Woche der Versammlungen
Mit einer recht gut besuchten Versammlung in der ,, Aubette" suchten die„ Camelots du roi" in der vergangenen Woche den ergiebigen und reichhaltigen Stoff, den die verschiedenen Korruptionsaffären der letzten Zeit liefern, in politische Ware umzumünzen. Die Versammlung brachte Angriffe gegen das ,, herrschende System" und forderte ein entschiedenes Durchgreifen gegen die Schwindler und Betrüger. Man hat den Eindruck, daß die Regierung Chautemps auch ohne den Rat der„ Camelots" sich zu einem energischen Vorgehen entschlossen hat. Bei aller Demagogie sollte man aber die Skandalaffären nicht politisch ausschlachten. Sie waren in allen Regierungssystemen an der Tagesordnung. Der Unterschied zwischen Demokratie und Diktatur besteht in dieser Frage nur darin, daß in der Demokratie die Skandalgeschichten aufgedeckt und in breitester Oeffentlichkeit Anklage erhoben werden kann, während in der Diktatur solche ,, peinlichen" Zwischenfälle, die dem System schaden könnten, fein säuberlich zugedeckt und verschwiegen werden.( Siehe ,, drittes Reich"!)
Die Beamten protestierten in einer machtvollen Kundgebung gegen die verschiedenen Gehaltsabzüge der letzten Zeit. Die Versammlung verlief ohne jeden Zwischenfall. Die Rede eines bekannten extremen Rechtspolitikers, der sich nach Schluß der Diskussion zu Wort gemeldet hatte, blieb ohne größeren Eindruck auf die Versammelten. Eine Delegation trug am nächsten Tage dem Präfekten Marcel. Roland die Forderungen der Beamten vor. Die Kundgebung war vom freigewerkschaftlichen Kartell der im öffentlichen Dienst stehenden Angestellten und Beamten organi
siert.
Ein machtvolles Bekenntnis zur Laienschule stellte die Kundgebung dar, die am Mittwochabend in der ,, Aubette" von verschiedenen Linksorganisationen durchgeführt wurde. Einer der Vorkämpfer der weltlichen Schule, der frühere Senator Brenier, sprach über die Frage der Einführung der Laienschule in Elsaß- Lothringen . Während bekanntlich in ganz Frankreich die weltliche Schule besteht, wird in Elsaß- Lothringen der Schulunterricht noch nach konfessionellen Gesichtspunkten erteilt. Die Versammlung nahm einstimmig eine Resolution an, in der für Elsaß- Lothringen die gleichen Bestimmungen verlangt werden, wie sie im übrigen Frankreich bereits seit Jahrzehnten bestehen.
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Bittgottesdienst für die Juden
Der bekannte autonomistische Député erlitt kürzlich einen Autounfall, wobei ein Mann schwer verlegt wurde. Herr Rossé nahm jetzt die ganze Schuld vor Gericht auf sich. Er wurde zur Zahlung einer Geldstrafe von 25 Franken und einer Vorentschädigung von 6000 Franken verurteilt.
Ein vernünftiger Plan
Die Straßburger Taxibesitzer wollen für die Zeit nach zwölf Uhr nachts für Fahrten in die entfernteren Stadtteile einen Sam meldienst einrichten, um dadurch jenen Bürgern, die die letzte" Straßenbahn um zwölf Uhr nicht mehr erwischen, noch eine billige Gelegenheit zur schnellen Erreichung ihrer Wohnung zu geben. Es soll ein regelrechter Fahrplan aufgestellt werden. Hoffentlich läßt sich der Plan verwirklichen.
Offenhaltung der städtischen Museen
Die städtischen Museen, die durch einige wertvolle Stücke aus Alt- Straßburg eine bemerkenswerte Ergänzung erfuhren, sind nun wieder an Sonntagen bei freiem Eintritt von 10 bis 12 Uhr und von 14 bis 16 Uhr geöffnet.
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Drei Betrüger ,, Le crédit pour tous"
Obwohl sie gar nicht geschickt zu Werke gingen, verstanden es drei Betrüger, die unter der Firma ,, Le crédit pour tous" Kunden anlockten, ihren Opfern mehrere tausend Franken abzuschwindeln mit dem Versprechen, daß sie ihnen darlehensweise Geld verschaffen könnten. Sie ließen sich dauernd Kostenvorschüsse bezahlen, verschafften ihren Kunden aber kein Geld. Jetzt sitzt das Kleeblatt in der Fadengasse.
Tardieu ,,, Salomé" und ,, Carmen"
Der ehemalige französische Ministerpräsident der geistige Führer der französischen Rechten, spricht am 14. Februar im Sängerhaus.
Ein Haus stürzt ein
Während der Zahn der Zeit", der viele alte Bauwerke in den verwinkelten Gäßchen benagt, von der städtischen Bauabteilung, die schon ganze Stadtviertel niederlegen ließ und an ihrer Stelle prächtige Neubauten errichtete, in seinem Vernichtungswerk unterstützt wird, holt er sich gelegentlich aber auch ganz ohne künstliche Hilfe seine Opfer. In der Salmengasse geriet am Samstag unter lautem Krachen und Poltern ein alter Bau ins Wanken. Das Haus, das bis in die legten Tage bewohnt war, dürfte aus dem vierzehnten Jahrhundert stammen. Das Gäßchen wurde abgesperrt, zwei neben dem Haus liegende Wohnungen mußten geräumt werden.
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Am Sonntagvormittag fand im Münster ein feierlicher Bittgottesdienst für die verfolgten und vertriebenen Juden statt. Ein temperamentvoller Priester richtete seine Ausführungen gegen den Rassenwahnsinn und gegen die Judenhetze, die übrigens auch im Elsaß gelegentlich zu bemerken ist. Als der Gottesdienst beendet war, verteilte vor dem Münster die„ Neue Front", eine Organisation, deren Ziele man bis jetzt noch nicht recht zu erkennen vermag, die aber gelegentlich schon antisemitische Töne angeschlagen hat, stillvergnügt ihre Flugblätter. Man haßt zwar das System der Demokratie, doch seine Freiheit nimmt man gerne in Anspruch.
Gegen den Faschismus
Im Zusammenhang mit den verschiedenen Skandalaffären richtet sich auch hier die Sehnsucht vereinzelter Staatsbürger nach dem ,, starken" Mann. Ein nüchternes Bild von den Möglichkeiten einer faschistischen Bewegung im Elsaß zeichnet Herr L. Minck, der Chefredakteur der„ ,, Republique". Er schreibt u. a.:„ Die Rheindepartements sind zweifellos die französischen Departements, in denen der Faschismus, in welcher Form er auch auftauchen mag, am
Doktor Wachtel und Doktor Axel Haras, Blut und Hautkrankheiten 123, Bd. Sébastopol.- Sprechstunden v. 9-12 u. 2-8 Uhr; Sonntags vormittags Nase, Hals, Ohren:
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Drei bedeutsame Kunstausstellungen
Nach der mit einem so großen Erfolg abgeschlossenen LeoSchnug- Ausstellung im Elsässischen Kunsthaus. lernt man jetzt in der„ Galerie Aktuarius" Richard Brunck de Freundeck in seinen neuesten Schöpfungen kennen. Jacques Gachot gewährt im Elsässischen Kunsthaus einen tiefen Einblick in sein Schaffen, während in der ,, Librairie de la Mésange" Isabella Kummer ihre neuesten Werke zeigt. In allen drei Ausstellungen vermag man sich mit elsässischen Künstlern von Rang und bemerkenswertem Niveau bekannt zu machen.
Internationales juristisches Büro
Das hiesige ,, Comité d'Information et d'Aide", das vielen Flüchtlingen Auskünfte erteilte, hat seine Tätig. keit eingestellt. In diesem Zusammenhang ist es von Interesse, daß in Strasbourg , 8, rue des Francs- Bourgeois, Building, chambre 93, ein bekannter süddeutscher Rechtsanwalt ein„ Internationales juristisches Büro"( ,, Cabinett Juridique International") eröffnet hat, das sich insbesondere befaßt mit Beratung und Bearbeitung von deutschen Rechtsangelegenheiten und Pro
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wenigsten Aussicht hat, durchzudringen. Die ganze Jack Hylton feiert Triumphe elsässische Tradition, die gesamte elsässische Geschichte legen davon Zeugnis ab, daß die elsässische Mentalität tief demokratisch und daher sozusagen ihrer Natur nach jeglichem Gedanken einer Diktatur feindlich ist. Der Elsässer hat einen angeborenen Freiheits
sinn."
120 000 Franken geraubt
In den Abendstunden überfielen am Taulerring mehrere Banditen, die in einem gestohlenen Auto angefahren kamen, einen älteren Herrn, dem sie die Aktentasche entrissen. Als der Herr ihnen nachstellen wollte, gaben sie einen Schuß auf ihn ab, schwangen sich ins Auto und verschwanden, ohne daß es der Polizei bis jetzt gelungen wäre, eine Spur von ihnen zu entdecken. In der Tasche befanden sich 120.000 Franken. Das wahrscheinlich gestohlene Auto wurde später am Universitätsplats aufgefunden. 20 Das Vermächtnis eines Pfründners
Obwohl völlig verarmt, spendete ein Insasse des hiesigen Spitals, von dem er als Bürodiener ein bescheidenes Taschengeld bezog, kurz vor seinem Ableben den Armen die beträchtliche Summe von rund 6000 Franken, die er sich im Laufe der Jahre von seinen bescheidenen Einkünften erspart hatte.
Das Gaswerk überwies den städtischen Armen den Zinsertrag aus den Kautionsgeldern der Kunden. Die Summe ist 45 000 Franken.
In der Woche mit 15. bis 20. Januar wurden auf der städtischen Sparkasse 6,5 Millionen Franken neue Spargelder eingezahlt.
Der Mitgliederstand der Allgemeinen Ortskrankenkasse stieg bis zum 13. Januar von 71 371 auf 71 651, es wurden rund dreihunderttausend Franken Krankengelder ausgezahlt.
In einem stark besuchten Konzert brillierte am Donnerstag. abend im Sängerhaus Jack Hylton , der bekannte Jazzmeister. Das Publikum feierte die sympathische Künstlerschar, die den Straßburgern einen recht vergnüglichen Abend zu bereiten wußte.
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waren die Zugstücke des diesjährigen Programms im Stadttheater. In den Kinos sah man einige gute Filme. Weiß Fredl erfreut mit seinem ,, Schützenkönig" schon in der dritten Woche das Straßburger Publikum. Fußballsport
Mit seinem außergewöhnlichen Sieg, den ,, Racing" am vergangenen Sonntag in Valenciennes erringen konnte, setzte sich dieser bekannte Berufsspielerverein unter die vier ersten Vereine im Wettbewerb der Gruppe Nord um die französische Meisterschaft. Am Sonntag spielt ,, Racing" zu Hause gegen Amiens . Im Vorspiel verloren die Straßburger 3: 2. Sie werden vermutlich am Sonntag die Niederlage wettE. D. machen!
Das Neueste
Die Tiroler Nationalsozialisten haben, wie der„ Bölkische Beobachter" meldet, wieder einmal ein Husarenstück geleistet, das an Kühnheit nicht viel hinter der Befreiung des Tiroler Gauleiters Hofer zurücksteht. Es gelang ihnen, aus der von Starhembergs Leuten scharf bewachten Hauptkanzlei der Heimwehr - Landesleitung in der Wilhelm- Grell- Straße in Junsbruck die Sturmfahne der Heimwehr = Gaufturm tompanie Hötting, die sogenannte Penzplatte", zu ents führen. Ueber die Nordkette brachten sie diese über die Grenze. Bei der schwierigen Ueberquerung der Gebirgs= fetten glitt der Fahnenträger kurz vor dem Ziel aus und ftürzte so unglücklich, daß er sich am Knie erheblich verlegte. Seine Kameraden mußten ihn auf zusammengebundenen Stiern über die Schneefelder schleifen.
Zu der britischen Flottenkonferenz im Hafen von Singas pore find sechs Bombenflugzeuge aus dem Jraf eingetroffen, die einen Versuchsflug ausführen. Die täglichen Uebungen zweier Torpedo- Bombenflugzeng- Geschwader zusammen mit Flugzeugen des im Hafen liegenden Flugzeug- Mutterschiffes „ Eagle" rufen bei der Bevölkerung lebhaftes Interesse hervor.
Der Ministerrat Desterreichs hat beschloffen, alle Be= amten und im Staatsdienst Angestellten zu entlassen, falls ihre Bestrafung wegen bestimmter Verstöße gegen Regie: rungsverordnungen erfolgt.
In der bulgarischen Hafenstadt Varna explodierte in der Nacht zum Freitag in der Adventistenkirche eine starte Sprengladung. Es wurde großer Sachschaden angerichtet. Menschen sind nicht zu Schaden gekommen, da die Kirche leer war. Der Täter konnte noch nicht gefaßt werden.
Der Reichsminister des Innern hat die Unterrichtss minister der Länder gebeten, anzuordnen, daß am 30. Januar, an dem sich der Tag des Regierungsantritts des Volks fanzlers Adolf Hitler und damit der Geburtstag des nationalsozialistischen Staates zum erstenmal jährt, in den Schulen der Bedeutung dieses Tages in würdiger Weise ge= dacht wird.
Expreß mit 150 Kilometer
Der mit 86,4 km die Stunde die Strecke Paris - Biarriz( 799 Kilometer) befahrende Süd- Expreß hat auf der elektrifizier= ten Linie der P. O.- Bahn Monnerville- Boisseaux- ChateauGaillard- Artenay, das ist eine 9 Kilometer lange, schwierige Strecke, eine Geschwindigkeit von 150 km die Stunde erreicht. Sie betrug an anderen Stellen 133 km die Stunde, bei ansteigendem Gelände 125 km die Stunde. REICHSTAGSBRAND
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