Ewige Neutralität des Saargebietes" bou

,, Manchester Guardian" hofft, daß England darauf bestehen wird

Ein Brief R. C. Hawkins

Das bekannte große englische Blatt Manchester Guardian" bringt am Dienstag, dem 21. November, einen Brief von R. C. Hawkins, London  , über die Saarfrage zur Ver­öffentlichung. Der Brief zeigt, wie in weiten Kreisen der englischen Bevölkerung die Saarfrage allgemeines Interesse findet und wie man dort versucht, eine Lösung zu finden. Hawkins schreibt:

1935 werden die Einwohner des Saargebiets über ihre fünftige Regierung abstimmen. Nach dem Artikel 49 des Versailler Vertrages hat Deutschland   zugunsten des Völker: bundes als Treuhänder auf die Regierung des Saar  : gebiets verzichtet, und 1935 muß der Völkerbund   darüber entscheiden, unter welcher Souveränität das Territorium in Zukunft stehen soll; unter Berücksichtigung der Wünsche der Bevölkerung, wie sie bei der Abstimmung 1935 zum Ausdruck kommen. Die Entscheidung liegt also ausschließlich beim Völkerbund. Nur solche Personen( Frauen und Männer) über 20 Jahre alt, die im Saargebiet wohnten, als der Friedensvertrag abgeschlossen wurde, haben das Stimmrecht; aber vielleicht kann der Völkerbund andern Einwohnern das Recht der Abstimmung geben. Kein Ausländer, weder Deutsche   noch Franzosen, haben das Recht auf Abstimmung oder in die Abstimmung einzugreifen, die frei und geheim sein muß und keine religiösen Unterschiede vorsehen darf. Die Abstimmung wird nach Gemeinden und Bezirken vor­genommen und das könnte ein Eingreifen des Völkerbundes rechtfertigen. Das Territorium ist

seinerzeit an Deutschland   gefallen, gemäß dem Frieden, der Frankreich   nach Waterloo von England und Deutschland   diks tiert wurde. Trotzdem Herr Hitler   gegen solche diktierte Ver= träge ist, darf man glauben, daß er sie billigt, wenn Deutsch­ land   auf der gewinnenden Seite ist; er wird zweifellos nichts öffentlich die Saarländer   ermutigen, für Vereinigung mit Deutschland   zu stimmen.

Solange Frankreich   und Deutschland   nur die Künste der Ueberredung anwenden, ist alles in Ord nung. Der Völkerbundsrat muß über Zeitpunkt und Methode der Abstimmung entscheiden; und die Saarländer  fönnen, wenn sie wollen, das Völkerbundsregime zu einem ständigen machen. In diesem Fall befomiat der Völkerbund  die Souveränität des Gebietes und der Völkerbundsrat wird durch Mehrheit Beschluß faffen:

die Stimme Großbritanniens   kann entscheidend sein. Es

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ift zu hoffen, daß England dann auf der Aufruf Otto Strassers

ewigen Neutralität des Saargebiets be= stehen wird, so wie die Schweiz   nach Waterloo nen= tralifiert wurde.

Der Haager Gerichtshof kann gebeten werden, die notwen digen Regeln der Neutralität zu entwerfen und zu defi­nieren, hauptsächlich im Hinblick auf Fragen des Verkehrs und der Luftfahrt.

Die Saarländer   haben von den Alliierten das Recht der Selbstbestimmung erhalten und sie haben die schwere Vers antwortung, die Verdienste des Hitler- Regimes abzuwägen, weil sie es annehmen oder verwerfen können.

Die Sozialisten erobern Lausanne  

Zum ersten Male absolute sozialistische Mehrheit

Genf  , 24. November.

Bei den gestrigen Stichwahlen für die Stadtverordnetens versammlung von Lausanne  , der Hauptstadt des Kans tons Waadtland  , haben die Sozilistena zum ersten Male seit ihrem Bestehen die absolute Mehrheit erobert. Mit einem Stimmenzuwachs von 1186 gegenüber dem ersten Wahlgang am vorigen Sonntag haben sie bei 8700 Stimmen Gesamt: zahl den Bürgerblod um 200 Stimmen überflügelt und ihre sämtlichen 55 Kandidaten durchgebracht. Der Bürgerblock erhielt nur 45 Size. Lausanne   ist eine weitere rote Stadt in der Schweiz   geworden.

In Montreux   und Vevey   wurden die bisher schon regie: renden Mehrheiten aus Sozialisten und Linksradikalen in der Stichwahl erneut bestätigt.

" Insa" meldet über den Wahlausgang: Am Donnerstag­abend fand der zweite Wahlgang für die Bestellung des Stadtrates von Lausanne  , bestehend aus 100 Mitgliedern, statt. Im ersten Wahlgang am vergangenen Sonntag waren,

nachdem man eine Serie Rechenfehler zugunsten der Bürger­lichen entdeckt hatte, 39 Bürgerliche gewählt worden. Es blieben noch 61 Stadtratsmitglieder zu wählen. Im zweiten Wahlgang ging nun die sozialistische Liste mit 55 Randi­daten durch, da nach Majorz gewählt wird, womit das Stadtparlament von Lausanne   zum ersten Male eine rote Mehrheit aufweist. Bedeutungsvoll ist die Tatsache, daß der Gemeinderat, die Erekutive, vom Stadtrat bestellt wird,

so daß auch diese eine rote Mehrheit aufweisen wird. In den bürgerlichen Kreisen Lausannes ist man ob der Erobe­rung der ehemals freiſiinnigen Hochburg Lausanne   direkt bestürzt. Bis um 1 Uhr früh heute morgen wurde das Urnenergebnis immer wieder nachgezählt und dann mußte doch angekündigt werden: 8747 sozialistische und 8621 ins­gesamt bürgerliche Stimmen!

Lausanne   sozialistisch! Eine weitere schweizerische Groß­und Kantonshauptstadt rot! Ch

Wir gratulieren unsern Lausanner   Genossen zu dieser Eroberung.

Druck auf Dänemark  

Dänische Wirtschaft und deutsche Politik

Die Times" berichtet ausführlich über den deutschen   Druck auf Dänemark  , in der Absicht, durch wirtschaftliche Maß­nahmen die Anti- Hitler- Propaganda in Dänemark   abzu­stoppen. Dänemark   habe in den letzten Monaten vergebens versucht, mit Deutschland   in Verhandlungen wegen eines Handelsvertages zu kommen. Die deutsche   Regierung habe Dänemark   zu verstehen gegeben, daß der Ton der= nischen sozialistischen Presse und verschie dener Mitglieder der Sozialdemokratischen Partei derart gewesen sei, den Eindruck in Berlin   zu rechtfertigen, daß Dänemark   eine antideutsche Politik beabsichtige und wenn dies der Fall sei, müsse Dänemark   die wirt­schaftlichen Konsequenzen tragen.

Dr. Munch sprach am Sonnabend in einer Versammlung von Zeeland  - Bauern und erklärt dort, Dänemark   habe der deutschen   Minderheit ein Maß von Freiheit gegeben wie nirgendwo. Aus diesem Grund gäbe es also keinen Grund für Unruhe an der Grenze. Die trotzdem entstandene Un­ruhe sei auf Beitungsartikel, Reden und Demonstrationen zurückzuführen. obwohl die deutsche Regierung selbst keine Andeutungen gemacht habe, daß sie beabsichtige, die Grenz frage aufzurollen. Man müsse hoffen, daß die Unruhe nach und nach verschwinden werde. Dänemark   beabsichtige nicht, seine Minderheitenpolitik zu ändern, die ein typischer Aus­druck der dänischen Art sei.

castell

Es dürfe angenommen werden, daß die deutsche Regierung Moskau   über Rosenberg

nicht übersehen habe, daß eine wenn auch nur fleine Steige rung des dänischen Bieherports aus Süd- Jütland nach Deutschland   dazu beiträgt, die schwere wirtschaftliche Krise zu mildern, die gerade in Jütland   besteht und die das schwere Problem darstellt, dem sich die dänische Regierung gegen übergestellt sieht.

Nach dem Kopenhagener Times"-Korrespondenten ist dies auch der Grund für den plötzlichen Rückzug des dänischen Premierministers aus seiner robusten Haltung in der Frage der nationalen Verteidigung und des Mißtrauens gegen die Politik von Hitler- Deutschland, die ihn zur Fühlungnahme mit Oslo   und Stockholm   veranlaßte. Es sei auch fein Zu fall, daß dieser Rückzug zu verzeichnen war, wenige Tage nach der Rückkehr des Außenministers Dr. Munch, der längere Zeit ernstlich frank gewesen ist.

( Inpreß.) In Moskaus   politisch führenden Kreisen wird mit außerordentlicher Verstimmung von einer Rede Kennt­nis genommen, die der Chef des außenpolitischen Amtes der NSDAP.  , Alfred Rosenberg  , im Harnack- Haus  , Berlin­Dahlen gehalten hat. Angesichts der Tatsache, daß in der deutschen   Reichshauptstadt ein Drittel der Bevölkerung dem nackten Hunger und der Kälte preisgegeben sind was eben erft der Berliner   Korrespondent des Manchester Guardian" erklärte, wird die folgende Bemerkung Rosen­bergs als demagogischer Ablenkungsversuch bewertet: In Rußland   löse man soziale Fragen auf nomadische Art, indem man die Bevölkerungsschichten, die nicht ernährt werden können, dem Hungertode überlasse."

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1206

( Inpreß.) Otto Strasser  , der Führer der Schwarzen Front  ", der jahrelang an der Seite Hitlers   arbeitete, erläßt aus der Prager Emigration einen Aufruf gegen das Hitter­regime, dem wir entnehmen: Verlogenheit und Bonzen­wirtschaft des Parteiensystems wurden gesteigert zur mono polistischen Verlogenheit und Bonzenwirtschaft des Parteien systems der NSDAP.! Nie war das werftätige Volk Deutschlands   rechtloser, machtloser, nicht so unterdrückt, so vergewaltigt, wie seit den zehn Monaten Hitleregierung. Tyrannei, Brutalität, Gemeinheit feiern Triumphe und haben nicht nur eine völlige staatsbürgerliche Rechtlosigkeit der deutschen   Menschen geschaffen, sondern das Hochkommen aller niedrigen, ehrlosen Instinkte gefördert. Denunzianten tum, Feigheit, Berrat sind zu Alltagserscheinungen des öffentlichen und privaten Lebens geworden und zersetzen alle Bande menschlicher Gemeinschaften..."

Propaganda

23/189 2801093

Was Göbbels alles kann

Aus dem Reiche schreibt uns ein Fabrikant:

Vor kurzem hat mir mein Verband eine Denkschrift weiter geleitet, die ihm zur Uebersendung an die ihm angeschlossenen exportierenden Firmen vom Reichsverband der Industrie, jest Reichsverband der deutschen Industrie  ", zugegangen war. Diese Denkschrift ist im Einvernehmen mit dem Reichs­ministerium für Propaganda, in Wahrheit wohl auf dessen

Veranlassung, abgefaßt. a,

In der Denkschrift wurden die Exportfirmen ersucht, nicht mehr jüdische Vertreter im Ausland zu beschäftigen. Die Exportindustrie habe ein Interesse daran, Vertreter im Aus lande zu haben, die für das neue Deutschland   Propaganda machen. Dazu seien jüdische Vertreter natur

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gemäß und besonders unter den heutigen Verhältnissen ungeeignet, arische aber gut z gebrauchen. Schriften und Instruktionsmaterial für den Vertreter stelle das Propagandaministerium zur Ver­fügung. Machten die Vertreter guten Gebrauch davon, so werde sich die Welt zu Deutschland   anders einstellen, den Boykott aufgeben und nicht nur Deutschland  , sondern die ein­zelne exportierende Firma werde den Vorteil davon haben. Eine lange Liste von Ländern, in denen der Boykott schmerzlich fühlbar ist, war dem Schreiben beigegeben. Die Methoden und die Wirkung des Boykotts waren im einzelnen beschrieben. Unter den Ländern, für die Anstellung arischer Vertreter zur Besiegung der Boykottendenzen als dringend notwendig bezeichnet wurde, figurierte auch Palästina!

Bischof von Limburg   erklärt

( Inpreß.) Der Bischof von Limburg   veröffentlicht folgende Erklärung: In einem Aufruf, der in diesen Tagen er schienen ist, heißt es: Heraus aus den konfessionellen Ver bänden! Ich lege Verwahrung dagegen ein und rufe der katholischen Jugend zu: Bleibt den katholischen Jugendver bänden unverbrüchlich treu."

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