Volkes Stimme- Sondergerichtsurteile

D. K. w. Das Konzentrationslager wartet

Die Frankenthaler Zeitung" berichtet über einen Sigungs­tag des Sondergerichts für die Pfalz  :

Das Sondergericht für die Pfalz   war am Mittwoch unter dem Vorsitz von Landgerichtsdirettor& a st zu einer Sizung susammengetreten, in der 10 Fälle zur Berhandlung famen.

Im ersten Fall hatte sich der 51jährige Schreiner Emil Gieß aus Ludwigshafen   zu verantworten, der am 8. No­vember vor dem prot. Schwesternhaus in Ludwigshafen  beim Abholen einer Unterstützung geäußert hatte, Hitler fei aus dem Völkerbund hinausgeworfen morden. In der Ber handlung bestritt der Angeklagte, diese Aeußerung gebraucht zu haben, wurde aber überführt und entsprechend dem An­trag des Staatsanwalts zu 3 Monaten Gefängnis verurteilt.

Der zweite Fall betraf die Anklage gegen die 31jährige Ehefrau Anna 3ill aus Ludwigshafen  , die im August ge­genüber Hausbewohnern die Aeußerung gebraucht haben foll: Die Kommunisten haben den Reichstag nicht ange= sündet, das haben die Hitler selbst getan. Auch in diesem Falle bestritt die Angeklagte entschieden diese Aeußerung. Sie wurde ebenfalls überführt und zu 4 Monaten Ge= fängnis verurteilt, entsprechend dem Antrag des Staatsanwalts.

Gern zu politifieren scheint trotz seines hohen Alters der 71jährige verheiratete Nachtwächter David Kettner aus Ludwigshafen  , der am 4. November in einer Friesenheimer Wirtschaft gelegentlich einer politischen Unter­haltung sagte, es sei leicht möglich, die Arbeitslosigkeit zu vermindern, wenn man zwei Drittel in Konzentrationslager und ein Drittel in die Uniform stede, wie es Hitler   getan habe. Das Gericht verurteilte den Angeklagten, der sich an die Aeußerung nicht mehr erinnern will, au 100 Marf Geldstrafe. Der Staatsanwalt hatte 2 Monate Gefäng nis beantragt.

Auf dem Nachhauseweg hatte der 32jährige Tagner Julius Seefried aus Ludwigshafen   dem Propagandaletter der NSDAP  . gegenüber geäußert, die Wahl am 12. November sei unter dem Zwang der NSBO. vor sich gegangen. Der geständige Angeklagte wurde zu 2 Monaten Gefängnis verurteilt. Der Staatsanwalt hatte 4 Monate beantragt.

Gelegentlich einer Unterhaltung über die von der Regie­rung erzielte Verminderung der Arbeitslosigkeit hatte der 27jährige ledige Arbeiter Karl Hohmiller aus Klein­bodenheim gegenüber Wirtshausgästen die Aeußerung ge­braucht, es feien die meisten Arbeitslosen in Arbeitslagern untergebracht, wo fie bloß ein paar Pfennige verdienen würden. Der Angeklagte will start betrunken gewesen sein. Urteil lautete auf 1 Monat Gefängnis.

Dieser Männer wird im Jahre 1934 gedacht werden

Oben von links nach rechts: Alois Senefelder   der Erfinder der Lithografie und des Steindrucks( geboren 1771), starb vor 100 Jahren, am 26. Februar 1834; Friedrich Ernst Daniel Schleiermacher  , der berühmte Theologe und Philosoph( ge­boren 1768), starb am 12. Februar 1834 in Berlin  ; Friedrich von Schiller   wurde vor 175 Jahren, am 10. November 1759, in Marbach am Neckar   geboren.

Zweite Reihe von links nach rechts: Johann Gutenberg  ( eigentlich Gensfleisch  ) erfand vor 500 Jahren, im Jahre 1434, in Straßburg   die Buchdruckerkunst; Albrecht Wallenstein  , der große Feldherr des Dreißigjährigen Krieges, wurde vor 300 Jahren, am 25. Februar 1634, in Eger   ermordet; Gottlieb Daimler  , der Pionier des Automobilbaus, wurde vor 100 Jahren, am 17. März 1834, in Schondorf( Württemberg  ) geboren.

Der Staatsanwalt beantragte 2 Monate Gefängnis, bas Ein Emigrant sprach:

Der 59jährige verheiratete Arbeiter Johann Christ­mann 2. aus Wattenheim   hatte am 12. Oktober bei der Ar­beit im Steinbruch in Wattenheim   am Winterhilfswerf Kri­tif geübt und behauptet, es feien noch Leute da, die hungern und frieren müßten. Hitler   habe Ehestandsdarlehen verspro­chen; in Kaiserslautern   seien die Möbel ausgestellt, aber es bekomme niemand etwas davon. Der Staatsanwalt bean­tragte gegen den leugnenden Angeklagten 1 Monat Gefäng nis. Das Urteil lautet auf 100 Mart Geld= strafe.

In der Nachmittagsfizung wurde gegen den 35jährigen Fabrikarbeiter Christian Müller aus Pirmasens   verhan­delt, der am 14. November 1933 in einer Wirtschaft in Pir­ masens   geäußert hatte, Hitler   sei nur Meldegänger gewesen, er gehe nicht an die Großen, sondern nur an die Kleinen. In der Verhandlung leugnete der Angeklagte, diese Aeuße= rung getan zu haben. Die Zeugenvernehmung ergab jedoch das Gegenteil. Das Gericht erkannte gemäß dem Antrag des Staatsanwalt auf 3 Monate Gefängnis.

Die Verhandlun gegen den nicht erschienenen Schiffer Heinrich Küsters aus Ludwigshafen   wurde abgesezt; ge= gen den Angeklagten wurde Haftbefehl erlaffen. Damit war die Sitzung beendet.

Der arische Kalender

Der Reichsinnenminister hat alle Behörden gebeten, zu veranlassen, daß in den deutschen   Kalendern, insbesondere den Behördenkalendern, die jüdischen Fest- und Feiertage nicht mehr aufgeführt werden. Bei der Vergebung von Druckarbeiten biete sich Gelegenheit, auf die mit amt= lichen Aufträgen bedachten Drudereien entsprechend einzu­wirfen.

Indessen sich die Tage fürzen

und friechend hin die Stunden gehn. geheimnisvolle Parzen schürzen der Zukunft dunkeles Geschehn mit heulendem Gesange kürzen sie ihrer Arbeit Spindeldrehn vielleicht in diesen dunklen Nächten, wo Geister losgelassen sind, bei unberechenbaren Mächten längst drehte sich für uns der Wind;

vielleicht ist alles schon entschieden, die Runenstäbe längst gelegt, dieweil noch alles liegt im Frieden und nicht der kleinste Wind sich regt auf alles hat die Nacht hienieden den schwarzen Mantel hingelegt die Sonne tut sich noch nicht zeigen, doch ihre Stunde ist schon nah, dann wird ein wilder Sturmesreigen uns sagen, was bei Nacht geschah.

Mit seinem Kopfverantwortlich!" Ohne Drohung geht es nicht

h. b. Ein Herziges Beispielchen neudeutscher Jugend­erziehung hat der Obergebietsführer Ost der Hitlerjugend  , Gotthard Ammerlahn, am 12. Dezember v. J. mit folgender Bekanntmachung von sich gegeben:

Es ist ein sträflicher Leichtsinn oder völlige Unfähigkeit zu eigenem schöpferischen Tun, wenn von der Hitlerjugend durchgeführte Deutsche Abende", Werbeabende oder ähn liches in ihrem Aufbau oder ihrer Durchführung das Ent­fetzen jedes Menschen von Geschmack und Stilgefühl her­vorrufen müssen.

Ich ordne daher mit Wirkung vom 1. 1. 1934 an, dab sämtliche Werbeabende mit ausführlichem Programm recht­zeitig dem zuständigen Oberbann zu melden sind. Für jeden öffentlichen Werbeabend ist der verantwort= liche Hitlerjugendführer mit seinem Stopfe verantwortlich. Die im Oberbann für Kulturarbeit verantwortlichen Abteilungsleiter haben schnellstens dafür Sorge zu tragen, daß jeglicher Kitsch und jede Geschmack­losigkeit aus der Hitlerjugend verschwinden."

Den bedauernswerten Kulturarbeitern im Oberbann wird das Leben reichlich sauer gemacht. Sie sollen den Kitsch be­seitigen, Geschmacklosigkeiten ausrotten und gleichzeitig Hitlerbilder, Deutsche Grüße" und Horst- Wessel  - Lieder als sakrosankt anerkennen. Das ist vermutlich nicht leicht.

Deutschland  , Du zeigst uns jetzt im Lichte ein schmerzzerrissenes Gesicht, statt Eichenlaub um Dein Gesichte sich hart ein Henkereisen flicht wer Dich noch jüngst in der Geschichte gesehen hat, erkennt Dich nicht doch ists vielleicht schon überstanden, und in Dir regt sichs wild und groß, und während sie Dich fester banden, reißt Du Dich vom Schaffot schon los. Oskar Panizza  , 1899. gelehnt werden.

Es sind keine Märchen

Viele Lebensbedingungen der Menschen zueinander sind zu kompliziert, als daß sie durch irgendwelche allgemeinen Gesetze erfaßt und geregelt werden könnten. Das ist schon im Durchschnitt oft so. Wie viel mehr, wenn es sich um ausgeklügelte, in ihren Prinzipien so verlogene Bestimmungen wie die deutschen  Rassengesete handelt! Zwei Ereignisse, die zur Zeit in politischen und künstlerischen Kreisen Berlins   von Mund zu Mund gehen, zeigen dies allein durch ihre äußeren Umstände zwingend auf. Sie bedeuten für die darin auftretenden Personen nichts Ehrenvolles oder Unehrenvolles an sich. Wie töricht wäre es, hier den moralischen Richter spielen zu wollen. Aber sie zeigen, daß das Leben bunter ist, als manche Fantasie es sich auszumalen vermag.

In einer kleinen deutschen   Stadt lebt auf einem Gut eine Angestellte, die eines Tages dem Gutsherrn außerordentlich gefällt. An einem schönen Sommerabend ist es so weit. Kurze Zeit darauf bekommt das Mädchen ein Kind.

Das Kind heißt Magda und ist ein fluges nettes Wesen. Es ist keineswegs in geseglichem Sinne vaterlos, denn der Gutsherr hat dafür gesorgt, daß die Frau, der er seine Gunst geschenkt hat, rechtzeitig einen kleinjüdischen Geschäfts­mann geheiratet hat.

Ahnungslos wächst Magda im Hause ihres Vaters Friedländer   auf. Es ist ein freundliches, ruhiges Leben, das sie in ihrer Jugend verbringt. Diese Mischehe ist sehr glücklich. Naturgemäß überwiegt der Einfluß des Vaters und Magda hat viele jüdische Kinder zu Freunden. Einen davon mag fie besonders. Es ist ein kluger charakter­voller, energischer Junge.

Eines Tages zerreißt der Schleier, der über ihrer Geburt gelegen hat. Der wirkliche Vater ist erschienen. Für das Kind ist eine Welt eingestürzt. Sie flüchtet zu ihrem Jugend­gespielen und weint sich bei ihm tränenerstidt aus.

Denke dir," schluchzt sie, ich bin gar keine Jüdin. Was soll ich jetzt bloß machen? Ich finde mich gar nicht mehr

aurecht."

Der Jugendfreund tröstet sie, und da er selber ein sehr bewußter junger jüdischer Nationalist ist gelingt es ihm

auch in dem Mädchen ein flares vernünftiges Selbstbewußt­fein zu erwecken.

Die Zeit reißt die beiden auseinander. Ihre Wege trennen sich. Beide haben fast zu gleicher Zeit die größten Erfolge ihres Lebens. Als sie den Gipfel erreicht haben, ebenfalls fast zu gleicher Zeit, hat sich der Abgrund der Zeit zwischen ihnen am tiefften aufgetan.

Die Frau Magda ist heute die Gattin des deutschen  Reichspropagandaministers Göbbels  , des fantastischsten Antisemiten Deutschlands   neben Hitler  . Ihr Jugendfreund, der gerade zur Zeit des Göbbelsschen Amtsantrittes im fernen Balästina unter der Kugel eines jüdischen Faschisten fällt, ist der Zionistenführer Chaim Arlosoroff  .

Einer der bekanntesten Filmregisseure, der neuerdings ganz groß in Gleichschaltung macht, war als junger Mensch, gerade vom Lande gekommen, bald der Liebling der süd­deutschen Stadt, in der er seine schauspielerische Laufbahn begann. Hier verliebte sich die Frau eines jüdischen Groß­industriellen in den Naturburschen. Ihr Mann sah, wie alles in seiner Frau von Grund auf ins Wanken geriet. Da er aber ein sehr fluger Mann war und seine Frau obendrein sehr liebte, entschloß er sich zu einem Opfer: er gab feine Bran auf Seit frei und perficherte ihr, daß sie

Arierparagraf für Schiedsgerichte

Nach einer neuen Fassung des§ 1032 3PO. fönnen nun­mehr als Schiedsrichter auch Nichtarier im Sinne des Ge­ setzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums  " ab­

immer zu ihm zurückkommen könne. Nach einiger Zeit war fie auch wieder da. Sie trug das Kind des Fremden. Und dieses Kind wurde geboren und blieb, ohne eine Ahnung zu haben, wer sein Vater war, der Liebling der alten Ehe, die noch viele Jahre bis zum Tode des Mannes anhielt. Erst im Testament erfährt das Mädchen, schon zur Jung­frau herangewachsen, was der falsche Vater ihr bisher ver schwiegen hatte. Aber sie erkennt es innerlich nicht an. Der falsche Vater bleibt für sie in der Erinnerung ihr echter, denn nur er hat schließlich für sie gesorgt, er allein hat ihr das Gefühl des wirklichen Zuhause gegeben.

Hitler  - Umsturz. Umwertung aller Werte. Eines Tages Klingelt bei dem Mädchen das Telefon. Wer denn am Apparat sei? Langes Drucksen und Zögern auf der Gegen­seite, schließlich Stottern, es stellt sich heraus: der arische Herr Papa verlangt seinen Sprößling zu sehen. Das Mäd­chen ist bis ins tiefste erschrocken. Aber sie verabredet sich mit ihm.

Die Tage bis zu dem Rendezvous vergehen in ständiger Unruhe. Dies junge Geschöpf ist ganz durcheinander. Sein Leben ist plötzlich ganz verwirrt. Alles, das sicher und be­ruhigt schien, wird durch diesen brutalen Eingriff von außen erschüttert. Was soll sie tun? Zu wem sich bekennen? Auf den Straßen gröhlen die Schlagzeilen der Zeitungen gegen alles, was bisher ihr lieb war.

Und die Situation wird noch tragischer, furchtbarerweise sogar tragikomischer. Das Mädchen hat sich, da es den Vater doch gar nicht kennt, in der Bestürzung des Anrufs an einer Stelle verabredet, die eine vielfach beliebte Rendezvous­stelle ist. Und als sie hinkommt, stehen da eine ganze Anzahl Herren, die im Grunde alle ihr Vater sein könnten. Wer ist es? Schließlich löst sich der stattlich bepelzte Herr Film­regisseur aus der Gruppe und kommt auf sie zu.

In diesem Augenblick weiß fie, was sie zu tun hat. Ganz plößlich. Ste geht auf ihn zu und haut ihrem Herrn Bater, der da aus dem Dunkel aufgetaucht ist und ihren Tag stören will, eine Ohrfeige...

Die Stimme des( Mutter-) Blutes besprochen.

rage Montageblatt.)