei, welcher sagt, daß die erste Phase der Revolution beendet sein möge, aber daß die sozialistische Revolution faum begonnen habe. Ihr Schlagwort ist die zweite Revolution". Von ihnen wird Hitler als Verzichtspolitiker betrachtet. Es gibt feinen Führer des linken Flügels, denn es ist nicht klar, wo Göring und Göbbels sein werden, wenn die Zeit kommt. Es ist viel persönlicher Ehrgeiz im Spiel. Göring ist ein verrückter Nero, Göbbels ein Verschwörer. Er wird die " Schlange" genannt und Göring der„ Tiger ". Beide würden vorziehen, mit der Linken zu gehen, da diese ihnen mehr Spielraum für ihre exzentrischen Kräfte bietet. Aber die geheiligten Grundsäße des Führers" sind festgelegt morden, und es wird keine leichte Aufgabe sein, von ihnen los zukommen, obgleich es dem Führer nicht so schwer fallen würde, sich dieser oder jener Bindung zu entledigen.
Daß Hitler jeden Gedanken einer sozialistischen Revolu: tion aufgegeben hat, ergibt sich klar aus der ganzen Wirt: schaftspolitik des neuen Wirtschaftsministers Schmitt. Aber angenommen, daß selbst eine fonservative Politik Hunger und Kälte nicht verhindern kann? Hier gehen die Meinungen auseinander.
Einige glauben, daß Hitler dann von seinen eigenen Massen gezwungen werden würde, die zweite Revolution durchzuführen, d. h. Teilung des feudalen Landbefizzes unter die Bauern, insbesondere die ostelbischen Güter, Beschlagnahme der großen Vermögen, beginnend vor allem mit jüdischem Vermögen; das Schlagwort ist:" Gebt dem deutschen Volke zurück, was die blutsaugerischen Juden ihm genommen haben."
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Aber wenn Hitler nicht gewillt ist, die Revolution anzus führen, so werden es andere tun, und es wird bestimmt mit Straßenfämpfen in Berlin in diesem Winter gerechnet. Man sagt sogar, daß diese Straßenfämpfe in diesen und je= nen Straßen angezettelt, eine bestimmte Zahl von Getöteten und Verwundeten gemeldet und Läden( vermutlich jüdische) beraubt werden sollen aber dann der große Unbekannte die Reichswehr tritt in Erscheinung.
Die Reichswehr kann nicht auftreten, bis die Dinge sehr schlecht geworden sind, bis sie einen gewissen( sorgfältig überlegten) Bunft überschritten haben.
Sollte die Reichswehr einschreiten, so wird es mit dem Ziel einer Wiederaufrichtung der Monarchie sein. Kaiser soll Louis Ferdinand , der zweite Sohn des Kronprinzen, werden. Die ihn kennen, beschreiben ihn als einen feinen, intelligenten, bescheidenen jungen Mann, der zuerst die Rolle, die man ihm zugedacht hatte, nicht annehmen wollte, bereitet wird.
Deutsche Industrie nach England
Wie aus London gemeldet wird, hat das Ministerium des Innern 20 deutschen Firmen die Genehmigung erteilt, Betriebe in England zu errichten. Die Bes
triebe dürfen nur Waren herfiellen, bie bisher in England
nicht erzeugt wurden. Es handelt sich vor allem um die Fabrikation von Spielwaren, einzelnen Textilartikeln Errichtung von Betrieben, die der englischen Industrie Kons furrenz bereiten würden, sind abgewiesen worden.
und medizinischen Instrumenten. Niederlassungsgefuche um
Hapag ist bescheiden
An dem gleichen Tage, an dem die dänische Zeitung„ Politifen" aus Bremen mitteilt, daß die Hamburg- Amerika- Linie und der Norddeutsche Lloyd beschlossen hätten, den Frachtund Personenverkehr ihrer nordamerikanischen Linien aus Ersparnisgründen zusammenzulegen, meldet das Hamburger Fremdenblatt" folgendes:
Hamburg , 4. Sept. Als ein erfreuliches Zeichen wieder zunehmenden Verkehrs dürfen die Zahlen angesprochen werden, die die Passagier- und Schiffsverkehrsstatistik der Ham burg- Amerika- Linie für die Monate Juli und August aufweist. Die Gesellschaft fonnte während der beiden Monate in der regulären Linienschiffahrt sowie für Vergnügungsreifen und Wochenend- Hochseefahrten nicht weniger als 45 abfahrende und 49 ankommende Passagierschiffe ihrer Flotte abfertigen. Die Zahl der mit der Hamburg- Amerika- Linie ausgereisten Passagiere belief sich auf 8116, während 9305 Passagiere ankamen. Insgesamt reisten also nahezu 18 000 Passagiere mit Hapagschiffen über Hamburg .
Ja, das ist wirklich gewaltig! Jedes Hapagschiff hatte also im Durchschnitt 188 Passagiere an Bord. Was das heißt, wird ohne weiteres klar, wenn man diese Ziffer mit den Zahlen vergleicht, die die Hapag in ihren Werbeprospekten über ihre Leistungsfähigkeit angibt. Darin sind fol= gende Schiffe verzeichnet:
873 Passagiere 422 Mann Besatzung
" Neuyort"
826
418
"
PP
"
"
1103
416
"
"
"
1111
416
"
"
"
„ Reliance"
628
393
"
U
„ Resolute"
617
393
#
922
307
"
"
966
328
"
"
„ Milwaukee"
987
328
"
"
"
" Caribia"
385
194
"
"
„ Cordillera"
385
194
"
"
" Gen. San Martin" 703
166
"
"
" Artigas"
697
166
"
"
" Belgrano"
1306
170
"
B
Mitre"
714
129
"
"
„ Magdalena"
345
179
"
B
"
345 385
179
"
03
"
224
"
"
"
"
" Oceana" Aus dieser Aufstellung ergibt sich für die Schiffe der Hapag eine Durchschnittsziffer von 735 Passagieren und 279 Mannschaften pro Schiff. Heute aber bezeichnet man es als ein„ er= freuliches Zeichen", wenn die Hapagdampfer einen Durchschnitt von 188 Passagieren pro Schiff erreichen.
der aber jetzt ſyſtematiſch auf sein zufünftiges Amt vor- 11.3Milliarden Gemeindeschulden
Es gibt Leute, die sagen, daß Hitler für diese Jdee gewonnen sei. Man ist sich nicht einig, ob die Reichswehr an einem monarchistischen Putsch ohne Hitler teilnehmen würde. Er ist der Führer darüber kann es feinen Zweifel geben. Werden die Soldaten der Reichswehr gegen Hitler handeln, selbst wenn ihre Offiziere es ihnen befehlen?
Es gibt Menschen, die behaupten, sie wüßten, daß die Reichswehr mit oder ohne Hitler handeln wird. Es gibt interessante Punkte, die dies zu bestätigen scheinen. Blomberg und Hammerstein, die die Reichswehr befehligen, find Hindenburg direkt verantwortlich. Der alte Herr hat seine Augenblicke, in denen er mit den Fäusten auf den Tisch schlägt und Leute über Bord wirft( wie Ludendorff und Brüning). Aber meistens ist er förperlich und geistig von einem fremden Willen abhängig, besonders von dem der Reichs wehr . Ferner ist die Reichswehr das einzige wichtige Gebiet des heutigen deutschen Lebens, das keinen„ Arierparagraphen" kennt. Wenn sie ihn hätte, würden Generalität und Offiziere schwer getroffen werden, weil sie, der preußische und bayrische Adel, seit langen Jahren jüdisches Geld, Schönheit und Wiz geheiratet haben. Vor dreißig Jahren schon wurde der Semi- Gotha veröffentlicht, ein Almanach, der den verjudeten Teil der deutschen Aristokratie enthält. Alte deutsche Geschlechter, die Aristokratie und Familien mit Tradition, Männer sind dort aufgeführt, deren Herzen gebrochen sind, als sie sehen mußten, welche Methoden angewandt werden, um ihr Deutschland zu„ befreien" d. H. zu derfflaven. Alle blicken auf die Reichswehr , damit diese sie aus den Händen der Scharlatane und Barbaren, die jetzt regieren, befreien.
( Der Bericht aus dem„ Manchester Guardian" ist noch nicht abgeschlossen. Die Fortsetzung folgt.)
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„ Politische Soldaten"
Der preußische Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung Bernhard Rust schildert in dem dem WTB. zur Verfügung gestellten Artikel die Entwicklung des preußischen Kultusministeriums seit der nationalen Erhebung. In dem Artikel heißt es u. a.: Die Ueberprüfung von 160 000 Beamten zur Durchführung des Berufsbeamtengesetzes beanspruchte daher die Arbeitskraft des Kultusministeriums in ganz besonderem Maße.
Mit marxistischen, liberalistischen, demokratischen und pazififtischen Lehrern können völkische Erziehungsprogramme nicht verwirklicht werden.
Die neue Marschroute des Kultusministeriums ist in zahlreichen Einzelverfügungen zum Ausdruck gekommen. Das Führerprinzip duldet feine Lehrerräte: fie wurden aufgelöst, keine demokratische Schulleitung, sondern die verantwortliche Führung. In die Lehrerausbildung soll der SA. - Sport und der Arbeitsdienst
als Vorbedingung für die Zulassung zur zweiten Prüfung aufgenommen werden. Die körperlich tauglichen Lehrer zunächst bis zum 25. Lebensjahr sollen jährlich vier Wochen zum Sport herangezogen werden. Die Hochschule für Lehrerbildung in Lauenburg ist die erste Versuchsanstalt dieser Art. Die nationalpolitischen Erziehungsanstalten in Plöne, Köslin und Potsdam sind ein erster Schritt zur Heranbil
dung und Erziehung der neuen deutschen Jugend. Jede Pro
vinz soll nach Möglichkeit eine richtunggebende Bildungsanstalt erhalten. Wo bisher die Jugend zu sißender Lebensweise gezwungen, in Gelehrtenschulen zu Akademikern, oft zu „ lebensschwachen Intellektualisten" herangebildet wurde, sollen jezt politische Jugendführer und politische Soldaten
die Jugend erziehen durch Zucht und Bewegung, durch gleichmäßige förperliche, charakteristische und geistige Ausbildung. Die Spielnachmittage sollen der Hitler= Jugend und für die Oberstufe der SA. zur Verfügung gestellt werden. Die Wandertage und die geplanten mehrtätigen Wanderungen sollen ebenfalls mit der Hitler- Jugend bzw. der SA. durchgeführt werden.
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Hier dokumentiert sich die neue deutsche Erziehung in ge
drängter Form. Aus der deutschen Pädagogik und der ge
samten Lehrerbildung sind Pazifisten und Demokraten ausgeschlossen. Die Lehrer werden fortan politische Soldaten",
feder eigenen Meinung selbst bei der Wahrung ihrer Interessen beraubt, Züchter von SA. - Leuten, die sich kraft ihres geschulten Bizeps den„ lebensschwachen Intellektualisten" mit humaner Gesinnung fraft Führerbefehls überlegen fühlen.
Immer wieder ist man erschüttert von dieser brutalen Liquidation deutschen Geistes und deutscher Gesinnung, die der Welt einmal etwas zu geben hatte.
Ueber die Entwicklung der Kommunalschulden gibt das Institut für Konjunkturforschung einen Ueberblick, dem wir u. a. entnehmen: Von der Währungsstabilis sierung bis 1929/30 hatten die Gemeinden und Gemeindeverbände neue Schulden in Höhe von etwa 8 Milliarden Reichsmart aufgenommen, von denen nur etwa zwei Drittel langfristig fundiert waren. In den darauf folgenden Jahren haben der krisenbedingte Einnahmeausfall sowie das ungeheure Anwachsen der gemeindlichen Fürsorgelasten eine weitere Verschuldung um 2 bis 2% Milliarden Reichsmark erzwungen. Die Gesamtsumme der Kommunalschulden ( einschließlich der sogenannten Altverschuldung) betrug bei Beginn des Rechnungsjahres 1982/33 rund 11,3 Milliarden Reichsmark.
Gesamtverschuldung
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davon Altschulden. Festwert- und Valutaschulden. Neuverschuldung aus öffentlichen Mitteln aus Kreditmarkmitteln
davon langfristig
1928 1930 1932 ( in Mill. RM.) 6 542 10 284 11 295
1 049
1 092
1 019
90
100
80
767
1 186
1 346
4.636
7.906
8 850
2570 4241 5 326
Seitdem dürfte sich ihre Höhe nicht mehr wesentlich verändert haben; denn weder wurden inzwischen nennenswerte Beträge aufgenommen, noch konnten bei der Unergiebigkeit der Kreditmärfte größere neue Summen aufgenommen werden. Jedenfalls zeigt die Entwicklung der Gesamtverschuldung der größern kommunalen Körperschaften( Gemeinden über 50 000 Einwohner und Provinzialverbände). für die schon Zahlen für Ende 1932 vorliegen, daß sich an der Gesamtsumme der Verschuldung so gut wie gar nichts geändert hat( 31. März 1932: 6,57 Milliarden RM., 31. Dezem ber 1932. 6,59 Milliarden RM.).
Wie sehr die Höhe der Kommunalschulden durch die Krise der Wirtschaft bedingt ist, geht aus ihrer regionalen Aufgliederung hervor.
Kommunalschulden je Einwohner am 31. März in RM. 1928 1932
1928 1932 75 133
B N
116 255 104 185
Bayern Sachsen Württemberg
78 126
121
246
91 140
152
254
.
163
262
.
112 197
142
199
.
82
124
168 263
Preußen insgesamt
,, Die Börse frei den braunen Bataillonen!"
Eine der deutschen Institutionen, die unmittelbar nach der Machtergreifung der Hakenkreuzler gleichgeschaltet wurden, war die Berliner Börse; diesen Hauptschauplaz des„ raffenden Kapitals" schleunigst zu besetzen, war eine propagandistische Notwendigkeit. Man mußte den Naziproleten Maßnahmen gegen den jüdischen Kapitalismus vortäuschen, und so sah man denn bald auf der Börse nur noch Braunhemden, die das alte Geschäft:„ Ich geb'- ich nehm'!" mit dem neuen faschistischen Hitler- Gruß kombinierten. Nun aber, ein halbes Jahr später, liest man im gestrigen Börsenbericht:
Die Berliner Börse war heute sehr still. Die bevorstehende zweitägige Unterbrechung in Berlin wird am jüdischen Versöhnungstag auch im heurigen Jahre feine Börse abgehalten- bewirkte eine gewisse Zurückhaltung von Neuengagements. Die gleichgeschaltete Börse feiert also den jüdischen Verföhnungstag, die Braunhemden des„ raffenden Rapitals" unterbrechen die Zirkulation des deutschen Kapitalismus durch eine konfessionelle Ruhepause. Und waren die Be
siebungen zwischen dem Nationalfaschismus und dem raffenden Kapital" in den ersten Wochen durch den Ruf charakterisiert:" Die Börse frei den braunen Bataillonen", so find sie nun durch ein andres Wort zu charakterisieren, nämlich durch das Wort:„ Ver. söhnungstag!" Nur die Beziehungen zu den deutschen Arbeitern sind unverändert geblieben: ihr Hauptmerkmal ist das Konzentrationslager.