Gleichgeschaltet!
Brief an einen Redakteur
Sie wissen selbst genau, daß niemand sich mit Ihnen auseinanderseßen kann, denn Sie wollen nicht ehrlich und nicht anständig sein. Sie schimpfen wie ein Gaffenjunge laut und unflätig, weil Sie eine eigene Ueberzeugung nicht zu verteidigen haben. Sie dürfen nur in dem Riesenorchester des Reichsreklamechefs Göbbels eine der unzähligen Trommeln rühren.
NERIS- LES- BAINS
en e Existenz DOLLAR
Nun haben Sie das Unglück, ein wenig vorwißig zu fein und in gänglich unnötiger Weise Ihren Knechtseifer zu beweisen, indem Sie Menschen besudeln, die ihren Ueberzeugungen treu geblieben sind. Ich sagte Ihnen schon einmal, daß Sie diesen Haß nur empfinden, weil Ihnen jede Aeußerung politischer Unabhängigkeit und innerer Freiheit ein lebendiger Vorwurf ist und Ihnen das Unglück Ihrer Soldschreiberei erit fühlbar macht.
Was für häßliche Kunstgriffe Sie anwenden! Können Sie fich denn nicht anders behaupten als durch offenbare Verdrehung der Wahrheit? Immer wieder wenden Sie den dummen Trick an, Deutschland und den Nationalsozialismus als ein und dieselbe Sache hinzustellen und jeden Deutschen , der nicht Nationalsozialist sein will, als Verräter an der Nation hinzustellen. Mit dem Uebereifer des Zwangsbefehrten, der eine lange liberalistische" Vergangenheit zu vertuschen hat, übertreffen Sie die alten und echten Nationalfozialisten. Dafür ertragen Sie die Verachtung, welche diese den Märzlingen" Ihres Schlages in ziemlich roher Weise befunden. Ein Mann, der sich noch einen Rest von Charakter bewahrt hat, kann auch nur Efel vor einem Menschen empfinden, der aus purer Angst um sein materielles Wohl die Gesinnung wechselt, wie eine Schlange ihre Haut.
Sie tun aber noch mehr, da Sie es wagen, sich als ein Muster hinzustellen, dem jeder vaterländische Deutsche zu folgen habe. Denn was bedeutet Ihr Kunststückchen, Hitlertum und Deutschtum als wesensgleich zu behandeln? Auf diese Weise soll die unbedingte Unfehlbar= feit der heutigen Machthaber zum Dogma erhoben werden, um Kreaturen, wie Sie es find, von jeder eigenen Verantwortung 8u entlasten.
Glücklicherweise gibt es noch freie und ihrem Gewissen verantwortliche Männer in Deutschland . Als z. B. jüngst in Berlin die„ Deutschen Christen " ihre Gewaltherrschaft in der evangelischen Kirche aufrichteten, da stand eine Minderheit auf und erklärte:„ Es ist wichtiger, Gott zu gehorchen als den Menschen!", und sie verließ geschlossen, zum Zeichen des Protestes, die Versammlung. Ich meine, daß nur solche Männer echte Pa= trioten sind, da sie gegen ihr persönliches Interesse für ibre Ueberzeugung eintreten und für ihr deutsches Volk die Flamme der Wahrheit nähren.
In Ihrer schamlosen Gewissenlosigkeit behaupten Sie: " Wenn über angeblichen Terror und über angebliche Greueltaten von der„ Volksstimme" und von der " Deutschen Freiheit" berichtet wird, so ist das allein(!) schon ein Beweis dafür, daß der Bericht unwahr ist." Mit frecher Stirne lügen Sie, daß der Terror und die Greuel Erfindungen der freiheitlichen Presse seien. Wenn Sie auch nur ein sehr mittelmäßiger Zeitungsschreiber sind, so kann Ihnen dennoch nicht entgangen sein, daß vier Fünftel aller Nachrichten aus amtlichen deutschen Quellen oder aus den angesehensten ausländischen Beitungen stammen.
Was ist eine Greuelnachricht? Eine Greuelnachricht ist eine Frage des Gewissen 3. Ihre Unempfindlichfeit hat nichts zu beanstanden, wenn 3. B. die nationalsozialistische Obrigkeit den ehemaligen preußischen Wohlfahrtsminister Sirtsiefer verhaftet und ihn zur BeIuftigung wie ein wildes Tier vorführt, ihm ein Schild um den Hals hängt:„ Ich bin der Hungerleider Hirtfiefer".
Ich habe dem alten Zentrumsroutinisten Hirtsiefer politisch nie nahe gestanden, und es ist nicht nur menschliches Mitleid, das sich gegen solche Grausamkeit wendet, sondern auch die politische Erkenntnis, daß diese Pflege der niedrigsten Masseninstinkte bolichemistischer als bolfchemistisch ist und alle Bande der Sitte, Zucht und Ordnung zerreißt. Eines Tages werden andere Leute an die Macht kommen und wahrscheinlich die Herren von heute noch sadistischer quälen. Die Barbarei des dritten Reiches muß zu immer schlimmerer Barbarei führen. Selbst eine gleichgeschaltete Zentrumszeitung fann zu dem Fall Hirtsiefer nicht schweigen. Wir wollen ihr nicht mehr Ehre geben, als sie verdient. Sie folgt in diesem Fall der Stimme ihres Gewissens, nur weil es sich zufällig um ein Mitglied ihrer Partei handelt. Nichtsdestoweniger schreibt sie mit Recht:
" Die Regierung Hitler hat eine Macht in Deutschland , wie sie bisher keine Regierung hatte. Es dürfte ihr demnach auch leicht sein, solch unwürdigen und das deutsche Ansehen in der ganzen Welt schädigenden Vorgänge, wie sie sich bei der Verhaftung Hirtsiefers abgespielt haben, wenigstens nach dem Zeugnis der na tionalistischen Presse, endgültig abzustellen." Wir könnten solche Beispiele von Greuel und Schande häufen. Noch niemals haben Sie seit Beginn der nationalsozialistschen Gewaltherrschaft ein Wort der Kritik an den amtlichen Schandtaten gefunden, die sich täglich ereignen. Sie find antisemitisch geworden, weil seit Anfang dieses Jahres es zu den Pflichten des deutschen Staatsbürgers gehört, die Juden zu beschimpfen und verächltich zu machen. Ihre Zeitung scheut sich zwar nicht, bezahlte Geschäftsempfehlungen von einigen glücklicherweise wenigen charakterlosen Juden aufzunehmen, denn sie bringen ihr Geld. Aber im redaktionellen Teil wird munter an der frischfröhlichen Hatz gegen die jüdischen Mitbürger teilgenommen.
Ste sind wahrscheinlich viel zu abgestumpft, um irgend welches Schamgefühl angesichts der offiziellen deutschen Judenverfolgungen zu empfinden. Und Sie brauchten wirklich nicht die Deutsche Freiheit" zu lesen, es genügte, die Radiostationen des Reichs zu hören. Gestern abend, 24 Stunden, nachdem der Außenminister Neurath von dem unsinni= gen Gerede über die sogenannte Judenfrage" gesprochen hatte, bot der Frankfurter Sender seinen Hörern im In- und Auslande ein politisches Kabarett. Wir geben einige Stichproben des Unflats, der da über die Juden ausgegossen wurde:
,, Die Lerche ist ein leichter Vogel,
der Levy lebet nur vom Mogel." Oder „ Die Sau, die ist ein schmutzig Tier, die Sarah ähnelt mächtig ihr." Oder " Husaren reiten aus zum Streit, Hebräer gehen gern zur Seit".""
Niemand, der sich menschliches Empfinden bewahrt hat, kann derlei Niedertracht anders als mit Efel anhören. Aber das Ausland nimmt staunend wahr, daß die deutsche „ Elite" folche Schmach schweigend hinnimmt. Was ist die Folge? Das ganze deutsche Volk hat den abgründigen Haß und die grenzenlose Verachtung zu tragen, welche die Verhöhnung aller Mensch= lichkeit durch die heutigen Macht haber zur Folge hat. Den Juden kann der Schmuh nicht viel anhaben. Sie werden nach einer dreitausendfährigen Geschichte auch den Nationalsozialismus überstehen, aber das Deutschtum ist in den Kot gezogen. Diese Schande verdankt es in erster Linie der Feigheit seiner„ Gebildeten", ob sie Zeitun= gen vollschmieren, auf Kathedern siten oder„ Recht" sprechen.
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Ein Sozialdemokrat Gouverneur von Stockholm Die schwedische Regierung hat den Sozialdemokraten Torsten Nothin zum Gouverneur von Stockholm ernannt. Nothin war bisher ebenso wie Desten Unden Minister ohne Portefeuille in der sozialdemokratischen Regierung Schwedens . Obwohl die bürgerliche Presse diese Wahl angreift, da dadurch angeblich Politik in die Verwaltung hineingetragen werde, muß sie zugeben, daß Nothin als ausgezeichneter Verwaltungsfachmann sein Amt zweifellos würdig bekleiden wird.
Die Hitlerfahne des Priesters
Die„ Bayrische Ostwacht", Organ des bayrischen Unterrichtsministers Schemm, veröffentlicht eine Liste von Personen, die anläßlich des„ Erntefestes" nicht flaggten und damit ihre Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal des deutschen Volkes befundeten". Unter den Namen befindet sich der eines katholischen Priesters, der an Stelle der Hakenkreuzfahne ein schmußiges Hemd ins Fenster ge= hängt hatte.
Polizeiverwendungsaufgabe
In der Zeitschrift„ Die Polizei"( Nr. 18) wird als Pritfungsfrage gestellt: Wirtschaftliche Not hat in vielen TeiTen des Reiches unter der werftätigen Bevölkerung eine verzweifelte Stimmung hervorgerufen, die, geschürt von radikalen Parteien, schon in Berlin und anderen Städten, besonders auch im Ruhrgebiet , zu blutigen Zusammenstößen mit der Polizei geführt hat." Diese Situation wird noch lange ausgeführt und dann hat der Schüler seinen Plan zur Niederwerfung des Aufstandes darzulegen. Die Polizei scheint also mit Zusammenstößen zu rechnen und beginnt die Offiziere noch besser zu drillen.
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Brief einer Kleinrentnerin
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Wenn Sie exmittiert werden, so geht das die Regierung gar nichts an!"
Den folgenden Passus entnehmen wir dem Brief, den ein jetzt im Ausland befindlicher deutscher Arzt, der auf Grund des Arierparagraphen die Krankenkassen verloren hat und daher seine Praxis schließen mußte, kürzlich von seiner Wirs tin, einer Kleinrentnerin, bei der er zwei Zimmer als Prarisräume innehatte, erhalten hat. Der Brief in seiner rührenden Ahnungslosigkeit macht vielleicht zunächst einen nur komischen Eindruck. Aber er scheint uns so typisch für die Erbitterung, die namentlich in den Reihen der durch die Judenhezze existentiell geschädigten kleinen Leute" immer mehr Plaz greift, daß einem das Lächeln über die Beschränktheit der Kleinbürger, die ein Vertrauen in die Regierung sebent wie ehemals die geknechteten russischen Bauern, die mit einer Petition zum„ Väterchen Zar" zogen, vergeht. Im vorliegenden Fall hatte sich die Schreiberin gutgläubig wie sie ist an das Reichsarbeitsministerium gewandt, ihrem Mieter die Kassen zu lassen, da sie sonst ihre Existenz als Vermieterin verliere. Nun muß sie betrübt resümieren, daß nicht nur die Juden, sondern alle armen Schlucker ohne Unterschied des Glaubens( bzw. der„ Rasse") ein Opfer des Antisemitismus" geworden sind und„ das Recht zum Leben haben, Lump, nur die, die etwas haben".
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Die betreffenden Briefstellen lauten:„ Neulich hatte ich nochmals an den Reichsarbeitsminister geschrieben, da ich selbst ja auf meine Eingabe keinen Bescheid erhalten habe, und bald danach ging ich ins Ministerium, um mir persönlich Bescheid zu holen; ich wurde zu dem Sekretär gewiesen, der meine Aften zu bearbeiten hat. Dieser schlug dann nach und sagte:„ Ich erinnere mich Ihres Falles, das ist ja eine ganz belanglose Sache, und was Sie mit Ihrer Wohnung machen, das geht uns gar nichts an." Diese Antwort ist eine Roheit und Frechheit sondergleichen; alle sagen mir, derartig hätte dieser Mensch mir gar nicht antworten dürfen; ein höherer Beamter würde mir wohl so nicht geantwortet haben! Und wie fonnte er mir sagen: Was Sie mit Ihrer Wohnung machen, das geht uns gar nichts an." Damit sagt er mir mit anderen Worten:„ Wenn Sie die Miete nicht bezahlen kön= nen und ermittiert werden, so geht das die Regierung gar nichts an!"( Ich hatte in meinem letzten Schreiben erwähnt, was aus mir werden soll, wenn ich ohne Mieter bleibe und zum 1. 10. die Miete nicht zahlen kann.) Viele sagen mir, ich müßte über das Verhalten dieses Beamten Beschwerde einreichen. Vielleicht tue ich das auch noch. Ich habe genug für das Vaterland hergeben müssen, meinen Verlobten und dadurch meine Gesundheit und durch die Inflation mein Vermögen. Da könnte ich es wohl erwarten, daß mich die Regierung jetzt mal schüßt und mich nicht zum Lohn dafür bewußt noch ein Opfer des Antisemitismus werden läßt!- Ich muß eigentlich annehmen, daß meine Angelegenheit dem Herrn Reichsarbeitsminister persönlich nicht mitgeteilt worden ist. Mir wurde geraten, einen Privatbrief an den Minister zu richten und ihn zu fragen, ob es der Wille der Regierung ist, mich nach dem, was ich insbesondere für das Vaterland schon gelitten habe, jetzt noch ein Opfer der Judenfrage werden zu lassen. Für alle Fälle habe ich mich nach der Privatadresse des Ministers erkundigt und diese erfahren. Ob ich an ihn schreiben werde, weiß ich noch nicht. Alle sagen mir, in irgendeiner Weise müßte jest die Regierung etwas für mich tun, denn durch die Regierung habe ich doch Sie als Mieter verloren und damit meine Existenz."
Es dürfte nicht uninteressant sein, daß die Schreiberin dieser Zeilen eingeschriebenes Mitglied der Deutsch nationalen Volkspartei war. So glaubt sie- und mit ihr Tausende ähnlicher Existenzen, auf deren Wohlergehen der Wille der Regierung" hustet- immer noch, daß die da oben" es doch wohl nicht so schlimm meinen können und alles nur Verwaltungsschifanen untergeordneter Beamter sind. Wüßte diese Ahnungslose, daß ihr Privatbrief an den Herrn Arbeitsminister im Papierkorb landen wird! Aber es ist aufschlußreich genug, aus diesem Schreiben einer verzweifelten Kleinrentnerin, die durch den Gewaltstreich der Regierung des Volkskanzlers" ruiniert ist, die wahre Stimmung der breiten Massen kennenzulernen. Alle Reden des krähenden Propaganda- Göbbels, alle Schiebungen des offiziellen Instituts für Konjunkturfälschung vermögen nicht zu verhindern, daß sich die Wahrheit trop ärgstem Terror doch Bahn bricht. Denn auch für das dritte Reich" gilt der Sazz: Die Begeisterung hört da auf, wo die Nahrungssorgen beginnen!
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