Außenpolitischer Erfolg der deutschen Freiheitsfront an der Saar Widerhall in England- Vertagung der Saarabstimmung?
Die Freiheitsfront des Saargebietes" darf heute für sich einen großen Erfolg buchen. Es ist dem mutigen Vorstoß der Freiheitsfront und ihrer unermüdlichen Aufklärungsarbeit zu verdanken, wenn die euro päische Deffentlichkeit einzusehen beginnt, daß die Saarfrage nicht bloß eine von vielen Karten im diplomatischen Spiel, sondern ein großes europäisches und ein menschliches Problem ist. Die europäische Deffentlichkeit sieht allmählich ein, daß es sich um eine der Schlüsselfragen des europäischen Friedens undum das Schicksal von Hundert tausenden Menschen, denen die Ausliefe rung an die Hitlerbarbareidroht, handelt. Wir stellen mit Befriedigung fest, daß unser Appell durch Wort und durch Tat an alle freiheitlich Gesinnten in der Welt einen mächtigen Anklang gefunden hat.
Namentlich ist die englische Presse in den letzten Tagen voll von Nachrichten und Betrachtungen über die Saarfrage. So finden wir zum Beispiel am Montag fast in jedem englischen Blatt eine redaktionelle Stellungnahme zur Saarfrage im ersten Leitartikel, die Wiedergabe der Rede des Abgeordneten der Arbeiterpartei Cripps , und in mehreren Blättern die Korrespondenzen über die Zustände an der Saar . Wie der Gesamteindruck von diesen Aeußerungen der englischen Presse ist, können wir heute am besten mit den Worten eines gleichgeschalteten Journalisten wiedergeben.
„ Unfreundlichkeit der englischen Presse"
Unter dieser Ueberschrift bringt die„ Frankfurter Zeitung " von Dienstag folgende Meldung ihres Londoner Korrespondenten:
" Da die Frage des Saar - Plebiszits auf dem Programm der heute begonnenen Ratstagung so ziemlich das wichtigste Problem sein wird, so befaßt sich die englische Presse seit einigen Tagen mit ihr in recht intensiver Weise.
Leider ist die Haltung, die sie einnimmt, fast durchweg unfreundlich für Deutschland . In einem der heutigen Leitartikel der„ Times" wie auch in einem Kommentar des diplomatischen Korrespondenten des„ Daily Telegraph
" taucht sogar die höchst gefährliche Auffassung auf, der Vertrag lasse im Falle einer nicht ganz einheit lichen Abstimmung eine Teilung des Saargebietes zu. Ob wohl der Vertragstext in der Ausschließung dieser Möglichfeit äußerst flar ist, wird den Deutschen in Privatge sprächen mit englischen Politikern entgegnet, der Wortlaut des Anneres zu dem Saarfapitel mache, wie seinerzeit im Falle Oberschlesiens , eine derartige Lösungsmethode mög lich. Wir halten diese Lösungsmethode auch für sehr gefährlich. Es sind aber die Nazis, die durch ihren Terror diese Gefahr heraufbeschworen haben. D. Red.)
Wie diese Stellungnahme der englischen Oeffentlichkeit zeigt, hat die französische Propaganda(?!) tatsächlich in
der Saarfrage in den vergangenen Monaten in England
sehr viel Boden gewonnen, und ihr kommt neuerdings auch der Bericht der Saarkommission über angeblichen„ deutschen Terror" im Saargebiet zugute. Daß die deutsche Presse nur das Recht der nationalen Selbstverteidigung ausübt, wenn fie den derzeitigen Chef der Saarregierung, den Engländer Knox, wegen seiner vom deutschen Standpunkt aus unverständlichen Stellungnahme einer starten Kritik unterzieht, will den Engländern nicht einleuchten. Im Gegenteil, diese Angriffe auf den an verantwortlicher Stelle stehenden Landsmann werden hier übelgenommen, und zwar, wie es scheint, nicht nur von der englischen Zeitungswelt, sondern auch in amtlichen Kreisen."
5-10 Jahre Vertagung?
Das Saarproblem vor dem Völkerbundsrat
Sehr bemerkenswert ist noch eine amerikanische Stimme. Die„ Neuyork Times" widmet ihren Leitartikel dem Saarproblem. Da heißt es u. a., daß die beste Lösung der Saarfrage vorläufig wohl die sei, die Völkerbundskontrolle fort bestehen zu lassen, mit anderen Worten: die Abstimmung um 5-10 Jahre zu ver tagen. Die„ Neuŋork Times" erklärt ganz offen, daß von einer Abstimmung vor. läufig keine Rede sein könne. Die Saarfrage sei ein viel zu kompliziertes und schweres Problem.
Der diplomatische Korrespondent des„ Daily Tele. graph" schreibt, in britischen Kreisen würden drei Gesichtspunkte hervorgehoben: weder vom rechtmäßigen noch
vom Zweckmäßigkeitsstandpunkt aus sei ein Aufjö
der Volksabstimmung über die festgelegte Frist vom Januar nächsten Jahres hinaus gerechtfertigt; der Vorsitzende des Regierungs- Ausschusses Knox sei zwar britischer Staatsangehöriger, aber gegenwärtig Beamter des Völkerbundsrates und diesem gegenüber für seine Handlungen verantwortlich. Es werde im übrigen darauf hingewiesen, daß nach den Klauseln des Versailler Vertrags in der Saarfrage Mehrheitsbeschlüsse gefaßt werden könnten.
Gegen Verschiebung
Paris , 17. Jan. Der„ Temps" tritt den englischen und amerikanischen Empfehlungen entgegen, die Volksab ischen Emph
1935
Das Gebäude der Saarregierungsfommission in Saarbrücken Oben links: Der Präsident der Kommission, der Engländer G. G. Knor.
Oben rechts: Das Wappen des Saargebietes.
Unten links: Blick auf das Zentrum von Saarbrücken , der Hauptstadt des Saargebietes.
stimmung im Saargebiet zu verschieben. Die These der Verschiebung müsse sich wenigstens dem äußeren Arschein nach mit den Bestimmungen des Versailler Vertrages vereinbaren lassen, die dem Völkerbund die Aufgaben übertragen, das Datum der Abstimmung festzusehen. Daneben sei im Versailler Vertrag aber ausdrücklich festgelegt, wie der " Temps" unterstreicht, daß die Bevölkerung des Saar
gebiets das Recht habe, nach Ablauf von 15 Jahren vom Infrafttreten des Versailler Vertrages an gerechnet, seinen Willen kundzugeben". Es hieße mit den Worten spielen, erflärt der„ Temps" dann weiter, wollte man diese Bevölkerung noch fünf oder zehn Jahre warten lassen, ehe man ihr die Erlaubnis
gebe, ein Recht auszuüben, das ibr niemand nehmen könne. Die einfachste und loyalste Lösung sei diejenige, die die ehrliche Anwendung der Vertragsbestim mungen gewährleiste. Der Völkerbundsrat werde mit der notwendigen Sorge darüber wachen, daß die Freiheit, das Wahlgeheimnis und die Aufrichtigkeit der Stimmabgabe voll gewährleistet werde.
Im Schmollwinkel
Berlin , 17. Januar. Die Antwort hinsichtlich der Beteiligung der Reichsregierung an den Beratungen des Völkerbundsrates über die Saarfrage ist abgegangen. Sie wird über den deutschen Konsul in Genf an den General: sekretär des Bölkerbundes, Avenol, geleitet. Der Inhalt ist ablehnend. Hitler- Deutschland hat kein Interesse daran, bei Besprechungen und Entscheidungen über die Saarfrage in Genf zu sein.
by Völkerbundsgeist und Barbarei
Wenn wir uns nun zum Inhalt der englischen Aeuße rungen wenden, so ist vor allem die Rede von Interesse, die der Abgeordnete der Arbeiterpartei, Stafford Cripps , am Sonntag in Glasgow gehalten hat. Cripps be tonte, daß unter den gegenwärtigen Um- Zu den großen Sorgen der antifaschistischen Bevölke ständen von keiner freien Willensäußerung an der Saar gehört die Frage, ob ein Schutz für rung der Saarbevölkerung die Rede sein diese Einwohner möglich ist, wenn das Saargebiet auf irgend einem Wege unter die Souveränität der Hitlerkann. Er verlangte vom Völkerbund eine diktatur kommen sollte. Diese antifaschistischen Saarfeste Haltung und eine Erklärung an die einwohner befürchten mit Recht, daß die faschistische Welt, daß eine Volksabstimmung nur dann stattfinden Diktatur die Verfolgungen, die sie im Reiche seit nun wird, wenn es als völlig gesichert erscheint, daß mindestens einem Jahre übt, doppelt und dreifach an der Saar befür 12 Monate der geheime nationalsozialistische Terror treiben werde. Man denkt an die Mißhandlungen und an völlig ausgeschlossen wird. die Morde, an die Entziehung erworbener Rechte in der Sozialversicherung und im privaten Versicherungsgesetz, usw.). In einer Zuschrift an uns wird nun angeregt, an die Wegnahme von Eigentum( Häuser, Ersparnisse usw.). In einer Zuschrift an uns wird nun angeregt, der Völkerbundsrat möge einen neutralen Gerichtshof bilden, vor dem die Verfolg ten und Geschädigten ihr Recht suchen können.
Cripps hat also in seiner Rede einen klaren Weg vorgezeichnet. Erst vollkommene Beseitigung jedes Terrors, und erst dann die Abstimmung, nachdem der wirklich freie Kampf der Meinungen nicht weniger als 12 Monate lang gedauert hat. Es erübrigt sich, alle einzelnen Stimmen der englischen Presse wiederzugeben. Wenn sie auch weniger konkret find, als die Aeußerungen von Cripps , der einen bestimmten Vorschlag macht, so bewegen sie sich alle in der gleichen Richtung, wie das die oben angeführten wut erfüllten Aeußerungen der Gleichgeschalteten sehr überzeugend bestätigen.
Wir sagen offen: Wir sind mit dem bisher erzielten Erfolg zufrieden, sind aber uns dessen bewußt, daß diefer Erfolg nur ein Anfang ist. Wir werden nicht locker lassen. Wir werden kämpfen, bis wir der ganzen Welt die wahre Bedeutung der Saarfrage klarmachen und alle Kräfte der Freiheit und des Fortschrittes für uns gewinnen. Wir merden nicht ruhen bis zum Sieg. Wir stoßen vor!
Die Frage ist nur: Was geschieht unter der Rechtlosig keit einer versuchten Diktatur mit den Saareinwohnern, die einen solchen Prozeß gegen Hitler- Deutschland anstrengen? Der Widerstand, auch wenn er nur rein juristisch ist, könnte ihnen teuer zu stehen kommen.
Es ist lehrreich, daß in der„ Frankfurter Zeitung " der unwürdig gleichgeschaltete Rudolf Kircher frech und frivol Terror Hitler Deutschlands an der Saar zugibt, daß keinerlei Sicherungen den aufhalten können, wenn der deutschen Diktatur das Saargebiet erst ausgeliefert ist. Wir finden in dem zweiten Morgenblatt der Frank pizter Beitung" nom& Januar folgende Säges
Es ist bezeichnend, aber man braucht es schwerlich ernstzunehmen, wenn auf dem Umweg über gewisse englische Zeitungen Stimmung für eine Vertagung der Saarentscheidung gemacht wird. An einer solchen Vertagung hätten nur die mit den zitierten Worten gekennzeichneten Elemente ein Interesse, seien sie französischer Herkunft, feien sie Emigranten oder Funktionäre der separatistischen Bewegung, die natürlich den jeßigen Zustand im Saargebiet verlängern möchten, weil sie selbst im Falle einer Amnestie) nach der Wiedervereinigung des Saargebiets mit Deutsch land feine Aussicht auf Schonung durch eine nationale Regierung haben tönnten. Hier wird also klar und deutlich gesagt, daß, selbst im Falle einer Amnestie, die jetzigen Herrscher nehmen wollen. Es ist illusionär zu glauben, daß irgend Deutschlands an ihren Gegnern im Saargebiet Rache welche gesetzgeberische Sicherungen, feien sie auch international garantiert, Leben, Gesundheit und Eigentum der Antifaschisten schützen könnten. Es geht da aber nicht um einige Separatisten und Emigranten, wie selbst die „ Frankfurter Zeitung " die Dinge darzustellen beliebt, oder um„ wenige Verbrecher", wie das deutsche Nachrichtenbüro in der Sprache des Reichskanzlers sich aus: brückt, sondern um viele Zehntausende Saareinwohner, die furchtbaren Schicksalen ausgeliefert werden würden. Das hat der Völkerbundsrat bei seinen Entscheidungen zu Geist und gegen alle seine Grundsäge, wenn er die Saarberücksichtigen. Der Völkerbund fündigt gegen seinen bevölkerung in die Hitlerbarbarei stößt. Die Saareinwohner sind und bleiben deutsch , aber sie wollen Staatsbürger in einem freien Deutschland werden und fich nicht einfperren und berauben lassen,