Straßburger   Wochenbericht

Strasbourg  , 16. Februar 1934.

Die Stadt im Generalstreik

Die Generalstreikparole fand am vergangenen Montag auch in Straßburg   einen recht lebhaften Widerhall und große Unterstützung. Dies ist um so bemerkenswerter, als die Ar­beiterschaft im Sommer des letzten Jahres einen opferreichen und mit zäher Verbissenheit durchgefochtenen Generalstreik erlebte, der bekanntlich mehrere Wochen dauerte und die ganzen Kräfte der Arbeiterbewegung in Anspruch nahm. Die Zeitungen erschienen wie in ganz Frankreich   auch hier nicht, dagegen verkehrten die Straßenbahnen wie ge­wohnt. Der Großteil der Arbeiterschaft hatte der Parole der Führung Folge geleistet und erschien vormittags auf dem Contade es. Dort sprachen vor etwa sieben- bis achttausend Menschen die Kameraden Imbs und Hinker von der

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CGT. und Mohn für die CGTU. Die Massen formierten sich dann zu einem Demonstrationszug, der sich in mustergültiger Ordnung durch die Stadt bewegte und am Börsenplay mit einer Kundgebung beendet wurde. Einige kleinere und völlig bedeutungslose Zwischenfälle ver­mochten das Bild der Geschlossenheit nicht zu trüben. In Bischheim wurde ein leerer Straßenbahnwagen umgeworfen, der Schulunterricht fiel aus, da das gesamte städtische Dienst­personal am Streik beteiligt war und infolgedesen die Hei­zung nicht funktionierte. Auch die für diesen Abend vor­gesehene Theateraufführung konnte nicht stattfinden. Die Arbeiter hatten es obwohl der Streik nicht hundert­prozentig allgemein war verstanden, einen recht sicht­baren Beweis ihres antifaschistischen Kampfwillens zu lie­fern. In der Hinsicht hat die Aktion ihren Zweck also völlig

erreicht!

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Generalstreik und Gemeinderat

Zu Beginn der am Tage des Generalstreiks festgesetzten Gemeinderatssitzung gab der Vertreter der KPO. eine Er­klärung ab, die die Aktion der Arbeiterschaft begrüßt. Die Erklärung wurde von den meisten Rednern gebilligt. Der Antrag des sozialistischen Gemeinderats I m bs, zum Zeichen der Sympathie die Sigung ausfallen zu lassen, fand bei der Mehrheit keine Unterstützung. Dafür stimmten die Sozialisten, die Kommunisten beider Richtungen und Herr Dahlet.

Der Einbrecher im Gewerkschaftshaus gefaßt

Endlich gelang es am Sonntag, den Einbrecher zu ver haften, der jetzt schon zum dritten Mal innerhalb ganz kurzer Zeit dem Gewerkschaftshaus in der rue St. Gotthard seinen Besuch abstattete. Es handelt sich um einen Schweizer  

Notariat Fortune Martz, Notar zu St- AVOLD  ( Moselle  )

Am Freitag, dem 23. Februar 1934, nachmittags 2 Uhr, zu St- Avold   im Hotel- Restauration de la Moselle( Inhaber Kreamer) auf Anstehen des Herrn Paul Nicolas Kreamer findet die

Versteigerung

eines Hausanwesens mit mod. Kino Theater, gelegen zu St- Avold   im Zentrum der Stadt statt, umfassend 2 Wohnhäuser, moderner Theatersaal,( gebaut im Jahre 1926) mit Theaterbühne, Balkon und 600 Sitzplätzen sowie kompietter moderne Tonfilm- Einrichtung:

r

St- Avold liegt im Zentrum der ost- lothringer Kohlenindustrie und ist Garnisonstadt  .:: Nähere Auskunft durch den unterzeichneten Notar

Martz, Notar.

namens Keller. Er war in der Nacht zum Sonntag wieder durch ein Fenster im ersten Stock eingestiegen. Als der Sekretär der Metallarbeiter am Sonntag gegen elf Uhr sein Büro aufsuchte, stand er plötzlich dem überraschten Ein­brecher gegenüber, der sofort den Revolver gegen ihn zog. Kamerad Mastny ließ sich jedoch nicht einschüchtern, griff den Gesellen an, der daraufhin durchs Fenster über einige Dächer kleinerer Gebäude flüchtete. Er konnte aber bald eingeholt und der Polizei übergeben werden. Der Dieb

hat. Im Streit, der aus nichtigen Gründen entstanden war, geschah die unselige Tat, die Minella nun mit zwei Jahren Gefängnis zu büßen hat, da die Geschworenen die Frage der Notwehr und der Provokation verneinten. Im Schadenersatzverfahren wurde der Täter außerdem zur Zah­lung von 42 000 Franken an die Familie des Getöteten verurteilt.

Bohnerwachsfabrik in Brand

Durch ein gewaltiges Schadenfeuer wurde die Bohner­wachsfabrik Bronner in Bischheim vernichtet. Der Feuerwehr gelang es, mittels Schaumlöschverfahren den Brand einzudämmen und die angrenzenden Gebäude zu schützen. Der Schaden beträgt schätzungsweise 300.000 Fr. Die Brandursache bleibt noch festzustellen.

In Neudorf brannte eine Werkstatt nieder, Schaden etwa 140 000 Fr.

Neue Volkswohnungen

Bis Juli sind die von der städtischen Baugesellschaft er­richteten Volkswohnungen an der Basler Straße in Neu­dorf beziehbar. Welcher Beliebtheit sich diese Wohnungen ob ihrer mustergültigen Ausstattung und der niedrigen Mieten erfreuen, geht daraus hervor, daß die Zahl der Bewerber auch jetzt schon wieder, wie bei allen früheren

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tett Werke von Mozart   und Beethoven   spielt, am Freitag, 28. Februar.

Bauten, größer ist, als die Zahl der verfügbaren Wohnungen. Auszeichnung einer Straßburger   Schriftstellerin Omelette von 4000 Eiern

Am Bahnhof kippte ein Handkarren um, mit dem ein Dienstmann 4000 Eier zum Markt fahren wollte. Für die dadurch entstandene Riesenomelette interessierte sich neben

den schadenfrohen Schaulustigen nur noch die städtische Straßenreinigung, die nicht jeden Tag solch kostbaren Schmutz zu entfernen hat.

Fasching in den Lokalen

Der Straßburger   Fasching war in diesem Jahr auf den Straßen kaum zu bemerken, dagegen herrschte in den meisten Lokalen am Sonntag und Dienstag ein lebhaftes Treiben. Masken blieben äußerst rar. Unter dem Eindruck der Er­eignisse in Paris  , der gespannten politischen Lage, tat die Bevölkerung von sich aus, wozu sie auch von der Präfektur in einem Aufruf gebeten wurde: sie vermied den Lärm auf der Straße. Die auf Halbmast gesetzten Fahnen der Republik  mahnten zur Landestrauer, zur Ruhe und Besonnenheit. Verkehrssünder

Im Monat Januar wurden von der Verkehrspolizei nicht weniger als 817 Protokolle gegen Personen ausgestellt, die in irgendeiner Form die Verkehrsvorschriften nicht be­achteten. In zehn Fällen entschloß man sich dazu. den Sündern den Führerschein auf die Dauer von zwei Wochen bis zu drei Monaten zu entziehen.

Kunstchronik

Im Stadttheater gab die Truppe des Chariot, die von Herrn Olivier geleitet wird, ein Gastspiel mit Molieres L'Ecole des Femmes" und..Le Médecin malgré lui  ". Das Haus war gut besetzt und das Publikum unterhielt sich ausgezeichnet. Die Aufführung hielt ein beachtliches Niveau ein. Noch eine französische Truppe, Galas Kar­senty, gastierte mit dem Lustspiel Trois et une von Amiel und erfreute durch ausgezeichnetes Spiel. Das deutsch­sprachige Ensemble, dessen Leistungen starke Beachtung finden, rührte mit dem Schauspiel ,, Der Fall Erna S." von H. Zeit an Probleme, an denen man so oft achtlos vorüber geht, von deren Wucht immer wieder von neuem Menschen zerbrochen werden. Das Spiel des Ensembles hinterließ bei den Besuchern einen tiefen Eindruck.

Fräulein Anne- Louise Salomon hat von der Académie française   einen Preis erhalten für ihr Buch über ,, Frédéric- Rodolphe Saltmann, son role dans l'histoire de la pensée religieuse à Strasbourg".

Henri Bach   gestorben

In Robertsau starb der beliebte Illustrator und Zeichner Henri Bach   im Alter von 44 Jahren.

Ueber eine deutsche Schachreform

Aus der Schachecke des totalen Staates wird gemeldet, daß neuerdings auch das Brett der 64 Felder nach dem Autori­tätsgedanken schreit. Ein hitlerdeutscher Simultanspieler macht den Vorschlag, dem Königsbauern dieses uralten Spiels eine neue Funktion zu verleihen. Er soll, wie der Schachteil des Temps meldet, die Kräfte von Dame und Pferd ver­einigen, also die stärkste Figur des Spieles werden, ein un­gekrönter Selbstherrscher. Gerade aus, schräg und seitwärts ausschlagend soll er den Namen Führer" erhalten. Das ist kein Witz. Eine andere Pariser Zeitung, der Intran" meint daraufhin, dann solle man den Beförderten schon lieber gleich Adolf Hitler   nennen.

Gewiß hat diese Lösung vieles für sich, indessen scheint sie uns nicht genügend mit dem Rassenprinzip vereinbar. Leider ist nämlich der Prozentsatz der nordisch bestimmten Blind­spieler außerordentlich gering, sicherlich würde Dimitroff  zum Beispiel im Schachspiel den General Göring   ohne wei­teres klein kriegen. und ob Alechin oder Lasker  , von Mieses zu schweigen, die für ein arisches Matt nötige Großmutter aufbringen, scheint uns sehr zweifelhaft. Capablanca   erst recht gehört wahrscheinlich zu den dunklen Rassen. Es kann also einem Feldherrn wie Hitler keineswegs zugemutet wer­den, unter der Verdeckung einer Schach figur gegen solche Fehlfarben spanisch zu eröffnen.

Sicherlich hat auch das dritte Reich" seine Leute, die das alte Spiel der Perser gut verstehen. Fritz Thyssen  zum Beispiel kann ausgezeichnet rochieren, dennoch ist nicht genügend verbürgt, ob Wotan etwa mit seinen zwei Raben, von denen einer Hugin hieß, abends unregelmäßig eröffnete. Der richtige Freiheitskämpfer wird auch in dieser Beziehung gerne die Spielregeln der Demokratie ver­schmähen. Ihm liegt eine Lösung näher, wie sie ein neuerer komischer Roman anwendet, wo ein Meister glatt seinem

Die berühmten und weltbekannten Comedian Harmonists   Gegner einen Turm vom Brette klaut, diesen in singen am 26. Februar im Palais des Fetes.

Das siebte Abonnementskonzert, vom Direktor des Kon­servatoriums geleitet, findet am Mittwoch. 21. Februar, statt, das fünfte Kammermusikkonzert, in dem das Pro- Arte- Quar­

die Tasche steckt und dadurch gewinnt. Nur diese revo lutionäre Lösung scheint uns mit dem Geiste der Kon­zentrationslager und der Behandlung staatsfeindlichen Eigen­tums vereinbar. Baptist.

Pariser   Berichte

war wiederum mit zwei Revolvern und modernen Werk Pariser   Straßenkalender

zeugen ausgestattet. Wahrscheinlich vermutete er, daß am Sonntag das Büro unbesetzt sei. Er glaubte dann ungestört tagsüber arbeiten zu können. Infolge des für Montag an­gesetzten Streiks herrschte aber im Gewerkschaftshaus großer Betrieb. Es handelt sich um einen Berufseinbrecher, der noch viele Straßburger   Einbrüche auf dem Kerbholz hat. Trotz allem sollte sich die Polizei die Mühe machen zu untersuchen, ob er nicht ein Werkzeug im Dienste bestimmter deutscher  Stellen ist. Denn die Umstände, unter denen die drei Ein­brüche verübt wurden, deuten darauf hin, daß der Dieb es auf Geld nicht in erster Linie abgesehen hatte. Lob der österreichischen Freiheitshelden

Die Vorgänge in Oesterreich   werden auch hier in allen freiheitlich gesinnten Kreisen mit leidenschaftlicher Anteil­nahme verfolgt. Weit über den Kreis der sozialistisch organi­sierten Arbeiterschaft hinaus findet der heroische Kampf der österreichischen Sozialdemokraten Anerkennung. So schreibt u. a. die Republique", das radikalsozialistische Organ, in seinem gestrigen Leitartikel folgendes: ,, Der Ar­beiter kämpft um seine ganze straffe Organisation wie um seine letzte Schanze. Nachdem er nicht zu tun wagte, was seine Gegner heute tun weil er in zwei feind­liche Lager gespalten war, sieht er sich heute gezwungen, mit dem Blute seine Freiheit zu er­kaufen. Wenn er sie nur erkaufen könnte... Seine Lage ist tragisch. Sein Mut verdient Respekt. Wenn er unterliegen soll, so will er es in Ehren tun. Und was muß man sehen? Solche, die die deutsche Sozialdemokratie tadelten, weil sie nicht den äußersten Widerstand leistete, schreiben heute, man hätte dieses Blut sparen können, der Kampf sei von vorneherein aussichtslos gewesen... Gibt es etwas Blöderes, nicht wahr. ihr Klugheitsprediger, als sich noch zu wehren, wenn man die Hand des Würgers am Halse spürt?"

Der Mord im Wolfsgäßchen

Vor dem Schwurgericht des Bas- Rhin   stand der 58 Jahre alte Maler Minella, der im Wolfsgäßchen im August vorigen Jahres einen Hausbewohner niedergeschossen

Die Stadt Paris   hat die Absicht, die bei den Unruhen niedergebrannten Zeitungskioske in Beton neu zu errichten.

Der Leiter des Orchesters der Großen Oper Henri Busser  und der Sekretär des Komponistenverbandes Carol- Bérard sind nach Berlin   abgereist, wo der Musikkongreß unter Lei­

de la Concorde beim Herausschauen aus einem Hotelfenster getötet wurde und drei parteilose Büroangestellte, von denen einer Inspektor einer großen Industriegesellschaft war. Von Blauhemden geleitet wurde der Sarg des Delegierten

tung von Richard Strauß   stattfindet, dessen neue Oper Die Deutsche Freiheit"

,, Arabella" gespielt wird.

Celia Salvadori gab die Charlotte im. Werther" der Komischen Oper.

Moritz Rosenthal   veranstaltete ein Konzert für die deutschen   Flüchtlinge mit starkem Erfolg.

Der Schutzverband deutscher Schriftsteller veranstaltete in der Mutualité eine Kundgebung für Ludwig Renn   und Frei­lassung der politischen Gefangenen in Deutschland  .

Eine neugebildete ,, Deutsche Emigrantenschule" hielt ihren ersten Abend in der Mutualité ab, bei dem E. Lorenz über die materialistische Dialektik sprach. Am Donnerstag, dem 22., hält Hans Jacob   einen Vortrag über Leerlauf im Völker­ bund  ".

Im Hotel Drouot wurden 36 silberne Teller, gearbeitet von dem Goldschmied A. Drentwell in Augsburg  ( um 1747), für 15 200 Franken versteigert.

Drei Rauschgift händler, Charles Béguélier( Schweizer  ), Ludwig Lutfag( Rumäne), Samuel Mischouzierski( Rumäne), wurden in der rue La Boetie verhaftet. Béguélier hatte ein Kilo Heroin bei sich, das er aus Konstantinopel   hergebracht

hatte.

Die Pariser   Trauerfeiern

Als Opfer der Unruhen wurden u. a. beigesetzt eine Made­moiselle Gourlan, Zimmermädchen, die auf der place

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