Pariser Berichte

Pariser Straßenkalender

Im Pariser   Stadtrat fand eine Aussprache über die Champs Elysées   statt, bei der festgestellt wurde, daß dort infolge der Krise manche Cafés und Geschäfte zu billigen Preisen eröffnet wurden.

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Christine Papin, das zum Tode verurteilte Dienstmädchen, deren Revision abgelehnt wurde, hat die Unterzeichnung eines Gnadengesuchs verweigert. Ihr Verteidiger reichte das Gnadengesuch jetzt selbständig ein.

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In Paris   notierte man Anfang der Woche 6 Grad Kälte, ebenso in Nancy   und Straßburg  , in Calais 8, in Tours 4, in

Brest   1.

Die Uebernahme von Radio- Paris durch den Staat ist der besseren Vorbereitung wegen auf den 17. Dezember ver­

schoben worden.

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Vor dem Schwurgericht Seine- et- Oise   hatte sich Jean Galvier, ein reicher Karosseriebesitzer aus Versailles  , der den Sultan   von Marokko   zu seinen Kunden zählte, zu ver­antworten. Galvier, ein älterer Herr mit spärlichem Haar, hatte, nachdem allerhand Erbstreitigkeiten vorgekommen waren und er wegen anonymen Briefe- Schreibens zu einem Monat Gefängnis verurteilt war, seinen Schwager Seigle   in dessen Garten erschossen. Galvier behauptete, selbst be­gewesen zu sein. Die Gerichtsverhandlung enthüllt einen bürgerlichen Familienskandal.

droht

Der Goncourt  - Preis

Während in Deutschland   die Scheiterhaufen des Luther­and Wagner- Jahres in der Arbeit der Göbbelsschen Reichs­kulturkammer moralisch noch weiter flammen, rüstet Frank­ reich   sich zu seinem größten literarischen Ereignis: der Ver­leihung des Goncourt- Preises.

Dieser nationale Nobelpreis", wie man fast sagen möchte, geht auf die beiden großen Brüder Goncourt  zurück, die zusammen berühmte Romane schrieben, u. a. den Dienstmädchenroman ,, Germinie Lacerteux", das erste Erzeugnis dieses Genres, Edmond Goncourt  , der ältere der Brüder, überlebte den acht Jahre jüngeren Bruder Jules  , der 1870 starb, um 26 Jahre und setzte nach dessen Tode das Werk fort. Er war der geistige Vater des berühmten Testa­ments, das die Herausgabe des Tagebuches der beiden Brü­der anordnete und einen Preis für den Autor des phantasie­vollsten Buches aussette.

Die Goncourt  - Preise sind seit 1904 verteilt worden, es gibt ganz berühmte Namen unter den Preisträgern, freilich auch eine große Reihe Vergessener. Einige große Pariser  Verleger liefern sich Schlachten um die höchste literarische Ehre, bei denen es manchmal so aussieht, als ob die ge­starteten Dichter wie Pferde im Rennen für einen Stall liefen. Doch haben andererseits die hohen Pariser   Verleger natürlich auch gewaltige Meriten, und das eine ist sicher, daß in Frankreich   in viel höherem Maße als auch im republi­kanischen Deutschland   der wahrhafte Stil, der Geschmack, die Form, die wirklich literarische Bedeutung über die Meisterschaft entscheidet. Frankreich   ist unzweifelhaft das Land der größten Schriftsteller.

Die beiden bekanntesten Namen, die durch die von Ed­ mond Goncourt   eingesetzten zehn Mitglieder der Akademie der Preisverteilung entdeckt wurden, sind: Henri Bar busse, der Dichter des Antikriegsromans ,, Das Feuer" und Georges Duhamel  , der Verfasser der ,, Scènes de la vie future".

Der Goncourt- Preis   wird dieses Jahr am Donnerstag, dem 7. Dezember, nach Wochen großer Spannung in den litera­rischen Kreisen verkündet.

Am Tage vorher, Mittwoch, den 6. Dezember, gelangt im Cercle Interallié der Femin a- Preis zur Austeilung. Dieser Preis, der ebenfalls sehr angesehen ist, hat die Spezialität, daß die Jury nur aus Damen besteht. Der vorjährige Femina- Preisträger Ramon Fernandez( ,, Le Pari") setzt eben auseinander, daß die Damen die, seit 1. Januar er­schienenen..er der Jungen draußen in der Stille lesen und dann gegen Ende September jede mit einem proviso­rischen Kandidaten im Kopf heimkommen. Die Haupt­sache ist, sagt Fernandez, sein Buch zur ,, Lesung" zu bringen. Die Frauen- Richter haben, wie dieser von ihnen Beglückte sagt, durchaus den Willen, dem Schriftsteller zu helfen, be­sitzen ein literarisches Gewissen und bleiben der einmal ge­troffenen literarischen Wahl treu. Im Vorjahre entschied Madame Corthis das Rennen, indem sie in ihrer Eigen­schaft als Vorsitzende vom Recht einer zweiten Stimme Ge­brauch machte, nach 11 Wahlgängen.

Schließlich gibt es den Théophraste- Renaudot- Preis. Das ist derjenige, der von den auf das Urteil der Jury wartenden Literaturrichter und Zeitungsleute vergeben wird. Im Vor­jahre erhielt diesen Preis Céline für seinen seitdem be­rühmt gewordenen Roman Voyage au bout de la nuit  ".

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Pressezeichner, Pressefotografen new. sind den Journalisten gleichgestellt.

Der Verband hat zahlreiche Anmeldungen zu verzeichnen. Die Anschrift ist: H. v. Gerlach, 27, rue Jean- Dolent, Paris  14e.

Film- Paris

Le Maitre des Forges, der bekannte Roman von Georges Ohnet   ist verfilmt worden und wird im Para­mount gegeben. Das Schauspiel stammt aus dem Jahre 1883. Aber die Liebe des reichen Mannes zu Claire( Gaby Morlay  ) überlebte die Mode.

Im Rex lief ,, D'Amour et d'Eau fraiche", ein Filmlust­spiel von Felix Gandéra   mit dem bekannten Dreieck.

In Agriculteurs  , Bonaparte und Ermitage kam ,, Anna und Elisabeth" heraus, die Geschichte einer Wunder­kur in einem Dorf und dergleichen mit Hertha Thiele   und Dorothea Wieck  .

Ein Sowjetfilm Okraina" im Studio Parnasse   behan­delt die Geschichte eines deutschen   Kriegsgefangenen, der in einem Dorfe im Ural   zurückgehalten wurde.

,, Rasputin   und die Kaiserin" in der Ermitage behandelt abermals, diesmal in Hollywooder Stil, die be­rühmte Heiligen- und Liebesgeschichte des sibirischen Bauern am Zarenhofe.

Nächstens erscheint die französische   Verfilmung des Revolutionsstückes ,, Barbier von Sevilla  ". André Bangé spielt den Figaro, Beaumarchais  ' Helden. Die Aufnahmen zu Zolas ,, La Bete humaine" stehen bevor.

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vom Schicksal eingesetzt

Von Heinrich Mann  

Wir entnehmen die folgenden Betrachtungen einem neuen Essay von Mann: Schule der Emigra tion". Es erscheint in Kürze in einer Broschüre im Rahmen der Beitschriften des Europäischen Merkur", die der Verlag Les Editions du Mercure de l'Europe" in Paris   herausgibt.

Die Emigration sollte heranbilden, um sie einst vorzu­schicken, eine Aristokratie der Arbeiter und der Denker. Es handelt sich darum, eine Nation herauszuführen aus der Region der Katastrophen und die verlorene Verbindung mit der gesitteten Welt wieder herzustellen. Wer es noch erlebt, wird ein umso besserer Führer sein, je mehr er in der Zeit der Prüfungen gelernt hat.

Die Aussichten, es zu erleben, werden scheinbar ver­ringert dadurch, daß die sittlich vorgeschrittenen Völker sich dennoch einigermaßen angezogen fühlen von den Ausschwei­fungen der anderen. Ungeheure Wellen der Gewalt und Widernunft schlagen von außen und jetzt von Deutschland   her gegen die geschützten Länder. brechen sich an den Grenzen und dringen dennoch allmählich ein. Das ist nicht zu verkennen und steht übrigens immer zu erwarten, da die Vernunft das zuletzt Erworbene, die Gewalt das länger Gewohnte ist. Den Franzosen  , soweit sie schon mit einem Systemwechsel" spielen, könnten die Emigranten immerhin erzählen, wie er in der Wirklichkeit aussieht. Für Riesenversammlungen wäre dies ein würdigerer Gegenstand, als Klagen und Hilferufe. Sie selbst können helfen.

Die Emigration muß aufklären. Sie weiß, wie furchtbar schnell ein Volk, hat es sich erst vergewaltigen lassen, sinkt und sinkt. Wenn niemand mehr in Europa   Widerstand leistete. ständen Jahrhunderte einer nie geahnten Verwilde­rung bevor. Der Widerstand ist zuletzt auch gesichert, dafür sorgt gerade das deutsche Beispiel des Gegenteils. Die Emi­gration muß es einfach erläutern, es wird verstanden werden. Die durchaus fragwürdige Sinneigung zu einem System­wechsel" was immer nur heißen kann: Einschränkung der wird auf die Dauer nirgends ermutigt Menschenrechte durch die Nachrichten aus Deutschland  .

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Furcht, wenn sie da wäre, wird allmählich abgeschwächt bei übertriebenen Herausforderungen und ihrer sinnlosen Wiederholung. Sie wird auch abgeschwächt, wenn der ge­waltige Prahlhans sichtlich selbst nicht weiß, wie es mit ihm steht. Er ist sich gar nicht bewußt, in den Krieg zu treiben, wie ihm auch nicht klar ist, daß er über eine zerrissene, fnirschende Nation herrscht. Friede und Krieg, Auf- und Ab­rüstung, nationale Einheit und kommunistische Gefahr, Sozialismus, Raffe und was noch alles für unbegriffene Widersprüche, sind nur Schaum vor seinem Munde. Der nationale Größenwahn, der ihm die Macht verschafft hat, soll sie ihm auch erhalten: mehr kennt er nicht.

Céline ist berühmt dafür, daß er sich zurückhält; so weigerte Concerts Pasdeloup

er sich standhaft, die Presse- Exemplare seines in Buchform erschienenen Dramas ,, L'Eglise" zu zeichnen. Daher war seine wunderbare Rede in Meudon   am Todestage Zolas dieses Jahr ein besonderes literarisches Ereignis.

Man sieht: die Literatur bestimmt in Frankreich   noch in hohem Maße den Ton!

Verband deutscher Journalisten In der Emigration

Der neugegründete Verband der deutschen Journalisten im Ausland, die Hitler   bekämpfen und auf dem Prinzip der Pressefreiheit stehen, nahm durch Vorstandsbeschluß den Namen: Verband deutscher Journalisten in der Emigration ( Association des journalistes allemands émigrés) an.

Beschlossen wurde, nichtdeutsche Journalisten nur aufzunehmen, wenn sie in Deutschland   bereits dem Reichs­ verband der deutschen Presse   oder dem Verein Berliner  Presse. dem Verein Arbeiterpresse oder dem Schutzverband deutscher Schriftsteller angehört haben.

Deutsche  , die erst in der Emigration den Beruf des Journalisten wählen, sollen nach einjähriger hauptberuf­licher Tätigkeit im Journalismus aufgenommen werden.

THEATER DES CHAMS- ELYSEES SONNABEND, 9. Dezember, 17 Uhr. Die Pré­laden, von Liszt.  - Zauberlehrling, v. P. Dukas  . Concerto Symphonie Nr. 4 von Schumann.

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en La, für Klavier und Orchester, von Liszt  , ge­spielt von Herrn EMILE BAUME. SONNTAG, 10. Dezember, 16.30 Uhr: Die Ouvertüre d'Eury­anthe, von Weber, Symphonie en mi bémol, v. Ouvertüre Léonore III, v. Beethoven  , Mozart.­Concerto, Geige und Orchester, von Brahms  , gespielt von Herrn ROLAND CHARMY. Leltang: Frau CARMEN STUDER( Fran Weingartner)

CONCERTS POULET  .

Th. Sarah- Bernhardt  . Sonntag, 10. Dezember 17.30 Uhr 7. Symphonie von Beethoven  . Burleske( Klavier und Orchester) v. R  . Strauß, am Klavier Victor BABIN. 4 Lieder der Bilitis: von G. Dandelot  , gesungen von Mme Germaine CERNAY( aus der Opéra- Comique  ) Musikstücke für Klaviersolo v. Poulenc  , Strawinsky  , Prokofieff, gespielt von Victor BABIN. Die Mei stersinger von Wagner. Leitung: G. CLOEZ

Dies, nur dies, kann die Emigration aus ihrem näherem Wissen heraus der Welt versichern. Sie weiß so wenig wie irgend jemand, ob Krieg kommt, ob er aus dem ungeregelten Gliederwerfen eines Geisteskranken eines Tages wirklich her­vorgeht. Sie kann dagegen versichern, daß der Größenwahn die Entschlußkraft des Kranken nicht bedingt, eher hemmt er sie; und daß Unbeherrschtheit eine schlechte Bürgschaft des Sieges ist.

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In seinen immerhin gesünderen Tagen hat sich Deutsch­ land   schon einmal eingebildet, die Welt sei seine leichte Beute. Heute wurzelt sein Glaube bei weitem nicht so fest. Ein stärkerer Wille kann ihm entgegentreten, dann bricht der Wahn zusammen, bevor das letzte Unglück wirklich geschieht. Das ist zu sagen- niemals aber die Furcht der Welt zu nähren vor der deutschen   Aufrüstung und technischen Unbe­siegbarkeit. Giftgase bringen auch andere fertig, und die Vernichtung der Völker durch Mikroben ist ein unwissen­schaftliches Phantasieerzeugnis. Schwer zu sagen, wen die deutschen   Chemifer mit ihren Bazillenkulturen eigentlich be trügen: sich selbst oder ihre Auftraggeber. Emigranten dürfen jedenfalls den Betrug auch unfreiwillig nicht mitmachen. Die Emigration will feinen Krieg gegen ihr Land. Der leidenschaftliche Wunsch, daß kein Krieg komme, ist gerade bei ihr. Das Gegenteil wird ihr nur unterschoben von einem Hitler in seinen Ausbrüchen von Wut oder Angst. Denn er hatte alles vorgesehen, die schreckensvolle Vernich tung aller Deutschen  , die ihm widerständen; nur nicht, daß draußen, ihm unerreichbar, noch immer Deutsche   sich er halten und sich in Uebereinstimmung erhalten mit allen, die guten Willens sind.

Die Emigration ist eingesetzt vom Schicksal damit Deutschland   das Recht behält, sich au messen an der Vernunft und an der Mensch lichkeit! Ohne die Emigration könnte es dies heute nicht, sie allein ist übrig als ein Deutschland  , das lernt, denkt und Zukunft erarbeitet. Eine Emigration, die sich behauptet, wird ihre leidvoll und kämpfend erworbene innere Zucht einst übertragen auf ihr ganzes Volk, dem so sehr, so sehr zu gönnen wäre, daß es die Gegend der Katastrophen verläßt und seinen Frieden mit der Welt macht.

Die Emigration lebt arm, sehnsuchtsvoll und von 3 wei­feln bedrängt. Wer jetzt heimkehren könnte, fände das un­längst verlassene Land nicht mehr, es schiene ihm unterge­gangen, und nur im Verborgenen wären Hände, denen er die seinen reichen wollte, vielleicht noch aufzufinden. Aber diese Hände werden nicht sterben, und auch das Land nicht. Behauptet euch und lernt, dann werden viele von euch es wiedersehen, und es wird das eure fein!

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